Magnetschwebebahn
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Magnetschwebebahnen sind spurgeführte Landverkehrsmittel, die durch magnetische Anziehung oder Abstoßung in der Schwebe gehalten werden. Räder sind dabei entweder gar nicht oder nur bei niedrigen Geschwindigkeiten notwendig.
In englischer Sprache ist für Magnetschwebebahnen das Kunstwort Maglev üblich, das in den 1960er Jahren durch den amerikanischen Physiker Howard T. Coffey aus dem Ausdruck "Magnetic Levitation" abgeleitet wurde.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Magnetisches Schweben
Bei magnetisch schwebenden Bahnen kommt das Prinzip der gegenseitigen Anziehung bzw. Abstoßung von Magnetfeldern je nach ihrer Pol-Lage zur Wirkung. Mit den dadurch ausgeübten Kräften können Objekte mit magnetischen Eigenschaften gegen die Schwerkraft und andere Kräfte bewegt werden, solange die Kraft des Magnetfeldes größer ist als entgegenwirkende Kräfte. Ein dauerhaftes freies „Schweben“ und eine gleichzeitige Fahrbewegung mit statischen und ungeregelten Magnetfeldern ist jedoch erst möglich, seit es hinreichend schnelle und effiziente dynamische Regelungen gibt. Ausschlaggebend für das dauerhafte magnetische Schweben war damit bislang vorrangig ein leistungsfähiges Regelungssystem in Verbindung mit einem regelbaren Magnetfeld. Seit Hochtemperatursupraleiter verfügbar sind, rücken auch relativ einfache aber wirkungsvolle Supraleitermagnetbahnen in den Bereich des technisch machbaren.
Es wird in der Praxis unterschieden nach
- elektromagnetisch und
- elektrodynamisch schwebenden Bahnen.
Bei elektromagnetisch schwebenden Bahnen bewirken die Anziehungskräfte von Elektro- oder Permanentmagneten das Tragen und Führen des Fahrzeugs (Beispiel Transrapid). Beim elektrodynamischen Schweben werden während schneller Fahrt durch magnetische Wechselfelder in (supraleitenden) Spulen innerhalb des Fahrzeugs Ströme induziert, die ihrerseits ein Gegenfeld für die Tragfunktion erzeugen (Lenzsche Regel).
In der Theorie gibt es auch das permanentmagnetische System, das auf der Basis der Abstoßung gleicher Pole beruht. Es wurde aber nie eingesetzt, da es aufgrund der Instabilität zum Tragen und Führen ungeeignet ist [1].
[Bearbeiten] Ausführung der Trasse
Bei den meisten bisherigen Planungen soll die Magnetschwebebahn meist aufgeständert, aber auch in Tunnels geführt werden. Es gibt die Idee, mit Druckkabinen ausgerüstete Magnetschwebebahnen in luftleer ausgepumpten Tunnels, also Vakuumtunnels, praktisch reibungsfrei fahren zu lassen (Swissmetro).
[Bearbeiten] Antriebsarten
Nach Art des Antriebs lassen sich einteilen:
- rückstoßgetriebene und
- linearmotorgetriebene Bahnen
- Kurzstator-Bauweise
- Langstator-Bauweise
Die Magnetschwebetechnik benötigt zu ihrer sinnvollen Nutzung einen berührungsfreien Horizontalantrieb. Als umweltverträgliche Technik kommt dafür nur der Linearmotor in Frage. Rückstoßmotoren sind relativ energieineffizient, verursachen Lärmemissionen und erlauben kein regeneratives Bremsen; sie werden mithin aus denselben Gründen nicht verbaut, aus denen sie sich bei der Eisenbahn nicht durchgesetzt haben.
Wird der Linearmotor als Langstator in den Fahrweg verlegt, entstehen sowohl in der Anschaffung durch den nötigen Einbau fortlaufender Motorwicklungen als auch durch den ineffizienteren Betrieb sehr hohe Kosten. Ein Kurzstator-Linearmotor (Bestromung des Fahrzeugs, nicht des Fahrwegs) bringt dies nicht mit sich, es muss aber eine Stromschiene, ein Dieselaggregat oder dergleichen zur Energieversorgung vorgesehen werden; außerdem entfällt hier, da der Maximalschub des Fahrzeugmotors immer gleich ist, der Trassierungsvorteil, den der Langstator dadurch bringt, dass in längsgeneigten Strecken mehr Schub installiert werden kann als auf Flachstrecken.
[Bearbeiten] Vorteile der Magnetschwebebahn
- Hohe Geschwindigkeit (bis 500 km/h bei herkömmlicher Trassierung, theoretisch bei Ausführung in Vakuumtunnel noch wesentlich höher).
