Nazaret
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Nazaret oder Nazareth (hebräisch נצרת – zur Schreibung siehe auch Schreibung biblischer Namen; arab. الناصرة an-Nāṣira) ist eine Stadt im Nordbezirk Israels in der historischen Landschaft Galiläa. Seit dem Mittelalter war sie vorwiegend von arabischen Christen bewohnt.
Zusammen mit ihrer Schwesterstadt Natzerat Illit (נצרת עילית, deutsch Ober-Nazaret) kommt Nazaret auf etwa 120.000 Einwohner (2005); auf Nazerat Illit entfallen davon 55.000 Einwohner, und auf Nazaret 65.000. Während Nazerat Illit überwiegend von Juden bewohnt wird, ist die Bevölkerung von Nazaret überwiegend muslimisch, große Teile der Bevölkerung sind christlich.
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[Bearbeiten] Bedeutung
Die besondere Bedeutung des heutigen Nazarets liegt darin, dass es als Heimatort Jesu gilt. Nach der Darstellung der Evangelien lebten dort seine Eltern Maria und Josef der Zimmermann. In Nazaret kam der Erzengel Gabriel zu Maria und kündigte ihr die Geburt des künftigen Erlösers an (Verkündigung des Herrn), und dort wuchs Jesus nach seiner Geburt in Betlehem heran.
Die früheste außerchristliche Erwähnung Nazarets ist eine Inschrift aus Caesarea Maritima aus dem späten 3. bzw. frühen 4. Jahrhundert.
Heute gehört Nazaret zu den wichtigsten Pilgerstätten des Heiligen Landes. An der Stelle, wo nach der Überlieferung das Haus Marias stand und der Verkündigungsengel zu ihr kam, erhebt sich die katholische Verkündigungsbasilika aus dem 20. Jahrhundert (geweiht 1969). Sie trägt die Aufschrift Hic verbum caro factum est - "Hier ist das Wort Fleisch geworden".
[Bearbeiten] Topographie
Die Altstadt von Nazaret liegt in einer Geländemulde. Die Mulde liegt knapp 100 m tiefer als der Hügelzug, der die Stadt hufeisenförmig umsäumt. Die Abhänge steigen mäßig steil an. Sie sind heute fast vollständig überbaut.
[Bearbeiten] Archäologische Befunde
Die archäologischen Befunde legen nahe, dass der Ort im 1. Jahrhundert – wenn überhaupt – nur sehr spärlich besiedelt gewesen war. In der Talmulde (Altstadt des heutigen Nazaret) sind keine Siedlungsspuren aus dem ersten Jahrhundert nachgewiesen. Es wurden jedoch Gräber und Grabhöhlen gefunden.[1][2][3] Einzig oben an einem der Abhänge konnten landwirschaftlich genutzte Bauten aus jener Zeit entdeckt werden. Es handelt sich um die Überreste von Terrassenmauern und die Fundamente von drei Türmen. Zudem stiess man auf ein Grab.[4]
Dieser archäologische Befund wird gestützt durch die Beschreibungen von Flavius Josephus. Er zählt in seinen Werken über vierzig Orte und Weiler in Galiläa auf. Auch ein Dorf mit dem Namen Japhia, nur drei Kilometer vom heutigen Nazaret entfernt, wird namentlich erwähnt. Nazaret fehlt jedoch in diesen Aufzählungen.[5] Auch der Talmud kennt kein Nazaret.
[Bearbeiten] Bewertung
Aufgrund der archäologischen Befunde und der Literaturzeugnisse gab es im heutigen Nazaret zur Zeit Jesu keine größere Ansiedlung. Es wurden auch keine Überreste einer Synagoge gefunden.
Die Talmulde wurde jedoch als Begräbnisstätte (Nekropole) benutzt. Konservative jüdische Kreise jener Zeit hätten ihre Häuser nie auf oder in unmittelbarer Nähe von Grabanlagen gebaut. Ein solcher Ort galt als unrein.[6]
In ausserbiblischen Quellen aus dem ersten und zweiten Jahrhundert wird dieses Nazaret nicht erwähnt.[7] Gewisse Autoren argumentieren, dass dieses Nicht-genannt-werden auf die damalige geringe Größe der Siedlung zurückführen sei. Das Nazaret des 1. Jahrhundert n. Chr. sei lediglich ein kleines Dorf gewesen, abgeleitet vom Umfang der Grabanlagen.[8] Es muss jedoch betont werden, dass diese Schlussfolgerungen auf Spekulationen beruhen. Das Vorhandensein von Grabanlagen besagt nur, dass Menschen, die in jener Gegend gewohnt haben, ihre Toten in dieser Talmulde begraben haben. Der Nachweis einer größeren Ansiedlung steht noch aus.
