Technologie
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Mit dem Begriff Technologie (griech. τεχνολογία technología = die Herstellungs- bzw. Verarbeitungslehre) werden alle Verfahren zur Produktion und Distribution von Waren und Dienstleistungen zusammengefasst, die einer technisch entwickelten Gesellschaft zur Verfügung stehen. Während Technik die Anwendung einer Methode oder eines Prinzips ist, mit der eine bestimmte produktorientierte Wirkung erzielt wird ("Wie mache ich das?"), sagt Technologie etwas über den Umgang mit den verfügbaren Techniken aus ("Was mache ich mit der Technik, wie setze ich sie noch ein?"); sie ist also eher prozessorientiert, versucht sich vom Produkt zu lösen.
Im deutschen Sprachraum taucht der Begriff Technologie zum ersten mal bei Johann Beckmann auf. In seiner Anleitung zur Technologie oder zur Kenntniß der Handwerke, Fabriken und Manufacturen... von 1777 und den darauf folgenden Schriften entwickelte er den Gedanken zur Begründung einer Technologie als Wissenschaft.
Die häufig anzutreffende Übersetzung des englischen Begriffes technology mit Technologie ist nur bedingt geeignet, denn das Bedeutungsspektrum von "technology" ist breiter; es reicht von "Technik" über "Gerät", "Werkzeug", "Computerprogramm" bis hin zu "System" und "Verfahren". Dort wird die durchaus nützliche Unterscheidung von Technik und Technologie nicht vorgenommen. Entsprechend ist bei der Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche semantisch zu differenzieren.
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[Bearbeiten] Differenzierung
Technologie beinhaltet Komponenten der Technik (Werkzeuge, Geräte, Apparate), Komponenten der Logistik, sowie die materiellen und organisatorischen Voraussetzungen zu deren Anwendung. Häufig wird schönfärberisch von Technologie statt von Technik geredet. Spricht jemand z.B. im Zusammenhang mit Fahrzeugen von "neuester eingesetzter Technologie", ist eigentlich die Fahrzeugtechnik gemeint. Technologie ist dabei meist eine falsche Übersetzung aus englischen Vorlagen und soll das Wort Technik nur aufblasen, um den Wert eines Produktes größer erscheinen zu lassen. Zudem ist ein Kunde im Allgemeinen weniger an der Herstellungsart/ Technologie eines Erzeugnisses interessiert, als vielmehr an der Technik, die ihm relative Gebrauchsvorteile gegenüber einem anderen Produkt verschafft.
Technologie ist ein Folgebegriff von Technik und bezeichnet das Anwenden physikalischer, chemischer und biologischer Verfahren (also Techniken) in festgelegter logistischer Vernetzung, um bestimmte Stoffe bzw. Erzeugnisse zu gewinnen, zu verarbeiten bzw. herzustellen. Beispiel: Anhand eines gentechnisch veränderten Bakteriums, in dessen Genom ein neues Eiweiß-Gen eingebaut wurde, wird dieses Eiweiß nun biotechnologisch in besonderen Anlagen in großem Stil produziert.
Technologie hat einen kulturhistorischen Kontext, sodass sie oft als Synonym für eine bestimmte Epoche (z.B. Bronzezeit, Informationszeitalter) oder als Bestimmung für eine Kultur (z.B. bandkeramische Kultur) dient.
Technologie als Umgang mit verfügbarer Technik setzt der erreichbaren Produktivität einen Rahmen, sowohl qualitativ (was kann ich produzieren, was brauche ich an Voraussetzungen) als auch quantitativ (Kosten, Wachstumsraten).
High-Tech und Low-Tech enthalten mit tech den gemeinsamen Stamm von "Technik" und "Technologie". "Hightech-Produkte" sind Erzeugnisse, die komplexe technische Konstruktionslösungen aufweisen und zu deren Herstellung schwierige bzw. aufwendige Techniken zum Einsatz kommen. Bei Low-Tech hingegen werden absichtlich möglichst einfache, ausfallsichere Techniken angewandt (bei deren Entwicklung trotzdem neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zum Einsatz kommen können), deren Herstellung, Anwendung und Wartung relativ einfach zu lernen sind. In diesem Zusammenhang wird oft von einer "angepassten Technologie" (s.u.) gesprochen.
Juristisch gibt es den Begriff Stand der Technik, der eher im Sinne von Innovation verstanden wird und vom mehr konservativ geprägten Begriff anerkannte Regeln der Technik zu unterscheiden ist.
Bei der Entwicklung von Technologie unterscheidet man zwei Ansätze: zum einen den "technology push" - Ansatz, bei dem zuerst eine neue technische Entwicklung gemacht wird und danach nach möglichen Anwendungen und Nutzern gesucht wird, und zum anderen den Ansatz des "demand/market-pulls", bei dem die technische Entwicklung nach den Bedürfnissen der Benutzer erfolgt. Seit den 1980ern wird in der Industrie und bei der Technologiepolitik meist eine Doppelstrategie benutzt.
[Bearbeiten] Geschichte
Obwohl der Gebrauch von Werkzeugen auch bei Tieren nachgewiesen wurde, ist der Begriff Technologie an die menschliche Kultur gekoppelt. Das Vorhandensein von Technologie (Werkzeuggebrauch, Feuer) zur Herstellung von Artefakten wurde daher auch oft zur Abgrenzung zwischen Mensch und Tier verwendet.
Der technologische Fortschritt ist eng mit dem gesellschaftlichen Fortschritt insgesamt verknüpft. Während sich bis etwa zur industriellen Revolution die Technologie im Alltag kaum bemerkbar machte (weil sie sich nur langsam, wenn überhaupt, veränderte), ist spätestens mit dem Auftreten von Technologie-Katastrophen im 20. Jahrhundert der Begriff Technologie ins Bewusstsein der Menschen gedrungen. In jüngster Zeit gewinnt daher die Technikfolgenabschätzung zunehmend an Bedeutung.
[Bearbeiten] Vor- und Frühgeschichte
Bereits in vorgeschichtlicher Zeit (Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit) schuf die verfügbare Technologie die Rahmenbedingungen für die entstehende Kultur und wurde daher zum prägenden Begriff. Obwohl heute oft eher abschätzig betrachtet ("Dein Handy ist wohl noch aus der Steinzeit?") ist die Technologie dieser Epochen durchaus aufwändig und komplex, was sich in den heute noch vorhandenen Funden aus diesen Epochen (beispielsweise Ötzi) ausdrückt.
Die Erfindung der Bronzebearbeitung zu Waffen und Werkzeugen, die der Bronzezeit den Namen verleiht, ist ein Beispiel aus der Geschichte, wo eine Technik aufgrund ihrer fundamentalen Bedeutung für sämtliche Lebensbereiche eine Einheit mit der Technologie bildete. Eine moderne Parallele findet man beispielsweise in der Informationstechnik, die bereits jetzt die Bezeichnung Informationszeitalter motiviert hat.
Weitere Technologien der Vor- und Frühgeschichte waren die Verarbeitung von Feuerstein und Eisen.
[Bearbeiten] Antike bis erste Hälfte des 18. Jahrhunderts
War bei den Technologien der Vorzeit noch der Einsatz von Handwerkzeugen bestimmend, so entstanden schon in den antiken Hochkulturen erste Maschinen, und es gab eine systematische Weiterentwicklung und Verbreitung der Techniken. Trotzdem entwickelten sich Fortschritte nur langsam, da viele Techniken, wie zum Beispiel Dampfmaschine, Elektrizität erst später entwickelt wurden, obwohl die Grundprinzipien teilweise schon bekannt waren.
In dieser Zeit wurde von Technologie selbst noch nicht gesprochen. Trotzdem gab es immer wieder Versuche, das bestehende Wissen zu beschreiben. Ab etwa dem 16. Jahrhundert setzte sich eine Lehre durch, welche die sich rasch entwickelnden Gewerbe, deren handwerklichen Verfahren und technischen Mittel, beschrieb. Die Hauptvertreter dieser Epoche waren Georgius Agricola und Réaumur. Agricola verfasste eine Enzyklopädie über den Bergbau und das Hüttenwesen. Unter der Anregung und Leitung von Réaumur wurde an der Pariser Akademie der Wissenschaften eine Sammlung von Beschreibungen der unterschiedlichsten Gewerbe erstellt. Diese Sammlung füllte im Jahr 1805 bereits 21 Bände und stellte die umfassendste Beschreibung der damaligen Methoden und Verfahren dar.
In dieser Zeit hatte das Wort Technologie die Bedeutung von "Lehre von den Fachwörtern, Systematik der Fachwörter". Somit beschrieb es die Fähigkeit, über wissenschaftliche Vorgänge zu sprechen. Später übernahm das Wort "Terminologie" diese Bedeutung (vgl. Duden Herkunftswörterbuch, 1997, S.739).
Prägend für diese Periode waren die Entwicklung von Maschinen, die Nutzung von Wind- und Wasserkraft, die Erfindung des Buchdrucks und der Übergang vom Handwerk zur Manufaktur.
[Bearbeiten] Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts bis Frühes 19. Jahrhundert
Mit der Erfindung der Dampfmaschine im 18. Jahrhundert setzt man den Beginn der industriellen Revolution an. Die Möglichkeit, Energie im großen Maßstab nützlich zu machen, gab der Entwicklung von Technologien einen ungeahnten Aufschwung. Und der Begriff wurde selbst zum Gegenstand der Wissenschaft.
1777 veröffentlichte der Göttinger Professor für Ökonomie und Kameralwissenschaften Johann Beckmann die "Anleitung zur Technologie". Somit ist das erste Mal der Begriff der Technologie gefallen. Schon in der Erklärung für diese Wortwahl wird ersichtlich, was Beckmann beabsichtigte. Er wollte mit der Technologie eine Wissenschaft, die "Arbeiten, ihre Folgen und Gründe vollständig, ordentlich und deutlich erklärt". Doch die größte Leistung von Beckmann ist die systematische Erfassung und Ordnung des technologischen Wissens dieser Zeit. Sein Wirken beschränkte sich nicht nur auf seine Zeit. In weiteren Schriften fanden sich sogar schon Ansätze, Techniken nicht aus der produktorientierten, sondern aus der prozessorientierten Sicht zu beschreiben. In seinem "Entwurf der allgemeinen Technologie" sind so 51 Methoden- und Verfahrensklassen, die unabhängig von dem behandelnden Ausgangsstoff, den Produktionsprozess beschreiben. Somit wurden zum ersten Mal in der Geschichte die über die Zeit entwickelten Methoden und Verfahren losgelöst von der ursprünglichen Verwendung betrachtet. Dadurch konnten nun die scheinbar zusammenhangslosen Produktionsprozesse in Beziehung zueinander gesetzt und innovativ kombiniert werden.
Karl Marx hat diese Entwicklung als erster beschrieben. Ihm zufolge wurde damit die moderne Wissenschaft der Technologie geschaffen.
Die Auffassung von Technologie als eigenständiger Wissenschaft hat sich nicht durchgesetzt, am engsten sind wohl die Ingenieurwissenschaften mit der Technologie verknüpft, obwohl in einem abstrakten Sinn alle Wissenschaften Beiträge zur Technologie liefern.
[Bearbeiten] Frühes bis Ende des 19 ten. Jahrhunderts
In dieser Phase ist eine starke Entwicklung spezieller technologischer Bereiche zu erkennen. So entstehen Werke zur mechanischen, chemischen und landwirtschaftlichen Technologie. Die Entwicklung dieser Bereiche schritt im Prinzip unabhängig voneinander voran. Dieses kann eigentlich als Stillstand der Entwicklung der Technologie als Wissenschaft angesehen werden. Nur Karl Karmarsch scheint dem Gedanken der Zusammenführung der Technologie anzuhängen. So ist in seinem Werk "Handbuch der mechanischen Technologie" von 1837 bereits eine Differenzierung in die 'allgemeine' und 'spezielle' Technologie anzutreffen. Auch die heute noch aktuelle Erforschung des Produktionsprozesses und deren systematische Darstellung beruht auf seinem Werk.
[Bearbeiten] Ende des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts
In dieser Zeit kommt die industrielle Massenproduktion auf. Die Dampfmaschine wird durch den individuellen Elektroantrieb ersetzt. So bestand nun die Möglichkeit, den Produktionsprozess neu zu gestalten und zu organisieren. Doch es ist anzunehmen, dass neue Produktionsprozesse, wie die Fließ- und Massenfertigung, nicht realisiert worden wären, wenn es nicht eine radikale Änderung der Betrachtungsweise des Produktionsprozesses gegeben hätte; sie wurden nun von einem abstrakteren Gesichtspunkt betrachtet und konnten so besser optimiert werden. Aus diesen Optimierungen, die sich überwiegend im Bereich der mechanischen und chemischen Industrie abspielten, bildeten sich die Fertigungstechnik, die Verfahrenstechnik, die Fördertechnologie und auch die Verarbeitungstechnologie heraus. Diese Bereiche waren nun nicht mehr an einzelne Richtungen gebunden und konnten so allgemeingültige Verfahren und Prozesse entwickeln.
Prägende Technologien dieser Periode sind die Fließbandfertigung und das Haber-Bosch-Verfahren (zur Massenproduktion von Farben, Kunstdünger oder Sprengstoff)
[Bearbeiten] ab Mitte des 20. Jahrhunderts
Mit der Entwicklung der Atombombe und dem Aufkommen der Atomtechnologie wurde zum erstenmal in der Geschichte die Selbstauslöschung der Menschen durch Technologie ermöglicht. Der Umgang mit Technologie und technischem Fortschritt wurde damit zur existentiellen Frage der Menschheit. Andere Technologien haben ebenfalls potentiell globale, katastrophale Folgen (Gentechnik, globale Erwärmung), so dass für manche der Begriff Technologie erstmals eine negative Nebenbedeutung bekommen hat und es Bestrebungen zur Begrenzung des technischen Fortschritts und zur Technologiefolgeabschätzung gibt.
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hat der Menschheit die Möglichkeit gegeben, die rechnerische Leistung des Gehirns mittels Computer zu multiplizieren (mit exponentieller Beschleunigung), was weitaus größere Folgen für den menschlichen Fortschritt haben wird, als die Multiplizierung der Muskelkraft von Menschen durch die industrielle Revolution.
Hinzugekommen sind in dieser Ära die Kernkraft, die Raumfahrt, die Informationstechnologie, Internet, Multimedia und die Gentechnik.
[Bearbeiten] Technologieentwicklung
Die Vielfalt an entwickelten Technologien während der letzten Jahrtausende hat heute dazu geführt, zur Steigerung von Effizienz und Effektivität besonders erfolgreiche Technologien in möglichst vielen Bereichen zu standardisieren. Die Stufen auf dem Weg dorthin werden Zukunfts-/Schrittmacher-, Schlüssel- und Basistechnologie genannt.
[Bearbeiten] Zukunfts- bzw. Schrittmachertechnologien
Als Zukunfts- oder Schrittmachertechnologien bezeichnet man innovationsträchtige Technologien, die sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, aber ein großes Potenzial haben, die Wettbewerbslage in einer Branche deutlich zu verändern. Sie können sich zur Schlüsseltechnologie weiterentwickeln.
Gründe für ihre mögliche Zukunftsfähigkeit:
- Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen, verspricht jedoch einen großen Nutzen für die Menschen. Beispiele: Biotechnologie, Nanotechnologie, sowie das Internet.
- Herkömmliche Technologie stößt an ihre Grenzen und soll durch eine andere ersetzt werden. Beispiele: Biogas, BtL-Kraftstoff, Brennstoffzellentechnologie, Windkraft, Geothermie, Solarkraftwerke, Wasserkraftwerke, Kernfusion.
- Neue Methoden oder Verfahren, mit deren durch Miniaturisierung oder Integration vorher nicht denkbare Anwendungsszenarien für bereits bekannte Technologien erschlossen werden, Beispiel RFID, Smartphone, energieautarke Systeme.
[Bearbeiten] Schlüsseltechnologie
Schlüsseltechnologien (auch Basisinnovation genannt) sind Technologien, die eine Erschließung neuer Technikbereiche ermöglichen und bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Diese Technologien befinden sich im Wachstum und sind daher entscheidend für die Wirtschaft der Zukunft. Schlüsseltechnologien sind die Weiterentwicklung von Schrittmachertechnologien, die sich erst in der Entstehung befinden. Aus Schlüsseltechnologien werden Basistechnologien wenn sie zum Standard geworden sind.
Historische Beispiele:
Heutige Beispiele:
[Bearbeiten] Basistechnologie
Technologien werden als Basistechnologien bezeichnet, sobald sie allgemein erprobt, anerkannt und standardisiert sind. Sie bilden die Grundlage der meisten Produktions- und Dienstleistungvorgänge, und sind prägend für eine Epoche oder Kultur. Basistechnologien haben meist nur noch wenig Entwicklungspotenzial da sie oft ausgereift sind. Deswegen spielen sie im Wirtschaftswachstum eine geringe Rolle, in der Wirtschaft an sich hingegen eine große Rolle.
Beispiele:
[Bearbeiten] Literatur
- Seiffert, Helmut; Radnitzky, Gerard (Hrsg.) (1992): Handlexikon zur Wissenschaftstheorie. 2. unv. Aufl. (Orig. 1989), München: dtv, ISBN 3-423-04586-8, S. 362-365 (Stichwort Technologie und deren Abgrenzung zu anderen Wissenschaften).
- Baudrillard, Jean; Böhringer, Hannes; Flusser, Vilem (1989): Philosophien der neuen Technologie, Berlin: Merve, ISBN 3883960667.
- Brödner, Peter (1997): Der überlistete Odysseus, Berlin: Edition Sigma, ISBN 3894046112.
- Fohler, Susanne; Techniktheorien. Der Platz der Dinge in der Welt des Menschen. Wilhelm Fink Verlag. 2003. ISBN 3770537599.
[Bearbeiten] Siehe auch
Wiktionary: Technologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |