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Politische Gliederung Belgiens

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Königreich Belgien besitzt die Staatsform einer parlamentarischen Monarchie. Dazu ist Belgien seit 1993, laut Artikel 1 der belgischen Verfassung, ebenfalls ein Bundesstaat, aus Gemeinschaften und Regionen bestehend. Die politische Struktur des Landes ist jedoch nur schwer mit der Struktur anderer (Bundes-)Staaten zu vergleichen. Belgien wurde von einem Nationalstaat in einen Föderalstaat umgewandelt, was zu einem komplizierten System der politische Gliederung geführt hat.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Hintergründe

[Bearbeiten] Geschichtlicher Hintergrund

Hauptartikel: Geschichte Belgiens


Bis 1970 war Belgien ein zentralistisch regierter Staat, der direkt in 9 Provinzen gegliedert war. Durch vier Staatsreformen in den Jahren 1970 bis 1993 wurde es schrittweise in einen Bundesstaat umgewandelt.

Durch die erste Staatsreform im Jahre 1970 wurden die Grenzen der vier Sprachgebiete, die 1963 endgültig festgelegt worden waren, in der Verfassung festgeschrieben (die Sprachgrenze wurde, so der Fachjargon, "betoniert", d.h. sie ist nur mittels sehr strenger Mehrheitserfordernisse im Parlament zu verändern). Als Selbstverwaltungsorgane der drei Sprachgemeinschaften mit Zuständigkeit für kulturelle Fragen wurden der Rat der Niederländischen Kulturgemeinschaft, der Rat der Französischen Kulturgemeinschaft und der Rat der Deutschen Kulturgemeinschaft geschaffen. Während die Mandate in den Räten der Niederländischen und der Französischen Kulturgemeinschaft in Personalunion von Mitgliedern des Zentralparlamentes, die der jeweiligen Sprachgemeinschaft angehörten, wahrgenommen wurden, wurde der Rat der Deutschen Kulturgemeinschaft, die aufgrund ihrer geringen Bevölkerungszahl niemals in größerer Zahl im Zentralparlament vertreten war, ab 1974 direkt gewählt. Die Schaffung von Regionen parallel zu den Kulturgemeinschaften war zwar damals schon geplant, wurde jedoch zunächst nicht umgesetzt.

Durch die zweite Staatsreform vom 1979/1980 wurden die Flämische Region und die Wallonische Region geschaffen sowie die Niederländische Kulturgemeinschaft in Flämische Gemeinschaft und die Französische Kulturgemeinschaft in Französische Gemeinschaft Belgiens umbenannt. Die beiden Regionen und die beiden Gemeinschaften erhielten jeweils neben einem Rat als Parlament auch eine eigene Exekutive. Die Mandate in den Räten der Regionen und Gemeinschaften wurden weiterhin von Mitgliedern des Zentralparlamentes wahrgenommen. Auf flämischer Seite wurden die Institutionen der Flämischen Region und der Flämischen Gemeinschaft sofort nach ihrer Gründung vereinigt. 1983 wurde die bisherige Deutsche Kulturgemeinschaft in Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens umbenannt und ihrem Status nach mit den anderen beiden Gemeinschaften gleichgestellt. Sie erhielt jetzt ebenso wie diese auch eine eigene Exekutive.

Durch die dritte Staatsreform im Jahre 1988 wurde das Gebiet der Hauptstadt Brüssel, das bis dahin von der Gliederung in Regionen ausgenommen worden war, als Region Brüssel-Hauptstadt zu einer mit den anderen beiden Regionen gleichgestellten eigenen Region mit direkt gewähltem Parlament und eigener Exekutive. Gleichzeitig wurden die Kompetenzen sowohl der Regionen als auch der Gemeinschaften erweitert. Insbesondere wurde den Gemeinschaften die Zuständigkeit für das Bildungswesen übertragen.