Die Textstellen in Lukas 4,14-30 und Matthäus 4,13 nennen Nazara (griechische Quelltexte) als Vaterstadt Jesu. Julius Africanus erwähnt in seinem Brief an Aristides, dass sich die Blutsverwandten Jesu auf Nazara und Kochaba als Herkunftsort bezogen haben. Er bezeichnet Nazara und Kochaba als judäische Orte.[9] Dies würde für Judäa jenseits des Jordan zutreffen. Die Stadt Gamla wird heute in Kreisen liberaler Wissenschaftler für Nazara gehalten. Zur Ableitung der Begriffe Nazara und Nazaret siehe unter Nazarener.
[Bearbeiten] Moderne Stadt
Nazaret ist heute die Stadt mit der größten Gemeinschaft israelischer Araber in Israel. Die Stadt besteht im Altstadtbereich vor allem aus kleinen Gassen mit einem arabischen Markt. In unmittelbarer Nähe der Verkündigungsbasilika war der Bau einer großen Moschee geplant, so dass es in den zurückliegenden Jahren mehrfach zu teilweise gewaltsamen Auseinandersetzungen kam.
Natzerat Illit ist im Gegensatz zu Nazaret eine junge Stadt, sie entstand wie viele andere Entwicklungsstädte als relativ moderne Stadt nach der israelischen Staatsgründung 1948 und wurde 1957 gegründet. Mehr als die Hälfte ihrer Einwohner sind Einwanderer, vornehmlich aus der ehemaligen Sowjetunion. Ihr Bürgermeister Menachem Ariav ist Ehrenbürger von Leverkusen.
Nazaret und Natzerat Illit gelten als zwei selbstständige Städte und haben getrennte Verwaltungen.
[Bearbeiten] Söhne und Töchter der Stadt
- Hiam Abbass, palästinensische Schauspielerin
- Hany Abu-Assad, niederländisch-palästinensischer Filmregisseur
- Azmi Bischara, israelisch-arabischer Politiker
[Bearbeiten] Städtepartnerschaften
Nazaret unterhält eine Städtepartnerschaft mit
Natzerat Illit mit
- Klagenfurt, Österreich
- Leverkusen, Deutschland (seit 1980)
- Alba Iulia, Rumänien
- Tschernowitz, Ukraine
- Győr, Ungarn
- Kikinda, Serbien
- Kolberg, Polen
- Saint-Étienne, Frankreich
- Tucumán, Argentinien
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Fussnoten
- ↑ C. Kopp. 1938. Beiträge zur Geschichte Nazareths. J. Palestine Oriental Society, Vol. 18, p. 188.
- ↑ F. Fernandez. 1983. Ceramica Comun Romana de la Galilea. Madrid: Ed. Biblia y Fe, p. 63.
- ↑ N. Feig. 1990. Burial Caves in Nazareth. Atiqot 10, pp. 67-79.
- ↑ Ausgrabungen durch Ross Voss und Stephen Pfann, 1996ff. Siehe: http://www.uhl.ac/dig.html
- ↑ Flavius J. Jüd. Krieg und Jüd. Altertümer.
- ↑ Siehe Lev. 21,1 und Num. 19,11.
- ↑ Selbst in der Kirchengeschichte von Eusebius von Cäsarea wird Nazaret nicht erwähnt. Diese Kirchengeschichte wurde um 325 n. Chr. beendet.
- ↑ Jack Finegan: The Archaeology of the New Testament, Princeton Univ. Press, 1992 Princeton, S. 46.
- ↑ Julius Africanus, Brief an Aristides, Abschnitt V.
[Bearbeiten] Literatur
- Eusebius Pamphilius: Church History, Life of Constantine, Oration in Praise of Constantine. Philip Schaff (Editor). New York: Christian Literature Publishing Co., 1890. Siehe: http://www.ccel.org/ccel/schaff/npnf201.html.
- Flavius J. The New Complete Works of Josephus. Translated by William Whiston. 1999. Kregel Publications, Grand Rapids, Michigan. ISBN: 0-8254-2948-x (Paperback).
[Bearbeiten] Weblinks
Koordinaten: 32° 42' N 35° 17' O