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Arbeitszeugnis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Handschriftliches Arbeitszeugnis Max Liebermanns für seinen Pförtner, 1927: Hierdurch bescheinige ich, dass Herr Paul Neumann vom 1sten August 1915 bis 1sten März 1927 als Pförtner in meinem Hause war: er hat die Stelle zu meiner vollen Zufriedenheit verwaltet. Er ist ehrlich und zuverlässig und er verläßt den Dienst auf seinen eigenen Wunsch.
Handschriftliches Arbeitszeugnis Max Liebermanns für seinen Pförtner, 1927: Hierdurch bescheinige ich, dass Herr Paul Neumann vom 1sten August 1915 bis 1sten März 1927 als Pförtner in meinem Hause war: er hat die Stelle zu meiner vollen Zufriedenheit verwaltet. Er ist ehrlich und zuverlässig und er verläßt den Dienst auf seinen eigenen Wunsch.

In einem Arbeitszeugnis beurteilt der Arbeitgeber die Arbeitsleistung (einschließlich Qualifikation) und das Verhalten des Arbeitnehmers, wenn dieser das Unternehmen verlässt (Endzeugnis). Nach der Rechtsprechung muss das Zeugnis wohlwollend formuliert sein, um dem Arbeitnehmer das „berufliche Fortkommen nicht zu erschweren“. Wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, aber ein triftiger Grund vorliegt, kann der Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis verlangen, wie etwa beim Wechsel des Vorgesetzten oder bei Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz.

Deutschland und die Schweiz sind die einzigen Länder in Europa, in denen es einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis gibt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Arbeitszeugnisse gab es bereits beim Gesindezwangsdienst: Mit der Reichspolizeiordnung von 1530 wurden Atteste für ordnungsgemäßes Ausscheiden eingeführt. Kein Dienstherr durfte einen Knecht in sein Haus nehmen, wenn er kein Zeugnis vorweisen konnte in dem stand, dass er auf ehrliche Weise und mit Zustimmung des letzten Dienstherrn gegangen war. Herrschaften, die Dienstboten ohne Zeugnis beschäftigten oder ein solches verweigerten, drohten Geldstrafen.

1846 wurde in Preußen das Gesindedienstbuch eingeführt:

„Bei Entlassung des Gesindes ist in von der Dienstherrschaft ein vollständiges Zeugnis über die Führung und das Benehmen in das Gesindebuch einzutragen.“

Das Gesindebuch musste vor Dienstantritt bei der örtlichen Polizei vorgelegt werden. Wer von seiner Herrschaft ein schlechtes Zeugnis bekommen hatte, konnte nach zwei Jahren ein neues Gesindebuch bei der Polizei beantragen, wenn er nachweisen konnte, dass er sich in den letzten zwei Jahren tadellos geführt hatte. Als Tugenden galten: Fleiß, Treue, Gehorsam, sittliches Betragen, Ehrlichkeit.

Mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 wurde der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis in Deutschland gesetzlich geregelt: Alle Arbeitnehmer können ein Zeugnis verlangen, das die Führung und Leistung beurteilt.

Der Arbeitgeber hat das Arbeitszeugnis so zu formulieren, dass es der Leistung des Mitarbeiters gerecht wird und gleichzeitig einem Dritten (beispielsweise einem Personalleiter) Informationen über die Qualifikation und Leistung liefert.

Rechtliche Aspekte

Gesetzlicher Anspruch

Der Zeugnisanspruch ergibt sich aus dem Gesetz und aus den Tarifverträgen. Seit 1. Januar 2003 gilt für alle Arbeitnehmer der § 109 der Gewerbeordnung (früher für gewerbliche Arbeitnehmer § 113 GewO, für kaufmännische Angestellte § 73 HGB und für die übrigen Arbeitnehmer und Dienstverpflichtete § 630 BGB):

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Bei dieser Neufassung wurde das sprachlich veraltete Wort „Führung“ durch „Verhalten im Arbeitsverhältnis“ ersetzt. Gemeint ist das Sozialverhalten im Unternehmen gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern, Kunden, Besuchern.

Damit ist ein wichtiger Gesichtspunkt aus der Rechtsprechung übernommen worden: Ein Zeugnis darf keine doppelbödigen Formulierungen enthalten; die Zeugnisaussagen müssen eindeutig sein, klar und verständlich formuliert. Man darf gespannt sein, ob das Bundesarbeitsgericht das Gebot der Klarheit künftig so auslegen wird, dass der Zeugniscode modifiziert werden muss, weil die Formulierungen (Zufriedenheitsfloskeln) positiver klingen als sie gemeint sind.

Anspruch haben auch leitende Angestellte nach § 5 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz), Teilzeitkräfte, Aushilfen, Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen, Praktikanten und Zivildienstleistende. Auszubildende haben einen Anspruch nach § 16 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz.

Der Arbeitnehmer muss das Zeugnis ausdrücklich verlangen.

Zeugnisanspruch in Österreich und in der Schweiz

Der Zeugnisanspruch in Österreich ergibt sich aus § 1163 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB); für Führungskräfte leitet sich der Anspruch auch aus § 39 Angestelltengesetz (AngG) her, der fast gleichlautend mit § 1163 ABGB ist.

Im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung in Deutschland haben die Arbeitnehmer nur Anspruch auf ein einfaches Zeugnis.

In der Schweiz ist es wie in Deutschland. Es besteht ein gesetzlicher Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis, bei dem auch die Leistung und das Sozialverhalten beurteilt wird. Der Anspruch steht im Artikel 330a Schweizerisches Obligationenrecht (OR).

Einfaches oder qualifiziertes Zeugnis?

Ein Arbeitnehmer kann wählen zwischen einem einfachen und qualifizierten Zeugnis. Ein einfaches Zeugnis (vor allem in der Schweiz auch Arbeitsbestätigung genannt) hat eher den Charakter einer Bescheinigung:

Beispiel:

„Herr Hans Meister, geboren am 11. November 1969, ist seit 1. Juli 1999 als Bote und Fahrer bei uns beschäftigt.
Seine Aufgaben sind im wesentlichen das Verteilen der Post und Kurier- und Botendienste mit dem PKW. In der Urlaubszeit hat er auch Dienst als Pförtner gemacht.
Herr Meister verlässt heute das Unternehmen auf eigenen Wunsch. Wir danken ihm für seine Mitarbeit und wünschen ihm für seine Zukunft alles Gute.“

Hätte Hans Meister ein qualifiziertes Zeugnis verlangt, müsste das Zeugnis auf „Führung und Leistung“ erweitert werden. Unter „Führung“ verstehen wir das „Sozialverhalten“ oder wie es jetzt in § 109 der Gewerbeordnung heißt: Verhalten im Arbeitsverhältnis. Mit „Leistung“ ist nicht nur die Arbeitsleistung und das Arbeitsergebnis gemeint, sondern auch die Eignung, die fachliche und soziale Kompetenz. Bei Führungskräften sind auch die Managementfähigkeiten und die Führungsleistung zu beurteilen.

Fälligkeit

Das Arbeitszeugnis ist am letzten Tag der Beschäftigung fällig. Ein Arbeitnehmer kann aber schon beim Zugang der Kündigung oder bei Eigenkündigung ein vorläufiges Zeugnis verlangen. Wird ein Aufhebungsvertrag geschlossen, entsteht der Anspruch bei Vertragsabschluss, bei befristeten Arbeitsverträgen vor Ablauf der Befristung, mit Beginn der Kündigungsfrist.

Zwischenzeugnis

Wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, aber ein triftiger Grund vorliegt, kann der Mitarbeiter ein Zwischenzeugnis verlangen: Bei Versetzung, Wechsel des Vorgesetzten, Fortbildung, Beförderung, Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst, Freistellung als Betriebsrat, Erziehungsurlaub, Betriebsübergang nach § 613 a BGB oder Höhergruppierung.

Das sind die Gründe, die von der Rechtsprechung anerkannt sind (Schaub: Arbeitsrechtshandbuch, § 146, Seite 994). Das Bundesarbeitsgericht hat formuliert, was triftige Gründe sind (BAG 21. Januar 1993, Betriebsberater 1993, S. 2309) Eine gesetzliche Regelung besteht nicht. Häufig gibt es einen tarifvertraglichen Anspruch, zum Beispiel im Bundesangestelltentarifvertrag (BAT).

Rechtsgrundsätze

Wahrheitspflicht

Ein Arbeitszeugnis muss wahr sein und alle wesentlichen Tatsachen enthalten, die für eine Gesamtbeurteilung von Bedeutung sind und an denen ein künftiger Arbeitgeber ein „berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse“ haben könnte. Dabei ist der Arbeitgeber nicht zur schonungslosen Offenbarung aller ungünstigen Vorkommnisse verpflichtet. Negative Beurteilungen sind nur dann zulässig, wenn sie für die gesamte Dauer der Beschäftigung charakteristisch waren.

Wohlwollen

Das Zeugnis muss wohlwollend formuliert sein und darf das berufliche Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren, (BGH 26. November 63, DB 1964, S. 517). Beim Wohlwollen ist der Maßstab eines verständigen Arbeitgebers anzulegen. Im Übrigen ergibt sich das verständige Wohlwollen auch aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.

Vollständigkeit

Vollständigkeit bedeutet, dass das Zeugnis keine Lücken enthalten darf. Es müssen alle für die Beurteilung der Leistung und der Führung wichtigen Dinge erwähnt werden. Der Zeugnisaussteller darf nichts auslassen, was der Zeugnisleser üblicherweise erwartet. So darf bei einer ehrlichen Kassiererin nicht der Hinweis fehlen, dass sie ehrlich ist, bei einem guten Einkäufer, dass er Verhandlungsgeschick besitzt und bei einer Führungskraft, dass er oder sie als Vorgesetzte(r) anerkannt ist.

Rechtsprechung

Form

Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, ein Arbeitszeugnis in einer ganz bestimmten Form zu erstellen. Ein Arbeitnehmer kann verlangen, dass sein Arbeitszeugnis auf einem Geschäftsbogen geschrieben wird, ordentlich und sauber, im Format DIN A 4, und zwar mit Schreibmaschine oder PC und nicht mit der Hand. Bei Rechtschreib- und Grammatikfehlern kann er eine Berichtigung verlangen, (BAG, 5 AZR 182/92).

Formulierungsfreiheit, Beurteilungsspielraum

Der Zeugnisaussteller ist frei bei der Wortwahl und Satzstellung.

„Dem Arbeitgeber ist nicht vorgegeben, welche Formulierungen er im Einzelnen verwendet. Auch steht ihm frei, welches Beurteilungsverfahren er heranzieht. Der Zeugnisleser darf nur nicht im Unklaren gelassen werden, wie der Arbeitgeber die Leistung einschätzt.“ (Quelle: Urteil Bundesarbeitsgericht vom 14. Oktober 2003 – 9 AZR 12/03).

Aufgabenbeschreibung

Bei der Beschreibung der Tätigkeit sind dem Zeugnisaussteller enge Grenzen gesetzt. Bei der Bewertung von Führung und Leistung dagegen hat er einen beträchtlichen Beurteilungsspielraum, (BAG AP zu § 630 BGB). Er kann frei entscheiden, welche positiven und negativen Eigenschaften und Fähigkeiten er mehr hervorheben will als andere. Maßstab ist der durchschnittlich befähigte und vergleichbare Arbeitnehmer seines Betriebes, (BAG 17. Februar 1988 - AP Nr. 17 zu § 630 BGB).

