Rethen (Vordorf)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Basisdaten | |
---|---|
Landkreis: | Gifhorn |
Samtgemeinde: | Papenteich |
Gemeinde: | Vordorf |
Geografische Lage: | Koordinaten: 52° 22' N, 10° 28' O52° 22' N, 10° 28' O |
Höhe: | 83 m ü. NN |
Fläche: | 7,37 km² |
Einwohner: | 1222 (Stand 2000) |
Bevölkerungsdichte: | 165 Einwohner je km² |
Karte | |
![]() |
Rethen ist ein Ortsteil der Gemeinde Vordorf in Niedersachsen. Die Ortschaft hat etwa 1200 Einwohner und ist Teil der Samtgemeinde Papenteich im Landkreis Gifhorn.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geografie
[Bearbeiten] Geografische Lage
Rethen befindet sich im Norden der Stadt Braunschweig, gehört verwaltungstechnisch aber zum Landkreis Gifhorn. Der Ort liegt in der Nähe der Südgrenze der Lüneburger Heide. Rethen ist Teil der Gemeinde Vordorf und befindet sich etwa drei Kilometer nordwestlich des Hauptortes. Nächstgelegene Mittelzentren sind Wolfsburg, Salzgitter, Wolfenbüttel, Gifhorn, Peine und Celle.
[Bearbeiten] Nachbargemeinden
* Entfernungsangaben beziehen sich jeweils auf die Entfernung bis zum Ortszentrum.
Stadt Gifhorn (16 km) | ||||
Gemeinde Rötgesbüttel (8 km) | ||||
Gemeinde Adenbüttel (2 km) | ![]() |
Gemeinde Meine (4 km) | Stadt Wolfsburg (22 km) | |
Gemeinde Schwülper (5 km) | Ortsteil Eickhorst (2 km) | Ortsteil Vordorf (4 km) | ||
Stadt Braunschweig (14 km) |
[Bearbeiten] Geologie
Die Ortschaft liegt auf der sandig-lehmigen Hochfläche des Papenteich. Die Grundmoränenplatte entstand am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 12 000 Jahren durch die Ablagerung von Schutt und Geröll des abtauenden Gletschers. Hieraus entwickelte sich eine fruchtbare Lössschicht. Die Landschaft um Rethen weist nur äußerst geringe Höhenunterschiede auf. Eine Besonderheit sind die im Gebiet Rethen sowie in Meine und Vordorf an die Oberfläche tretenden Kalkmergelschichten, die für eine Aufwertung des sonst sandigen Ackerbodens verantwortlich sind.
[Bearbeiten] Bevölkerung
Jahr | Einwohner | Häuser | Jahr | Einwohner | Häuser | |
---|---|---|---|---|---|---|
1821 | 328 | 37 | 1950 | 848 | 91 | |
1848 | 365 | 55 | 1961 | 687 | 119 | |
1890 | 386 | 75 | 1970 | 725 | 134 | |
1900 | 420 | unbekannt | 1980 | 843 | unbekannt | |
1905 | 473 | unbekannt | 1990 | 879 | unbekannt | |
1925 | 499 | 89 | 2000 | 1222 | ~310 | |
1939 | 503 | unbekannt |
Eine genaue Entwicklung der Einwohnerzahlen bis 1821 ist nicht dokumentiert. Die einzig vorhandenen Daten sind vereinzelte Erwähnungen über die Anzahl der Höfe in Rethen. So wurden im Jahr 1489 insgesamt drei Vollhöfe, vier Halbhöfe sowie 13 Kötter verzeichnet. Im Jahr 1773 wurden sechs Ackerleute, 14 Kötter sowie vier Brinksitzer angegeben. Eine wesentliche Vergrößerung des Dorfes setzte erst gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein. Aufgrund der wenigen vorhandenen Daten wird geschätzt, dass die Einwohnerzahl zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert rund 200 bis 250 betrug.
Einen weiteren starken Zuwachs der Einwohnerzahlen erlebte der Ort in Folge des Zweiten Weltkrieges durch Flüchtlinge und Vertriebenen, die sich in Rethen niederließen. Da allerdings zu dieser Zeit in Rethen nicht ausreichend Bauland vorhanden war, zogen viele der Flüchtlinge in der Folgezeit weiter, so dass die Bevölkerungszahl zunächst wieder sank.
