Nachkriegszeit
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Als Nachkriegszeit wird allgemein die Zeit nach einem Krieg bezeichnet. In dieser Zeit werden staatliche Ordnung und Wirtschaft neu aufgebaut und durch den Krieg entstandene Schäden behoben - oder nicht. Sie ist häufig von Hunger und Knappheit an Gütern aller Art geprägt.
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[Bearbeiten] Europa
In Europa wird der Begriff Nachkriegszeit für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg verwendet, also die Zeit etwa ab Mai 1945. Geprägt wurde diese Zeit durch Vertreibungen aus den ehemaligen deutschen und polnischen Ostgebieten und auf dem Balkan, sowie vom Überlebenskampf in den zerstörten Städten. Während es in Europa außerhalb des Ostblocks ab den früheren 1950er Jahren ("Korea-Boom") meist zu einem stürmischen wirtschaftlichen Aufschwung (Konjunktur) kam, ging der Aufschwung der Sowjetunion, der DDR und der anderen Staaten des Ostblocks deutlich langsamer vonstatten.
Trotz zahlreicher Kriege und bewaffneter Konflikte in der ganzen Welt standen sich in Europa während des Kalten Krieges die beiden verfeindeten Machtblöcke bis zum Beginn der Neunziger Jahre ohne militärische Auseinandersetzungen gegenüber ("Atompatt"). Der oft befürchtete Dritte Weltkrieg ist den Europäern erspart geblieben. Erst der Zusammenbruch der kommunistischen Staaten Osteuropas im Jahre 1989 und die Auflösung des Warschauer Pakts wird von Etlichen als das 'eigentliche' Ende der Nachkriegszeit in Europa betrachtet.
[Bearbeiten] Deutschland: Der „Nachkrieg“
Obwohl es in Deutschland mehrere markante Nachkriegszeiten gegeben hat (nach dem Dreißigjährigen Krieg 1648, nach dem Wiener Kongress 1815, nach dem Ersten Weltkrieg 1918), hat sich das Wort „Nachkrieg“ eigens nur nach 1945 eingebürgert.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges lag ein Großteil Europas, so auch Deutschlands, in Trümmern. Die Alliierten beschlossen nach der Kapitulation des Deutschen Reiches eine Politik der Demokratisierung, der Entmilitarisierung, der Entnazifizierung, der Dezentralisierung und der Demontage.
Aus der Sicht großer Teile der Bevölkerung war dies aber Politik der Sieger nach der Niederlage - nur wenige vermochten die Besetzung Deutschlands als persönliche oder als allgemein-politische Befreiung Deutschlands von den Nazis zu betrachten. „Nachkriegszeit“ wurde in Deutschland zur umgangssprachlichen Zeitbestimmung für die Jahre nach dem ebenfalls umgangssprachlichen „Zusammenbruch“ (in Süddeutschland auch der „Überrollung“) von 1945 und zugleich eine Kontrastbeschreibung zur „Vorkriegszeit“, an die viele nun ihr Handeln direkt anschließen lassen wollten - das Leben fortsetzen. Eine „Befreiung“ wurde nur in der Sowjetischen Besatzungszone öffentlich propagiert, im Volksmund tauchte der Begriff erst viel später auf. Für kleinere Gruppen, aber empfundenermaßen eben nicht für alle, war es durchaus eine reale Befreiung gewesen: für die Insassen der Konzentrationslager, für die in der Zeit des Nationalsozialismus politisch Verfolgten (z. B. für überlebende Juden, Sinti und Roma, für Mitglieder der Kirchen, Liberale, Sozialdemokraten, Kommunisten, Pazifisten u.a.m.), für ‚Abweichler‘ (z. B. Geisteskranke, religiöse Minderheiten, Homosexuelle), für ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Für die meisten anderen galt: Sie ‚merkten es gar nicht‘, der Hitler war ‚weg‘ und ‚die Besatzung‘ herrschte, und nach einer Republik sehnten sich nach dem Scheitern der Weimarer Republik die Wenigsten.
Im Positiven überwog jedoch das Gefühl einer tiefen Erleichterung (keine Alarme mehr - man kann endlich wieder durchschlafen). Auch blieb der Überschwang der Karnevalsfeiern von 1946 bis 1948 noch lange im allgemeinen Gedächtnis.
[Bearbeiten] Unmittelbare Nachkriegszeit in den vier Besatzungszonen
Auf fünf Ziele hatten sich die vier Besatzungsmächte Amerikaner, Briten, Russen und (später hinzu tretend) Franzosen geeinigt: Demontage, Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung und Dezentralisierung (die fünf „D“s). Sie verfolgten diese jedoch auf unterschiedlichen Wegen und mit sehr unterschiedlicher Energie.
1.) Demontage - Der Abbau von Industrieanlagen diente zur Demilitarisierung und - vor allem in der SBZ - als Ersatz für die Zerstörungen durch die deutsche Besatzung und den Krieg. Demontagen wurden bald eingestellt - in den Westzonen wurde dagegen sogar gestreikt, und dies bahnte den Weg für das lange spätere westdeutsche Bündnis zwischen Lohnarbeit und Kapital.
