Drömling
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Der Drömling ist ein etwa 340 km² großes und wenig besiedeltes Niederungsgebiet an der Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Der größere sachsen-anhaltische Teil im Osten ist seit 1990 ein Naturpark. Das frühere Sumpfgebiet wurde im 18. Jahrhundert auf Weisung von Friedrich dem Großen durch Entwässerung von einer Natur- in eine Kulturlandschaft umgewandelt. Heute ist die Niederung mit dem Mittellandkanal und den Flüssen Aller sowie Ohre Rückzugsgebiet für seltene oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Sie besteht größtenteils aus Natur- und Landschaftsschutzgebieten. Nahegelegene Städte sind Oebisfelde und Wolfsburg.
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[Bearbeiten] Lage
Der Drömling liegt in einer flache Mulde in den Ausmaßen von etwa 15 × 20 Kilometern, die von einer 60-Meter-Höhenlinie umschlossen wird. Er ist ein erweitertes Teilstück des Breslau-Magdeburg-Bremer-Urstromtals. Grob beschrieben dehnt sich das Niederungsgebiet von Wolfsburg-Vorsfelde im Westen bis Calvörde im Osten und von Klötze im Norden bis Oebisfelde im Süden aus. Im Westen grenzt der Geestrücken des Vorsfelder Werders an.
[Bearbeiten] Entstehung
Entstanden ist die Niederung in der vorletzten Eiszeit, der Saaleeiszeit, vor rund 140.000 Jahren. Die Schmelzwässer des Urstromtales verfüllten die großflächige Senke des Drömlings zunächst mit Sanden. Über die Entwicklung des Drömlings während der Weichseleiszeit ist wenig bekannt. Am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren setzte die endgültige Bewaldung des Gebietes ein. Da auf Grund der Lage im Urstromtal das Gefälle von Aller und Ohre sehr gering ist, kam es zur Vernässung der Böden und zum Aufwachsen eines Niedermoores mit ausgedehnten Erlenbruchwäldern. Die Versumpfung schritt weiter fort, weil der Drömling ein natürliches Speicherbecken für die Hochwässer von Aller und Ohre war.
[Bearbeiten] Beschreibung
Der Drömling ist eine in Deutschland einzigartige Niedermoorlandschaft. Neben dem rund 15 km westlich gelegenen Barnbruch ist er das ökologisch wertvollste Gebiet der Ober-Aller-Niederung. Er gehört mit rund 260 km² größtenteils zu Sachsen-Anhalt und mit etwa 60 km² zum kleineren Teil zu Niedersachsen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges war das Niederungsgebiet durch die innerdeutsche Grenze geteilt. Im kleineren westlichen Teil der Bundesrepublik erhielt sich der biologisch wertvollere Teil des Feuchtgebietes. Hier wurden frühzeitig Naturschutzgebiete (mit Betretungsverbotszonen) und weitläufige Landschaftsschutzgebiete eingerichtet. Bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 unterlag der größere Ostteil des Drömling in der damaligen DDR einer intensiven Nutzung durch Land- und Weidewirtschaft.
Das heutige Landschaftsbild entstand erst durch die Entwässerungs- und Kultivierungsmaßnahmen im 18. Jahrhundert. Es ist geprägt von ausgedehntem Grünlandflächen und Horstwäldern sowie aus einem engmaschigen Grabensystem, das vielfach mit Büschen oder Gehölzen bewachsen ist. Wegen der 1.725 km Wasserläufe wird das Gebiet auch Land der tausend Gräben genannt. Typisch sind die langen Pappelreihen auf den Dämmen entlang der Entwässerungsgräben. Der ursprüngliche Bruchwald ist durch Äcker, Wiesen und Forsten und Wiesen verdrängt worden.
Im Drömling verläuft die Elbe-Weser-Wasserscheide. Die durch die Niederung fließende und in die Elbe mündende Ohre entwässert nach Osten, die Aller berührt die Niederung und entwässert zur Weser hin. Das Feuchtgebiet stellt auch eine Klimagrenze zwischen Ost und West dar. Hier hat sich zwischen maritimem Einfluss und kontinentalem Einschlag ein Stück Osteuropa gehalten. Das unter Naturschutz stehende Kleine und Große Giebelmoor mit Erlen- und Birkenbruchwald beim Forsthaus Giebel (niedersächsischer Teil) ist als westlichste Ausdehnung der sibirischen Taiga klassifiziert.
[Bearbeiten] Natur
Im Drömling mit seinen feuchten Wiesen und zahlreichen Wasserflächen haben viele vom Aussterben bedrohte Pflanzen- und Tierarten ihr letztes Rückzugsgebiet. Gefahr droht ihnen aber bei Absinken des Grundwasserspiegels, denn das vorhandene Wasser wird sofort durch das weit verzweigte Entwässerungssystem Vorflut abgeleitet. Im Frühjahr sind regelmäßig große Bereiche überflutet, die aber im Sommer trocken fallen. Viele feuchtigkeitsliebene Pflanzen, wie die Sumpfdotterblume und das Wiesenschaumkraut, brauchen aber ganzjährig Nässe. Die Tierwelt des Drömlings ist artenreich. Stark vertreten sind Weißstorch, Großer Brachvogel, Biber sowie der Fischotter.
[Bearbeiten] Naturpark
Der sachsen-anhaltische, östliche Teil des Drömlings wurde 1990 auf 278 km² als Naturpark ausgewiesen. Er gliedert sich in drei Schutzzonen.
Schutzzone I |
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Pflegezone. Fünf Naturschutzgebiete mit rund 3.500 ha unterliegen der Pflege und Nutzung im Sinne des Naturschutzes |
Schutzzone II |
Naturentwicklungszone. In zwei Naturschutzgebieten mit rund 700 ha reguliert sich die Natur ohne Eingriff des Menschen selbstständig |
Schutzzone III |
Erholungszone. Landschaftsschutzgebiet mit rund 20.000 ha |
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Name
938 wird der Drömling vom Corveyer Mönch Widukind erstmals geschichtlich als Thrimining erwähnt. Der christliche Missionar berichtete, dass 933 ein Slawe überlebende Magyaren (Ungarn) der Schlacht bei Riade an der Unstrut in den Drömling gelockt habe, die dort von Sachsen vernichtet worden seien. Um 1150 bezeichnet der Mönch Annalista Saxo aus dem Bistum Halberstadt in seinen Aufzeichnungen den Drömling als Thriminig. Die heutige Schreibweise Drömling tauchte erstmals 1520 auf.
Zur Entstehung des Begriffs Thriminig gibt es unterschiedliche Erklärungen. Einerseits soll es sich um eine etwa 1500 Jahre alte Bezeichnung aus der Völkerwanderungszeit handeln, die sich vom altsächsischen Wort thrimmen für springen, wippen, ableitet und auf den moorastigen Untergrund hinweist. Einer anderen Erklärung zufolge ist es eine Ableitung aus dem alt-slawischen Begriff trebiti für Wald roden. Bis zum Mittelalter lebten slawischen Stämme der Wenden nahe dem Drömling und sollen den Sumpf so benannt haben, weil sie in ihm Holz gewannen.
[Bearbeiten] Mittelalter und Neuzeit
Der Drömling war bis zu seiner Entwässerung im 18. Jahrhundert ein von Aller und Ohre gespeistes, unzugängliches Sumpfgebiet. Wegen seiner Undurchquerbarkeit war er schon immer eine Volkstumsgrenze zwischen Ost und West. Seit dem Mittelalter lagen auf westlicher Seite die Ländereien der braunschweigischen, lüneburgischen und hannoverschen Herrschaftshäuser. Auf östlicher Seite herrschten die Magdeburger sowie Brandenburger Landesherren und später die Preußen.
Trotz der Frühjahrsüberschwemmungen hatten die etwa 60 umliegenden Dörfer auch ihren Nutzen von dem Feuchtwaldgebiet. Es war von einem breiten Wiesengürtel umgeben, der sich als Weide und zur Heugewinnung nutzen ließ. Im Mittelalter war die Rede vom freyen Drömling, denn er diente jedem zum Holzeinschlag. Ab dem 17. Jahrhundert wurden die Holzreviere für die einzelnen Dörfer abgesteckt.
Im Drömling gibt es 25 Horste, erhabene Inseln, die einigermaßen hochwassersicher sind. Diese Stellen waren im 30-jährigen Krieg Rückzugsgebiet für die Bevölkerung mit Vieh und Habe. Auf den Horsten errichteten die Bewohner der umliegenden Dörfer Hütten aus Baumstämmen und Schilf. Bauern sollen aus diesen Verstecken heraus Partisanenkrieg gegen durchziehende Heere der Schweden und Kaiserlichen geführt haben.
[Bearbeiten] Historische Beschreibungen
- Samuel Walther 1737 in: Magdeburgische Merckwürdigkeiten Teil VII.
- Ein Fremder weiß sich im Drömling nicht hinein zu finden, viel weniger wieder heraus zu kommen. Die Nachbarn allein wissen die Stege... Im 30. jährigen Krieg war der Drömling voller Leute, und thaten den feindlichen Streiffereyen grossen Schaden. Der Drömling ist den Feinden jederzeit fatal gewesen.
- Wilhelm Raabe 1872 in: Der Dräumling
- Der Sumpf hieß der Dräumling und war seit uralten Zeiten berühmt wegen seiner fetten Frösche und seiner derben Jungen und Mädchen...
[Bearbeiten] Entwässerung im 18./19.Jahrhundert
Als der Preußenkönig Friedrich der Große 1770 von der Not der Drömlingsdörfer mit den Überschwemmungen erfuhr, ordnete er an, das Gebiet für Kolonisten urbar zu machen. In seinen letzten Regierungsjahren wurde es sein größtes Entwässerungsprojekt. Zuvor hatte er Warthe-, Oder- und Havelbrüche trockenlegen lassen.
Die Verhandlungen über ein gemeinsames Entwässerungsprojekt mit den Herzogtümern Braunschweig und Hannover als westliche Drömlingsanrainer zogen sich von 1770-80 hin und verliefen ergebnislos. Die Herzogtümer befürchteten die Schaffung eines Handelsweges durch das trockengelegte Gebiet und den Ausfall ihrer Zolleinahmen an anderer Stelle.
1780 begann Preußen mit den Vermessungsarbeiten und 1783 begann die Entwässerung mit etwa 3.000 Arbeitern. Für die den Drömling diffus durchfließende Ohre wurde ein Flussbett ausgehoben. Im gesamten Gebiet entstanden schachbrettartig angelegte Kanäle und Gräben und es wurden Brücken sowie Dämme errichtet. Die Arbeiten stießen jedoch auch auf Widerstand in der Bevölkerung und zeitweise patrouillierten Musketiere auf den Dämmen.
In den Drömlingswiesen entstanden Rimpausche Moordammkulturen. Bei dem nach dem Rittergutsbesitzer Theodor Hermann Rimpau benannten Meliorationsverfahren wurden im Abstand von 25 m parallele Entwässerungsgräben gezogen. Der Bodenaushub kam auf die Flächen dazwischen, die zu Dämmen erhöht wurden. Außerdem verbesserte der mineralische Bodenaushub die Fruchtbarkeit des Moorbodens.
1796 waren die Entwässerungsarbeiten nach 13jähriger Tätigkeit abgeschlossen. Preußen hatte auf diese Weise rund 300 km² Land gewonnen. Auf dem Land wurden zahlreiche Kolonien (u.a. Dannefeld, Etingen, Jerchel) eingerichtet.
Die westlich des Drömlings gelegenen Dörfer hatten weiterhin unter der Drömlingsnässe bei Aller-Hochwasser zu leiden. Ein von preußischer Seite angelegter Sperrdamm, der Fangdamm, verhinderte das Übertreten des Wassers auf die östliche Seite. Bei starken Überflutungen auf westlicher Seite, soll er aus Verzweiflung von den Anwohnern durchstochen worden sein.
Erst 1860 einigten sich Preußen, Hannover und Braunschweig in einem Staatsvertrag über eine gemeinsame Drömlingsentwässerung einschließlich einer Regulierung von Aller und Ohre. Diese Arbeiten wurden 1868 beendet. Danach wurden große Teile landwirtschaftlich kultiviert und in Wiesen, Weiden sowie Äcker umgewandelt.
[Bearbeiten] Literatur
Heinz Frenkler: Der Drömling in Naturschutzgebiete im Raum Gifhorn-Wolfsburg, Großkopf-Verlag, Wolfsburg 1986, ISBN 3-929464-00-4