Den letzten starken Schub gab es in den 1990er Jahren. Durch Ausweisung neuer Baugebiete und eine Ortskernverdichtung kam es zu einer Suburbanisierung. Begünstigt wurde dies durch die Ortslage in nur geringer Entfernung zu Braunschweig, Wolfsburg und dem nahen Anschluss zur Autobahn 2. Laut Modellrechnungen wird die Einwohnerzahl von Rethen wie die des gesamten Papenteich auch in den nächsten Jahrzehnten durch diese Faktoren weiter wachsen. [1]
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Ur- und Frühgeschichte
Erste Anzeichen menschlicher Besiedlung in der Rethener Gemarkung reichen über 5000 Jahre zurück. 1995 wurden in der Nähe des Ortes Überreste eines Megalithgrabes gefunden. Die zu dem Grab gehörende jungsteinzeitliche Siedlung wird in einem Umkreis von etwa drei Kilometern vermutet. Bereits vor 1995 fand man Gefäßreste, Feuersteinspäne und eine Pfeilspitze sowie Steinbeile und weitere steinzeitliche Gegenstände. Es wird vermutet, dass sich im Osten von Rethen mehrere Siedlungen der jüngeren Steinzeit befunden haben.
[Bearbeiten] Siedlungswüstungen
In der näheren Umgebung befinden sich mehrere Siedlungswüstungen, darunter Dudanroth (1000 n. Chr.), Bromhorst (1007 n. Chr.) oder Arnsbüttel. Die meisten davon befinden sich außerhalb der heutigen Gemeindegemarkung. Sämtliche Siedlungen fielen zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert wüst. Explizit nachweisbar sind:
- „Algesbüttel“, erstmals 1022 erwähnt. Die Siedlung bestand aus sieben Höfen und einer Kirche. Die letzte Erwähnung findet sich 1480 als lüneburgisches Lehnstück.
- „Ossenrode“ (Asenroth), erstmals im Jahr 1112 in Grenzkarten erwähnt. Die Siedlung umfasste vier Höfe und lag nordöstlich des heutigen Rethen. Erste archäologische Funde stammen aus dem 12. bis 14. Jahrhundert.
- „Zinsrode“ (Sinesrode), um 1022 zwischen Rethen und Vordorf existent und heute wieder lokalisiert, doch noch nicht ausgegraben. An der Oberfläche belegen noch heute zahlreiche Steine Aufschüttungen. Zudem wurden auch bereits Metallstücke und Tonscherben mit Verzierungen gefunden. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Siedlung urkundlich nicht mehr erwähnt.
- „Wendenbüttel“ (Wendenbutle), im Jahr 1007 erstmals erwähnt. Die Siedlung lag südlich des heutigen Rethen. Erste archäologische Funde stammen aus dem 10. bis 14. Jahrhundert.
[Bearbeiten] Gründung von Rethen
Neben Dokumenten geben Ortsnamen wichtige Hinweise auf die Entstehungszeit einer Ortschaft. In älteren Schriften wird der Name „Rethen“ (früher: Rethene, Rethen, Rethne, Reten, Rethenne) aus dem Wort „Rietheim“ abgeleitet (Riet bezeichnet ein mooriges Gebiet). Dabei werden die sogenannten „-heim-Dörfer“ zu den ältesten Siedlungen gerechnet, deren Gründung zum Teil bis in die Zeit der Cherusker zurückreicht. In Rethen fanden sich aber keine Beweise für eine solche Siedlungskontinuität.
In neuesten Veröffentlichungen wird Rethen vielmehr als fränkische Gründung betrachtet, die eng mit der Gründung von Meine zusammenhängt. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Franken im 8. Jahrhundert, im Zuge der Unterwerfung des Sachsenlandes, im damals unbesiedelten Nordwald Siedlungen anlegten. Die Umgebung wurde zu dieser Zeit von mehreren mittelalterlichen Fernstraßen durchzogen. Rethen wurde hiernach, ebenso wie Vordorf und der Ort Stapel (wüst gefallen), als Außendorf von Meine gegründet. Dieser Zusammenhang dürfte aber nur relativ kurze Zeit bestanden haben, da bereits im 11. Jahrhundert die Grenze zwischen dem Bistum Halberstadt und dem Bistum Hildesheim Meine und Vordorf vom Rethener Gebiet trennte. Versuche der Bischöfe von Halberstadt die Grenze über Rethen hinaus bis an die Oker zu verschieben, blieben erfolglos. Die Grenze fiel erst Anfang des 16. Jahrhunderts mit Beginn der Reformationszeit.
