West-Berlin
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West-Berlin ist die umgangssprachliche Bezeichnung für den Teil von Berlin, der seit Ende des Zweiten Weltkriegs von den drei westlichen Besatzungsmächten USA, Vereinigtes Königreich und Frankreich kontrolliert wurde. Ost-Berlin dagegen stand unter Kontrolle der Sowjetunion.
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[Bearbeiten] Allgemeines
Die Schreibweise West-Berlin hatte sich zwar eingebürgert, als „politisch korrekt“ im westlichen Sinne galt jedoch die Schreibweise Berlin (West). In der DDR hingegen schrieb man mit bewusster Abgrenzung Selbständige politische Einheit Westberlin kurz Westberlin, während mit Berlin, Hauptstadt der DDR der Ostteil der Stadt gemeint war. In Zeiten des Kalten Krieges konnte man allein an der unterschiedlichen Schreibweise Herkunft oder politischen Standort eines Textes bestimmen.
Die Bezeichnung der DDR sollte in erster Linie den Eindruck eines geografisch eigenständigen Gebietes vermitteln. Es sollte einerseits eine besonders deutliche Selbständigkeit West-Berlins (von der Bundesrepublik Deutschland) dargestellt werden, andererseits sollte vermieden werden, dass der als Hauptstadt der DDR bezeichnete Ostteil der Stadt nur als Stadthälfte wahrgenommen würde, die endgültige Teilung der Stadt sollte auch begrifflich zementiert werden.
Gemäß Artikel 1 Absatz II der Verfassung von Berlin ist Berlin ein Land der Bundesrepublik Deutschland und gemäß Artikel 23 alter Fassung des Grundgesetzes war Groß-Berlin ein Land der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund des Vier-Mächte-Status Berlins hatten die Westalliierten dies so nicht akzeptiert. Gemäß des Genehmigungsschreibens der Militärgouverneure der britischen, französischen und amerikanischen Besatzungszone zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949 verfügten die Westalliierten in Nr.4 dieses Papiers: „Wir interpretieren den Inhalt der Artikel 23 und 144 (2) des Grundgesetzes dahin, daß er die Annahme unseres früheren Ersuchens darstellt, demzufolge Berlin keine abstimmungsberechtigte Mitgliedschaft im Bundestag oder Bundesrat erhalten und auch nicht durch den Bund regiert werden wird, daß es jedoch eine beschränkte Anzahl Vertreter zur Teilnahme an den Sitzungen dieser gesetzgebenden Körperschaften benennen darf.“
Artikel 2 Absatz I der Verfassung von Berlin wurde von den westalliierten Besatzern zurückgestellt. Die Sowjetunion erkannte derartige Regelungen überhaupt nicht an. Von den Westalliierten waren sogenannte besondere Bindungen anerkannt, in deren Rahmen etwa auch regelmäßig Sitzungen von Bundesorganen in West-Berlin stattfanden, was dann jeweils zu Protesten der sowjetischen Seite führte. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[1] sagte folgendes aus: Das Grundgesetz gilt grundsätzlich auch in Berlin; Berlin ist trotz des Vorbehalts der Besatzungsmächte ein Land der Bundesrepublik Deutschland. Der Status von West-Berlin war auch einer der Gegenstände des Viermächteabkommens über Berlin.
Die vom bundesdeutschen Parlament, dem Bundestag, beschlossen Gesetze enthielten eine so genannte Berlin-Klausel, die die Wirkung für West-Berlin ausdrücklich regelte. Die Gesetze wurden danach vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen und erst dadurch rechtswirksam. Ferner hatten die Abgeordneten aus Berlin (West) im Bundestag lediglich beratendes Stimmrecht, sie wurden nicht von der Bevölkerung direkt gewählt, sondern mittelbar über das Abgeordnetenhaus bestimmt. Auch die vier Berliner Vertreter für den Bundesrat hatten lediglich beratendes Stimmrecht. Im Gegensatz dazu waren die Vertreter Berlins zur Bundesversammlung stets stimmberechtigt; die West-Alliierten hatten hier keinen Vorbehalt angemeldet.
Auf einigen Gebieten, z.B. die West-Berliner Verkehrsflughäfen betreffend, war selbst der Regierende Bürgermeister den einschlägigen Stellen der Berliner Verwaltung gegenüber nicht direkt weisungsbefugt, da diese Bereiche primär von den West-Alliierten überwacht wurden.
Von der Währungsreform 1948 an galt auch in West-Berlin die Deutsche Mark als Währung.
Zu den Besonderheiten gehörte der „behelfsmäßige Berliner Personalausweis“. Nur dieser Ausweis wurde bei West-Berlinern von den DDR-Behörden anerkannt. Der Reisepass der Bundesrepublik mit eingetragenem Wohnort Berlin hatte im Transitverkehr, für die Einreise nach Ost-Berlin oder in die übrige DDR und für Reisen in RGW-Länder keine Gültigkeit. Damit sollte dokumentiert werden, dass West-Berlin „kein Bestandteil der Bundesrepublik“ war. West-Berliner mussten für ein Tagesvisum in die DDR bzw. nach Ost-Berlin (Berlin - Hauptstadt der DDR) drei Tage vorher einen Berechtigungsschein in einem der fünf „Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten“ im Westteil der Stadt (Ost-Büros des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR) beantragen, während Passinhabern aus der Bundesrepublik für den Besuch Ost-Berlins sofort ein Visum ausgestellt wurde. Allerdings war nur mit dem behelfsmäßigen Personalausweis der West-Berliner ein Besuch der gesamten DDR erlaubt; die Passinhaber waren auf Ost-Berlin beschränkt.
Eine weitere Besonderheit war, dass eigene Briefmarken herausgegeben wurden. Diese trugen die Bezeichnung „Deutsche Bundespost Berlin“ und waren auch im übrigen Bundesgebiet gültig.
Bemerkenswert ist weiterhin, dass es bis zur Wiedervereinigung theoretisch in West-Berlin - nach alliiertem Recht - noch die Todesstrafe gab, schon für unerlaubten Waffenbesitz gemäß entsprechenden Kontrollratsgesetzen. In der Praxis wurde diese nie verhängt.
[Bearbeiten] Einwohnerentwicklung
Die höchste Einwohnerzahl erreichte West-Berlin 1957 mit 2,23 Millionen. Die niedrigste Bevölkerungszahl wurde 1984 mit 1,85 Millionen erzielt. Auf Fehlern in der Fortschreibung des Statistischen Landesamtes beruhte der Anstieg um 133.484 Personen zwischen Dezember 1986 und Mai 1987. Grund war der lange Zeitraum zur letzten Volkszählung von 1970, die allgemein als Grundlage für die Fortschreibungsergebnisse des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen Landesämter dient. Für den 24. Mai 1987 wurde eine Einwohnerzahl von 1.881.059 für West-Berlin berechnet, was um 7,1 Prozent unter dem Ergebnis der Volkszählung (2.012.709) vom 25. Mai 1987 lag. Die Einwohnerzahlen in der folgenden Tabelle sind Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen des Statistischen Landesamtes Berlin.
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¹ Volkszählungsergebnis
[Bearbeiten] West-Berliner Bezirke
West-Berlin war mit 481 km² etwa halb so groß wie das Land Berlin heute. Es war in drei Sektoren unterteilt, wobei jeder einem der West-Alliierten unterstellt war:
- Amerikanischer Sektor
- Britischer Sektor
- Französischer Sektor
[Bearbeiten] Exklaven und Enklaven
West-Berlin besaß bis Ende der 1980er Jahre mehrere Exklaven auf DDR-Territorium. Diese Exklaven wurden nach und nach durch Gebietsaustausche (zusammen mit anderen Korrekturen ungünstiger Grenzläufe, z.B. am Lenné-Dreieck in Berlin-Mitte) an den Westteil Berlins angegliedert oder an die DDR abgegeben. Bekanntestes Beispiel war Berlin-Steinstücken, da dies die einzige dauerhaft bewohnte Exklave war. Bis zum Bau einer Verbindungsstraße nach West-Berlin wurde die Bevölkerung dort teils mit Hubschraubern der US-Armee versorgt.
Exklaven, die zum Stadtgebiet von Berlin-West gehörten:
- Falkenhagener Wiese, Bezirk Spandau, 45,44 ha
- Wüste Mark Ackerfläche (zu Zehlendorf), Bezirk Zehlendorf, 21,83 ha
- Laßzins-Wiesen, Bezirk Spandau, 13,49 ha
- Berlin-Steinstücken Ortsteil (zu Zehlendorf), Bezirk Zehlendorf, 12,67 ha
- Große Kuhlake, Bezirk Spandau, 8,03 ha
- Nuthewiesen, Bezirk Zehlendorf, 3,64 ha
- Fichtewiese Kleingartenkolonie (zu Spandau), Bezirk Spandau, 3,51 ha
- Finkenkrug, Bezirk Spandau, 3,45 ha
- Erlengrund Kleingartenkolonie zu Spandau), Bezirk Spandau, 0,51 ha
- Böttcherberg, Bezirk Zehlendorf, 0,30 ha
Am 20. Dezember 1971 wurden Teile der Nuthewiesen in West-Berliner Besitz gegen einen Zugang von Kohlhasenbrück (Zehlendorf) zur Exklave Steinstücken getauscht. Die letzten Exklaven außer Steinstücken wurden 1988 an die DDR abgegeben, beziehungsweise erhielten, wie im Falle Fichtewiese und Erlengrund, einen dauerhaften Zugang zu West-Berlin.
