Kondominium
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Kondominium (von lateinisch con-dominium, also „gemeinsames Eigentum“; auch Kondominat) ist die gemeinschaftlich ausgeübte Herrschaft mehrerer Herrschaftsträger über ein Gebiet. Auch das Gebiet selbst wird als Kondominium bezeichnet.
In der europäischen Geschichte gibt es zahlreiche Beispiele für Kondominien. Mit der Bildung der modernen (National)staaten wurden diese Gebiete weitestgehend aufgelöst.
[Bearbeiten] Gegenwärtige Kondominien
Beispiele für heute bestehende Kondominien sind
- Andorra, dessen Herrschaft zwischen dem Bischof von Urgel (Spanien) und dem Staatsoberhaupt Frankreichs hälftig geteilt ist.
- der Obersee des Bodensees – zumindest nach österreichischer Auffassung –, bei dem zwischen den Anliegerstaaten keine Grenze vereinbart ist, sondern die hoheitlichen Aufgaben von den Anrainern Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam wahrgenommen werden. Österreich betrachtet dabei den gesamten Bodensee als Kondominium, während die Schweiz – wie bei Binnengewässern üblich – von einer Realteilung, d. h. einer Teilung im mittleren Abstand zu den Ufern ausgeht. Bezüglich des Konstanzer Beckens und des Untersees bestehen zwischen der Schweiz und Deutschland entsprechende vertragliche Vereinbarungen.
- die Flüsse Our, Sauer und Mosel auf den Strecken, auf denen sie die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg darstellen.
- der Brčko-Distrikt im Nordosten Bosnien-Herzegowinas dessen Herrschaft sich die Föderation Bosnien und Herzegowina und der Serbischen Republik teilen. Faktisch untersteht er jedoch direkt der bosnisch-herzegowinischen Zentralregierung in Sarajevo, hat allerdings eine lokale Selbstverwaltung.
- Die autonome Mönchsrepublik Athos ist völkerrechtlich ein Kondominium unter der gemeinsamen Herrschaft Griechenlands und des Ökumenischen Patriarchen, der türkischer Staatsbürger ist.
Für Gibraltar wurde 2001 von der britischen Regierung als Kompromissvorschlag für die Zukunft der Kronkolonie ein Kondominium mit Spanien vorgeschlagen, von der Bevölkerung Gibraltars aber 2002 in einer Volksabstimmung abgelehnt.
[Bearbeiten] Historische Kondominien
Beispiele für Kondominien in der Geschichte:
- Die Gemeinde Nennig als Kondominium zwischen Kurtrier, dem Herzogtum Luxemburg und dem Herzogtum Lothringen bis zur Besetzung durch die französischen Revolutionstruppen 1794
- Beiderstädtisches Amt Bergedorf der beiden Freien Hansestädte Hamburg und Lübeck, (1420–1866)
- Schleswig-Holstein als preußisch-österreichisches Kondominium von 1864 bis 1866
- die Frais im fränkisch-böhmischen Grenzgebiet bei Eger
- der Sudan, von 1899 bis 1955 britisch-ägyptisches Kondominium
- das neutrale Moresnet, das von 1816 bis 1919 von Preußen (später Deutsches Reich) und den Niederlanden (später Belgien) gemeinsam verwaltet wurde
- die Neuen Hebriden (heute Vanuatu), bis 1980 gemeinsam beherrscht von Großbritannien und Frankreich
- die Kanton- und Enderbury-Inseln (heute Kiribati), von 1939 bis 1979 ein Kondominium Großbritanniens und der USA
- die Gemeinde Kürnbach als Kondominium zwischen Hessen und Württemberg (später Baden) bis 1905
- die Stadt Fürth in Franken: Vom 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bestand die so genannte „Dreiherrschaft“ der Bamberger Bischöfe, der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und der freien Reichsstadt Nürnberg. Durch die Abdankung des letzten Markgrafen von Brandenburg-Ansbach-Bayreuth, Christian Friedrich Carl Alexander, kam die Markgrafschaft zurück an die brandenburg-preußischen Hohenzollern. In diesem Zusammenhang wurde auch Fürth preußisch und die bisherige „Dreiherrschaft“ endete.
- die Stadt Lippstadt als Kondominium zwischen Brandenburg-Preußen und dem Fürstentum Lippe von 1666 bis 1850
- das Freigericht Wilmundsheim vor der Hart (Alzenau, Freigericht) als Kondominium zwischen den Grafen von Hanau und dem Erzbistum Mainz zwischen 1500 und 1736.
- Der Hüttenberg unterstand von 1396 bis 1703 der gemeinsamen Regierung der Landgrafen von Hessen und der Grafen von Nassau-Saarbrücken.
- Bosnien-Herzegowina als Kondominium der beiden eigenständigen habsburgischen Teilreiche Österreich und Ungarn von 1908 bis 1918