Durch die vierte Staatsreform im Jahre 1993 wurde die Umwandlung Belgiens in einen Bundesstaat abgeschlossen. Es wurde die Direktwahl auch der Abgeordneten des gemeinsamen Parlamentes der Flämischen Region und Gemeinschaft und des Parlamentes der Wallonischen Region eingeführt, dessen französischsprachige Abgeordnete wiederum in Zukunft in Personalunion auch dem Parlament der Französischen Gemeinschaft Belgiens angehören sollten. Damit wurden die Institutionen der Regionen und Gemeinschaften vollständig von denen des Zentralstaates, der von da an offiziell als Föderalstaat bezeichnet wurde, getrennt. Die Kompetenzen der Regionen und Gemeinschaften wurden erneut erweitert. Die Regionen und Gemeinschaften erhielten auch das Recht auf eine selbständige Wahrnehmung der Außenbeziehungen für die in ihre Kompetenz fallenden Themenfelder. Die bisherige Provinz Brabant, deren Gebiet sich mit allen drei Regionen überschnitt, wurde mit Wirkung zum Jahre 1995 in die Provinzen Flämisch-Brabant und Wallonisch-Brabant aufgeteilt, während die Region Brüssel-Hauptstadt zum provinzfreien Gebiet wurde.

Obwohl die Umwandlung zum Bundesstaat mit der Reform von 1993 abgeschlossen wurde, ist noch eine weitere – fünfte – Staatsreform zu erwähnen: Das so genannte Lambermont-Abkommen aus dem Jahr 2001. Seinen Namen hat diese Staatsreform nach der Amtswohnung des belgischen Premierministers Guy Verhofstadt. Das Abkommen beinhaltet sowohl eine finanzielle als auch eine kompetenzmäßige Stärkung der Regionen. Bei der Verabschiedung von Lambermont traten Uneinigkeiten über das Abstimmungsverhalten auf, weshalb sich die flämische Volksunie in zwei Teile aufspaltete.

Die nächste Staatsreform steht bereits in den Startlöchern und wird voraussichtlich nach Ende der jetzigen Legislaturperiode der föderalen Regierung (2007) in Angriff genommen. Neben weiteren Befugnistransfers zugunsten der Gemeinschaften und Regionen ist auch eine Erneuerung der Zusammensetzung der föderalen Kammer und des Senats vorgesehen.

[Bearbeiten] Politischer Hintergrund

Hauptartikel: Flämisch-wallonischer Konflikt

Symptome des Sprachenstreits um die Gemeinde Voeren
Symptome des Sprachenstreits um die Gemeinde Voeren

Will man die Komplexität des belgischen Staates begreifen, muss man ein gewisse Anzahl Gegebenheiten berücksichtigen:

  • Auf nationaler bzw. föderaler Ebene ist die flämische Bevölkerung in der Überzahl (6 Mio. Einwohner in Flandern und 200.000 Niederländischsprachige in Brüssel gegen 3,3 Mio. Frankophone in Wallonien und 800.000 Frankophone in Brüssel).
  • Im Gegenzug sind innerhalb der Hauptstadt Brüssel und Umgebung die französischsprachigen Bürger den niederländischsprachigen zahlenmäßig überlegen (80% der Brüsseler sind französischsprachig gegen 15% flämischsprachige Brüsseler).
  • Es gibt Gemeinden (besonders entlang der Sprachengrenze), in denen die sprachliche Minderheit gewisse Vorzüge (sogenannte "Fazilitäten") genießt.

Neben diesen Fakten gibt es zwischen Flamen und Wallonen große ideologische und philosophische Unterschiede:

  • Die Flamen sprechen sich generell für einen schwachen Föderalstaat und ein starkes Flandern aus. Separatistische Gefühle sind im nördlichen Teil des Landes keine Seltenheit. In Flandern wird sehr viel Wert auf die Erhaltung der niederländischen Sprache und Kultur in Belgien und vor allem in Brüssel gelegt. Deshalb wird Brüssel, auch wenn es de facto eine französischsprachige Stadt ist, immer noch als ein Teil von Flandern betrachtet. Die Flamen sprechen sich im Allgemeinen gegen spezielle Schutzmaßnahmen für die französischsprachige Minderheit (vor allem in den Brüsseler Randgemeinden, die sich geographisch in Flandern befinden) aus. Flandern wählt eher christlich-konservative Politiker und sieht sich einer sehr starken rechtsextremistischen Bewegung gegenüber stehen.
  • Die Wallonen sind eher Befürworter des Erhaltes des alten National- bzw. Föderalstaates und verlangen nur selten eine neue Verteilung der Kompetenzen. Da Wallonien sich gegenüber Flandern in einer wirtschaftlich schwächeren Lage (gepaart mit einem großen Arbeitslosigkeitproblem) befindet, werden in der Wallonie eher wirtschaftliche als kulturelle Akzente gesetzt. Auch wenn zwischen der Wallonie und Brüssel eine enge Verbindung besteht, betrachten die Wallonen Brüssel doch als eine eigene Region mit eigenen Bedürfnissen. Der permanente Erhalt der Schutzmaßnahmen für die französischsprachige Minderheit in Flandern unterliegt in der Wallonie einem breiten Konsens. Der wallonische Wähler ist eher sozialistisch orientiert.

Trotz der gegenseitigen Vorurteile (der Flame sei rechtsradikal und separatistisch, während der Wallone korrupt und arbeitsscheu sei) wird in Belgien seit nun fast hundert Jahren die Kultur des Kompromisses und der Verhandlung gepflegt. Man versucht ein permanentes Gleichgewicht zwischen den beiden Bevölkerungsteilen auf den verschiedenen Ebenen zu erhalten. Die Beispiele hierfür sind mehr als zahlreich:

  • Die Festlegung der Sprachengrenze in den sechziger Jahren wurde zu Gunsten Flanderns vollzogen, aber im Gegenzug wurden die oben erwähnten Schutzmaßnahmen für die französischsprachige Minderheit zugestanden.
  • Die Gemeinschaften wurden auf Drängen Flanderns zum Erhalt der flämischen Kultur und Sprache eingeführt. Dagegen erhielten die Wallonen die Regionen, die es ihnen erlaubten, eine eigene und angemessenere Wirtschaftspolitik zu führen.
  • Während der Premierminister der Föderalregierung meistens ein Flame sein wird, stammt sein Pendant in der Brüsseler Regionalregierung meistens aus der französischsprachigen Bevölkerung. In beiden Regierungen sind beide Sprachgruppen vertreten, usw.

Die folgende recht komplizierte politische Struktur ist also keinesfalls ein Produkt des Zufalls.

[Bearbeiten] Die föderale Ebene

Auf der höchsten Entscheidungsebene des Landes befinden sich drei gleichwertige Akteure: der Föderalstaat im engeren Sinne, die Gemeinschaften und die Regionen. Sie unterscheiden sich vorrangig durch die verschiedenen Hoheitsgebiete, Institutionen und Befugnisse, über die sie verfügen.

[Bearbeiten] Der Föderalstaat

Der Palais de la Nation, Sitz des föderalen Parlamentes
Der Palais de la Nation, Sitz des föderalen Parlamentes

Der Föderalstaat übt als einzige Entscheidungsinstitution seine Macht auf dem Gesamtgebiet des belgischen Königreichs aus.

[Bearbeiten] Institutionen

  • Die legislative Macht wird vom Föderalen Parlament und dem König ausgeübt. Das Parlament besteht aus der Abgeordnetenkammer (oder einfach "Kammer") und dem Senat. Der Sitz der Institutionen befindet sich in Brüssel.
    • Die Kammer (ndl. "Kamer van Volksvertegenwoordigers", frz. "Chambre des Représentants") zählt 150 Mitglieder und teilt sich in eine französische Sprachgruppe (mit zur Zeit 62 Sitzen) und eine niederländische Sprachgruppe (mit zur Zeit 88 Sitzen) auf. Die Volksvertreter werden für 4 Jahre von der Bevölkerung direkt gewählt. Präsident der Kammer ist Herman de Croo (VLD).
    • Der Senat (ndl. "Senaat", frz. "Sénat") zählt 71 feste Senatoren, die sich in verschiedene Kategorien unterscheiden: Die für 4 Jahre direkt gewählten Senatoren (niederländisches Wahlkollegium: 25 Sitze; französisches Wahlkollegium: 15 Sitze), die Senatoren, die von den Gemeinschaften bestimmt werden (Flämische Gemeinschaft: 10 Sitze; Französische Gemeinschaft: 10 Sitze; Deutschsprachige Gemeinschaft: 1 Sitz) und die kooptierten Senatoren (niederländisches Wahlkollegium: 6 Sitze; französisches Wahlkollegium: 4 Sitze). Hinzugezählt werden die Senatoren von Rechts wegen (die Kinder des Königs: zur Zeit 3 Sitze). Auch der Senat wird in zwei Sprachgruppen aufgeteilt, wobei der deutschsprachige Gemeinschaftssenator sowie die Senatoren von Rechts wegen keiner der beiden Sprachgruppen angehören. Präsidentin des Senats ist Anne-Marie Lizin (PS).
    • Der König greift nicht aktiv in den legislativen Prozess ein, sondern begnügt sich damit, die föderalen legislativen Texte, die "Gesetze" genannt werden, durch seine Unterschrift zu "sanktionieren".
  • Die exekutive Gewalt wird vom König und seinen Ministern ausgeübt. In der Praxis übernehmen allein die 15 Minister (7 französischsprachige Minister, 7 niederländischsprachige Minister und ein sprachlich "neutraler" Premierminister) die Regierungsgeschäfte. Der König muss lediglich die Gesetze, die von der Regierung ausgeführt werden, durch seine Unterschrift "ausfertigen". Belgischer Premierminister ist Guy Verhofstadt (VLD).

[Bearbeiten] Zuständigkeiten

Der Föderalstaat kümmert sich neben dem Staatshaushalt und der Einnahme und Verteilung der Steuergelder auch um alle Angelegenheiten, die nicht explizit den Gemeinschaften oder den Regionen zugeordnet wurden. Dazu zählen vor allem die Außen- und Verteidigungspolitik im engeren Sinne, die Justiz, die innere Sicherheit sowie das System der Sozialversicherung. Die belgische Verfassung kann nur durch das föderale Parlament geändert werden. Es kann aber auch in vielen Fällen zu Überschneidungen mit eng verwandten Gemeinschafts- oder Regionsbefugnissen kommen, was zu Unstimmigkeiten führen kann (z.B. ist der Föderalstaat verantwortlich für die Arbeitslosenunterstützung, die Regionen aber für die Beschäftigungspolitik). In diesem Falle greift der Schiedshof ein, der über die korrekte Verteilung der Befugnisse wacht.

[Bearbeiten] Besonderheiten

  • Die wichtigsten Gesetze, d.h. jene, die das Gleichgewicht zwischen Flamen und Wallonen betreffen, werden in Belgien "Sondergesetze" genannt. Diese Sondergesetze können nur mittels sehr strenger Mehrheitserfordernisse geändert werden: Es wird eine einfache Mehrheit innerhalb der beiden Sprachgruppen in Kammer und Senat und zusätzlich eine Zweidrittel-Mehrheit insgesamt in beiden Kammern gefordert. Die wichtigsten "Sondergesetze" betreffen z.B. die Festlegung der Sprachengrenze, die Befungnisverteilung zwischen Föderalstaat, Gemeinschaften und Regionen (und in besonderer Weise Brüssel betreffend) sowie die Finanzierung der Gemeinschaften und Regionen.
  • Um zu verhindern, dass auf föderaler Ebene Gesetze erlassen werden, die einer gewissen Sprachgruppe Schaden zufügen könnten, wurde die Technik der "Alarmglocke" eingeführt. Versucht man also z.B. auf föderaler Ebene ein Gesetz zu beschließen, das die Flamen bevorzugen und die Wallonen benachteiligen würde, so könnten die Wallonen mit einer Dreiviertel-Mehrheit innerhalb ihrer Sprachgruppe die "Alarmglocke" aktivieren, was bedeutet, dass die parlamentarische Arbeit mit sofortiger Wirkung suspendiert wird und die Regierung beauftragt wird, eine Lösung zu finden.
  • Neben dem Föderalstaat sind auch die Gemeinschaften und Regionen für die Vertretung Belgiens in den zu den verschiedenen Themen arbeitenden Minsterräten der Europäischen Union zuständig. Da Belgien dort seine Stimme aber nur einheitlich abgeben darf, müssen sich die jeweils zuständigen belgischen Institutionen dabei auf eine gemeinsame Position verständigen. In der Praxis wird durch ein Rotationsabkommen geregelt, welche Gemeinschaft oder Region für die Vertretung Belgiens in welchem Ministerrat der EU zuständig ist und wann der Föderalstaat den belgischen Staat repräsentiert. Kommt es über die zu vertretende belgische Position zu keinem Konsens, muss die belgische Vertretung sich bei Abstimmungen ihrer Stimme enthalten.