- Fahrwegumgreifende Konstruktionen bieten Schutz gegen Entgleisung
- Kann prinzipiell beliebige Steigungen überwinden (wenn der Fahrweg entsprechend ausgelegt ist; dies gilt allerdings für jede adhäsionsunabhängige Bahn)
- Bei gleicher Fahrgeschwindigkeit sind wesentlich engere Kurvenradien möglich, da eine stärkere Überhöhung zulässig ist (dies ist im Wesentlichen juristisch, nicht technisch bedingt)
- Tunnel und aufwändige Brücken könnten durch vorgenannte Trassierungsparameter eventuell vermieden werden (Kurven führen aber zu erheblichem Geschwindigkeitsverlust)
- Kein Verschleiß durch Reibung
- Keine Feinstaubbelastung durch Reibung und Schienenschleifen bzw. -fräsen
- Geringere Schallemmission als bei herkömmlicher Rad/Schiene-Technik
[Bearbeiten] Nachteile herkömmlicher Magnetschwebebahnen
- Bei hohen Auslegungsgeschwindigkeiten (z.B. 500 km/h) bestehen besondere Sicherheitsprobleme
- Ungeeignet für Güterverkehr mit Nutzlasten jenseits der Größenordnung von Kurier-, Gepäck-, Express- und Päckchendiensten, wegen des hohen Energieverbrauchs
- Bei Langstatorsystemen: Teurer Fahrweg; energieineffizienter Betrieb durch hohe Wirbelstromverluste; das Betriebsprogramm ist durch den Fahrweg fixiert
- Energieineffizienter Betrieb durch im Vergleich mit einem Elektromotor hohen Luftspalt zwischen Stator und Rotor/Fahrzeug
- Weichen sind aufwändig und teuer
- Der Fahrweg (Balken oder Trog) lässt sich aufgrund der außerordentlich geringen Toleranzen (Abstand vom Traggestell zum Fahrweg ca. 1 cm) nur schwer in eine Straßenebene integrieren, sondern muss meist freistehend ausgeführt werden
Die hier aufgeführten Nachteile gelten teilweise nicht für Supraleitermagnetbahnen
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Deutschland
Die Entwicklung der Magnetschwebebahn wurde 1922 von Hermann Kemper begonnen, der sich mit Techniken elektromagnetischer Schwebebahnen beschäftigte. Für das elektromagnetische Schweben von Fahrzeugen erhielt Hermann Kemper am 14. August 1934 das deutsche Reichspatent 643316 zugesprochen. Es war zunächst eine Versuchsbahn für höchste Geschwindigkeiten im Gespräch; dieses wurde jedoch auf Grund des 2. Weltkrieges nicht weiterverfolgt. 1973 nahmen der Physiker Götz Heidelberg und Professor Herbert Weh von der Technischen Universität Braunschweig die Entwicklung wieder auf.
- 1971 - am 11. Oktober demonstriert die Firma KraussMaffei in München-Allach das Versuchsfahrzeug Transrapid 2.
- 1979 präsentierte die Internationale Verkehrsausstellung (IVA) in Hamburg die weltweit erste für Personenverkehr zugelassene Magnetbahn (Transrapid 05).
- Ab 1983 wurde in Berlin eine 1,6 km lange Magnetbahn für den Nahverkehr gebaut, die so genannte M-Bahn. Ihre Trasse wurde aber im Rahmen der Wiedervereinigung für den U-Bahn-Wiederaufbau benötigt und ihre Weiterentwicklung 1992 eingestellt.
- 1984 wurde der erste Bauabschnitt der Transrapid-Versuchsanlage im Emsland in Betrieb genommen.
- Am 22. September 2006 erlitt die Magnetschwebebahn bei Lathen, Emsland, einen Unfall: Der Transrapid fuhr mit ca. 170 km/h auf einen nicht magnetisch angetriebenen Werkstattwagen der Magnetschwebebahn auf. Durch diesen schweren Unfall wurden 23 Fahrgäste getötet und 10 wurden schwer verletzt.[2]
In Deutschland regelt die Magnetschwebebahn-Bau und Betriebsordnung (MbBO) den Bau und Betrieb von öffentlichen Magnetschwebebahnen. Die entsprechenden Genehmigungsregularien sind im Allgemeinen Magnetschwebebahngesetz (AMbG) geregelt. Das Eisenbahn-Bundesamt ist Aufsichts- und Genehmigungsbehörde, wie auch bei der herkömmlichen Eisenbahn. Die Transrapid-Teststrecke im Emsland - obwohl für den öffentlichen Verkehr zugelassen - unterliegt jedoch dem Gesetz über den Bau und Betrieb von Versuchsanlagen zur Erprobung von Techniken für den spurgeführten Verkehr (SpurVerkErprG) von 1976. Aufsichtsbehörde hierfür ist die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr.
[Bearbeiten] Schweiz
Die private Interessengruppe Swissmetro AG hat die Vision, eine unterirdische Magnetschwebebahn in einer Teilvakuumröhre zu betreiben. Zuerst wurde eine Strecke zwischen Lausanne und Genf ins Gespräch gebracht. Andere mögliche Strecken wären Basel – Zürich und Verlängerungen zu deren Flughäfen oder Genf – Lyon. Weitergedacht wird in europaweiten Dimensionen.
