Einzelhandel
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Unter Einzelhandel (in der Schweiz und in den Niederlanden: Detailhandel) wird eine Form von Handelsunternehmen oder auch die Handelsaktivität verstanden, die darauf gerichtet ist, Waren an Endkunden (Endverbraucher) bzw. Endanwender auch in Kleinmengen zu verkaufen. Im Gegensatz dazu richtet sich der Großhandel an Wiederverkäufer.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Erscheinungsformen
Der Einzelhandel ist äußerst vielfältig gegliedert, u.a. im Hinblick auf
- Branchen
- Spezialgeschäfte führen Waren hauptsächlich einer Branche, siehe Fachgeschäft
- Waren-/Kaufhäuser führen Waren aus einer Vielzahl von Branchen
- Flächenintensität bzw. Betriebsformen vor allem im Lebensmittel-Bereich
- Automaten-Verkauf: Warenvertrieb über Automaten, die wenig Fläche (ab 1 m²) beanspruchen. Diese Vertriebsform wird häufig mit ihrer englischen Entsprechung als „Vending“ bezeichnet.
- Shop-Zonen: Laden-Bereiche in Tankstellen, Raststätten oder anderen Orten mit Publikumsverkehr, in denen Waren dem Endverbraucher angeboten werden. Diese Zonen sind in der Regel unter 100 m² groß.
- Lebensmittel-Bedienungsgeschäft: Auf Lebensmittel in Bedienung spezialisierter Einzelhandelsbetrieb mit weniger als 200 m² Verkaufsfläche. Zu dieser Kategorie zählt auch der altbekannte „Tante-Emma-Laden“ und der Kiosk.
- Lebensmittel SB-Geschäft: Auf Lebensmittel in Selbstbedienung spezialisierter Einzelhandelsbetrieb mit weniger als 200 m² Verkaufsfläche. Dazu gehört auch der in den USA, Großbritannien und Japan sehr erfolgreiche Convenience Shop, von dem zukünftig auch in Deutschland eine größere Rolle erwartet wird.
- Lebensmittel SB-Markt: Lebensmittelgeschäft mit 200 m² bis 400 m² Verkaufsfläche, das ein eingeschränktes Sortiment an Frischwaren sowie kleinere Non-Food-Sortimente in Selbstbedienung umfasst.
- Supermarkt: Lebensmittelgeschäft in Selbstbedienung mit einer Verkaufsfläche von 400 und < 1.500 m². Neben Frischwaren bietet es umfangreichere Non-Food-Sortimente an. SB-Geschäfte und Supermärkte führen 7.000 bis 11.000 Artikel.
- Verbrauchermarkt: Auf Selbstbedienung gründendes Einzelhandelsgeschäft mit Verkaufsflächen zwischen 1.500 m² und < 5.000 m², überwiegendem Lebensmittelangebot und einem Anteil von häufig über 25 % an Non-Food-Artikeln.
- Sortimentsbreite
- Vollsortimenter
- Discounter
- Fabrikverkauf (Factory Outlet)
- Ort des Handels
- stationärer Handel (in Ladengeschäften)
- ambulanter Handel (auf Märkten, durch Haustürgeschäfte)
- Versandhandel, darunter auch
- Lage und Nachbarschaft/Ansammlung weiterer Einzelhandelsformen:
- Galerien,
- Ladenpassagen,
- Fachmarktzentren,
- Multifunktionszentren
- Sonderfall Direktvertrieb:
- Der Direktvertrieb stellt eine Sonderform des Vertriebs an den Endverbraucher dar. Die Funktion des Einzelhandels wird dabei durch den Hersteller selber übernommen. Innerhalb des Direktvertriebs gibt es eine Vielzahl von Handelsformen, wie E-Commerce, Haustür-Vertrieb, Factory-Outlet etc.
[Bearbeiten] Volkswirtschaftliche Funktion
In volkswirtschaftlicher Hinsicht ist der Einzelhandel ein Marktmittler zwischen Hersteller und Verbraucher. Man spricht somit auch vom Handel als Intermediär. Wichtig ist hierbei besonders seine Sortimentsfunktion, also die Vorauswahl, die er aus einem Gesamtangebot zu Waren einer Gattung trifft. Hierdurch erleichtert er dem Verbraucher den Marktüberblick. Die Sortimentsgestaltung richtet sich vor allem nach den (vermuteten) Bedürfnissen des angestrebten Kundenkreises.
