Punk
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Der Punk ist eine Jugendkultur, die Mitte der 1970er Jahre in New York und London entstand. Charakteristisch für den Punk sind provozierendes Aussehen, eine rebellische Haltung und nonkonformistisches Verhalten.
Der einzelne Angehörige dieser Subkultur nennt sich ebenfalls Punk (Plural: Punks) oder auch Punk-Rocker; deutsche Bezeichnungen sind auch Punker und für weibliche Punks (selten) Punkette.
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Herkunft des Begriffs
Das Wort Punk /pʌŋk/ aus dem Englischen ist älter, als oft angenommen wird. Es taucht bereits bei Shakespeare auf, z.B. in Maß für Maß, und bezeichnet eine Prostituierte. Aus einer anderen Bedeutung, „faules Holz“, ergeben sich weitere durch Übertragung: Punk bezeichnet allgemein etwas Niedriges, Minderwertiges, also „Unsinn“; auf Personen bezogen „Anfänger“, „unerfahrene Person“; „Strolch“, „Kleinkrimineller“, „Landstreicher“, oder gar „Abschaum“, „Dreck“.
Lenny Kaye, der Gitarrist der Patti Smith Group gebrauchte den Begriff Punk-Rock 1972 in den Erläuterungen einer von ihm veröffentlichten Anthologie des amerikanischen Garagenrocks der 1960er Jahre.
Später gründete in New York Legs McNeil ein Fanzine namens Punk Magazine. Der Punk-Veteran Donny the Punk hat erklärt, dass das Wort Punk von einem Slangausdruck für Vergewaltigungen im Gefängnis kommt („I punked that kid“). Ein „Punk“ ist in diesem Zusammenhang das Opfer.
Nach Großbritannien gebracht wurde der Begriff „Punk Rock“ für junge englische Rockbands wie die Sex Pistols, The Clash und The Damned durch die Musikjournalistin Caroline Coon, die damalige Freundin von Paul Simonon, dem Bassisten von The Clash. Vorher war in England für diese Art von Musik der Begriff „Working Class Rock'n'Roll“ geläufig.
Punk als Lebensgefühl
Der Punk bringt sich vor allem durch Musik zum Ausdruck, ferner durch Kleidung, Frisuren und Grafik (Collagen, Xerographien und Comic-Zeichnungen). Der Punk betont das Hässliche und will provozieren. Die Ästhetik des Punks war stilprägend für die gesamten 1980er Jahre.
Dahinter steckt eine bestimmte Anschauung: eine respektlose, resignierte bis aggressive Haltung gegenüber der Gesellschaft, eine Art rebellischer Nihilismus. Der Punk stellt sich gegen alle Konventionen, gegen die Konsumgesellschaft und gegen das Bürgertum, aber genauso gegen die politische Linke mit ihrer Staatsgläubigkeit (Etatismus). Der Punk kennt keine Ideale, keine Anführer und keine Ziele. Er wendet sich in einer strikten Antihaltung gegen alles.
Typischerweise sieht der Punk auch für sich selbst keine Zukunft (Schlagwort: „No Future”); so erklärt sich auch die ungesunde Lebensweise vieler Punks. Es gibt zwar auch komplett gegenteilige Tendenzen in der Punk-Szene, wie die Veganer- und Straight Edge-Bewegung. Ursprünglicher Punk ist mit der Zugehörigkeit zur Ökologiebewegung aber unvereinbar.
Geschichte
Die Ursprünge in den USA
Der Ursprung des Punks liegt in den späten 1960er Jahren. Punk war vor allem eine Reaktion auf die Hippie-Bewegung. Er richtete sich gegen den Idealismus und gegen die friedvolle Haltung der Hippies. Demgegenüber gab sich der Punk illusionslos und setzte auf offene Ablehnung der Gesellschaft.
Die Entstehung der Punkbewegung ist eng verknüpft mit der gleichnamigen Musikrichtung. Welches die erste Punkrock-Band war, ist umstritten. Genannt werden in dem Zusammenhang The Ramones, The Stooges, The New York Dolls, MC5, gelegentlich auch Patti Smith. Alle diese Bands kommen aus den USA. Als Zentrum des ursprünglichen amerikanischen Punks gilt der Club CBGB in New York City.