Die erste urkundliche Erwähnung Rethens ist für das Jahr 1301 unter dem Namen „Rethene“ nachgewiesen. Die Urkunde belegt den Verkauf von Besitztümern in Rethen durch Ritter Balduin von Wenden an das Kloster St. Crucis in Braunschweig. Zu dieser Zeit war der Ort rein landwirtschaftlich geprägt, wobei hauptsächlich Viehzucht und nur wenig Ackerbau betrieben wurden.
In die Frühzeit des Ortes lässt sich ebenfalls die Kirche einordnen. Erste Erwähnungen finden sich in den Jahren 1323 und 1341; sie betrafen den Pfarrhaushalt und die Wahl der Kirchenvorsteher. Der heute noch vorhandene Kirchturm könnte zu dieser Zeit bereits bestanden haben (Schätzungen nennen das 13. Jahrhundert). Das gotisch geprägte Tympanon über dem Portal lässt sich, aufgrund ähnlicher Darstellungen in Nachbargemeinden, allerdings eher auf das 15. Jahrhundert datieren.
[Bearbeiten] Die Herren von Rethen
Bereits um 1211 wurde „Heinrich Bethmann aus Chur im Lande Rhetia“ mit dem Gericht und dem jus patronatus über die Kirche, Jagden, und Güter von Rethen belehnt. Eine urkundliche Erwähnung dieser Rechte findet sich allerdings erst im Lehnsregister 1383/85.
Durch seine langjährige Erfahrung im Kriegsdienste erbaute Bethmann sein Haus in der Art einer Wasserburg auf einer Insel im Dorfteich. In den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu Überfällen durch Raubritter, die Rethen in den Jahren 1308, 1380, 1381 sowie 1388 weitgehend zerstörten. Bei einem dieser Überfälle (vermutlich am 13. Juli 1381) ist es auch zur Zerstörung der Wasserburg gekommen. Infolgedessen verließen die Herren von Rethen nach etwa 150 Jahren das Dorf und haben sich in Braunschweig niedergelassen. Sie behielten aber weiterhin das Patronatsrecht über Rethen. Die Familie erlosch vermutlich im 18. Jahrhundert.
Nach der Verbindung der Kirchengemeinden Adenbüttel und Rethen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts teilten sich die Herren von Rethen und die Herren von Marenholz (Patronatsrecht in Adenbüttel) das Patronatsrecht in der vereinten Kirchengemeinde. Im Laufe der Zeit ging das Recht jedoch mehr und mehr an die Familie von Marenholz über. Diese übte es bis zum Tod des letzten Patrons (Freiherr von Marenholz-Nolte) im Jahr 1969 aus.
[Bearbeiten] Frühe Neuzeit bis zur Moderne
Im Jahr 1625 erreichte der Dreißigjährige Krieg auch Rethen, als die kaiserlichen Truppen während des Dänisch-niedersächsischen Krieges ihr Winterquartier im Papenteich errichteten. Häuser und Kirche wurden geplündert und die Bauern zu Schanzarbeiten bei Wolfenbüttel herangezogen. Zudem mussten sie weiterhin Abgaben an den Grundherren abführen. Auch in den 1640er Jahren kam es wiederholt zu Plünderungen, meist durch einheimische oder schwedische Soldaten.
Der Ort wurde sowohl vom Siebenjährigen Krieg als auch während der Napoleonischen Kriege weitgehend verschont und nur durch Kriegssteuern und Kriegsfuhren belastet. Nennenswert ist jedoch die Ermordung eines Hirten durch französische Dragoner im Jahr 1758, dabei handelt es sich um den einzig bekannten Mord in Rethen. Während des Kriegs 1866 mit Preußen als auch im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 wurden Rethener eingezogen, kehrten aber alle ohne schlimmere Verletzungen wieder heim.
Das dörfliche Leben im 19. Jahrhundert wurde vor allem durch die Veränderungen in der Landwirtschaft geprägt. Diese betrafen zum einen mehrere Neuordnungen der Gemeindeflächen, zum anderen aber auch die Intensivierung der Ackerwirtschaft und der damit verbundenen starken Abholzung der Waldflächen rund um das Dorf. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann ein immer intensiverer Anbau von Zuckerrüben, stark begünstigt durch den Bau der Zuckerrübenfabrik im nahen Meine.