Ein Zeugnis muss die Tätigkeiten so vollständig und genau wiedergeben, dass sich künftige Arbeitgeber ein klares Bild machen können. Unwesentliches darf der Zeugnisaussteller weglassen, nicht aber Aufgaben, die etwas mit den Kenntnissen und Leistungen des Arbeitnehmers zu tun haben. Der Zeugnisaussteller muss aber Tätigkeiten nicht erwähnen, die für eine Bewerbung keine Bedeutung haben, (BAG, Urteil vom 12. August 1976 - 3 AZR 720/75). Eine Aufgabenbeschreibung in Stichworten ist zulässig.

Beschreibt ein Zeugnisaussteller sehr ausführlich die Tätigkeiten, dann muss er sich in entsprechender Breite auch zu seinen Leistungen verhalten, weil sonst der Eindruck entsteht, der Arbeitnehmer habe sich bemüht, aber im Ergebnis nichts geleistet, (BAG 24. März 77 - AP Nr.12 zu § 630 BGB).

Beurteilung der Leistung

Der Arbeitgeber hat einen Beurteilungsspielraum, der von den Arbeitsgerichten nur sehr begrenzt überprüfbar ist. „Voll überprüfbar“, so das Bundesarbeitsgericht, „sind dagegen die Tatsachen, die der Arbeitgeber seiner Leistungsbeurteilung zugrunde gelegt hat.“

Doch ein Arbeitgeber kann die „Tatsachen“ ganz anders sehen als der Arbeitnehmer. Die Beurteilung der Leistung ist immer subjektiv und kann deshalb auch falsch sein, weil Menschen sich irren können. Das Problem ist objektiv und endgültig ohnehin nicht zu lösen. Wie steht es mit dem rechtlichen Aspekt dieses Problems? Ein Arbeitnehmer schuldet vertraglich eine Leistung mittlerer Art und Güte (§ 243, Absatz 1 BGB), also eine „befriedigende Leistung“. Will ein Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht eine bessere Bewertung erstreiten, hat er, so das Bundesarbeitsgericht, „Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, aus denen sich eine bessere Beurteilung ergeben soll.“ Beurteilt der Arbeitgeber die Leistungen unterdurchschnittlich, also schlechter als „befriedigend“, ist er beweispflichtig.

Ein Arbeitgeber ist auch frei in seiner Entscheidung, ob er den sogenannten Zeugniscode („hat stets zu unserer vollsten Zufriedenheit gearbeitet“) verwendet oder eine nicht codierte Formulierung, wie etwa: „Er erzielt sehr gute Ergebnisse.“ Das Bundesarbeitsgericht hat aus „Gründen der Rechtssicherheit“ die Formulierungen des Zeugniscodes akzeptiert, obwohl sie wohlwollender klingen als sie gemeint sind, (BAG 23. Sepzember 1992 - 5 AZR 573/91).

Das Zeugnis ist in deutscher Sprache zu schreiben. Auch in internationalen Unternehmen hat ein Mitarbeiter keinen Anspruch darauf, dass sein Zeugnis beispielsweise in englischer Sprache ausgestellt wird.

Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Formulierung. Er kann nicht verlangen, dass die sprachlich verunglückte Formulierung „vollste Zufriedenheit“ in „gute Leistungen“ geändert wird und umgekehrt, (BAG 29. Juli 1971 - AP Nr. 6 zu § 630 BGB).

Unterschrift

Neben dem Ausstellungsdatum muss das Zeugnis der Arbeitgeber unterschreiben oder ein Bevollmächtigter. Die Vertretungsmacht muss erkennbar sein (z.B. ppa = per Prokura). Das Zeugnis muss von einem Ranghöheren unterschrieben sein.

