Hanns Kerrl
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Hanns Kerrl (* 11. Dezember 1887 in Fallersleben; † 12. Dezember 1941 in Berlin) war ein nationalsozialistischer Politiker. Er übte unter anderem die Ämter des Preußischen Landtagspräsidenten und Reichsministers für kirchliche Angelegenheiten (Reichskirchenminister) aus, in letzterem war er verantwortlich für die Gleichschaltung der Kirchen in Deutschland.
Hanns Kerrl wurde als Sohn protestantischer Eltern in Fallersleben geboren. Sein Vater war dort Schulleiter. Nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg, in dem er als Leutnant das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse erhielt wurde Kerrl Justizbeamter. Hanns Kerrl schloss sich bereits 1923 der NSDAP an und engagierte sich in der lokalen Politik. 1928 bis 1933 war er im preußischen Landtag und wurde im November 1933 Mitglied des Reichstags für Südhannover-Braunschweig. Er war auch 1933 kurzfristig preußischer Justizminister und erließ in dieser Zeit Berufsverbote für jüdische Notare und Rechtsanwälte in Preußen.
Aufgrund seiner protestantischen Erziehung und seines vergleichsweise skandalfreien Werdegangs und nicht zuletzt seiner niedrigen Parteinummer erschien er Hitler als der geeignete Mann für den Posten des Präsidenten des Preußischen Landtags, nachdem die NSDAP 1932 dort die Mehrheit der Mandate errungen hatte. Hitler hoffte, während seiner Machterschleichung den Konservativen ein beschwichtigendes Bild mit einem streng protestantischen und damit oberflächlich gesehen "urpreußischen" Bildungsbürgers an der Spitze des Parlaments zeigen zu können.
Nachdem Kerrl mit einigen Schwierigkeiten eine Auflösung des Landtages und Neuwahlen für den 5. März 1933 durchgesetzt hatte, damit die NSDAP eine Zweidrittelmehrheit erringen konnte, setzte er das Ermächtigungsgesetz durch, womit sich Preußen nach 234 Jahren Eigenständigkeit endgültig dem Reich unterwarf.
Als sein Amt mit der Auflösung des Landtags am 30. Januar 1934 hinfällig geworden war, wurde er am 17. Juni Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Am 16. Juli 1935 wurde er zum Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten an die Spitze eines neuen und kurzlebigen Ministeriums gestellt. In seiner neuen Funktion sollte er besonders für die endgültige Gleichschaltung der Evangelischen Kirche in Deutschland sorgen (Die katholische Kirche hatte sich durch das Reichskonkordat 1933 bereits weitgehend in die politische Neutralität zurückgezogen).
Kerrl wurde SA-Obergruppenführer und war Sympathisant der mit dem Nationalsozialismus sympathisierenden Deutschen Christen.
Ihm fiel auch die Rolle des Mittlers zwischen streng antikirchlichen NSDAP-Führern (wie z.B. Heinrich Himmler) und den vorhandenen gottesbezogenen Ideologien des Nationalsozialismus zu, zumindest nach außen hin. Durch seinen Hintergrund konnte Kerrl sowohl an die offiziellen Funktionäre der Kirchen, als auch an ihre inoffiziellen Intelligenzen treten. Er wurde eine zentrale Figur des Kirchenstreits.
Der australische Historiker Gregory Munro von der Australian Catholic University sagte hierzu folgendes:
- Kerrl war der einzige Minister, der sich ausdrücklich um eine Synthese zwischen Nationalsozialismus und Christentum bemühte. Sehr zum Zorn führender Nationalsozialisten war Kerrl der Überzeugung, dass das Christentum ein tragendes Fundament für die nationalsozialistische Ideologie hergab und dass beide Kräfte in Einklang gebracht werden müssten. Es scheint sehr, dass Hitler hoffte, relativ kurzfristig die Initiative im Kirchenstreit zurück zu erlangen, in dem man zur offiziellen NSDAP-Politik der kirchlichen Neutralität zurückkehrte. Den vorhandenen Quellen zu Folge kann vermutet werden, dass Hitler zwischen zwei möglichen Ansätzen in der Kirchenfrage schwankte. Zum einen wollten besonders die radikalen Elemente innerhalb der NSDAP den kirchlichen Einfluss innerhalb der deutschen Gesellschaft so weit wie möglich reduzieren - notfalls auch mit Gewalt. Zum anderen aber hatte Hitler durch eine friedvolle Übereinkunft mit einer Kirche, der zu Folge sie die nationalsozialistische Ideologie guthieß und sich nur um ihre internen Angelegenheiten kümmerte, viel zu gewinnen.
- Im Jahr 1935 gelang es Kerrl endlich, die Kontrahenten im Kirchenstreit annähernd zu versöhnen. Allerdings war seine Position ab der zweiten Jahreshälte 1936 durch die zunehmende Feinschaft mit der NSDAP bereits völlig untergraben worden, während gleichzeitig die Kirchen mehr und mehr davor zurückwichen, mit einer Regierung zusammenzuarbeiten, in der sie zunehmend nur die Geißel der nationalsozialistischen Partei sahen. Hitler ging - vermutlich unter dem wachsenden Einfluss der Parteiideologen Bormann, Rosenberg und Himmler, bei denen die Idee eines zumindest in Ansätzen christlichen Fundaments eines neuen Deutschlands bestenfalls Heiterkeit hervorrufen konnte - zu einem intoleranteren und extremeren Standpunkt über.
Mit der Verhaftung führender Vertreter einer NSDAP-fernen Kirche wie Dietrich Bonhoeffer, Martin Niemöller u. a. entschied das Regime den Kirchenstreit für sich. Kerrl wurde bei den Entscheidungen nicht mehr gefragt, er wurde nicht einmal mehr zu Hitler vorgelassen.
Verbittert und zermürbt starb er in seinem Amt am 12. Dezember 1941 und wurde mit militärischen Ehren, aber wenig Anteilnahme, beigesetzt. Mit seinem Tod wurde auch sein Ministerium aufgelöst.
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Personendaten | |
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NAME | Kerrl, Hanns |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker und Reichsminister, Reichskirchenminister |
GEBURTSDATUM | 11. Dezember 1887 |
GEBURTSORT | Fallersleben |
STERBEDATUM | 12. Dezember 1941 |
STERBEORT | Berlin |