[Bearbeiten] Erster Weltkrieg
Wie in großen Teilen Europas herrschte zu Beginn des Ersten Weltkrieges zunächst auch in Rethen große Kriegsbegeisterung. Insgesamt 78 Rethener wurden während des Krieges eingezogen, in dessen Verlauf 14 von ihnen fielen. Im Winter 1914/15 wurden in Rethen Flüchtlinge aus russisch besetzten Grenzgebieten einquartiert. Zudem befanden sich um das Jahr 1915 herum auch französische Kriegsgefangene im Ort, die beim Straßenbau und wahrscheinlich auch in der Landwirtschaft helfen mussten. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges, besonders im Steckrübenwinter 1916/17, wurde, wie im Rest des Landes, die Versorgungslage auch in Rethen immer schwieriger. Trotz Rationierung der Lebensmittel und Mangelwirtschaft blieb die Lage aber ruhig. Gegen Ende des Krieges wurde ein Arbeiter- und Soldatenrat gebildet, dem später der gewählte Gemeindeausschuss folgte.
[Bearbeiten] Zweiter Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg herrschte, anders als im Ersten Weltkrieg, in Rethen keine große Kriegsbegeisterung. Die Landwirtschaft musste von den Frauen und Alten bewältigt werden, denen „Fremdarbeiter“ oder Kriegsgefangene zur Seite gestellt wurden. Hierbei handelte es sich zumeist um Personen französischer, polnischer und russischer Herkunft. Die Behandlung dieser Gefangenen war sehr unterschiedlich. Während die Russen einem zum Kriegsgefangenenlager umgebauten Gebäude verblieben, wurden Polen und Franzosen bei den Dorfbewohnern untergebracht. Doch auch diese Unterbringung war zumeist eher unzulänglich, da bei freundlicher Behandlung Denunzierung und Anzeige durch parteitreue Einwohner drohten.
In der Endphase des Krieges kam es aufgrund verstärkter Luftangriffe auf die nahe gelegene Industriestadt Braunschweig auch zu Bombenabwürfen in und um Rethen. Darüber hinaus stürzten mehrere von der Flugabwehr um Braunschweig abgeschossene Flugzeuge der Royal Air Force (RAF) und der United States Army Air Forces (USAAF) bei Rethen ab, wobei einigen Besatzungsmitgliedern noch der Absprung per Fallschirm gelang. Dokumentiert ist auch eine nicht geglückte Notlandung auf dem Schulhof.
Am 23. August 1944 um 11:30 Uhr erlebte Rethen seinen schwersten Bombenangriff. Vier schwere Sprengbomben gingen in unmittelbarer Nähe des Dorfes nieder. Zudem wurde eine größere Menge Brandbomben direkt über dem Dorf abgeworfen, die mehrere Großbrände verursachten. Das Gemeindehaus, zwei Stallungen, vier Wohngebäude sowie drei Weizenstiegen in direkter Dorfnähe brannten nahezu vollständig aus. Brände in anderen Gebäuden konnten von den Bewohnern selbst gelöscht werden. Zur Brandbekämpfung fanden sich Feuerwehren aus dem gesamten Papenteich sowie aus Braunschweig ein. Trotz des für das Dorf massiven Angriffs kamen keine Menschen zu Schaden.
Am 10. April 1945 bezogen amerikanische Soldaten aus Richtung Peine kommend in Rethen Quartier. Der Befehl an den Volkssturm des Dorfes, dieses zu verteidigen, wurde verweigert und die Waffen im Dorfteich versenkt. Die meisten amerikanischen Soldaten zogen innerhalb einer Woche weiter und nur ein geringer Teil der Besatzungstruppen blieb knapp ein Vierteljahr. 34 Rethener sowie 26 Angehörige von Flüchtlingsfamilien in Rethen sind im Zweiten Weltkrieg gefallen.
[Bearbeiten] Kultur und Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten] Sprache
Siehe auch: Sprache in der Samtgemeinde Papenteich
Rethen gehört sprachlich zum Hochdeutschen Sprachraum, allerdings spricht auch heute noch ein Teil der Bevölkerung ein mehr oder weniger eingefärbtes Hochdeutsch mit Elementen des Braunschweigerischen und des Papenteicher Dialekts. Hierzu gehört das deutliche A und das weiche G am Wortende. Im 20. Jahrhundert verschwand das Plattdeutsche. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es vollständig vom Hochdeutschen verdrängt.
[Bearbeiten] Religion
Das kirchliche Leben verlief ohne große Veränderungen. Seit der Reformationszeit waren die Menschen in Rethen evangelisch-lutherisch und stark durch das kirchliche Leben geprägt. Aus einem Visitationsbericht des Jahres 1854 für die Kirchengemeinde Adenbüttel-Rethen heißt es: „Die Gemeinde hat Ihren guten Ruf als erste lutherische Gemeinde des Nordens bewahrt. Öffentliche Ärgernisse, Spieler und Säufer gibt es nicht.“
Konfession | Personen | Prozent |
---|---|---|
evangelisch-lutherisch | 740 | 61% |
römisch-katholisch | 114 | 9% |
Konfessionslose und sonstige | Rest | 30% |
Während im 19. Jahrhundert noch durchschnittlich 350 Personen den Gottesdienst besuchten, nahm dies über die Jahre (1938: 100 Personen) bis auf den heutigen Stand von durchschnittlich 70 Personen (90er Jahre) ab. Auch die Anzahl der Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde veränderte sich. Zwar stieg im Zeitraum von 1970 bis 2000 die Anzahl der Kirchenmitglieder von 690 auf 740, der Anteil an der Gesamtbevölkerung sank aber gleichzeitig von 91 % bis auf 61 %. Zurückzuführen ist dies auf den stetig wachsenden Anteil der Konfessionslosen. Ebenfalls erhöhte sich der Anteil der Mitglieder der römisch-katholischen Kirche von 5 % (1961) auf über 9 %. Diese gehören meist der katholischen St.-Andreas-Gemeinde in Meine an.
[Bearbeiten] Organisationen
Folgende Vereine und Institutionen befinden sich in Rethen:
- Kegelvereine Morgenstern und Gemütlichkeit
- TSV Rethen
- FSV Adenbüttel Rethen
- Schützenverein
- Kleingartenverein
- Jugendclub Rethen, gegründet 1973, ältester selbstverwalteter Jugendclub Niedersachsens
- Chor Polyhymnia, gegründet 1895
[Bearbeiten] Regelmäßige Veranstaltungen
Regelmäßig werden Dorf- und Heimatfeste veranstaltet, darunter das Schützenfest, bei dem die örtlichen Schützenkönige zunächst mit einem Festzug im Dorf gefeiert und anschließend gekrönt werden. Der genaue Ursprung der Dorffeste in Rethen ist nicht bekannt, allerdings gehen diese wahrscheinlich bis ins 19. Jahrhundert zurück. Die älteste erhaltene Schützenscheibe stammt aus dem Jahr 1883. Ferner wird traditionell am Ostersonntag auf der „Schweineweide“ das Rethener Osterfeuer abgebrannt.
[Bearbeiten] Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten] Megalithgrab
Im Jahr 1995 wurde bei Feldarbeiten innerhalb der Rethener Gemarkung im Waldgebiet Maaßel ein Großsteingrab gefunden. Sechs kleine Steine bilden eine in Ost-West-Richtung ausgerichtete Anlage. Aufgrund von Untersuchungen durch das Kreisarchäologische Amt wird die Anlage auf etwa 3000 v. Chr. datiert. Es wird davon ausgegangen, dass es sich um ein Kollektivgrab in Hüttenform handelt. Die zu dem Grab gehörende jungsteinzeitliche Siedlung wird in einem Umkreis von etwa drei Kilometern vermutet.
Bei dem Grab handelt es sich wahrscheinlich um eine gestörte Anlage, die früher mit Holz oder Steinen abgedeckt war. Einige größere Steine sowie die Abdeckung waren entfernt und wahrscheinlich zum Hausbau genutzt worden. Die Anlage wurde nach ihrer Wiederentdeckung begehbar gemacht und 1996 der Öffentlichkeit übergeben. Es handelt sich um das erste bekannte Großsteingrab im Landkreis Gifhorn.
[Bearbeiten] Rethener Kreuzigungsgruppe
Die Kreuzigungsgruppe ist ein bedeutendes Exponat der niedersächsischen Sakralkunst des späten Mittelalters und besteht aus den drei Figuren Maria, Johannes und Christus. Die Figuren von Maria und Johannes sind stark beschädigt, die Christusfigur ist nur noch in ihren oberen Teilen erhalten geblieben. Auffällig an der Gruppe sind die kunstvolle Gestaltung der Haare sowie der Gewänder der Figuren.
Die Gruppe wurde in der Zeit von 1525 bis 1528 von Levin Storch geschnitzt. Levin Storch wurde aufgrund der Qualität dieser Arbeit auch einige Zeit unter dem Namen „Meister von Rethen“ bekannt. In Braunschweiger Kirchen finden sich weitere Werke dieses Künstlers. Die Anfertigung dieser Gruppe ist wahrscheinlich den Herren von Rethen, also den Patronatsherren, zu verdanken. Heute kann die Kreuzigungsgruppe zusammen mit einer ebenfalls aus der Rethener Kirche stammenden Madonna im Historischen Museum in Gifhorn besichtigt werden.
[Bearbeiten] Wirtschaft und Infrastruktur
[Bearbeiten] Landwirtschaft
Seit dem frühen Mittelalter war Viehzucht die Haupterwerbsquelle der Einwohner. Das Ackerland hatte aufgrund des nassen Bodens nur wenig Wert. Hierdurch entwickelte sich ab Mitte des 18. Jahrhunderts der Trend, durch Fuhrwerke eine Nebenerwerbsquelle zu nutzen. Durch die Veränderungen in der Landwirtschaft (Entwässerung, Kartoffeln) wurde auch in Rethen während des 19. Jahrhunderts immer mehr auf Ackerwirtschaft umgestellt. Seit den 1870er Jahren nahm der Anbau von Zuckerrüben immer mehr zu. Verstärkt wurde diese Tendenz noch durch den Bau der Zuckerrübenfabrik 1883 im nahen Meine. Durch den Bau der Molkerei in Meine konzentrierte sich die verbliebene Viehzucht auf die Milchwirtschaft. Einen weiteren starken Fortschritt und eine Intensivierung der Landwirtschaft gab es nach 1945 durch die Industrialisierung der Landwirtschaft. Hierdurch, und durch die Entstehung neuer Arbeitsbereiche in Industrie und Handel, stellten viele Rethner Landwirte den Betrieb ein. Rethen konnte seinen Charakter als Bauerndorf bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts wahren. Auch wenn Rethen heute noch mehr Landwirte als die Dörfer der näheren Umgebung hat, spielen diese in Bezug auf die gesamte Einwohnerzahl nur noch eine sehr geringe Rolle. Der massive Einfluss der Agglomerationen Braunschweig und Wolfsburg wird immer stärker und ein Großteil der Einwohner pendelt heute in diese Gebiete zur Arbeit. 1994 wurden in Rethen nur noch acht Haupt- und fünf Nebenerwerbsbetriebe gezählt.
[Bearbeiten] Industrie und Handel
In Rethen selbst hat sich nie Industrie angesiedelt. Doch durch die relativ geringe Entfernung zu den Wirtschafts- und Industriezentren Wolfsburg und Braunschweig ist die Industrie als Arbeitgeber von großer Bedeutung. Begonnen hat diese Entwicklung mit dem Bau des Volkswagenwerks Wolfsburg 1939. Für den Betrieb der Werke wurde eine beständig steigende Anzahl von Personen benötigt, wodurch eine steigende Anzahl Einwohner Rethens als Fabrikarbeiter tätig war.
Größter Streitpunkt der jüngeren Rethener Wirtschaftsgeschichte war die Ausweisung eines Vorranggebietes zur Errichtung von Windenergieanlagen. Trotz des Widerstandes der lokalen Bürgerinitiative „Gegenwind“ wurde im Jahr 2003 etwa 1 km östlich von Rethen der Windpark Rethen mit drei Windenergieanlagen errichtet. Jede der drei Anlagen besitzt eine maximale Leistung von 1,8 MW bei einer jeweiligen Gesamthöhe von 100 m (Nabenhöhe: 65 m) und einem Rotordurchmesser von 35 m.
[Bearbeiten] Infrastruktur
- Straßennetz: Das heutige Straßennetz entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Straßennamen wurden erst 1976 eingeführt, zuvor trugen die Gebäude in Rethen nur Nummern. Die L 321 durchquert den Ort. Rethen liegt vier Kilometer westlich der B 4 auf der Höhe von Meine und etwa sieben Kilometer nördlich des „Kreuzes Braunschweig Nord“ der Bundesautobahnen 2 und 391.
- Wasser/Abwasser: Obwohl Rethen immer über reichlich Grundwasser verfügte, erfolgte 1963 der Anschluss an die zentrale Wasserversorgung durch den Wasserverband des Kreises. Nach umfangreichen Umbauarbeiten 1965 an der Kanalisation erfolgte 1977 der Anschluss an die Trennwasserkanalisation des Abwasserverbandes Braunschweig.
- Strom: 1916 erfolgte der Anschluss an das öffentliche Stromnetz
- Gas: Der Anschluss an die Ferngasversorgung erfolgte 1996
- Müllabfuhr: 1973 wurde die zentrale Müllabfuhr des Landkreises Gifhorn eingerichtet. Bis dahin diente eine frühere Bodenentnahmestelle, die sogenannte „Schweineweide“ als Rethener Müllabladeplatz. Dieser wurde später mit Erde abgedeckt und dient heute vor allem als Osterfeuerplatz.
[Bearbeiten] Öffentliche Einrichtungen
- Kindergarten: Im Jahr 1992 wurde in Rethen ein Kindergarten am Sportplatz errichtet, nachdem die Rethener Kinder in den Jahrzehnten zuvor in den umliegenden Gemeinden die dortigen Kindergärten besucht hatten. Träger des Rethener Kindergartens ist der Kindergarten Vordorf e. V. unter dem Dachverband der Elterninitiativen Braunschweigs e. V.. In zwei altersgemischten Gruppen werden bis zu 50 Kinder betreut.
- Bildung: Einen Schuldienst gab es in Rethen nachweislich seit 1644. Aufgrund der steigenden Schülerzahlen auf bis zu 106 Schüler im Jahr 1911 wurde der Bau eines neuen Schulgebäudes nötig. Errichtet wurde ein Gebäude mit mehreren Klassenräumen und zwei Lehrerwohnungen. Aufgrund der Entwicklung der Nachkriegsjahre und dem raschen Anstieg auf etwa 160 Schüler entschloss man sich bereits 1954 zu einem weiteren Ausbau. Da der rasante Anstieg der Schülerzahl aber zum großen Teil auf Schüler aus Flüchtlingsfamilien beruhte, welche nur kurze Zeit in Rethen verblieben, sank die Schülerzahl bereits kurz nach der Fertigstellung der Schule stark. Versuche, die Volksschule im Schulverbund mit Vordorf und Adenbüttel weiterzuführen, waren erfolglos. Die endgültige Auflösung der Schule erfolgte 1974 und das Schulgebäude wird heute als Wohnhaus genutzt. Heute besuchen die Kinder und Jugendlichen aus dem Ort die Grundschule in Vordorf und später weiterführende Schulen in Meine, Gifhorn und Braunschweig.
- Kirche und Friedhof: In Rethen befindet sich eine evangelisch-lutherische Kirche, welche Sankt Nikolaus, dem Schutzherren der Händler und Kaufleute, gewidmet ist. Während das heutige Kirchenschiff 1901 neu errichtet wurde, ist der Kirchturm wesentlich älter. Architekten schätzten, dass der 25 m hohe Kirchturm aus Feldsteinen bereits aus dem 13. Jahrhundert stammen könnte. Im Turm befinden sich drei Kirchenglocken, wobei die kleinste und älteste Glocke (Schlagglocke) aus dem Jahr 1424 und die neueren Glocken aus dem Jahr 1484 stammen. Das alte Kirchenschiff wurde nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges neu errichtet und 1654 mit einer Prieche (Empore) ausgestattet. Der letzte Neubau fand 1901 statt und ist bis heute weitgehend unverändert. Im Rahmen des Neubaus wurde Platz für bis zu 450 Personen geschaffen, die neue Orgel eingebaut sowie die erste Kirchenheizung des Kirchenbezirkes installiert. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts bildet Rethen zusammen mit Adenbüttel eine Kirchengemeinde. Da der Kirchhof mit seinen Familiengrabstellen nicht mehr ausreichend war, wurde 1933 der Zukauf eines dorfnahen Grundstückes als Friedhof beschlossen. 1965 wurde dieser erweitert und eine Friedhofskapelle errichtet.
- Schwimmbad: Im Jahr 1932 entschlossen sich die Schulleitung und der Turnverein in Zusammenarbeit mit dem Gemeindeausschuss zum Bau eines Schwimmbades. Das Schwimmbad und die dazugehörigen Anlagen wurden aus finanziellen Gründen in Eigenleistung der Dorfbewohner, unter fachlicher Anleitung, errichtet. Binnen eines Jahres wurde die Anlage fertiggestellt und 1933 in Betrieb genommen. Durch die permanente Versorgung des Beckens mit Frischwasser aus einer nahen Quelle wurde eine dauerhaft gute Wasserqualität erreicht. 1952 entschloss sich die Gemeinde zur Renovierung des Schwimmbades, bei der der Boden und die Wände des Beckens betoniert wurde und neue Gebäude errichtet wurden. Die Badeanstalt wurde Ende der 1960er Jahre geschlossen, da der Unterhalt für die Gemeinde zu kostspielig wurde. Auf dem Gelände befinden sich heute die Tennisplätze.
- Feuerwehr und Zivilschutz: Die Freiwillige Feuerwehr Rethen wurde am 9. Oktober 1905 gegründet. 1963 wurde ein Feuerschutzvertrag mit Eickhorst geschlossen, so dass seitdem der dortige Brandschutz ebenfalls der Rethener Wehr obliegt. Seit der Gründung rückte die Wehr in Rethen zu fünf größeren Wohnhausbränden (zuletzt im Jahr 2000), fünf größeren Bränden von landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäuden sowie während des Großbrandes in Folge des Bombenangriffs 1944 aus. Heute umfasst die Feuerwehr ungefähr 40 Aktive, 50 bis 60 fördernde Mitglieder sowie etwa 20 Mitglieder der Jugendfeuerwehr.
[Bearbeiten] Politik
In seiner Frühzeit gehörte Rethen zum Gebiet der Welfen, wechselte aber häufig zwischen der Braunschweiger und der Lüneburger Linie. Mit der Bildung des Amtes Gifhorn 1549 wurde Rethen der Obergogräfschaft Papenteich zugeteilt. Gifhorn gehörte bis 1972 zum Regierungsbezirk Lüneburg (bis 1885 Fürstentum Lüneburg), bevor es dem Regierungsbezirk Braunschweig angegliedert wurde. In der Zeit des Königreiches Westfalen gehörte Rethen zum Kanton Rötgesbüttel und damit zum Département Oker.
1970 bildete sich aus Rethen und 14 weiteren Gemeinden die Samtgemeinde Papenteich mit Verwaltungssitz in Meine. Zu diesem Zeitpunkt war Rethen noch eine eigenständige Gemeinde, es gab jedoch bereits Überlegungen zum Zusammenschluss der kleineren Gemeinden. Nachdem 1971 eine Zusammenlegung mit Eickhorst und Adenbüttel an der Namensgebung der neu zu schaffenden Gemeinde scheiterte, erwog man einen Zusammenschluss mit Vordorf. Am 21. Februar 1974 war die letzte Sitzung des Rethener Gemeinderates, die mit der anschließenden Selbstauflösung endete. Am 28. Juni 1974 wurde der erste Gemeinderat der neuen Gemeinde Vordorf gewählt.
[Bearbeiten] Literatur
- Michael Falk: Geschichtliches aus Rethen – Namen, Zahlen und Daten, Dokumente und Fotos, Adenbüttel 2001
- Heinz Klose: Geschichtliches aus dem Papenteich, Meine 1983; ISBN 3-87040-029-3
- Wolfgang Meibeyer: Siedlungskundliches über den Papenteich, Schriftreihe des Landkreises Gifhorn; Gifhorn 1994
- Niedersächsisches Landesverwaltungsamt (Hrsg.): Der Landkreis Gifhorn, Bremen 1972. (Die Landkreise in Gifhorn, Bd. 26. ISBN 3-87172-327-4)
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Landkreis Gifhorn, Vordorf-Rethen – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
[Bearbeiten] Quellen
Dieser Artikel wurde in die Liste der Lesenswerten Artikel aufgenommen. |