2.) Demilitarisierung - Ursprünglich befürchtete man einen weiter anhaltenden Volkskrieg einer immer noch nazistischen Bevölkerung. Die Demilitarisierung wurde also energisch betrieben und bewirkte die völlige Entwaffnung Deutschlands, zumal der (aufgelösten) Wehrmacht und Waffen-SS, aber auch der Privathaushalte. Die Entmilitarisierung erwies sich langfristig als das - auch mental - am erfolgreichsten verfolgte Ziel.
3.) Denazifizierung, Entnazifizierung - In jeder der vier Besatzungszonen wurden - je nach eigenen Gesichtspunkten - ‚Köpfe‘ des NS-Regimes verhaftet. Die relativ gründlichste konzeptuelle und mediale Vorbereitung für eine re-education hatte dabei in den USA stattgefunden. Sie beschloss auch ein, dass Deutsche in der Amerikanischen Zone einen Fragebogen mit 131 Fragen vorgelegt bekamen - praktisch das erste Auftreten dieser Untersuchungsmethode in Deutschland. Wegen der unterschiedlichen und bald unsteten Entnazifizierungspolitik aller vier Besatzungsmächte sind ihre Ergebnisse jedoch nicht sehr aussagefähig. Es ergaben sich 1.667 Hauptschuldige, 150.425 Minderbelastete, 23.060 Belastete, 1.005.874 Mitläufer, 1.213.873 Entlastete und 1.265.749 Nichtbetroffene. Etliche Hauptschuldige wurden ab November 1945 in Nürnberg vor Gericht gestellt (Nürnberger Prozesse) - der Beginn eines Internationalen Strafrechts.
4.) Demokratisierung - Nach der Bildung der Bizone (Englische und Amerikanische Besatzungszone) fanden im Mai und Oktober 1946 erstmals wieder freie Wahlen auf Gemeinde- und Kreisebene statt. Bürgermeister und Landräte wurden gewählt. Diese „Demokratisierung“ von unten erwies sich in den drei Westzonen als überraschend erfolgreich, in der SBZ wurde sie freilich anfänglich zu einem politischen Problem für die Besatzungsmacht und die SED.
5.) Dezentralisierung - Hier wurde vor allem zunächst der Föderalismus gefördert und der territorial größte Staat (Preußen) 1947 vom Alliierten Kontrollrat aufgelöst. Diese Zielvorgabe war in den Westzonen gleichfalls erfolgreich, in der SBZ wurde sie dann umgekehrt.
Der sich rasch abzeichnende „Kalte Krieg“ (Ost-West-Konflikt) kam dabei den Deutschen ab 1947 sehr zugute, darunter vor allem auch den vormaligen Nazis und politischen Verbrechern. Für später Geborene ist es kaum nachvollziehbar, worüber man alles nicht sprach. Anstatt dessen gab es - freilich nicht wenig - realen Stoff für Klagen (Kriegsgefallene und nicht heimkehrende Kriegsgefangene, Bombenterror, Flucht und dann Vertreibung, Hunger und Kälte), jedoch mit einem den Besatzungsmächten sofort auffallenden ausufernden Selbstmitleid und großem Unwillen, dasjenige Leid und Elend ins Auge zu fassen, das zuvor das Deutsche Reich ringsum und in der eigenen Mitte Anderen zugefügt hatte.
[Bearbeiten] Westdeutsche Sonderentwicklung
Aufs Ganze gesehen, zerfiel die "Nachkriegszeit" in der kommenden Bundesrepublik in (erstens) die sog. „Schlechte Zeit“: Hunger, Kälte, Mangelkrankheiten, Trümmerlandschaft, Lieblingsschlager Die Capri-Fischer, bis zur Währungsreform 1948 (der Umstellung von der Reichsmark auf die Deutsche Mark) und (zweitens) den „Wiederaufbau“. Im Groben blieben dabei viele Verhaltensweisen des alten Deutschen Reiches erhalten (und zwar ziemlich parallel in „West-“ und „Ostdeutschland“).
In der Bundesrepublik Deutschland umschloss der ‚Wiederaufbau‘ das „Wirtschaftswunder“ in den 50er Jahren. Namentlich hinterließ es einen tiefen und bleibenden positiven Eindruck, dass ab dem Montag nach der Währungsreform die Bewirtschaftung praktisch aufgehoben wurde und Industrie und Einzelhandel sich vorbereitet hatten: Die Läden waren auf einmal voll. Diese Phase reichte bis zur ersten Rezession unter der Bundeskanzlerschaft Ludwig Erhards und endete mit der großen Mentalitätswende, die dann als die Zeit der „68er“ beschrieben wurde, obwohl diese bereits um 1965/66 ansetzte, kulturell etwa auffällig durch das Aufkommen der Beatles. Die DDR blieb dem gegenüber „das Deutschland ohne ein 1968“, was sich nach der Deutschen Wiedervereinigung vielfach bemerkbar gemacht hat.
Jugendsoziologisch gesehen war es eine Zeit lebenslang einprägsamer gemeinsamer Erlebniswelten (Wohnungsnot, schmale Kost, Swing- und Jazz-Musik und ‚Trümmerliteratur‘, Rundfunkserien, Werbung u.v.a.m.), die ganze - oft nur wenige Geburtsjahrgänge umfassende - Generationen prägte, namentlich (erstens) die ‚Flakhelfergeneration‘ der Jahrgänge 1930-33 (bei Helmut Schelsky die „skeptische Generation“), dann aber auch (zweitens) der Jahrgänge 1933 bis 1938, die noch gute Erinnerungen an ihren Kontrast zum „Bombenkrieg“ hatte und deren Spielplätze die Ruinenstädte waren.
[Bearbeiten] Die Entwicklung in Ostdeutschland
In der sowjetischen Besatzungszone ging der Wiederaufbau langsamer voran als in den westlichen Zonen. Die Sowjetunion unterstützte Ostdeutschland nicht beim Aufbau, sondern sie nahm sich ihre Reparationsleistungen in Form von Maschinen der industriellen Produktion und anderen für die Infrastruktur wichtigen Dingen wie Lokomotiven und Bahngleisen. Dadurch wurde die Situation bis 1948 nicht wesentlich verbessert. 1948 fand dann auch in Ostdeutschland eine Währungsreform statt, die die Situation jedoch nur wenig verbesserte. So blühten in Ostdeutschland Schwarzmarkt und Tauschhandel noch länger als in Westdeutschland. Die Situation blieb weiter schlecht und deshalb entschieden sich viele Menschen, in die Westzonen auszuwandern. Die Lage besserte sich ab 1949 langsam, jedoch kauften die Menschen in Westdeutschland in vollen Läden ein. Im Osten wurden hingegen noch Lebensmittelmarken ausgegeben. Erst Anfang der 50er-Jahre setzte dort ein langsamer Aufschwung ein. Jedoch war die Bevölkerung immer noch unzufrieden. Die politische Führung erkannte das aber nicht, und so wurde 1953, viel zu früh, die Produktionsnorm erhöht. An diesem Punkt reichte es dann großen Teilen der Bevölkerung, sie gingen auf die Straße und protestierten gegen ihre schlechte Versorgungssituation (Aufstände des 17 Juni). Hätten russische Panzer den Aufstand nicht niedergeschlagen, wäre hier die Existenz der DDR bereits wieder zu Ende gewesen. Ein bedeutender Wirtschaftsaufschwung setzte dann erst ab 1961 ein, als die innerdeutsche Grenze geschlossen wurde.
[Bearbeiten] Österreich
Siehe: Besetztes Nachkriegsösterreich, Geschichte Österreichs Österreich
[Bearbeiten] Siehe auch
- Geschichte der DDR. Vorgeschichte 1945–1949, Tag der Befreiung
- Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
- 1940er, 1950er
- Aachener Kaffeefront
- Spielfilme als Teil der Aufarbeitung des NS-Regimes im Nachkriegsdeutschland
[Bearbeiten] Literatur
- Margret Boveri: Tage des Überlebens. Berlin 1945. Mit einem Vorwort von Egon Bahr. Berlin 2004, wjs-Verlag, ISBN 3-937989-01-3
- Uta Gerhardt: Soziologie der Stunde Null. Zur Gesellschaftskonzeption des amerikanischen Besatzungsregimes in Deutschland 1944-1945/6, Frankfurt am Main: Suhrkamp TB 2005
- Peter Kruse (Hrsg.): Bomben, Trümmer, Lucky Strikes - Die Stunde Null in bisher unbekannten Manuskripten. Berlin, 2004, wjs-Verlag, ISBN 3-937989-00-5
- Ralf Lange: Hamburg Wiederaufbau und Neuplanung 1943 - 1963. (Mit ausführlicher Bibliographie, Dokumenten, 82 Architekten-Kurzbiografien und ausführlichen Registern) Königstein i. Ts. 1994 (= Die Blauen Bücher). ISBN 3-7845-4610-2
[Bearbeiten] Weblinks
- Wiederaufbau und Wirtschaft in der direkten Nachkriegszeit
- http://www.dhm.de/lemo/html/Nachkriegsjahre/
- 60 Jahre Kriegsende - Mosaik der Erinnerungen (Portal des ARD-Fernsehens)
- Das Kriegsende in Bayern Dossier des Bayerischen Rundfunks 60 Jahre nach 1945
- Nachkriegszeit in Frankfurt/Main
- Die Nachkriegszeit in Wort und Bild
- Bildarchiv des Hauses der Bayerischen Geschichte (Projekt 'Wiederaufbau nach 1945 in Pressebildern' anwählen)
- Alliierte Vorstellungen für eine Nachkriegsordnung Empfehlenswerte, kurze und prägnante Stichpunkte zur Nachkriegsordnung