Schwarzer Körper
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Ein Schwarzer Körper (auch: Schwarzer Strahler, planckscher Strahler) ist in der Physik ein idealisierter Körper, der auf ihn treffende elektromagnetische Strahlung bei jeder Wellenlänge vollständig absorbiert. Er ist eine ideale thermische Strahlungsquelle und dient als Grundlage für theoretische Betrachtungen sowie als Referenz für praktische Untersuchungen elektromagnetischer Strahlung. Der Begriff „Schwarzer Körper“ wurde 1860 von Gustav Kirchhoff geprägt.
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[Bearbeiten] Eigenschaften
Ein Schwarzer Körper nimmt auftreffende elektromagnetische Strahlung, etwa Licht, vollständig auf (Absorption). Er lässt weder Strahlung durch sich hindurch (Transmission), noch spiegelt oder streut er sie zurück (Reflexion). In der Realität können diese idealen Eigenschaften nur angenähert auftreten. Aufgrund seiner thermischen Energie (Temperatur) gibt der Schwarze Körper Strahlung einer bestimmten Intensität und spektralen Verteilung ab (Emission).
Nach dem kirchhoffschen Strahlungsgesetz ist für jeden Körper bei jeder Wellenlänge und in jeder Richtung das Emissionsvermögen für thermische Strahlung proportional zu seinem Absorptionsvermögen. Da das Absorptionsvermögen des Schwarzen Körpers bei jeder Wellenlänge den größtmöglichen Wert annimmt, nimmt auch sein Emissionsvermögen bei allen Wellenlängen den maximalen Wert an. Ein beliebiger realer Körper kann bei keiner Wellenlänge mehr thermische Strahlung aussenden als ein Schwarzer Körper, der daher eine ideale thermische Strahlungsquelle darstellt. Da sein Spektrum außerdem von keinen anderen Parametern als der Temperatur abhängt, insbesondere von keinen Materialeigenschaften, stellt er eine für zahlreiche theoretische und praktische Zwecke nützliche Referenzquelle dar. Intensität und Frequenzverteilung der von einem Schwarzen Körper ausgesandten elektromagnetischen Strahlung werden durch das von Max Planck aufgestellte plancksche Strahlungsgesetz beschrieben. Mit steigender Temperatur verschiebt sich das Maximum der Frequenzverteilung zu höheren Frequenzen bzw. kürzeren Wellenlängen (wiensches Verschiebungsgesetz). Die gesamte ausgestrahlte Energie ist proportional zur vierten Potenz der absoluten Temperatur des Schwarzen Körpers (Stefan-Boltzmann-Gesetz).
So emittiert beispielsweise ein Schwarzer Körper bei einer Temperatur von 300 K (Raumtemperatur) pro m2 Oberfläche eine Strahlungsleistung von etwa 460 Watt; kein realer Körper kann bei derselben Temperatur mehr thermische Strahlung aussenden. Der Schwarze Körper erscheint dem Auge trotz der Strahlungsemission lediglich deshalb dunkel, weil das Auge in diesem Wellenlängenbereich nicht empfindlich ist. Bei einer Temperatur von 5800 K (Temperatur der Sonnenoberfläche) emittiert ein Schwarzer Körper eine Strahlungsleistung von 64 MW/m2; wiederum kann kein realer Körper bei derselben Temperatur mehr thermische Strahlung abgeben. Der Körper erscheint dem Auge jetzt hell leuchtend, da ein Teil der Strahlung in den optischen Spektralbereich fällt. Der Körper wird trotzdem als Schwarzer Strahler bezeichnet, weil er nach wie vor alle auf ihn fallende Strahlung absorbiert: die ausgesandte Strahlung besteht vollständig aus vom Körper selbst thermisch emittierter Strahlung, sie enthält keinerlei reflektierte Umgebungsstrahlung.
Da das Emissionsvermögen unabhängig von der Abstrahlrichtung den maximalen Wert annehmen muss, strahlt ein Schwarzer Körper gleichmäßig in alle Richtungen; er ist ein Lambert-Strahler und sendet vollständig diffuse Strahlung aus.