Die frühen Punkbands spielten eine rohe und ungeschliffene Art des Rock, ähnlich dem frühen Beat und Rock ’n’ Roll. Das war insofern bemerkenswert, als die Rockmusik zu Beginn der 1970er Jahre alles andere als roh und ungeschliffen war: Es dominierten Bands wie Pink Floyd, Genesis, Emerson, Lake & Palmer oder Led Zeppelin, bei denen alles perfektioniert war, und die für jede Platte und für jedes Konzert einen Riesenaufwand trieben und jede Einzelheit genauestens planten. Aus der Sicht einer rebellischen Jugend verkörperten diese Gruppen bestenfalls Stillstand, wenn nicht den Ausverkauf an „das System“. Hinzu kam, dass die U-Musik Mitte der 1970er unter den Einfluss der Disco-Kultur geriet, die – wiederum aus der Sicht einer rebellischen Jugend – oberflächlich, kommerziell und verlogen war.
Dagegen setzte der Punk schnelle, kurze und einfache Songs. Stilistisch handelte es sich meist um eine primitive Form des Rock ’n’ Roll. Langsame und gefühlvolle Lieder (Balladen) gab es nicht. Die Texte bestanden hauptsächlich aus Betrachtungen über das (eigene) Leben und Leiden als Teenager, aus Anklagen und Beschimpfungen, oder auch aus reinem Dadaismus.
Die Geburt der Bewegung in Großbritannien
Auch wenn die ersten Bands aus New York kamen – zu einer echten Bewegung wurde der Punk in London:
Charakteristisch für die Punkbewegung war einerseits eine Antihaltung, gerichtet gegen das politische Establishment (auch gegen die Linke), gegen die Musikindustrie und gegen das Bürgertum allgemein. Andererseits gehörte von Anfang an auch eine radikale Selbstvermarktung zum Punk, vor allem durch die Sex Pistols und ihren umtriebigen Manager Malcolm McLaren. Nur mit der typisch britischen Selbstironie lässt sich ein solcher Widerspruch bewerkstelligen: der offene Ausverkauf einer gesellschaftskritischen Überzeugung.
Soziologisch entstand die englische Punk-Bewegung aus einem apolitischen Groll, den viele Jugendliche gegenüber sämtlichen Institutionen empfanden. Grundlage dafür waren mangelnder Halt durch die Schulen und mangelnde Aussichten im Berufsleben, bedingt durch die Wirtschaftskrise und das steife englische Klassensystem. Die Jugendlichen, die den Hauptanteil der Bewegung ausmachten, fühlten sich ausgeschlossen und betrogen um die Dinge, die ihnen erstrebenswert vorkamen: modische Kleidung, die neueste Musik, oft sogar schon der Konsum von Getränken in Gaststätten. Ihre Antwort hieß Eigenproduktion – Eigenproduktion der Kleidung (notfalls aus dem Altkleidercontainer), Eigenproduktion der Musik (notfalls mit gestohlenen Instrumenten, wie bei den Sex Pistols) und auch des Musikvertriebs.
Unvollkommenheit wurde dabei nicht nur in Kauf genommen, sondern angestrebt. Man kokettierte damit, dass man nur drei Akkorde auf der Gitarre beherrschte; Gitarren-Soli und jede Form von Virtuosität waren als „Star-Gesten“ verpönt. Man war nicht der Auffassung, dass Kritik auch konstruktiv sein müsse. Ein beliebtes Schlagwort war „boredom“ – Langeweile. Im Mittelpunkt stand die eigene Subjektivität, das eigene Leiden am Zustand der Welt, das sichtbar gemacht und so gegen sie gewendet werden sollte. Die Arbeiterbewegung und die Neue Linke wurden ebenso abgelehnt wie das herrschende System. Grundsätze des Punks waren: Verschwende dich selbst, glaube niemandem, do it yourself, stelle Autoritäten und Stars in Frage.
So bahnte sich eine Gegenkultur den Weg an die Oberfläche, eine junge, zynische, provokante und schnelllebige Szene mit eigenen Ausdrucksformen: Hässlichkeit als Programm, zerfetzte Kleidung (oft Unterwäsche), Sicherheitsnadeln im Gesicht, mit Kopiergeräten billig hergestellte Zeitschriften (Fanzines), aber auch spontane dadaistische Aktionskunst, exzessiver Konsum von Alkohol und anderen Drogen.
Von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird die entstehende Punk-Kultur in England, als die Sex Pistols mit ihren Singles Anarchy in the UK (1976) und God Save the Queen (1977) Furore machen. In kurzer Zeit entsteht eine Unzahl neuer Bands. Die wichtigsten Bands dieser Zeit sind:
- The Sex Pistols (die bei weitem bekannteste Punkband),
- The Clash (die musikalisch einflussreichste Punkband),
- The Damned (die erste Fun-Punk-Band),
- The Slits (eine der wenigen Frauen-Punkbands),
- The Stranglers (eine der wenigen Punkbands mit Keyboard) und
- Crass (ein radikal antikommerzielles Projekt).
Schon damals teilte sich die Punk-Bewegung in viele Richtungen wie Anarcho-Punk, Oi!/Streetpunk, Ska-Punk, Fun-Punk und Skatepunk. Parallel zum Entstehen des Punks entwickelte sich der ebenso musikalisch radikale Industrial mit Vorreitern wie Throbbing Gristle, Cabaret Voltaire und SPK.
Die frühen 1980er Jahre
Anfang der 1980er Jahre verbreitete sich der Punk über die ganze Welt, und es entstanden verschiedene Punk-Szenen in fast allen Ländern Europas, Amerikas und Ostasiens, insbesondere auch in den kommunistischen Staaten des Ostblocks. Zugleich wurde der Punk ernsthafter, aggressiver und in gewissem Sinne politischer.
Ein populärer Slogan der damaligen Punkbewegung heißt „no future“ – keine Zukunft. Es war die Zeit des kalten Krieges, und viele Menschen befürchteten einen Atomkrieg. Auch das neu erwachte Umweltbewusstsein verursachte in der westlichen Welt einige Zukunftsängste bis hin zur Weltuntergangsstimmung. Ronald Reagan, Margaret Thatcher und Helmut Kohl standen in der Politik für Restauration, nämlich für eine Abkehr von den Idealen der 68er-Generation, die in den 1970er Jahren prägend gewesen war. Konservative Werte waren wieder auf dem Vormarsch („Leistung soll sich wieder lohnen“). Karriere zu machen, galt der Jugend als erstrebenswertes Ziel. Gleichzeitig herrschte aber Massenarbeitslosigkeit. Die politische Linke war gescheitert; ihre ehemaligen Protagonisten, die 68er, traten den Jugendlichen nun als Lehrer und Beamte gegenüber und verkörperten damit „das System“.
Dagegen setzten die Punks die totale Verweigerung. In den 1980er Jahren war Punk die dominierende Kultur in den meisten Autonomen Zentren. Die Chaostage in Hannover waren von 1982 bis 1984 ein fester Treffpunkt der Szene. Wichtige Bands dieser Zeit sind:
- in den USA Black Flag und die Dead Kennedys,
- in Großbritannien The Exploited und
- in Deutschland Slime.
New Wave
Seit Anfang der 1980er Jahre bezeichnete man mit dem Begriff „New Wave“ unterschiedliche musikalische Strömungen, die sich aus dem Punk heraus entwickelten. Die deutschsprachige Variante der New Wave war die Neue Deutsche Welle. Als besonderes Merkmal dieser Zeit galt der verstärkte Einsatz von elektronischen Instrumenten, vor allem Analogsynthesizern und Drumcomputern. Mit dem Aufkommen der Digitaltechnik in der Mitte der 1980er waren viele Geräte sowohl klanglich als auch preislich interessant geworden.
Die ersten Vertreter dieser Szene entstammten der Punk-Szene oder standen ihr zumindest nahe, aber sehr bald entdeckte die Musikindustrie den Trend und schickte eigene Bands ins Rennen. Wichtige Bands dieser Zeit sind:
- in den USA Blondie, Iggy Pop, und die Talking Heads,
- in Großbritannien The Smiths, The Cure, Siouxsie & the Banshees und Billy Idol,
- in Deutschland Fehlfarben und DAF.