Grund des Ausscheidens

Grund und Art des Austritts dürfen ohne das Einverständnis oder gegen den Willen des Zeugnisempfängers aus dem Zeugnis nicht ersichtlich sein (LAG Düsseldorf 22. August 1988 - LAGE § 630 BGB, Nr.4). Auch die Formulierung „Das Arbeitsverhältnis wurde im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst“ darf der Arbeitgeber nur dann in das Zeugnis hineinschreiben, wenn der Mitarbeiter damit einverstanden ist.

Bei einer fristlosen Kündigung seitens des Arbeitgebers darf nicht im Zeugnis stehen:

„Das Arbeitsverhältnis endete durch fristlose arbeitgeberseitige Kündigung“.

Zulässig wäre die Formulierung:

„Das Arbeitsverhältnis endet am ...“(LAG Düsseldorf 1. Oktober 1987, 9CA 2774/87).

Schlussformel: Bedauern, Dank, Zukunftswünsche

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 20. Februar 2001 (AZR 44/00) festgestellt, dass Schlussformeln in Arbeitszeugnissen häufig verwendet werden, aber trotzdem kein Anspruch darauf besteht. Die Schlussformel, so das Bundesarbeitsgericht, betrifft weder Führung noch Leistung und gehört nicht zu dem gesetzlich bestimmten Mindestinhalt des Arbeitszeugnisses. Auf die übliche Praxis, Schlussformeln zu verwenden, wird dieses Urteil keinen Einfluss haben, weil Mitarbeiter solche Formulierungen erwarten. Das „Bedauern“ wird wie bisher die Ausnahme bleiben und ist nach wie vor eine Empfehlung für jeden Arbeitnehmer.

Doppeldeutige Formulierungen

In Arbeitszeugnissen dürfen keine doppeldeutigen Formulierungen stehen, mit denen der Arbeitnehmer kritisiert wird. Das hat das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden (Az: 4 Sa 630/98). Das Gericht hat der Klage einer Krankenschwester entsprochen. In ihrem Zeugnis stand eine Formulierung, mit der sie sich als aufsässige Mitarbeiterin gebrandmarkt sah:

„Sie war sehr tüchtig und in der Lage, ihre eigene Meinung zu sagen.“

Das Gericht hat in dieser Formulierung eine unzulässige Doppelbödigkeit gesehen und bei dieser Gelegenheit auch andere doppeldeutige Formulierungen für unzulässig erklärt.

Der Gesetzgeber hat inzwischen diese Rechtsprechung in § 109 Gewerbeordnung übernommen.

Geknicktes Arbeitszeugnis

Ein Zeugnisaussteller darf das Zeugnis zweimal falten und in einen üblichen Briefumschlag stecken. Voraussetzung ist, dass das Originalzeugnis kopierfähig ist und die Knicke im Zeugnisbogen sich nicht auf den Kopien abzeichnen, z.B. durch Schwärzungen. (Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. September 1999 -9 AZR 893/98)

Keine Mitbestimmung des Betriebsrats

Ein Arbeitszeugnis ist eine Beurteilung. Nach § 94 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei den Beurteilungsgrundsätzen. Dieses Mitbestimmungsrecht bezieht sich aber nicht auf die Beurteilung im Einzelfall (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch § 234). Vergleichbares gilt auch für die Personalräte im öffentlichen Dienst lt. jeweiligem Personalvertretungsgesetz.

Was nicht im Arbeitszeugnis stehen darf

  • Außerdienstliches Verhalten, Vorkommnisse aus dem Privatleben
  • Betriebsratstätigkeit (Ausnahme: Freistellung länger als 1 Jahr)
  • Schwangerschaft, Mutterschutz
  • Gewerkschaftszugehörigkeit
  • Parteimitgliedschaft
  • Nebentätigkeit
  • Schwerbehinderteneigenschaft
  • Gesundheitszustand
  • Straftaten, wenn sie nicht unmittelbar das Arbeitsverhältnis berühren
  • Verdacht auf strafbare Handlungen
  • Streik und Aussperrung
  • Wettbewerbsverbote

Verjährung und Verwirkung

Nach § 195 BGB beträgt die Verjährungsfrist für Arbeitszeugnisse drei Jahre. Sie tritt vorher ein, wenn der Anspruch verwirkt oder die Erfüllung unmöglich geworden ist. Das wird immer dann zutreffen, wenn der Arbeitgeber nicht mehr in der Lage ist, ein wahrheitsgemäßes Zeugnis auszustellen.

Was bedeutet Verwirkung? Der Gläubiger (hier der Arbeitnehmer und Zeugnisempfänger) übt sein Recht auf ein Arbeitszeugnis über längere Zeit nicht aus. Anders ausgedrückt: Er hat kein Zeugnis verlangt, auch nicht nach seinem Ausscheiden. Dadurch nährt er die Vermutung, dass er seinen Rechtsanspruch nicht mehr geltend machen wird und dem Schuldner (hier Arbeitgeber und Zeugnisaussteller) die Erfüllung nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar ist. Der Arbeitgeber hat dabei die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Wie jeder andere schuldrechtliche Anspruch unterliegt der Zeugnisanspruch der Verwirkung. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BB 1989, 978) ist der Anspruch dann verwirkt, wenn der Gläubiger (Anspruchsinhaber) sein Recht über längere Zeit nicht in Anspruch nimmt und deshalb gegenüber dem Anspruchsgegner den Eindruck erweckt, den Anspruch nicht mehr geltend zu machen. Die Verwirkung kann bereits nach zehn Monaten eintreten; das hängt auch von den Umständen des Einzelfalls ab.

Betriebsübergang

Bei Betriebsübergang (Firma wird verkauft) nach § 613a BGB gehen die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis vom alten auf den neuen Eigentümer über. Das gilt auch für die Verpflichtung des Arbeitgebers, ausscheidenden Mitarbeitern auf Verlangen ein Arbeitszeugnis auszustellen. Den Zeitpunkt des Betriebsübergangs kann der Arbeitnehmer zum Anlass nehmen, ein Zwischenzeugnis vom alten Eigentümer zu verlangen.

Insolvenz

Ein Insolvenzverfahren beendet nicht automatisch das Arbeitsverhältnis. Daraus ergibt sich, dass auch der Zeugnisanspruch weiterbesteht. Wird das Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgesetzt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf zwei Zeugnisse. Das erste hat die Firma (Gemeinschuldner) bis zur Insolvenzeröffnung, das zweite der Insolvenzverwalter für die Zeit von der Insolvenzeröffnung bis zum tatsächlichen Ausscheiden zu erteilen.

Zeugnispraxis

Beurteilungskriterien

Für die Beurteilung der Leistung und der Führung (Sozialverhalten im Betrieb) gibt es folgende Kriterien:

Fachliche Kompetenz

  • Fachwissen und Fachkönnen
  • Spezialkenntnisse
  • EDV- u. PC-Kenntnisse
  • Fremdsprachen
  • Weiterbildung (Kurse, Seminare)


Geistige und kreative Fähigkeiten

Ausdrucksvermögen (mündlich und schriftlich)

Soziale Kompetenz

  • Veränderungsbereitschaft
  • Leistungsbereitschaft
  • Verantwortungsbereitschaft

Kommunikation und Kooperation

Leistung

Arbeitsleistung
  • Arbeitsweise, Arbeitseinsatz, Arbeitsverhalten
  • Arbeitsergebnisse, Nutzen für die Firma, Erfolge
  • Führungsleistung, Managementfähigkeiten

Führung: (Sozialverhalten im Betrieb)
  • Gegenüber Kunden, Vorgesetzten, Mitarbeitern, Kollegen

Zeugniscode

Die meisten Arbeitszeugnisse, das haben empirische Untersuchungen ergeben, enthalten eine „Endbeurteilung“ der Leistung. Viele Arbeitgeber verwenden dazu bestimmte Redewendungen und Floskeln, die man zusammenfassend als „Zeugnis-Code“ (verschlüsselte Leistungsbewertungen) bezeichnet. Es handelt sich um Formulierungen, die sich an den Schulnoten orientieren, aber sehr viel positiver klingen:

  • Sehr gut = stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt
  • Gut = stets zu unserer vollen Zufriedenheit oder zu unserer vollsten Zufriedenheit (ohne stets)
  • Befriedigend = zu unserer vollen Zufriedenheit
  • Ausreichend = zu unserer Zufriedenheit
  • Mangelhaft = hat sich bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden

Es haben sich inzwischen auch andere Standardformulierungen eingebürgert:

  • Sehr gut = hat unseren Erwartungen in jeder Hinsicht und in besonderer Weise entsprochen oder ihre Leistungen haben unsere besondere Anerkennung gefunden
  • Gut = mit den Arbeitsergebnissen waren wir stets vollauf zufrieden
  • Befriedigend = hat unseren Erwartungen voll entsprochen
  • Ausreichend = er hat unseren Erwartungen entsprochen
  • Mangelhaft = sie hat im Großen und Ganzen unsere Erwartungen erfüllt

Zeugnissprache

Die meisten Zeugnisse enthalten eine Gesamtbeurteilung nach obigem Code. Es gibt auch Firmen, die eine solche Beurteilung in einer offenen Sprache formulieren: Sehr gut – gut – befriedigend. Häusermann und List (siehe Literatur) plädieren für eine offene, nicht codierte Sprache. Häusermann empfiehlt, in die Zeugnisse diesen Text zu schreiben: „Die Firma XYZ bekennt sich zu Abfassung uncodierter, transparenter Zeugnisaussagen.“

Manche Autoren (Weuster, Knobbe, Bakker) gehen davon aus, dass es eine eigenständige, verschlüsselte Zeugnissprache gebe, die angeblich viele Zeugnisaussteller kennen und verwenden. Zu dieser verklausulierten Sprache gehören auch bestimmte Techniken der „Formulierungskunst“, wie beispielsweise die Reihenfolge- und die Negationstechnik. Wenn etwa bei der sogenannten Reihenfolgetechnik bei der Beurteilung des Sozialverhaltens in der Aufzählung Vorgesetzter, Kollegen, Mitarbeiter, Kunden der Vorgesetzte nicht zuerst genannt, wird, ist es kein gutes Zeugnis (Das ist schon deshalb problematisch, weil eigentlich der Kunde zuerst kommt). Bei der Negationstechnik, so Weuster, enthält die Formulierung eine verschlüsselte Botschaft. Ein „nicht unbedeutender Umsatz“ heißt: „auch nicht bedeutend“ oder ein „tadelloses Verhalten“ bedeutet, dass es nicht lobenswert sei.

Solch verschlüsselte Formulierungen kommen in der Praxis gelegentlich zwar vor, sind aber seit 2003 durch das gesetzliche Klarheits-Gebot nicht mehr zulässig.

Literatur

  • Peter Häusermann: Arbeitszeugnisse - wahr, klar und fair, Zürich 1999
  • Anne Bakker: Arbeitszeugnisse - Entschlüsseln und mitgestalten, Freiburg 2002
  • Hein Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, 15. Auflage Heidelberg 1998
  • Weuster/Scheer, Arbeitszeugnisse in Textbausteinen, 10. Auflage 2004, Richard Boorberg Verlag GmbH & Co ISBN 3415034410
  • Huber/Großblotekamp, Das Arbeitszeugnis in Recht und Praxis, 11. Auflage 2006, Haufe Verlag
  • Karl-Heinz List: Zeugnisse ergebnis- und stärkenorientiert schreiben, Sparkassenverlag Stuttgart, 2005
  • Knobbe, Thorsten/Leis, Mario/Umnuß, Karsten: Arbeitszeugnisse, Textbausteine und Tätigkeitsbeschreibungen, mit CD, Freiburg u.a.: Haufe 2005

Weblinks

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