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Mohammed Amin al-Husseini

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Hadsch Mohammed Amin al-Husseini (* 1893 in Jerusalem; † 4. Juli 1974 in Beirut), auch Haj/Hajj Amin al-Husseini, war ein islamischer Geistlicher und palästinensischer arabischer Nationalist aus einer der einflussreichsten Familien Jerusalems. Er wurde bekannt als Großmufti von Jerusalem, obwohl er diesen Titel nicht offiziell besaß. Sein wichtigstes Amt neben dem des „Muftis von Jerusalem“ war die „Präsidentschaft des obersten islamischen Rats“.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Übersicht

Amin Al-Husseini spielte eine entscheidende Rolle bei der Ausbreitung des modernen Antisemitismus (Arabischer Antisemitismus) im arabischen Raum und der Zusammenarbeit von islamistischen Antisemiten mit den Nationalsozialisten. Er war überzeugter Anhänger der von den Deutschen durchgeführten Vernichtung der europäischen Juden. Er knüpfte Kontakte zu den Nationalsozialisten, gewann die Unterstützung durch deutsche Führungskreise und lebte ab 1941 in Berlin. Al-Husseini war Mitglied der SS und betrieb aktiv Propaganda für Deutschland in arabischer Sprache. In der Spätphase des Zweiten Weltkrieges half Al-Husseini auf dem Balkan bei der Mobilisierung von Moslems für die Waffen-SS.

Nach dem Krieg wurde Al-Husseini in mehreren europäischen Staaten als Kriegsverbrecher gesucht, fand aber in Ägypten Asyl, wo er seine Ideen weiterverfolgte. Die französische Regierung betrachtete ihn als die "Leitfigur deutscher Spionage in allen muslimischen Ländern" (frz.:cerveau de l'espionnage allemand dans tous les pays musulmans).[1]

[Bearbeiten] Frühes Leben

1913 pilgerte al-Husseini nach Mekka und erhielt den Ehrentitel Hadschi. Bis zum Ersten Weltkrieg studierte al-Husseini islamisches Recht an der al-Azhar-Universität in Kairo. Dort war er an der Gründung einer antizionistischen palästinensischen Studentenvereinigung beteiligt. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 trat al-Husseini in die osmanische Armee ein und wurde als Artillerie-Offizier der 47. Brigade zugeteilt, die in und um die damals noch vornehmlich griechisch-christlich besiedelte Stadt İzmir (griechisch: Smyrna) stationiert war. Im November 1916 verließ al-Husseini die Armee und kehrte nach Jerusalem zurück, wo er bis zum Ende des Krieges blieb.

1919 nahm al-Husseini am Pan-Syrischen Kongress in Damaskus teil, wo er Emir Faisal aus dem Irak als zukünftigen König von Syrien unterstützte. In diesem Jahr trat al-Husseini dem arabischen Nationalistenverein al-Nadi al-Arabi (deutsch: „Der arabische Verein“) in Jerusalem bei, vielleicht war er sogar dessen Gründer. Er schrieb Artikel für die erste in Palästina gegründete Zeitung, Suria al-Dschanubia (deutsch: „Süd-Syrien“). Suria al-Dschanubia stand in der Jerusalemer Anfangszeit ab September 1919 unter der Leitung des Rechtsanwalts Mohammed Hassan al-Budairi, und wurde herausgegeben von Arif al-Arif, beides prominente Mitglieder von al-Nadi al-Arabi.

Bis 1921 konzentrierte al-Husseini sich auf den Pan-Arabismus und im Besonderen auf Großsyrien mit Palästina als Südprovinz eines Arabischen Staates und Damaskus als Hauptstadt. Großsyrien sollte ein Territorium umfassen, das die heutigen Staaten Syrien, Libanon, Jordanien und Israel, sowie die besetzten Gebiete beinhaltet. Der Kampf für Großsyrien brach zusammen, nachdem Großbritannien die Herrschaft über das heutige Gebiet Syriens und des Libanons im Juli 1920 gemäß dem Sykes-Picot-Abkommen an Frankreich übergab. Die französische Armee besetzte Damaskus, besiegte König Faisal und zerschlug Großsyrien. Danach wandte sich al-Husseini von einem an Damaskus orientierten Pan-Arabismus einer speziell palästinensischen Ideologie mit Jerusalem als Mittelpunkt zu.

[Bearbeiten] Palästinensischer Nationalismus

Nach judenfeindlichen Ausschreitungen am 4. April 1920, bei denen fünf Juden im jüdischen Viertel Jerusalems getötet und 234 verletzt wurden, verurteilte die britische Militärgerichtsbarkeit eine beträchtliche Anzahl Araber und Juden zu langen Gefängnisstrafen. Al-Husseini wurde, da er nach Syrien geflohen war, in Abwesenheit zu zehn Jahren verurteilt – unter dem Vorwurf, die Aufstände angeheizt zu haben. Er musste jedoch keinen einzigen Tag dieser Strafe absitzen.

1921 wurde die britische Militärverwaltung Palästinas durch eine Zivilverwaltung abgelöst. Der erste Hochkommissar Herbert Louis Samuel hob das Urteil gegen al-Husseini auf und ernannte ihn zum Mufti von Jerusalem, eine Stellung, die die al-Husseini-Familie seit mehr als einem Jahrhundert innehatte. Im folgenden Jahr ernannte Samuel ihn zum Präsidenten des neugebildeten obersten islamischen Rates, der die islamischen Gerichte und Schulen kontrollierte und einen großen Anteil der Gelder aus religiösen Stiftungen verwaltete.

Dieses Ernennungsverfahren war im Einklang mit der osmanischen Tradition. Damals ernannten die islamischen Geistlichen drei Kandidaten und der weltliche Herrscher, der Kalif, ernannte einen der drei zum Mufti. Nachdem die Briten Palästina übernahmen, war der weltliche Herrscher der Hochkommissar. Das führte zu der außergewöhnlichen Situation, dass ein Jude, Herbert Samuel, den Mufti bestimmte. Der Unterschied bestand nur darin, dass fünf statt drei Kandidaten nominiert wurden. Es wird angenommen, dass die Briten bei dem nun folgenden Streit zwischen dem Naschaschibi- und Husseini-Clan ihr feinjustiertes System des „teile und herrsche“ praktizierten.

Im Jahr 1929 entflammten erneut judenfeindliche Gewalttätigkeiten, die nur durch das Einschreiten der britischen Polizei gestoppt werden konnten. Vor der Untersuchungskommission von Sir Walter Shaw bezog sich al-Husseini auf die „Protokolle der Weisen von Zion“, um eine jüdische Verschwörung in Palästina zu beweisen und bezeichnete das House of Commons als „nichts anderes als ein Rat der Weisen von Zion“.[2]

Al-Husseini wurde nach einem schweren Zusammenstoß mit den Naschaschibis zum Führer der palästinensisch-arabischen Bewegung. Die Naschaschibis, die andere vornehme Familie Jerusalems, waren moderater und anpassungsbereiter als die streng antibritischen Husseinis. Während des größten Teils der britischen Mandatszeit schwächte der Streit zwischen diesen beiden Familien die arabische Sache ernsthaft. 1936 gelangten sie zu einer gewissen Eintracht, als alle palästinensischen Gruppen sich zusammenschlossen, um ein ständiges Exekutiv-Organ, das arabische Hochkomitee, unter al-Husseinis Vorsitz zu bilden. Das Komitee rief zum Generalstreik, Steuerstreik und zur Schließung der Kommunalverwaltungen auf und verlangte das Ende der jüdischen Einwanderung, ein Verbot des Landverkaufs an Juden und nationale Unabhängigkeit. Der Generalstreik mündete in einen Aufstand gegen die britische Autorität, der von 1936 bis 1939 dauerte. Al-Husseini war der oberste Organisator des Aufstands [3]. Daraufhin setzten die Briten al-Husseini als Präsident des obersten islamischen Rates ab und verboten das arabische Hochkomitee in Palästina. Im Oktober 1937 floh al-Husseini in den Libanon, wo er das Komitee unter seiner Führung wieder aufbaute. Al-Husseini behielt die Unterstützung der meisten palästinensischen Araber und nutzte diese Macht, die Naschaschabis zu bestrafen.

Al Husseini initiierte in der arabischen Welt eine Kampagne zur Restaurierung und Verschönerung des Felsendoms. Die heutige Ansicht des Tempelbergs wurde entscheidend geprägt durch al-Husseinis Spendensammlungen. Die Gelder dienten im wesentlichen der Vergoldung der Kuppel des Felsendoms.

Der Aufstand nötigte Großbritannien 1939 zu substantiellen Zugeständnissen an die Araber. Die Briten gaben die Idee auf, Palästina als jüdischen Staat zu etablieren und begrenzten die jüdische Einwanderung für die nächsten fünf Jahre auf insgesamt 75.000. Danach sollte die Einwanderung vom arabischen Einverständnis abhängig gemacht werden. Al-Husseini fand jedoch die Konzessionen nicht weitgehend genug und lehnte die neue Politik ab.

[Bearbeiten] Aktivitäten während des Zweiten Weltkrieges

1933, wenige Wochen nach Hitlers Machtergreifung, bot al-Husseini dem deutschen Generalkonsul im britischen Mandatsgebiet Palästina seine Dienste an. Al-Husseinis Angebot wurde zunächst abgelehnt, um die deutsch-britischen Beziehungen nicht durch ein Bündnis mit einem antibritischen Führer zu gefährden. 1938, als die deutsch-britischen Beziehungen nicht mehr von Belang waren, wurde al-Husseinis Angebot angenommen.

Der Mufti suchte am 21. Juli 1937 die Zusammenarbeit mit Repräsentanten des Nazi-Regimes, als er den deutschen Konsul in Jerusalem besuchte. Später sandte er einen persönlichen Beauftragten nach Berlin zu Verhandlungen mit den Naziführern. SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, der Chef des Reichssicherheitshauptamts, schickte im September 1937 zwei SS-Offiziere, SS-Hauptsturmführer (Hauptmann) Adolf Eichmann und SS-Obersturmführer (Oberleutnant) Herbert Hagen nach Palästina. Sie kamen in Haifa an, konnten aber nur ein Transitvisum bekommen und fuhren deswegen nach Kairo. Dort trafen sie sich mit einem Mitglied der Haganah, aber der Zweck der Reise ist umstritten. Während dieser Zeit erhielt al-Husseini finanzielle und militärische Unterstützung von Nazi-Deutschland und dem faschistischen Italien. 1939 floh al-Husseini aus dem Libanon in den Irak.

Im Mai 1940 lehnte das britische Foreign Office ein Angebot des Vorsitzenden des Va'ad Le'umi (jüdischer Nationalrat in Palästina) ab, al-Husseini zu ermorden, aber im November dieses Jahres stimmte Winston Churchill diesem Plan zu. Im Mai 1941 wurden mehrere Mitglieder der Irgun freigelassen, einschließlich ihres Führers David Raziel und zu diesem Zweck in den Irak geflogen. Die Mission wurde aufgegeben, als Raziel durch ein deutsches Flugzeug getötet wurde.

Al-Husseini floh 1941 infolge des gescheiterten deutschfreundlichen Putsches im Irak als Frau verkleidet nach Deutschland, wo er in Oybin als persönlicher Gast Hitlers residierte. In Europa knüpfte er enge Kontakte zu bosnischen und albanischen Moslemführern. Er traf Joachim von Ribbentrop und wurde offiziell von Adolf Hitler am 28. November 1941 in Berlin empfangen. Nazi-Deutschland richtete dem „Großmufti von Jerusalem“ ein Büro in Berlin ein, in dem ihm großzügige Geldmittel sowie ein umfangreicher Mitarbeiterstab zur Verfügung standen. Hier organisierte er Radiopropaganda für Deutschland, Spionage und Zersetzung in den islamischen Regionen Europas und des Nahen Ostens. Nach dem Sieg der Alliierten bei El Alamein rief er zum Dschihad gegen die Juden: Ich erkläre einen heiligen Krieg, meine Brüder im Islam! Tötet die Juden! Tötet sie alle!

Dieter Wisliceny, der Stellvertreter Adolf Eichmanns, äußerte bereits 1944 die Überzeugung, dass der Mufti eine bedeutende Rolle bei der Ermordung der europäischen Juden spielte. Husseini empfahl mehreren Nazigrößen, unter ihnen Hitler, Ribbentrop und Himmler, ihre Ausrottung. Als einer der besten Freunde Eichmanns soll der Mufti, nach Wisliceny, der dieses auch in den Nürnberger Prozessen wiederholte, sogar Auschwitz besucht und die dortigen Gaskammern besichtigt haben. Für Husseini stellte die „Endlösung“ die Lösung der Probleme in Palästina dar.

Husseini war offenbar genau über die Geschehnisse in Polen informiert. In einer Radiosendung aus Berlin am 21. September 1944 sagte er: Ist es nicht in eurer Macht, oh Araber, die Juden abzuwehren, die nicht mehr als elf Millionen zählen? Es war zu dieser Zeit allgemein bekannt, dass es vor 1939 etwa 17 Millionen Juden in der Welt gab.

1943 verhinderte Al-Husseini die Freilassung von 5.000 jüdischen Kindern, die auf Initiative des Roten Kreuzes gegen 20.000 gefangene Deutsche ausgetauscht werden sollten. Durch seine persönliche Intervention bei Himmler erreichte er, dass die Kinder stattdessen in deutsche Konzentrationslager deportiert und ermordet wurden. Der Mufti drängte immer wieder auf den strikten Vollzug der Shoa, unter anderem, indem er Ribbentrop gegenüber die Wichtigkeit der „Lösung des Weltjudenproblems“ beschwor.[4]

Ab 1943 war al-Husseini mit der Organisation und Ausbildung von bosnisch-islamischen Wehrmachtseinheiten und Waffen-SS-Divisionen befasst. Die größte war die 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS „Handschar“ (kroatische Nr. 1) (auch „Handzar“; 21.065 Mann), die ab Februar 1944 Operationen gegen kommunistische Partisanen auf dem Balkan durchführte. Sie war für eine Reihe von Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich. Die 23. Waffen-Gebirgs-Division der SS „Kama” (kroatische Nr. 2) (3.793 Mann) erreichte nicht die operative Stärke einer Division und wurde nach fünf Monaten aufgelöst; ihre Angehörigen wurden auf andere Einheiten verteilt. Weitere Einheiten waren ein Moslem-SS Selbstverteidigungsregiment im Sandschak, das sogenannte Arabische Freiheitskorps, die Arabische Brigade sowie ein ostmuselmanisches SS-Regiment.

[Bearbeiten] Nachkriegsaktivitäten

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde al-Husseini als Kriegsverbrecher gesucht. 1946 konnte er - angeblich unter stillschweigender Duldung offizieller französischer Kreise - aus französischer Haft fliehen und erhielt Asyl in Ägypten, wo auch viele andere Nationalsozialisten Unterschlupf und neue Tätigkeitsfelder fanden. Zionistische Verbände baten die Briten, al-Husseini als Kriegsverbrecher anzuklagen. Die Briten lehnten ab, teils weil sie die Beweise für unbedeutend hielten, aber auch, weil ein solcher Schritt ihre Probleme in Ägypten und Palästina vermehren würde, wo al-Husseini noch populär war. Auch Jugoslawien verlangte vergeblich seine Auslieferung. Noch im selben Jahr begann al-Husseini in Palästina seinen Kampf gegen die Juden zu organisieren und warb um Aktivisten.

Am 22. September 1948 rief al-Husseini im Gazastreifen eine „arabische Regierung für ganz Palästina“ aus, am 1. Oktober einen unabhängigen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt. Dieser Staat wurde anerkannt von Ägypten, Syrien, dem Libanon, dem Irak, Saudi-Arabien und dem Jemen, aber nicht von Jordanien und von keinem nichtarabischen Land. Seine Regierung hing völlig von Ägypten ab. Als der jordanische König Abdallah ibn Hussain I. 1951 den Posten des Großmufti von Jerusalem an einen anderen vergab, organisierte al-Husseini dessen Ermordung.

1959 löste Ägypten die „Arabische Regierung für ganz Palästina“ auf. Das Scheitern dieser Aktivität und al-Husseinis mangelnde Glaubwürdigkeit wegen seiner Kollaboration mit den Achsenmächten im Zweiten Weltkrieg trug viel zur Schwächung des palästinensisch-arabischen Nationalismus' in den 1950ern bei. Al-Husseini starb 1974 in Beirut, Libanon. Er wollte in Jerusalem begraben werden, aber die israelische Regierung verweigerte diese Bitte. Al-Husseini war der politische Mentor der von Friedensnobelpreisträger Jassir Arafat befehligten palästinensischen Organisationen. Noch im Jahre 2002 sprach Arafat in einem Interview von unserem Helden al-Husseini. Arafat war ein Neffe Al-Husseinis.

[Bearbeiten] Literatur

  • Gerhard Höpp (Hg.): Mufti-Papiere. Briefe, Memoranden, Reden und Aufrufe Amin al-Husainis aus dem Exil 1940-1945 Hans Schiler, Berlin 2002
  • Matthias Küntzel: Djihad und Judenhass, 2. Auflage. Ca Ira, Freiburg 2002, ISBN 3924627061
  • Klaus-Michael Mallmann & Martin Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina. WBG, Darmstadt 2006

[Bearbeiten] Dokumente, Wirkung

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. David Pryce-Jones: "Jews, Arabs, and French Diplomacy", Commentary, Mai 2005
  2. Mallmann/Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz, S. 19f.
  3. http://www.passia.org/palestine_facts/personalities/alpha_h.htm#hajamin
  4. Zitiert nach: Mallmann/Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz, S. 118.

[Bearbeiten] Weblinks

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