Enklaven, die zur DDR gehörten bzw. welche die DDR beanspruchte:
- ein kleiner Teil von Eiskeller im Bezirk Spandau
- Tiefwerder Wiesen (zu Seeburg) im Bezirk Spandau, Stadtteil Pichelsdorf
Während die (ungenutzte) DDR-Enklave im Eiskeller bis zur endgültigen Grenzbereinigung 1988 noch in allen offiziellen Karten und vielen Stadtplänen als exterritoriales Gebiet aus Sicht West-Berlins eingezeichnet war, traf dies für die Tiefwerder Wiesen (ein von West-Berlinern genutztes Kleingartengebiet) nicht zu. Obwohl die DDR in den Gebietsaustauschverhandlungen versuchte, die Tiefwerder Wiesen auf ihrer Habenseite einzubringen, lehnten die Briten, in deren Sektor sich das Gebiet befand, einen staatshoheitlichen Anspruch der DDR ab. Der Status als Enklave der Gemeinde Seeburg wurde insofern anerkannt, als die Briten schon in den 1960er Jahren West-Berliner Behörden anwiesen, zwar Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, jedoch auf dem Gebiet nicht amtlich tätig zu werden. Der unklare Status fand seine stillschweigende Bereinigung in einer Protokollnotiz zu den letzten Gebietsaustauschvereinbarungen 1988. Beide Seiten erklärten, seitdem keine Exklaven mehr im jeweils anderen Territorium zu haben.
[Bearbeiten] Kulturhistorische Bedeutung
Auch nach der Wiedervereinigung wird mitunter der Begriff "das alte West-Berlin" benutzt. Er soll auf die besondere Situation und Stimmung in West-Berlin in den Zeiten der Berliner Mauer hinweisen. Berlin (West) stellte eine Insel inmitten der DDR dar und wurde teilweise auch „Insel im roten Meer“ benannt, angelehnt an die Farbe rot, die sinnbildlich für Sozialismus und Kommunismus steht.
Während die DDR-Regierung den Ostteil Berlins zum Zentrum Ihrer Macht und im Vergleich zur übrigen DDR etwa finanziell und versorgungstechnisch besonders gefördert hatte, wurde etwa die Hälfte des West-Berliner Finanzhaushalts aus dem Bundeshaushalt bestritten, da West-Berlin wiederum als ein Aushängeschild des Westens gesehen und gefördert wurde.
West-Berlin war eines der „Auswanderungsziele“ der westdeutschen Jugend und ein Eldorado der Wehrdienstverweigerer. Dazu musste man rechtzeitig vor dem Einberufungsbescheid der Bundeswehr seinen Wohnsitz nach Berlin verlegen, also den Bundes-Personalausweis gegen einen Berliner Ausweis, offiziell als "Behelfmäßiger Personalausweis" bezeichnet, tauschen. Um Nachwuchskräften und (steuerzahlenden) Arbeitnehmern einen Ausgleich für die Umstände in der ummauerten Stadt zu gewähren, wurde geworben, sowie den Berliner Arbeitnehmern die Berlinzulage gewährt.
Rund um den Kurfürstendamm konzentrierte sich das gesellschaftliche Leben der Mauerstadt. Er war das Zentrum der kulturellen Unternehmungen. Seit der Wende ließ die Bedeutung der sogenannten „City-West“ (Neuer Westen) nach, aus Kinos wurden Filialen von Modehäuser-Ketten, kleine Boutiquen und andere kleine Geschäfte mussten Läden minderer Qualität weichen. Dieses ist insbesondere dem Erstarken der alten Berliner Mitte rund um die Friedrichstraße und Unter den Linden geschuldet. Unkenrufe, die einen völligen Niedergang des Kurfürstendamms prophezeiten, haben sich jedoch in keiner Weise bestätigt. Die seit je her dezentrale Stadtstruktur Berlins mit mehreren Hauptgeschäftszentren, aber auch die Tatsache, dass der Potsdamer Platz eher bei Touristen beliebt ist als bei den Berlinern selbst, bewahrt die Attraktivität des Kurfürstendamms und lassen diese auch für die Zukunft als gesichert erscheinen.