Wilhelmstraße (Berlin-Mitte)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Wilhelmstraße ist eine Straße in den Berliner Ortsteilen Mitte und Kreuzberg. Sie war der Sitz wichtiger Regierungsbehörden Preußens und des Deutschen Reiches. Bis 1945 war der Begriff „Wilhelmstraße“ ein Synonym für die deutsche Regierung, ähnlich wie der Quai d'Orsay für die französische und die Downing Street für die britische Regierung stehen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Verlauf
Die Straße verläuft in nord-südlicher Richtung. Sie beginnt im Norden am Reichstagsufer, kreuzt den Boulevard Unter den Linden an der Ostseite des Pariser Platzes und die Leipziger Straße und endet am Halleschen Ufer nahe dem Halleschen Tores in Kreuzberg.
[Bearbeiten] Geschichte
Nach dem Friedrich Wilhelm I. König wurde, ließ er Berlin und damit auch die Friedrichstadt erheblich vergrößern. Innerhalb der Friedrichstadt-Erweiterung wurde 1731 die Husarenstraße angelegt. Nach dem Tod von Friedrich Wilhelm I. wurde sie nach ihm umbenannt.
Im nördlichen Teil der Straße entstanden viele Palais von Ministern und persönlichen Vertrauten des Königs, wie zum Beispiel Samuel von Marschall. Drei dieser Palais bekamen durch einen Ehrenhof eine besonders repräsentative Gestaltung. Das Palais Schwerin, später Palais des Reichspräsidenten, das Palais Schulenburg, später Reichskanzlei und das Palais Vernezobre, später umgebaut zum Prinz-Albrecht-Palais.
Im südlichen Ende der Straße siedelten sich die aus Böhmen nach Berlin gekommene Herrnhuter Brüdergemeine an.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts nahmen wichtige Ministerien Preußens ihren Sitz in der Straße. Ab 1871 folgten Regierungsbehörden des Deutschen Reiches. Ausländische Botschaften bauten in direkter Nähe. Nach 1933 richteten sich die Schaltzentralen des Nationalsozialismus an der Wilhelmstraße ein.
Viele Gebäude erhielten während des Zweiten Weltkriegs schwere Schäden durch Bomben oder Straßenkämpfe und wurden nach 1945 von der DDR abgerissen. Zwischen der Behren- und der Voßstraße wurden in den 1980er Jahren Wohn- und Geschäftshäuser in Plattenbauweise vom Typ WBS 70 errichtet. Sie erhielten relativ aufwändige Fassaden, waren ein beliebtes Domizil der DDR-Nomenklatura.
Heute versucht die Stiftung Topographie des Terrors, die Straße unter dem Begriff Geschichtsmeile Wilhelmstraße in ihren historischen Bezügen für die Öffentlichkeit aufzuarbeiten. Auf Initiative des Abgeordnetenhauses von Berlin weist eine ständige Straßenausstellung mit gläsernen Infotafeln auf die Standorte früherer Institutionen hin.
In der Wilhelmstraße befanden sich vor 1945 unter anderem:
- Reichsschatzamt (Reichsfinanzministerium) (Nr. 61)
- Preußische Staatsministerium (Nr. 63)
- Geheime Zivilkabinett (Nr. 64)
- Preußische Justizministerium (Nr. 65)
- Preußische Kultusministerium (Nr. 68)
- Britische Botschaft (Nr. 70)
- Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Nr. 72)
- Palais des Reichspräsidenten der Weimarer Republik (Nr. 73)
- Reichskanzleramt (Nr. 74)
- Auswärtige Amt (Nr. 75/76)
- Alte Reichskanzlei (Nr. 77)
- Erweiterungsbau zur Reichskanzlei (Nr. 78)
- Neue Reichskanzlei (Ecke Wilhelmstraße/Voßstraße)
- Reichsverkehrsministerium (Nr.79/80)
- Reichsluftfahrtministerium (Nr.81-85)
- Prinz-Albrecht-Palais (Nr. 102), Sitz des Sicherheitsdienstes des Reichsführers-SS und
- Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (Wilhelmplatz 8/9)
Heute befinden sich in der Wilhelmstraße unter anderem:
- Britische Botschaft (Nr. 70 - 71) (an der Ecke zur Behrenstraße)
- Bundesfinanzministerium (Nr. 97)
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Nr. 54)
- Bundeszentrale der SPD (Willy-Brandt-Haus, an der Ecke zur Stresemannstraße) (Nr. 140)
- Das Ausstellungsgelände Topographie des Terrors grenzt ebenfalls an die Wilhelmstraße, hat dort aber keinen Eingang.
- ARD-Hauptstadtstudio (an der Ecke Reichstagsufer)
[Bearbeiten] Namenswechsel
Die nach 1731 unter den Namen Husarenstraße angelegte Straße wurde um 1740 nach dem 1740 gestorbenen König Friedrich Wilhelm I. umbenannt.