[Bearbeiten] Japan
Seit 1962 laufen in Japan Forschungsarbeiten zu Magnetschwebebahnen. Mittlerweile sind zwei Systeme entwickelt worden: Der elektrodynamisch auf supraleitenden Magneten schwebende JR-Maglev bzw. Chuo Shinkansen (Langstatorantrieb, Betriebshöchstgeschwindigkeit 500 km/h), der eine Reihe von Geschwindigkeitsrekorden aufgestellt hat, und der elektromagnetisch schwebende HSST (Kurzstatorantrieb, Betriebshöchstgeschwindigkeit ca. 100 km/h).
Mit dem Chuo Shinkansen soll eine Linie Tokio-Nagoya-Osaka realisiert werden; die bereits bestehende 18,4 km lange Teststrecke in der Präfektur Yamanashi bildet ein Teilstück davon. Der HSST verkehrt seit März 2005 unter dem Namen "Linimo" auf einer 9 km langen Nahverkehrslinie im Rahmen der Expo 2005 östlich von Nagoya und hat bis Juli 2005 10 Millionen Passagiere befördert.
[Bearbeiten] China
Die bisher einzige kommerzielle Magnetschwebebahn (Modell Transrapid) wurde 2003 in Shanghai als Flughafenzubringer errichtet: Transrapid Shanghai. Es handelt sich um ein elektromagnetisches Schwebesystem mit Langstator-Linearmotorantrieb und berührungsfreier Stromzufuhr.
[Bearbeiten] Projekte
Noch 2006 sollte in der nordchinesischen Hafenstadt Dalian die erste von chinesischen Ingenieuren entwickelte Magnetschwebebahn gebaut werden. Projektname: CM1 Dolphin. Es handelt sich dabei um eine nur 3 km lange Versuchsstrecke deren Entwicklung von der Hafenstadt finanziert wird. Chefingenieur Li Lingqun gibt eine Betriebsgeschwindigkeit von 220 km/h an. Ein weiteres System mit einer Geschwindigkeit von 540 km/h liegt in der Modellprojektierung vor. Die Entwicklung der Bahn in Dalian soll halb soviel kosten wie ein vergleichbares ausländisches Konkurrenzsystem, womit vermutlich der Transrapid von Siemens gemeint ist.
2009 soll dann eine weitere chinesische Bahnstrecke von Shanghai nach Hangzhou errichtet werden.
[Bearbeiten] Entwicklung
- Das südkoreanische Firmenkonsortium Rotem entwickelt zur Zeit eine Nahverkehrs-Magnetschwebebahn für Geschwindigkeiten bis ca. 110 km/h, mit der ca. 2005 eine Stadtbahnlinie realisiert werden soll.
- An der TU Dresden wird unter dem Namen SupraTrans ein Konzept entwickelt, das auf dem magnetischen Schweben eines massiven Supraleiters im Feld eines Permanentmagneten basiert. Prinzipbedingt ist sogar ein Betrieb über Kopf oder seitlich an einer Wand möglich. Der keramische Supraleiter wird mit preisgünstigem flüssigen Stickstoff gekühlt, wodurch der Energiebedarf für das Schweben äußerst gering gehalten wird.
- Magnetschwebebahnsysteme werden auch immer wieder als Starthilfen für Weltraumfahrzeuge diskutiert, wobei meist angedacht ist, eine solche Bahn, die eine Rakete trägt, an einen steilen Berg zu errichten oder eine riesige Schanze zu bauen.
[Bearbeiten] Ausgeführte Anlagen
- Transrapid 05 Hamburg (1979 zur Verkehrsausstellung, demontiert)
- Transrapid-Versuchsanlage Emsland (seit 1984 in Lathen in Betrieb)
- Transrapid Shanghai
- Teststrecke Miyazaki
- Teststrecke Yamanashi (siehe JR-Maglev)
- Linienbetrieb in Chongqing auf ca. 20km (Stadtplan/div. Fotos 8/06)
[Bearbeiten] Quellenangaben
- ↑ Stefan H. Hedrich: Transrapid oder Die Magnetschnellbahn in der politischen "Warteschleife". EK-Verl., Freiburg im Breisgau 2003, S.12. ISBN 3-88255-148-8
- ↑ Newsmeldung
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Transrapid International
- Magnetbahn in Deutschland, Japan und China (Shanghai)
- Magnetschwebetechnik
- Reisezeiten mit einer globalen Magnetschwebebahn
- AMbG Allgemeines Magnetschwebebahngesetz
- Energieverbrauch und Schadstoffausstoß am Beispiel Metrorapid
- Chinesisches Projekt in Dailan. in: Süddeutsche Zeitung. 31.07.2006
- China baut seinen eigenen Transrapid. in: Süddeutsche Zeitung. 15.02.2006
- Supratrans -- Supraleitermagnetbahn-Studie der TU Dresden
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