[Bearbeiten] Experimentelle Umsetzung
Ein Schwarzer Körper lässt sich experimentell nicht realisieren, da es keine Materialien gibt, welche elektromagnetische Wellen frequenzunabhängig vollständig absorbieren. Die Herstellung eines Körpers, der dem Ideal des Schwarzen Körpers nahekommt, ist schwierig. Eine berußte Oberfläche (Absorptionsgrad ca. 0,96) genügt allenfalls für einfache Zwecke. Da in der Regel nur die Absorptions- und Emissionseigenschaften der Strahlungsquelle von Belang sind, kann jedoch anstelle eines physisch vorhandenen Körpers die Öffnung eines Hohlraumstrahlers verwendet werden, mit der sich die gewünschten Eigenschaften leichter realisieren lassen.
[Bearbeiten] Hohlraumstrahlung
In einem Hohlraum mit Wänden aus beliebigem nichttransparentem Material, die auf einer konstanten Temperatur gehalten werden, geben die Wände Wärmestrahlung ab und es wird sich nach einiger Zeit ein thermischer Gleichgewichtszustand einstellen. Die elektromagnetische Strahlung, die im Gleichgewichtszustand den Hohlraum erfüllt, nennt man Hohlraumstrahlung. Die Energiedichte und die Frequenzverteilung der Hohlraumstrahlung hängen nicht von der Beschaffenheit der Wände ab. Außerdem ist die Strahlung homogen, isotrop, unpolarisiert und vom Volumen des Hohlraums unabhängig (zur Begründung siehe Hohlraumstrahlung).
Ein in den Hohlraum eingebrachter Schwarzer Körper ändert nichts an den Eigenschaften der Hohlraumstrahlung, da diese von den Strahlungseigenschaften der neu hinzugekommenen Oberfläche und vom verringerten Hohlraumvolumen unabhängig ist. Damit im thermischen Gleichgewicht Energiedichte, Frequenzverteilung, Homogenität und Isotropie der Hohlraumstrahlung erhalten bleiben, muss der Schwarze Körper bei jeder Frequenz und in jeder Richtung ebenso viel Energie abstrahlen wie er aus der Hohlraumstrahlung absorbiert. Die Hohlraumstrahlung muss also insbesondere dieselbe Energiedichte und dieselbe Frequenzverteilung haben wie die Strahlung des Schwarzen Körpers.
[Bearbeiten] Hohlraumstrahler
Bringt man in der Hohlraumwand eine Öffnung an, die klein genug ist, um das thermische Gleichgewicht nicht merklich zu stören, so kann durch die Öffnung Hohlraumstrahlung nach außen treten. Die von der Öffnung ausgehende Strahlung hat dieselben Eigenschaften wie die Strahlung eines Schwarzen Körpers, die an die Strahlungseigenschaften des Hohlraummaterials gestellten Ansprüche sind aber viel leichter zu erfüllen. Eine solche Öffnung ist auch ein fast idealer Absorber, denn von außen in den Hohlraum einfallende Fremdstrahlung wird bei kleiner Öffnung erst vielfach im Innern hin und herreflektiert und dabei zum größten Teil absorbiert, bevor der geringe Rest wieder austreten kann. Solche Öffnungen erscheinen daher praktisch völlig schwarz; zur Unterstützung der Absorption werden die Hohlraumwände in der Regel schwarz eingefärbt. In der technischen Praxis verwendete Hohlraumstrahler sind Hohlkugeln oder geschlossene hohle Zylinder mit geschwärzter und aufgerauter Innenoberfläche.
[Bearbeiten] Maximale Farbtemperatur
Nach dem planckschen Strahlungsgesetz weist die Intensitätskurve eines Schwarzen Körpers ein Maximum auf, das sich mit wachsender Temperatur immer mehr in den kurzwelligen Bereich verschiebt. Bei sehr hoher Temperatur liegt es also weit im UV- oder sogar Röntgenstrahlenbereich. Für den sichtbaren Bereich gilt dann die Näherung von Rayleigh und Jeans, in der die spektrale Strahldichte, d. h. die Leistung pro Flächen- und Raumwinkeleinheit und Frequenzintervall, zum Quadrat der Frequenz proportional ist. Eine weitere Erhöhung der Temperatur kann dann die relative Stahlungsverteilung im sichtbaren Bereich und damit den Farbeindruck nicht weiter verändern. In der CIE-Normfarbtafel kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass die „Black-body-Kurve“ in einem Punkt endet, der in einem verhältnismäßig ungesättigten violetten Farbton liegt und der Temperatur „unendlich“ entspricht.
[Bearbeiten] Emissionsgrade
Wegen der universellen und nur von der Temperatur abhängigen Eigenschaften seiner Strahlung und weil er auf jeder Frequenz die größte bei der betreffenden Temperatur physikalisch mögliche thermische Strahlungsleistung abgibt, eignet sich der Schwarze Körper als Strahlungsreferenz. Das Verhältnis der von einem beliebigen Körper und der von einem Schwarzen Körper thermisch abgegebenen Strahlungsintensitäten ist der Emissionsgrad des Körpers. Der Emissionsgrad liegt stets zwischen 0 und 1; der Schwarze Körper selbst hat den Emissionsgrad 1.
Ein realer Körper hat in der Regel auf verschiedenen Frequenzen und möglicherweise sogar in verschiedenen Ausstrahlrichtungen verschiedene Emissionsgrade, so dass für eine vollständige Charakterisierung der Emissionsgrad als Funktion der Frequenz und der Ausstrahlwinkel anzugeben wäre. Ein Körper mit richtungsunabhängigem Emissionsgrad strahlt völlig diffus; er ist ein Lambert-Strahler. Einen Körper, dessen Emissionsgrad auf allen Frequenzen gleich ist, nennt man einen Grauen Körper. In beiden Fällen ergeben sich oft erhebliche Vereinfachungen für Strahlungsberechnungen, so dass reale Körper oft – soweit möglich – näherungsweise als diffuse Strahler und Graue Körper betrachtet werden.
Nach dem kirchhoffschen Strahlungsgesetz ist für jeden Körper der gerichtete spektrale Emissionsgrad gleich dem gerichteten spektralen Absorptionsgrad. Für die anderen, über die Richtungen und Frequenzen integrierten, Emissions- und Absorptionsgrade gilt die Gleichheit nur unter zusätzlichen Voraussetzungen.
[Bearbeiten] Anwendungen
- Nichtmetallische Materialien haben für Wellenlängen, die größer als 1 bis 3 μm sind, in der Regel einen hohen Emissionsgrad im Bereich von 0,85 bis 0,95. Soll das Strahlungsverhalten bei nicht zu hohen Temperaturen bestimmt werden (bei Raumtemperatur liegt z.B. das thermische Strahlungsmaximum bei 10 μm und damit in dem betreffenden Wellenlängenbereich), so können sie oft in guter Näherung als Graue Körper, bei geringeren Genauigkeitsansprüchen sogar als Schwarze Körper betrachtet werden.
- Ruß ist ein Beispiel für eine reale Annäherung an einen Schwarzen Körper. Er erreicht allerdings je nach Konsistenz auch nur einen Absorptions- bzw. Emissionsgrad von ca. 0,96. Sein Emissionsgrad ist aber fast unabhängig von der Wellenlänge, so dass er in guter Näherung einen Grauen Körper darstellt.
- Menschliche Haut hat im Wellenlängenbereich zwischen 2 und 14 μm einen relativ konstanten Emissionsgrad zwischen ca. 0,97 und 0,98[1], sie strahlt bei Körpertemperatur (Emissionsmaximum 9,4 μm) also fast wie ein Schwarzer Strahler und absorbiert praktisch die gesamte auffallende langwellige Wärmestrahlung aus der Umgebung (die Absorptionseigenschaften im sichtbaren Spektralbereich verhalten sich dagegen deutlich anders).
- Die Erforschung der Schwarzkörperstrahlung war bedeutend, da sie in eine Zeit fiel, als noch kein elektrisches Licht bekannt war. So fand sie etwa Anwendung in der Konstruktion von Gasleuchten mit Glühstrumpf, der das eigentlich unsichtbare Licht der Flamme in sichtbares Licht umwandelt.
- Die Kenntnis über das Strahlungsverhalten heißer Metalle war auch von militärischer Bedeutung, da sie die Härtung von Stahl ermöglichte zu einer Zeit, in der man noch über sehr geringe metallurgische Kenntnisse verfügte (siehe Glut).
- In der Astronomie werden Sterne oft durch Schwarze Körper approximiert. Der Unterschied zwischen der theoretischen Frequenzverteilung und dem Sternspektrum gibt Aufschluss über die chemische Zusammensetzung und Eigenschaften wie das Magnetfeld des Sterns.
- Die Kosmische Hintergrundstrahlung ist in sehr guter Näherung eine Schwarzkörperstrahlung (genauer: Hohlraumstrahlung) mit einer Temperatur von 2,725 ± 0,002 Kelvin. Ihre detaillierte Analyse ist von Interesse für die Kosmologie.
- Nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz ist die gesamte thermische Strahlungsenergie eines Schwarzen Körpers proportional der 4. Potenz seiner absoluten Temperatur. Diese Gesetzmäßigkeit wird von Strahlungsthermometern verwendet, um bei bekanntem Emissionsgrad die Temperatur eines Körpers zu ermitteln. Meist wird nur die Strahlung in einem bestimmten Wellenlängenbereich ausgewertet; dann muss der Emissionsgrad in diesem Bereich bekannt sein.
- Die Temperatur, die ein Schwarzer Körper laut Stefan-Boltzmann-Gesetz haben müsste, um dieselbe Strahlungsleistung pro Flächeneinheit zu emittieren wie ein vorgegebener Strahler heißt Effektivtemperatur dieses Strahlers. Sie weicht von der tatsächlichen Temperatur um so mehr ab, je weniger der Strahler einem Schwarzen Körper entspricht. Der Begriff der Effektivtemperatur ist daher nur bei Strahlern sinnvoll, deren Strahlungseigenschaften nicht allzu verschieden von denen eines Schwarzen Körpers sind (also bei Sternen, Glühwendeln, aber nicht Leuchtstoffröhren, Polarlichtern und sonstigen Lichtquellen mit ausgeprägtem Linienspektrum).
- Mit zunehmender Temperatur verschiebt sich die maximale Strahlungsintensität eines Schwarzen Körpers zu niedrigeren Wellenlängen, der optische Farbeindruck also vom Roten ins Bläulich-Weiße. Der Farbton einer Lichtquelle, deren Eigenschaften nicht zu stark von einem Grauen Strahler abweichen, lässt sich daher angeben als die Temperatur, die ein Schwarzer oder Grauer Körper haben müsste, um denselben Farbeindruck hervorzurufen. Dies ist die so genannte Farbtemperatur der Lichtquelle.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Plancksches Strahlungsgesetz - mit einer umfangreichen Formelsammlung zum Strahlungsverhalten
- Kirchhoffsches Strahlungsgesetz
- Grauer Körper
[Bearbeiten] Literatur
- Max Planck: Ueber das Gesetz der Energieverteilung im Normalspectrum. in: Annalen der Physik. Weinheim, Berlin 4.1901, S.553ff. ISSN 0003-3804
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Schwarzer Körper – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Max Planck: On the Law of Distribution of Energy in the Normal Spectrum. (engl. Text)
- Plancks Strahlungsformel
- Strahlung des schwarzen Körpers (Universität Ulm)
- Applet über die Strahlung des Schwarzer Körper
[Bearbeiten] Videos
- RealVideo: Was ist ein Schwarzer Körper? (aus der Fernsehsendung Alpha Centauri)