Kriminologie
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-- Kruwi 12:48, 3. Mär. 2007 (CET)
Als Kriminologie bezeichnet man ein interdisziplinäres Forschungsgebiet aus Soziologie, Philosophie, Pädagogik, Psychologie, Ethnologie und Rechtswissenschaften (hier insbesondere der Strafrechtswissenschaft). Gemeinsam ist den jeweiligen Forschern ein Erkenntnisinteresse in Hinblick auf Ursachen, Formen und Möglichkeiten der Prävention von kriminellen Handlungen. Der Begriff der Kriminologie ist vom Begriff der Kriminalistik zu unterscheiden.
In Deutschland gehört die Kriminologie zur juristischen Kriminalwissenschaft, gehört in sofern also zu den Rechtswissenschaften. Sie ist bedeutsam im Zusammenhang mit dem Strafrecht und vor allem in Bezug auf das Strafvollzugsrecht bzw. bei dessen Umsetzung durch im Strafvollzug tätige Juristen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Begriffsgeschichte
Ursprünglich entstammte die Kriminologie jedoch den Naturwissenschaften, insbesondere der Biologie. Die Phrenologie sowie allgemein die biologische Anthropologie verwiesen auf genetische Einflussfaktoren des sogenannten "geborenen Verbrechers" (Cesare Lombroso). Mit zunehmenden Einfluss der Genetik wird allerdings auch in letzter Zeit wieder versucht, den Erklärungswert biologischer und chemischer Einflussfaktoren des abweichenden Verhaltens größere Bedeutung beizumessen.
In der kritischen Kriminologie hingegen wird, entsprechend der Doppeldeutigkeit des lateinischen Begriffsursprungs crimen, was sowohl Beschuldigen, als auch Verbrechen bedeuten kann, unter "Kriminalität" die Gesamtheit der Aktionen und Interaktionen zwischen den für Rechtsetzung und -durchsetzung zuständigen Institutionen einerseits und den für Rechtsbruch verantwortlichen und von Rechtserleidung betroffenen Individuen andererseits verstanden. Siehe auch Etikettierungsansatz.
Raffaele Garofalo verwandte den Begriff erstmals in seiner 1885 erschienenen Monografie "Criminologia". Wörtlich bedeutet er "Lehre von der Kriminalität". Die Kriminologie ist vom Begriff her die Lehre vom Verbrechen. Die Ursachenforschung von Kriminalität spielt heute eine wichtige Rolle im Alltag. Die Kriminalitätsfurcht insbesondere älterer Menschen ist Thema der Kriminalpolitik wie auch die erhebliche Kriminalitätsbelastung von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden.
[Bearbeiten] Aufgabengebiet und Arbeitsweise
Der Begriff der Kriminologie ist vom Begriff der Kriminalistik zu unterscheiden. Beide Wissenschaften können als Hilfswissenschaft der jeweils anderen betrachtet werden. Während primäres Ziel der Kriminologie die abstrakte (also nicht auf einen bestimmten Fall bezogene) Erkenntnisgewinnung über die Ursachen und Erscheinungsformen von Kriminalität ist, beschäftigt sich die Kriminalistik mit der konkreten - praxisbezogenen - Fragestellung der Verhütung (Prävention), Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten.
Kriminologie umfasst insbesondere die Kriminalitätstheorien (darunter auch die Kontrolltheorien oder "Halttheorien"); zur Kriminologie muss auch der Bereich der Sinnhaftigkeit von Strafe gestellt werden.
Wichtige Aspekte sind daneben die individuellen Akteure der Kriminalität: Der Täter und das Opfer. Das Opfer muss nicht zwingend ein Mensch sein, die Rechtsordnung selbst wird stets Opfer bei der Begehung von Straftaten.
Betrachtet man Kriminalität als Massenerscheinung, benutzt die Kriminologie auch die bekannten Kriminalstatistiken. Diese haben dann auch erheblichen Anteil an der praktizierten Kriminalpolitik, die sich mit leicht zu vermittelnden Zahlen besser verbreiten lässt, als Hinweise auf komplizierte Untersuchungen. Zentrale Begriffe hierbei sind das Hellfeld und das Dunkelfeld.
[Bearbeiten] Kriminologie als Studienfach
Kriminologie als Studienfach wird insbesondere als Grundlagenfach oder als Annexfach zum Strafrecht gesehen. In Berlin gibt es die Möglichkeit im Rahmen des Wahlfaches, Kriminologie zu belegen und im Examen darin geprüft zu werden. Ein Master-Studiengang Internationale Kriminologie existiert derzeit an der Universität Hamburg (Abschluss: „Master of Arts (MA)“, früher "Dipl.-Kriminologe"). Seit dem Wintersemester 2005/2006 gibt es an der Ruhr-Universität Bochum einen zweisemestrigen Masterstudiengang „Kriminologie und Polizeiwissenschaft“. Der Studiengang ist praxisbezogen und richtet sich sowohl an Bewerber mit mindestens einem abgeschlossenen rechtswissenschaftlichen Studium als auch an Personen aus den Bereichen der Polizei, Sozialarbeit sowie aus anderen Berufsfeldern mit einem geeigneten Fachhochschulabschluss und einschlägiger Berufserfahrung.
Fast sämtliche Universitäten mit juristischer Fakultät besitzen einen Lehrstuhl für Kriminologie.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Kriminalität, Kriminalistik, Kriminalprävention, Kriminalbiologie, Kriminalpolitik, Profiler (Kriminalistik)
- Rechtspsychologie, Dissoziale Persönlichkeitsstörung, Störung des Sozialverhaltens
- Kriminologische Zentralstelle, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen
- Liste der Kriminologen
[Bearbeiten] Literatur
- Peter-Alexis Albrecht: Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht. 3. Auflage. Beck, München 2005, ISBN 3-406-53870-3.
- Britta Bannenberg, Dieter Rössner: Kriminalität in Deutschland. Beck, München 2005, ISBN 3-406-50884-7.
- Peter Becker: Verderbnis und Entartung. Eine Geschichte der Kriminologie des 19. Jahrhunderts als Diskurs und Praxis., Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002, ISBN 3525351720
- Michael Bock: Kriminologie. München 2000, ISBN 3800625830.
- Helga Cremer-Schäfer, Heinz Steinert: Straflust und Repression. Zur Kritik der populistischen Kriminologie. Münster 1998.
- Ulrich Eisenberg: Kriminologie. C. H. Beck, 6. Auflage, München 2005, ISBN 3406531652.
- Silviana Galassi: Kriminologie im Deutschen Kaiserreich. Geschichte einer gebrochenen Verwissenschaftlichung, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2004.
- Günther Kaiser: Kriminologie. 3. Auflage, Heidelberg 1996.
- Hans-Jürgen Kerner (Hrsg.): Kriminologie Lexikon. 4. Auflage, Heidelberg 1991.
- Stefan Kraut: "Zur Querfront von Kriminologie und Hirnforschung". In: Phase 2, #17/2005 .
- Karl-Ludwig Kunz: Kriminologie. 4. Auflage. Stuttgart 2004.
- Bernd-Dieter Meier: Kriminologie. 2. Auflage, München 2005, ISBN 9783406538612.
- Hans-Dieter Schwind: Kriminologie. 16., vollst. neu bearb. u. erw. Aufl. Auflage, Heidelberg 2006, ISBN 378322005X.
- Karsten Uhl: Das "verbrecherische Weib". Geschlecht, Verbrechen und Strafen im kriminologischen Diskurs 1800-1945. Münster u.a.: LIT 2003; ISBN 3-8258-6593-2
- Michael Windzio / Matthias Kleinmann: "Die kriminelle Gesellschaft als mediale Konstruktion?", Soziale Welt, 2006, S. 193-215
[Bearbeiten] Weblinks
Weiterhin bestehen in Deutschland unterschiedliche inner- und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen der Kriminologie:
Außeruniversitären Einrichtungen
- http://www.iuscrim.mpg.de/ Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht
- Die Kriminologische Zentralstelle in Wiesbaden
- http://www.kfn.de/ Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen
Universitäre Lehr- und Forschungseinrichtungen
- http://www.cx.unibe.ch/krim/ Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Bern
- http://www.scip.unibe.ch/ School of Criminology, International Criminal Law and Psychology of Law, University of Bern
- http://www.recht.uni-giessen.de/wps/fb01/home/kreuzer Institut für Kriminologie der Universität Gießen
- http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/IKS Institut für Kriminologische Sozialforschung der Universität Hamburg
- http://www.kriminologie.uni-hamburg.de/wiki/index.php/Hauptseite Krimpedia der Universität Hamburg
- http://www.ifk.jura.uni-tuebingen.de/ Institut für Kriminologie der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
- http://www.jura.uni-muenster.de/go/organisation/institute/strafrecht/institut-fuer-kriminalwissenschaften.html Institut für Kriminalwissenschaften/Kriminologie der Westfälische Wilhelms-Universität Münster
- http://www.rub.de/kriminologie Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (Professor Dr. Thomas Feltes)
- http://www.univie.ac.at/kriminologie/ Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien