August Orth
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August (Friedrich Wilhelm) Orth (* 25. Juli 1828 in Windhausen bei Osterode am Harz; † 11. Mai 1901 in Berlin) war ein deutscher Architekt.
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[Bearbeiten] Leben
August Orth wurde am 25. Juli 1828 als Sohn eines Landwirtes in Windhausen bei Braunschweig geboren. 1834 übersiedelte die Familie nach Lengefeld, heute ein Ortsteil von Korbach. In Korbach besuchte er das Gymnasium und begann nach dem Abitur im Frühling 1848 das Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Braunschweig parallel zum Besuch der Malerakademie in Braunschweig. Bereits 1850 wechselte er an die Berliner Bauakademie. Seine Lehrer an der Bauakademie widerspiegeln die verschiedenen Strömungen der Nach-Schinkel-Zeit - Friedrich August Stüler, Johann Heinrich Strack und insbesondere der Architekturtheoretiker Karl Bötticher stehen eher für den strengen Klassizismus, Wilhelm Stier für die Entwicklung einer neuen Baukunst. 1854 legte er die Bauführerprüfung ab. Die unsichere politische und wirtschaftliche Lage verhinderten vorerst den Berufseinstieg August Orths. Stattdessen folgte er in den nächsten drei Jahren seiner malerischen Ader und studierte 1853/54 an der Berliner Akademie und anschließend an der Kunstakademie in München.
Durch Teilnahme an Wettbewerben, versuchte er sich als Architekt zu etablieren. Mit einem Entwurf für ein Fürstenschloss beteiligte er sich 1855 am Wettbewerb der Akademie und gewann 1856 den Schinkelpreis des Architektenvereins zu Berlin, dessen Mitglied er seit 1852 war, mit seinem Entwurf für eine romanische Kirche am Humboldthafen. Der Realisierung des Entwurfes scheiterte an der Finanzierung. Nach Studienreisen nach Süddeutschland mit Aufenthalten in Heidelberg, Marburg und Nürnberg und erster Berufspraxis bei der Bergisch-Märkischen Eisenbahn in Elberfeld von Anfang 1856 bis Januar 1858 legte August Orth 1858 das Baumeisterexamen an der Berliner Bauakademie ab. Weitere Studienreisen folgten 1859/1860 nach Südfrankreich, Italien und Sizilien. Mit seinen kurzzeitigen Anstellungen bei der Bergisch-Märkischen Eisenbahn 1861/1862 und bei der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn als Vorsteher des technischen Büros 1863 blieb er dem Eisenbahnsektor treu. Anschließend machte er sich als Privatarchitekt selbstständig, zeitweise assoziiert mit Edmund Knoblauch, einem Sohn von Eduard Knoblauch. Als Hausarchitekt des Eisenbahnkönigs Bethel Henry Strousberg errichtete er neben seinem Palais an der Wilhelmstraße 70 (1867-68) und seinem Landsitz Schloss Zbirow in Böhmen (1869-71) auch die Vieh- und Schlachthausanlagen des Berliner Viehmarktes an der Brunnenstraße im Auftrag der durch Strousberg kontrollierten Viehmarkt-Kommanditgesellschaft (1868-74). Ab 1865 beschäftigte er sich auch mit Forschungen zur Raumakustik und verwendete die Ergebnisse in seinen Kirchenbauten.
1871 und 1873 verfasste er zwei Denkschriften zum Projekt einer Berliner Centralbahn, einer viergleisigen, meist als Viadukt geführten Ringbahn von drei Kilometern Durchmesser in Nord-Süd-Richtung und vier Kilometern in Ost-West Richtung. Mit diesem ersten Stadtbahnprojekt, einer zweiten, kleineren Ringbahn, ist er einer der geistigen Väter der Berliner Stadtbahn. Sein Projekt wurde als über die Verhältnisse hinausgehend und als nicht durchführbar betrachtet.
In den Jahren 1872 bis 1877 war er im Vorstand des Architektenvereins zu Berlin. Am 8. Juni 1879 beteiligte er sich jedoch an der Gründung des Vereins Berliner Architekten, einer Abspaltung der Privatarchitekten aus dem Architektenverein. Im neuen Verein übernahm er erneut Verantwortung als langjähriges Vorstandsmitglied sowie 1879/80 als stellvertretender und 1880 als regulärer Vorsitzender.
Im Juli 1877 wurde August Orth zum Baurat ernannt, 1893 zum Geheimen Baurat und schließlich 1896 zum Geheimen Oberbaurat. Die Berliner Akademie nahm ihn 1873 als Mitglied auf, die Wiener Akademie im Jahr 1893. Nach einer Studienreise durch England, Frankreich, Italien und der Schweiz verbrachte er seine letzten Jahre an der Anhalterstraße Nr. 13.
August Orth starb am 11. Mai 1901 im Lazarus-Krankenhaus in Berlin. Mit seiner Schwester Marie (1830-1910), einer Porträt- und Genremalerin, und seinem Bruder Albert (1835-1915), Agronom und Begründer der landwirtschaftlichen Bodenkartografie, liegt er in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Dreifaltigkeitskirchhof II in der Bergmannstraße in Berlin-Kreuzberg begraben.
Pyrmont verlieh ihm 1879 die Ehrenbürgerschaft, sein Geburtsort Korbach 1893.
[Bearbeiten] Werke
[Bearbeiten] Projekte und Entwürfe
- 1858 Entwurf Berliner Rathaus, Berlin - dieser Entwurf hatte wesentlichen Einfluss auf das ausgeführte Projekt von Hermann Friedrich Waesemann
- 1862 Entwurf Thomaskirche, Berlin
- 1868 Entwurf Berliner Dom
- 1871 Projekt einer Centralbahn, Berlin
- 1871 und 1874 Entwürfe für einen Durchbruch Kaiser-Wilhelm-Straße, Berlin
- 1872 Entwurf Reichstag, Berlin
- 1873 Entwurf Stettiner Bahnhof zusammen mit E. Knoblauch
- 1875-1876 Entwurf Bebauung der Museumsinsel mit S-Bahn-Querung, Berlin
- 1882 Entwurf für die Dankeskirche am Zoologischen Garten, Berlin
- 1885 Entwurf für eine Synagoge, Berlin
- 1886 Entwurf für die unterirdische Verlängerung der Zimmerstraße nach Westen, Berlin
- 1897 Entwurf für steinerne Hochbahnviadukte in der Innenstadt, Berlin
- Entwurf für einen Basar Unter den Linden 17/18, Berlin
[Bearbeiten] Sakralbauten
- 1867-1873 Zionskirche, Berlin - der Vorentwurf war von Gustav Möller
- 1872-1874 Kirche in Pyrmont
- um 1876 Kirche in Ahaus
- 1882-1883 Dankeskirche auf dem Weddingplatz, Berlin (zerstört im Zweiten Weltkrieg)
- 1884 Erbbegräbnis Michaelis in Weißensee, Berlin
- 1885-1886 evangelische Garnisonkirche in Neiße
- 1888-1891 Friedenskirche, Ruppiner Straße, Berlin
- 1889-1891 evangelische Kirche in Hundsfeld bei Breslau
- 1890-1893 Gethsemanekirche, Stargarder Straße, Berlin
- 1890-1893 Emmaus-Kirche, am Lausitzer Platz, Berlin - Kirche bis auf Turm im Zweiten Weltkrieg zerstört
- 1891-1893 Himmelfahrtskirche, Humboldthain, Berlin (zerstört im Zweiten Weltkrieg)
- 1894-1895 Kreuzeskirche in Essen
- 1900-1901 Friedhofskapelle in Berlin-Mariendorf
- evangelische Kirche Betlehem, Palästina
[Bearbeiten] Profanbauten und Diverses
- 1861/62 Zentralwerkstätte der Bergisch-Märkischen Eisenbahn in Witten
- 1864-1866 Eisenbahnbrücke über den Landwehrkanal, Berlin
- 1865 königlicher Bahnhofspavillon in Halbe
- 1865 Villa Loring bei Málaga
- 1865 Brücke über die Unterspree, Berlin
- 1866-1868 Görlitzer Bahnhof, Berlin
- 1867-1868 Palais Strousberg, Wilhelmstraße 70, Berlin - bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg Britische Botschaft
- 1868-1874 Vieh- und Schlachthausanlage, Brunnenstraße, Berlin (Berliner Viehmarkt)
- 1875 Wohnhauser Wöhlert, Königgrätzer-Straße 2, Berlin (zerstört) - mit Edmund Knoblauch
- 1875-1888 Wohnhäuser in Braunschweig
- 1875 Wohnhauser Schlüter, Königgrätzer-Straße 93, Berlin (zerstört) - mit Edmund Knoblauch
- 1878 Triumphbogen zum Einzug Wilhelms I.
- 1880 Entwurf für den Umbau des Deutschen Doms am Gendarmenmarkt, Berlin
- 1880 Clubhaus des Union-Clubs Berlin, Schadowstraße Nr. 9, Berlin (zerstört)
- 1881-1882 Wohnhäuser Kurfürstenstraße 134 (Scheibler), 135 (Rütgers) und Quergebäude des Geschäftshauses Leipziger Straße 31/32, Berlin
- 1888 Trauerdekoration auf der Schlossbrücke bei Tod Wilhelms I.
- 1891 Schloss Pavelwitz/Pawłowice bei Breslau
- 1869-71 Schloss Zbirow in Böhmen 1869-71 - Landsitz von Bethel Henry Strousberg
- um 1870/1880 Villa Rütgers in der Kurfürstenstraße, Berlin (zerstört)
[Bearbeiten] Schriften
- August Orth: Berliner Centralbahn. Eisenbahnprojekt zur Verbindung der Berliner Bahnhöfe nach der inneren Stadt. Berlin 1871
- August Orth: Denkschrift über die Reorganisation der Stadt Berlin. Berlin 1871
- August Orth: Neue Viehmarkt- und Schlachthaus-Anlage zu Berlin: Mit X. Kupfertafeln, einundvierzig in den Text eingedruckten Holzschnitten und einer graphischen Darstellung, Ernst & Korn Berlin 1872
- August Orth: Die Zionskirche zu Berlin: Mit 8 Kupfertafeln und 12 Holzschnitten., Ernst & Korn Berlin 1874
- August Orth: Zur baulichen Reorganisation der Stadt Berlin: 2 Denkschriften und eine am Schinkelfeste 1875 gehaltene Festrede., Ernst & Korn Berlin 1875
- August Orth: Entwurf zu einem Bebauungsplan für Strassburg / bearbeitet von August Orth., Seemann Leipzig 1878
- August Orth: Die Zukunft Charlottenburgs in Beziehung zu den neuen Verkehrswegen und zur Einverleibung in Berlin., Berlin, 1881
- August Orth: Die Dankeskirche in Berlin. Ernst & Korn Berlin 1890
- Josef Durm [Herausgeber]: Handbuch der Architektur; Teil 3: Die Hochbau-Constructionen; Bd. 6. darin August Orth: Anlagen zur Erzielung einer guten Akustik, Bergsträsser Darmstadt 1891
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: August Orth – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Biographie August Orths
- Biographie und Werkverzeichnis, bei historismus.net
- Verzeichnis der Pläne August Orths im Architekturmuseum der TU Berlin
- Literatur von und über August Orth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Personendaten | |
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NAME | Orth, August |
ALTERNATIVNAMEN | Orth, August Friedrich Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | Architekt |
GEBURTSDATUM | 25. Juli 1828 |
GEBURTSORT | Windhausen |
STERBEDATUM | 11. Mai 1901 |
STERBEORT | Berlin |