[Bearbeiten] Die Gemeinschaften

Die Gemeinschaften Belgiens:Flämische Gemeinschaft (gelb)Französische Gemeinschaft (rot)Zweisprachiges Gebiet Brüssel-Hauptstadt (gelb-rot schraffiert)Deutschsprachige Gemeinschaft (blau)
Die Gemeinschaften Belgiens:
Flämische Gemeinschaft (gelb)
Französische Gemeinschaft (rot)
Zweisprachiges Gebiet Brüssel-Hauptstadt (gelb-rot schraffiert)
Deutschsprachige Gemeinschaft (blau)

In Belgien gibt es drei (Kultur-)Gemeinschaften, nämlich die Flämische Gemeinschaft, die Französische Gemeinschaft und die Deutschsprachige Gemeinschaft. Die rein verwaltungstechnische Aufteilung Belgiens in vier "Sprachgebiete" (französisches, niederländisches und deutsches Sprachgebiet, sowie das zweisprachige Gebiet Brüssel-Hauptstadt) ermöglicht es, die Gebiete der Gemeinschaften zu ermitteln:

  • Die Flämische Gemeinschaft (ndl. "Vlaamse Gemeenschap") umfasst das niederländische Sprachgebiet sowie das zweisprachige Gebiet Brüssel-Hauptstadt.
  • Die Französische Gemeinschaft (frz. "Communauté française") umfasst das französische Sprachgebiet sowie das zweisprachige Gebiet Brüssel-Hauptstadt.
  • Die Deutschsprachige Gemeinschaft (manchmal einfach nur "DG") umfasst allein das deutsche Sprachgebiet.

[Bearbeiten] Institutionen

  • Die legislative Macht wird von den Gemeinschaftsparlamenten (ehemalige Gemeinschaftsräte) ausgeübt. Die aus der Feder der Gemeinschaften stammenden legislativen Texte werden "Dekrete" genannt.
    • Das Flämische Parlament (ndl. "Vlaams Parlement") übt seine Macht in der Flämischen Gemeinschaft (inklusive Brüssel) aus. Da die Flämische Gemeinschaft ebenfalls die Befugnisse der Flämischen Region ausübt (siehe weiter unten), tagen im Flämischen Parlament, wenn es sich über Gemeinschaftsfragen ausspricht, 124 Abgerodnete, d.h. die 118 flämischen Regionalabgeordneten und zusätzlich 6 niederländischsprachige Abgeordnete aus dem Brüsseler Regionalparlament. Es findet also keine direkte flämische Gemeinschaftswahl statt. Präsidentin des Flämischen Parlamentes ist Marleen Vanderpoorten (VLD) und der Sitz befindet sich in Brüssel.
    • Das Parlament der Französischen Gemeinschaft (frz. "Parlement de la Communauté française") übt seine Macht in der Französischen Gemeinschaft (inklusive Brüssel) aus. Das Parlament der Französischen Gemeinschat zählt 94 Abgeordnete, d.h. 75 wallonische Regionalabgeordnete und 19 französischsprachige Abgeordnete aus dem Brüsseler Regionalparlement. Auch hier finden also keine direkten Gemeinschaftswahlen statt. Präsident des Parlamentes der Französischen Gemeinschaft ist Jean-François Istasse (PS) und der Sitz befindet sich in Brüssel.
    • Das Parlement der Deutschsprachigen Gemeinschaft (manchmal einfach nur "PDG") übt seine Macht in der Deutschsprachigen Gemeinschaft aus und tagt mit 25 Abgeordeten, die für 5 Jahre direkt gewählt werden. Präsident des Parlamentes der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist Louis Siquet (SP) und der Sitz befindet sich in Eupen.
  • Die exekutive Macht befindet sich in den Händen der Gemeinschaftsregierungen.
    • Die Flämische Regierung (ndl. "Vlaamse Regering") ist sowohl für die Flämische Gemeinschaft als auch für die Flämische Region die selbe. Sie darf höchstens 10 Minister stellen, wobei einer dieser Minister seinen Wohnsitz im zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt haben muss. Dieser darf dann nur in Gemeinschaftsfragen Entscheidungen treffen. Der flämische Ministerpräsident ist Yves Leterme (CD&V).
    • Die Regierung der Französischen Gemeinschaft (frz. "Gouvernement de la Communauté française") stellt maximal 8 Minister, wobei einer dieser Minister seinen Wohnsitz im zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt haben muss. Die Ministerpräsidentin der Regierung der Französischen Gemeinschaft ist Marie Arena (PS).
    • Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft stellt höchstens 4 Minister. Ministerpräsident der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist Karl-Heinz Lambertz (SP).

[Bearbeiten] Zuständigkeiten

Die Verfassung verleiht den Gemeinschaften die Kompetenz für die kulturellen Angelegenheiten, das Unterrichtswesen, die sogenannten "personenbezogenen Angelegenheiten" und den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten und im Unterrichtswesen. In all diesen Angelegenheiten besitzen die Gemeinschaften ebenfalls die Befugnis internationale Verträge sowie innerstaatliche Abkommen (sogenannte "Kooperationabkommen") zu unterzeichnen. Für die Ausübung dieser Kompetenzen im zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt sind besondere Mechanismen vorgesehen.

[Bearbeiten] Besonderheiten

  • Um die Gemeinschaftsbefugnisse auf dem zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt auszuüben wurden sogenannte Gemeinschaftskommissionen eingeführt. Die französische Gemeinschaftskommission (frz. "Commission communautaire française" oder "COCOF", bestehend aus den französischsprachigen Abgeordneten des Parlamentes der Region Brüssel-Hauptstadt) führt die Entscheidungen der Französischen Gemeinschaft aus und die flämische Gemeinschaftskommission (ndl. "Vlaamse Gemeenschapscommissie" oder "VGC", bestehend aus den niederländischsprachigen Abgeordneten des Parlamentes der Region Brüssel-Hauptstadt) führt die Entscheidungen der Flämischen Gemeinschaft in Brüssel aus. In den die beiden Gemeinschaften betreffenden Befugnisbereichen tagt die Gemeinsame Gemeinschaftskommission (die de facto die selbe Zusammensetzung wie das Parlament der Region Brüssel-Hauptstadt besitzt). Diese Gemeinschaftskommissionen besitzen ebenfalls ihre eigene Exekutive, "Kollegium" genannt.
  • Die Französische Gemeinschaft hat anfangs der neunziger Jahren infolge von größeren Finanzproblemen die vollständige Ausübung gewisser Kompetenzen zum einen an die Wallonische Region und zum anderen an die französische Gemeinschaftskommission (für Brüssel) übertragen. Diese Kompetenzen sind u.a. Tourismus, Umweltangelegenheiten, Sportinfrastruktur und Verwaltung der Schulgebäude.
  • Die Deutschsprachige Gemeinschaft besitzt die Möglichkeit, gewisse Kompetenzen der Wallonischen Region auszuüben. Für die Angelegenheiten des Denkmal- und Landschaftsschutzes, die Beschäftigungspolitik und die Gemeindeaufsicht und -finanzierung ist dies bereits der Fall.

[Bearbeiten] Die Regionen

Die Regionen Belgiens:Flämische Region (gelb)Wallonische Region (rot)Region Brüssel-Hauptstadt (blau)
Die Regionen Belgiens:
Flämische Region (gelb)
Wallonische Region (rot)
Region Brüssel-Hauptstadt (blau)

Neben den drei Gemeinschaften gibt es in Belgien drei Regionen, nämlich die Flämische Region, die Wallonische Region sowie die Brüsseler Region (oder Region Brüssel-Hauptstadt). Das Gebiet der drei Regionen wird hauptsächlich durch die zehn Provinzen (welche nicht als Teilstaaten im belgischen Föderalstaat betrachtet werden, siehe weiter unten) festgelegt:

  • Die Flämische Region (ndl. "Vlaamse Gewest") umfasst fünf Provinzen (Antwerpen, Limburg, Ostflandern, Flämisch Brabant und Westflandern).
  • Die Wallonische Region (frz. "Région wallonne") umfasst ebenfalls fünf Provinzen (Hennegau, Lüttich (welche das Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft vollständig "verschluckt"), Luxemburg, Namur und Wallonisch Brabant).
  • Die Region Brüssel-Hauptstadt (ndl. "Brussels Hoofdstedelijk Gewest", frz. "Région de Bruxelles-Capitale") gilt als provinzfrei. Sie übt ihre Zuständigkeiten im Verwaltungsbezirk Brüssel-Hauptstadt aus, welcher deckungsgleich ist mit dem zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt.

[Bearbeiten] Institutionen

  • Die legislative Macht wird von den Regionalparlamenten (ehemalige Regionalräte) ausgeübt. Die aus der Feder der Flämischen und Wallonischen Region stammenden legislativen Texte werden "Dekrete" genannt. In der Region Brüssel-Hauptstadt werden "Ordonanzen", welche aber quasi den gleichen Wert wie die Dekrete besitzen, erlassen.
    • Das Flämische Parlament (ndl. "Vlaams Parlement") übt seine Macht ebenfalls in der Flämischen Region aus (siehe oben). Wenn es sich mit Regionalangelegenheiten befasst, tagen dort allein die 118 flämischen Regionalabgeordneten. Diese Regionalabgeordneten werden direkt von der flämischen Bevölkerung für 5 Jahre gewählt.
    • Das Wallonische Parlament (frz. "Parlement wallon") übt seine Macht alleine in der Wallonischen Region aus. Es zählt 75 Abgeordnete, die direkt von der wallonischen Bevölkerung für 5 Jahre gewählt werden. Der Sitz befindet sich in Namur. Präsident des Wallonischen Parlamentes ist José Happart (PS).
    • Das Parlament der Region Brüssel-Hauptstadt (ndl. "Brussels Hoofdstedelijk Parlement", frz. "Parlement de la Région de Bruxelles-Capitale") übt seine Macht alleine in der Region Brüssel-Hauptstadt aus. Der Sitz befindet sich in Brüssel. Es zählt 89 Abgeordnete, die direkt von der Bevölkerung für 5 Jahre gewählt werden. Innerhalb des Parlamentes gibt es zwei Sprachgruppen, nämlich die französische Sprachgruppe (mit zur Zeit 72 Sitzen) und die niederländische Sprachgruppe (mit zur Zeit 19 Sitzen). Präsident des Parlamentes der Region Brüssel-Hauptstadt ist Eric Tomas (PS).
  • Die exekutive Macht gehört den Regionalregierungen.
    • Die Flämische Regierung (ndl. "Vlaamse Regering") ist sowohl für die Flämische Region als auch für die Flämische Gemeinschaft die selbe (siehe oben).
    • Die Wallonische Regierung (frz. "Gouvernement wallon") stellt höchsten 9 Minister. Der Ministerpräsident der Wallonischen Regierung ist Elio Di Rupo (PS).
    • Die Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt (ndl. "Brussels Hoofdstedelijke Regering", frz. "Gouvernement de la Région de Bruxelles-Capitale") stellt einen "sprachlich neutralen" Ministerpräsidenten, 4 Minister, zwei französischsprachige und zwei niederländischsprachige, sowie 3 sogenannte Staatssekretäre, darunter mindestens einen niederländischsprachigen. Der Ministerpräsdient der Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt ist Charles Picqué (PS).

[Bearbeiten] Zuständigkeiten

Die Regionen sind zuständig für u.a. Wirtschaft, Arbeitspolitik, Landwirtschaft, Wasserpolitik, Wohnungsbau, öffentliche Arbeiten, Energiepolitik, Verkehrswesen (mit Ausnahme der Belgischen Bahn), Raumordnung und Städtebau, Naturschutz, Außenhandel, Aufsicht über die Provinzen, die Gemeinden und die Interkommunalen. In all diesen Angelegenheiten besitzen die Gemeinschaften ebenfalls die Befugnis internationale Verträge sowie innerstaatliche Abkommen (sogenannte "Kooperationabkommen") zu unterzeichnen.


[Bearbeiten] Die lokale Ebene

Die lokalen Behörden, d.h. die Provinzen und Gemeinden, sind den föderalen Behörden unterstellt. Sie werden also nicht zu den Teilstaaten innerhalb des belgischen Föderalstaates gezählt.

[Bearbeiten] Die Provinzen

Die fünf flämischen Provinzen
Die fünf flämischen Provinzen
Die fünf wallonischen Provinzen
Die fünf wallonischen Provinzen

Seit 1995 besitzt Belgien zehn Provinzen. Die historische Provinz Brabant wurde zu diesem Zeitpunkt in eine wallonische und eine flämische Provinz geteilt. Dabei wurde das zweisprachige Gebiet Brüssel-Hauptstadt "provinzfrei" erklärt.

Es gibt fünf flämische Provinzen (mit Verwaltungssitz in Klammern):

  1. Antwerpen (Antwerpen)
  2. Limburg (Hasselt)
  3. Ostflandern (Gent)
  4. Flämisch Brabant (Löwen)
  5. Westflandern (Brügge)

Daneben gibt es ebenfalls fünf wallonische Provinzen (mit Verwaltungssitz in Klammern):

  1. Wallonisch Brabant (Wavre)
  2. Hennegau (Mons)
  3. Lüttich (Lüttich)
  4. Luxemburg (Arlon)
  5. Namur (Namur)

Die Provinzen besitzen eigene Institutionen. Der Provinzialrat wird alle 6 Jahre direkt von der Bevölkerung gewählt und stimmt über sogenannte Verordnungen ab. Das Provinzkollegium (ehemalige Permanentdeputation) führt diese Verordnungen aus. Den Vorsitz im Provinzkollegium führt der Provinzgouverneur, der von den Regionen ernannt wird.

Die Provinzen verfügen über eine breite Palette von Befugnissen ("alles, was im Interesse der Provinz steht"), die sie selbst ausführen dürfen. Dabei unterstehen die Provinzen jedoch immer dem Föderalstaat, den Gemeinschaften und vor allem den Regionen, von denen sie ihre Hauptfinanzierung erhalten. De facto besitzen die Provinzen also nur wenig Autorität im belgischen Föderalismus (sodass regelmäßig über die Zweckmäßigkeit dieser archaischen Institution gerätselt wird). Die Hauptarbeit der Provinz besteht lediglich, sofern sie damit beauftragt worden sind, in der Ausführung der Maßnahmen, die auf föderaler Ebene entschieden worden sind. Allein der Provinzgouverneur verfügt noch über weit reichende persönliche Befugnisse (vornehmlich in Sachen Sicherheit).

[Bearbeiten] Die Gemeinden

Ganz unten in der Hierarchie des belgischen Föderalstaates befinden sich die 589 Gemeinden. Sie unterstehen ebenfalls der Aufsicht der Regionen.

Die Gemeinderäte (oder manchmal "Stadträte") werden alle 6 Jahre direkt von der Bevölkerung gewählt und stimmen ebenfalls über (Gemeinde-)Verordnungen ab. Das Gemeindekollegium (ehemaliges Bürgermeister- und Schöffenkollegium (BSK)) führt diese Verordnungen aus. Die Gemeinden verfügen ebenfalls über breite Befugnisse ("alles, was im Interesse der Gemeinde steht"), sind aber ebenfalls einer strengen Aufsicht unterworfen.

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Siehe auch

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