In Verbindung mit dem Ausbau der Berliner Friedrichstadt wurde die Wilhelmstraße verlängert. Diese Verlängerung erhielt 1822 den Namen Neue Wilhelmstraße.
Der in Mitte verlaufende, zur DDR gehörende Straßenabschnitt der Wilhelmstraße und der Neuen Wilhelmstraße wurden 1964 in Otto-Grotewohl-Straße umbenannt (von der Zimmerstraße bis Unter den Linden). Seit 1993 heißt der komplette Straßenzug bis zum Reichstagufer wieder Wilhelmstraße.
Der ehemals an der Straße liegende Wilhelmplatz mit den Denkmälern preußischer Feldherren des Berliner Bildhauers August Kiß existiert heute nicht mehr, er wurde mit DDR-Plattenbauten überbaut.
[Bearbeiten] Persönlichkeiten
- In der 2. Etage des Hauses 3a befanden sich die Verlagsräume der Zeitschrift Zukunft seit ihrer Gründung 1892 bis zum Weggang ihres Herausgebers Maximilian Harden von Berlin im Jahr 1922.
- Im Haus Nr. 12 kam am 17. August 1885 der spätere Schriftsteller Kurt Hiller zur Welt, das Schandmaul der Weimarer Republik genannt.
- Im Haus Nr. 23 wohnte der am 7. Januar 1903 in München geborene Lyriker, Dramatiker und Widerstandskämpfer Albrecht Haushofer, wegen seiner mächtigen Gestalt von seinen Freunden Elefant genannt.
- Im Hause Nr. 39 wohnte der Künstler Adolph Menzel mit seinen Eltern seit 1830. Da der Vater zwei Jahre später starb, musste der Sohn mit lithographischen Arbeiten die Familie ernähren. 1839 zog die Familie in die Zimmerstraße.
- In der 2. Etage des Hauses Nr. 43 wohnte seit 1880 der Schriftsteller Otto Brahm, der neben Theodor Fontane Kritiken für die Vossische Zeitung schrieb. Er zog 1906 aus seiner Junggesellenwohnung in eine größere am Luisenplatz.
- Im Haus Nr. 54 wohnte Konrad Adenauer als Präsident des Preußischen Staatsrats von Mai 1931 bis März 1933.
- Im Haus Nr. 63 wohnte Jakob Burckhardt seit dem 27. September 1841, seitdem er von seinen Reisen durch das Rheinland und Belgien nach Berlin zurückgekehrt war. Er unterrichtete hier den Sohn des holländischen Gesandten („von 11 Uhr morgens bis 9 Uhr abends“) und gab Stellung und Wohnung Ende September 1842 wieder auf, um an den Schiffbauerdamm zu ziehen.
- Im Haus Nr. 68 wohnte in den Wintermonaten 1830/31 Friedrich de la Motte Fouqué, der Verfasser der Undine.
- Im Haus Nr. 73 befand sich das Palais des Grafen Schwerin. Hier hatte der Philosoph Friedrich Schleiermacher seine letzte Wohnung. Er starb hier am 12. Februar 1834 an einer Lungenentzündung.
- Im Haus Nr. 78 wohnten zwei Wochen nach ihrer Heirat Achim von Arnim und Bettina von Arnim (Bettina Brentano) im Gartenhaus des Vossischen Palais'. Das Palais lag an der jetzigen Kreuzung Wilhelm-/Voßstraße, am späteren Standort der „Neuen Reichskanzlei“ (1933-1945). Im Frühjahr 1814 zog man aus Ersparnisgründen auf das Gut Wiepersdorf bei Jüterbog zurück.
- In das neuerbaute Haus Nr. 97 zog 1836 der berühmte Schriftsteller Willibald Alexis ein, von der Zimmerstraße her. Es wurde bald eine Begegnungsstätte der literarischen und künstlerischen Gesellschaft Berlins. Im Herbst 1837 zog Emanuel Geibel von der Französischen Straße zu ihm und genoss die „großartige Aussicht von meinem Turmzimmer“. Das Haus musste später dem Durchbruch der Zimmerstraße Platz machen.
- Haus Nr. 102 war das Prinz-Albrecht-Palais, in dem Amalie, Prinzessin von Preußen lebte.
[Bearbeiten] Literatur
- Laurenz Demps: Berlin-Wilhelmstraße. Eine Topographie preußisch-deutscher Macht. 3. aktualisierte Auflage, Ch. Links Verlag, 2000, ISBN 386153228X
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Wilhelmstraße (Berlin) – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Geschichtsmeile Wilhelmstraße
- http://www.neue-reichskanzlei.de Das historische Regierungsvirtel 3D
Koordinaten: 52° 30′ 35" n. Br., 13° 23′ 3" ö. L.