Mit dem kommerziellen Erfolg der New Wave wurde der Punk beinahe gesellschaftsfähig und insofern Teil des Establishments. Das stürzte die Punk-Bewegung, die sich stets über die Abgrenzung vom Establishment definiert hatte, in eine tiefe Krise.
Dass eine subversive Bewegung wie der Punk von der Mode vereinnahmt werden konnte, wirkte in den frühen 1980ern auf manchen Punk verstörend. Malcolm McLaren und die Sex Pistols hatten allerdings immer darauf beharrt, dass es sich bei der ganzen Angelegenheit um „The great Rock'n'Roll Swindle“ (so der Titel eines Albums) handelte, also den großen Rock'n'Roll-Schwindel, einen bewusst inszenierten Medienrummel. Die kommerzielle Verwertung einer Haltung, die alles ablehnt, ist insofern konsequent, als damit auch die Rebellion selbst ad absurdum geführt wird.
Einen Versuch, den Geist des Punks zu bewahren, bildete die Hardcore-Bewegung, die Anfang der Achtziger Jahre entstand. Als wichtigste Bands gelten Agnostic Front, Dead Kennedys, Black Flag, Minor Threat und Sick of it All.
Punk als eine Mode unter vielen
In den späten 1980ern gehörte der Punk dann zum selbstverständlichen Straßenbild in Europa. In London ließen sich besonders gestylte Punks zusammen mit Touristen fotografieren. Selbst in Kinderbüchern und in der Fernsehserie Lindenstraße tauchten Punks auf.
Mit massenkompatiblen Bands wie Die Toten Hosen und Die Ärzte war Punk zum Teil des Mainstreams geworden und wurde entsprechend verkauft (Kommerzpunk). Der Punk hatte sich von einer anfangs naiven und unpolitischen Haltung über eine radikale politische Bewegung zu einer von vielen gesellschaftlichen Gruppen entwickelt.
Viele Leute sind der Ansicht, dass alle Punks, die nach der ersten Welle kamen, nur noch modische Nachahmer waren und das Anliegen der ursprünglichen Punkbewegung und die im Punk verkörperten radikalen Ansichten (z.B. Anarchie) gar nicht mehr erfüllen können. Viele Punks wandten sich deshalb anderen Strömungen zu, etwa der Antifa, den Autonomen, den Hausbesetzern und der Ökologiebewegung.
Musikalisch traten an die Stelle des Punks etwa die Hamburger Schule, die Elektronische Musik (Atari Teenage Riot), Gothic und vor allem der Grunge, der in den 1990ern durch Bands wie Nirvana und Pearl Jam vertreten wurde.
Es folgten Bands wie Green Day, The Offspring und Red Hot Chili Peppers. Diese Bands äußerten sich teilweise auch politisch, stellten aber oft den Spaß-Aspekt in den Vordergrund. Sie alle waren mit Video-Clips auf MTV vertreten. Das Neue, das Radikale, was den Punk einst ausgemacht hatte, fehlt ihnen.
Punk in Deutschland
Siehe Hauptartikel Deutschpunk
Ende der 80er Jahre drang Punk zunehmend auch in den Mainstreambereich vor. Wegweisend waren dabei vor allem Die Toten Hosen und Die Ärzte. Beide Bands sind kommerziell sehr erfolgreich und sind regelmäßig mit Videos auf MTV vertreten. Aus diesem Grund werden sie jedoch oft von der Punkszene abgelehnt.
Weitere wichtige deutsche Punkbands sind Slime und Die Goldenen Zitronen aus Hamburg, Feeling B und Rosa Extra aus Ost-Berlin und Daily Terror aus Braunschweig.
Punk in Japan
Zu Beginn der 1980er schwappte die Punkwelle auch nach Japan. Nachdem anfangs vor allem der britische Punk kopiert wurde, entwickelte sich bald eine recht eigenständige Szene. Schon in der ersten Hälfte der 1980er Jahre gründeten sich zahlreiche Bands der verschiedensten Stilrichtungen, so dass die spätere Bezeichnung „Japcore“ nur als sehr verallgemeinernd anzusehen ist. Die stilistische Bandbreite reicht von recht experimentellem Punkrock (z.B. G.I.S.M.) über eher klassischen Punkrock („Laughin Nose“, „Comes“, „Lipcream“) bis hin zu Hardcore-Punk („Gauze“, „Kuro“).
Wie in Europa ist auch in der Punkszene in Japan der Antiamerikanismus stark ausgeprägt. Typisch für die japanische Punkszene ist die Verwendung von Kennzeichen und Namen aus Diktaturen, insbesondere des Stalinismus und des Nationalsozialismus. Eine Eigenheit der Japanischen Punkszene ist der Hang zum Sexismus, ausgeprägt in Bandnamen wie GISM (vulgo: Wichse, Masturbation), in Titeln wie „onanism“ und besonders in Textpassagen wie „'woman are shit fuck it“ oder „I'm big Prick perfect Prick“.
Im Kleidungsstil ist die japanische Szene uneinheitlich, die Bandbreite reicht vom europäisch beeinflussten Stil über Stilformen, die eher aus den Bereichen Heavy Metal oder Skinheads kommen, bis hin zu Fantasiestilen, die oft eine Mischung der Vorgenannten sind. Der japanischen Punkszene wird eine Verbindung zu Motoradgangs und zum organisierten Verbrechen nachgesagt.
Szenetypische Erscheinung
Obwohl Punk als Idee gerade gegen Normen und für Individualität eintritt, hat sich seit den 1980er Jahren ein typisches Erscheinungsbild herausgebildet, das innerhalb der Szene vorherrscht, auch wenn es keinesfalls verpflichtend ist. In den Anfangsjahren 1976/77 trugen Punks zerschlissene Anzüge mit Sicherheitsnadeln & Ansteckern (Buttons), dazu Creepers, auffällige Socken und Sonnenbrille. Unter dem Jacket trug man individuelle, selbstgestaltete T-Shirts, oft zerrissen, oder auffällig gestaltete Hemden. Ungefähr seit Mitte der 1980er Jahre gehören zum Punk folgende Merkmale:
Frisuren
Typisch für den Punk sind abstehende, oft auch auffällig gefärbte Haare. Sehr beliebt ist der Irokesenschnitt (kurz „Iro“ genannt), also ein Haarkamm von der Stirn zum Nacken mit rasierten Seiten. Manchmal sieht man auch Punks mit zwei oder drei Irokesen-Kämmen nebeneinander.
Körperschmuck
Piercing war in der Punkszene von Anfang an verbreitet. Schon in den 1970er Jahren trugen Punks durch die Haut gestochene Nasenringe und Sicherheitsnadeln als Schmuck. Ferner gab es Gesichtsbemalungen und dunkel oder farbig geschminkte Augen und Wangenpartien – nicht nur bei weiblichen Punks. Auch Tätowierungen sind recht häufig. Besonders extreme Formen von Piercings und Tattoos finden sich bei der Szeneströmung der Fetischpunks.
Kleidung
Typische Kleidungsmerkmale des Punks sind:
- Nieten auf Jacken, Gürteln, Arm- und Halsbändern, oft spitz geformt
- Reißverschlüsse an unüblichen Stellen, insbesondere Bondagehosen
- Anstecker (Buttons), Aufnäher und Sicherheitsnadeln, silberne Metallketten
- Lederjacken, bemalt mit Symbolen, Bildern, Sprüchen wie Bandlogos und Parolen, teils Runenschrift (Sig-Rune in Anlehnung an die SS)
- Uniformteile, Patronengurte, Hakenkreuze (bei politisch motivierten Punks auch antifaschistische Symbole) und Militaria
- Karierte Hosen, (enge) Hosen, Jeans, oft gebleicht
- Schottenröcke (Kilts) und andere Kleidungsstücke mit Schottenkaros (Tartan),
- Netzhemden und Netzstrümpfe
- Zebra-, Tiger- oder Leopardenmuster
- zerrissene, bemalte, beschriftete, oder anderweitig veränderte Kleidung
- Schnürstiefel (Springerstiefel) oder Schuhe der Marke Doc Martens
Die zunehmende Differenzierung der Punk-Szene ab den 1980er Jahren brachte jedoch auch Subkulturen hervor, auf die die obigen Merkmale nicht oder nur in geringem Maße zutreffen, so beispielsweise den Hardcore Punk und den Oi!-Punk.
Punk in der Theorie
Einige der frühen Punkmusiker studierten an Kunsthochschulen und kannten ältere radikale Avantgarde-Konzepte. Andere waren aus kleinen Verhältnissen stammende Arbeitslose oder Arbeitsverweigerer, die alles zurückwiesen, was es an Kultur und Sinnstiftung zuvor gegeben hatte. Mit ihrem provozierenden Auftreten stießen die Punks in der Gesellschaft auf Unverständnis, Ablehnung und sogar Hass. Andererseits wurde Punk aber auch zu einer Art Popkultur. Dieser Widerspruch ist bis heute (2006) kaum befriedigend erklärt.
Punk und Situationismus
Nach Auffassung von Greil Marcus ist Punk untrennbar verknüpft mit dem Situationismus der 1960er Jahre. Auch Malcolm McLaren, Mentor der Sex Pistols, und damit einer der Hauptprotagonisten des frühen Punk, wollte dies gerne als den Ausgangspunkt der Bewegung ausgeben. Aber der Situationismus ist gefärbt durch politische Ziele des Sozialismus und Anarchismus. Der Punk hingegen hat keine Ziele, auch keine politischen Ziele. Dass zwischen dem Situationismus und dem Punk kaum eine Verbindung besteht, belegen auch zwei Werke, die als zuverlässige Quellen für die frühe Punkbewegung Londons gelten, weil sie aus dem persönlichen Umfeld der Protagonisten stammen: das Buch „Sex Pistols - The Inside Story“ von Fred und Judy Vermorel und die Autobiographie No Irish, No Blacks, No Dogs von Johnny Rotten, dem Frontmann der Sex Pistols. Laut Johnny Rotten war einer der Hauptgründe für das Punk-Phänomen der 1970er der Protest gegen das Klassensystem und die Chancenungleichheit, die die Jugendlichen der Punkszene dazu motivierte, über Klassengrenzen hinweg füreinander einzustehen – gegen die Welt der Erwachsenen.
Punk und Politik
Siehe Hauptartikel Punk-Ideologien
Der Punk propagiert oft die „Anarchie“. So traten Punks wie Steve Jones, Paul Cook und Sid Vicious für den Anarchismus ein. Damit ist jedoch oftmals keine ernsthafte politische Perspektive im Sinne anarchistischer Theoretiker wie Proudhon und Bakunin gemeint, sondern nur die denkbar radikalste Ablehnung der herrschenden Verhältnisse, was sich an der gemeinsamen und oft sinngleichen Verwendung der Begriffe „Anarchie“ und „Chaos“ zeigt. Oftmals zeigt sich eine Nähe zum Nihilismus.
Trotzdem verstehen sich viele Punks als politisch links. Jello Biafra, der Sänger der Dead Kennedys, ist aktives Mitglied der Green Party. Bands wie Crass, Conflict oder Zounds und deren Anhänger verstehen Punk als Kampf gegen das herrschende System, insbesondere gegen die Konsumgesellschaft, gegen Institutionen aus Politik, Wirtschaft und Kirche. So lebten die Mitglieder der Band Crass in einer Kommune als Selbstversorger auf einem Bauernhof. Für ihre Tonträger und für den Eintritt zu ihren Konzerten verlangten sie nur die Selbstkosten. In ihrem Bestreben, in jeder Beziehung selbstbestimmt zu leben, lehnten sie den Verzehr von Fleisch ebenso ab wie den Konsum von Drogen. Diese elitären Bands halten sich für die „echten“ Punks. In einem ihrer Songs heißt es: „They say that we were trash - well, our name is Crass not Clash“, also: „Sie sagen, wir sind Müll – gut, [aber] wir heißen krass, nicht Clash (bezogen auf die durchaus politische, aber auch kommerziell erfolgreiche Band The Clash).“
Andere wiederum sehen politisches und moralisches Predigertum als unvereinbar mit der Idee des Punk; in ihren Augen handelt es sich bei diesen vermeintlich „echten Punks“ in Wahrheit um „verkleidete Hippies“.
Punk und Emanzipation
Bei Punk-Konzerten dominieren im Publikum meistens die Männer. Obwohl die Punk-Szene sich als progressiv gibt, und die Gleichberechtigung der Geschlechter folglich einen hohen Stellenwert hat, herrscht auch unter den Aktiven der Szene ein ungleiches Geschlechterverhältnis: Bands und Fanzines werden ganz überwiegend von Männern betrieben. Um dem Machismo etwas entgegenzusetzen, der vor allem gegen Ende der 1980er Jahre in der Punk-/Hardcore-Szene wiedererstarkte, bildete sich die Riot-Grrrl-Bewegung, in der Frauen und Mädchen sehr aktiv und engagiert als Veranstalterinnen, Urheberinnen von Labels, Autorinnen von Fanzines und besonders als Musikerinnen auftraten.
Literatur
- Eva Bude: Verpisst Euch! : [sex and drugs and hardcore-punk]. Europa Verlag, Hamburg / Leipzig / Wien 2005. ISBN 3-203-75526-2
- Martin Büsser: If the Kids are united... - von Punk zu Hardcore und zurück. 6. Auflage, Ventil Verlag, Mainz 2003. ISBN 3-930-55948-X
- Stephen Colegrave, Chris Sullivan: Punk. Collection Rolf Heyne, München 2005. ISBN 3-89910-255-X
- Klaus N. Frick: Vielen Dank, Peter Pank. Verlag Thomas Tilsner, Bad Tölz 1998. ISBN 3-910-07956-3
- Marcus Greil: Lipstick Traces - von Dada bis Punk, eine geheime Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1996. ISBN 3-499-60102-8
- Volker Hauptvogel, Dietmar Kirves: Die Verweigerer im politischen Taumel Berlins : Politik wird Musik ; das Mekanik Destrüktiw Komandöh ; die Geschichte einer Band. Karin Kramer Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-87956-148-6
- Val Hennessy: In the Gutter. Quartet Books, London 1978, ISBN 0-7043-3230-2
- Thomas Lau: Die heiligen Narren. Punk 1976-1986. de Gruyter Verlag, Berlin / New York 1992. ISBN 3-110-13377-6
- Legs McNeill, Gillian McCain: Please Kill Me! - die unzensierte Geschichte des Punk. Hannibal, Höfen 2004. ISBN 3-854-45237-3
- Jan Off: Vorkriegsjugend : 200 Gramm Punkrock. Ventil Verlag, Mainz 2003. ISBN 3-930-55988-9
- Craig O'Hara: The Philosophy of Punk. Die Geschichte einer Kulturrevolte. Ventil Verlag, Mainz 2001. ISBN 3-930559-72-2
- Paul Ott, Hollow Skai (Hg.): Wir waren Helden für einen Tag. Aus deutschsprachigen Punk-Fanzines 1977-1981. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1983. ISBN 3-499-17682-3
- Jon Savage, Englands Dreaming - Anarchy, Sex Pistols, Punk Rock and Beyond. Edition Tiamat, Berlin 2001. ISBN 3-893-20045-2
- Jürgen Teipel: Verschwende Deine Jugend. Ein Doku-Roman über den deutschen Punk und New Wave. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001. ISBN 3-518-39771-0
Siehe auch
Portal: Punk – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Punk |
Weblinks
Commons: Punk – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Wiktionary: Punk – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- http://www.jugendszenen.com/punk/ Guter Überblick über die Szene
- http://www.jugendkulturen.de/ Archiv der Jugendkulturen eV
- http://www.bravopunkworld.de/ Seite für Punk und Alternatives
- http://www.oivision.de/ Oi!vision – Internet Musikmagazin (deutsch)
- http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/29/0,1872,2052925,00.html „Störung Ost“, ZDF-Film über Punks in der DDR
- http://www.PunX-Community.de „PunX-Community“, Große Deutsche Community von Punks, für Punks