[Bearbeiten] Trends
Gelegentlich führt der Wettbewerb zwischen Anbietern um die Gunst der Nachfrager zu einer Verdrängung nicht konkurrenzfähiger Mitbewerber (Verdrängungswettbewerb). Dadurch kann eine Konzentration auf wenige Anbieter, die eine marktbeherrschende Stellung einnehmen, eintreten (Oligopol). Ein Sonderfall des Oligopols, das Duopol, ist dank der deutschen Beteiligung an Airbus häufig in den Medien präsent. Im Extremfall kommt es auf der Anbieterseite dazu, dass nur ein Anbieter verbleibt, der somit die Preise diktieren kann (Monopol). Folge einer solchen Entwicklung ist in der Regel ein höheres Preisniveau, das den Endverbraucher belastet, den marktbeherrschenden Anbietern aber höhere Gewinne beschert.
Wettbewerbsvorteile versucht der Einzelhandel zum Beispiel durch Preissenkung bei den Waren zu erlangen, durch die Organisation einer für den Kunden sicheren, komfortablen, sauberen und störungsfreien Verkaufsstätte oder durch zusätzliche Dienstleistungs- und Unterhaltungsangebote.
Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass die Endverbraucher einerseits „preisaggressive“ Discounter und andererseits solche Einzelhandelsbetriebe verstärkt bevorzugen, die durch Unterhaltung, Erlebnisse und besonderes Ambiente einen Zusatznutzen ermöglichen, z.B. Urban Entertainment Center. Dieser Trend wird als Polarisierung des Einzelhandels bzw. als „Verlust der Mitte“ beschrieben.
Diese und weitere Tendenzen können problematische Auswirkungen in städtebaulicher und raumordnerischer Hinsicht haben:
a) Durch die Verlagerung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben aus den gewachsenen und geplanten Zentren in Randgebiete, die als Einzelhandelsstandorte in der Regel geringere betriebswirtschaftliche Kosten verursachen, droht eine Verödung der Zentren.
b) Durch die immer weiter voranschreitende Marktdurchdringung einzelner Branchen durch Filialbetriebe und Einzelhandelsketten mit ihrer weitgehend einheitlichen baulichen Gestaltung werden die Einkaufsstraßen der Zentren immer austauschbarer und verlieren an Individualität.
[Bearbeiten] Städtebauliche und raumordnerische Steuerung in Deutschland
Seit den 1960er Jahren und verstärkt seit den 1970er Jahren gibt es in Deutschland Bemühungen im Bereich des Baurechts und des Raumordnungsrechts, die städtebaulich und raumordnerisch problematischen Auswirkungen zu unterbinden oder abzudämpfen. Die Grundzüge der rechtlichen Regelungen und Empfehlungen haben die meisten Bundesländer in so genannten Einzelhandelserlassen erläutert.
Viele Gemeinden und Regionen bemühen sich auf der Grundlage des Baurechts und des Raumordnungsrechts darum, in so genannten Einzelhandelskonzepten festzulegen, nach welchen Gesichtspunkten welche Einzelhandelsbetriebe an welchen Standorten geplant und angesiedelt werden sollen.
Die vielfältigen Bemühungen der städtebaulichen und raumordnerischen Steuerung des Einzelhandels in Deutschland sind vielerorts nicht sehr erfolgreich gewesen.
[Bearbeiten] Verbände
Der deutsche Einzelhandel wird zur Zeit noch von zwei bundesweit agierenden Verbänden vertreten:
- HDE - Hauptverband des deutschen Einzelhandels
- BAG - Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e.V.
Beide Verbände wollten im Herbst 2006 zu einem einzigen Verband mit Sitz in Berlin fusionieren.
Der österreichische Einzelhandel wird vertreten vom
- Verband österreichischer Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels
[Bearbeiten] Literaturauswahl
- Bruno Tietz: Die Zukunft im Handel, Deutscher Fachverlag, Frankfurt, 1994
- Lothar Müller-Hagedorn: Der Handel, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 1998.
[Bearbeiten] Siehe auch
EuroHandelsinstitut (EHI), Lebensmitteleinzelhandel.
[Bearbeiten] Weblinks
- Hauptverband des Deutschen Einzelhandels
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e. V.
- Handelsverband - Verband österreichischer Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels
- EHI EuroHandelsinstitut e.V.
- Institut für Handelsforschung
- Website mit Statistiken über den Einzelhandel im Statistischen Bundesamt
- BBE Handelsberatung München
- Landesverband des Bayerischen Einzelhandels
- Daten zum Einzelhandel in Sachsen-Anhalt
Wiktionary: Einzelhandel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |