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Hjalmar Schacht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Horace Greeley Hjalmar Schacht am 21. Juli 1947 in Nürnberg als Zeuge im Flick-Prozess
Horace Greeley Hjalmar Schacht am 21. Juli 1947 in Nürnberg als Zeuge im Flick-Prozess

Horace Greeley Hjalmar Schacht (* 22. Januar 1877 in Tingleff (dänisch: Tinglev), Nordschleswig; † 3. Juni 1970 in München) war ein deutscher Politiker, Bankier, Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsident.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Der Sohn eines deutschen Kaufmanns und einer dänischen Mutter empfing seine ersten beiden Vornamen zur Ehre von Horace Greeley; Hjalmar ist ein dänischer Name. Er studierte ab 1895 in München, Leipzig, Berlin und Kiel Volks- und Finanzwirtschaft, um 1899 über Der theoretische Gehalt des englischen Merkantilismus zu promovieren. Da in Kiel die Promotion in Volkswirtschaft nicht möglich war, bot man ihm an, stattdessen zum Dr. phil. zu promovieren, obwohl er das Fach nicht studiert hatte. Ab 1900 war er als Assistent an der „Zentralstelle zur Vorbereitung von Handelsverträgen“ und 1901 bis 1903 Geschäftsführer des Handelsvertrags-Vereins.

Ab 1903 nahm er Aufgaben als Leiter des Archivs bzw. des volkswirtschaftlichen Büros der Dresdner Bank wahr, bei der er von 1908 bis 1915 als stellvertretender Direktor angestellt war. 1906 wurde er Mitglied der Freimaurerloge Urania zur Unsterblichkeit. 1914 veröffentlichte er in der Zeitschrift der Loge Zur Freundschaft der Großen Loge von Preußen in der ersten Kriegswoche einen Aufsatz, in dem er betonte, dass die deutsche Freimaurerei niemals überspannten nationalistischen Empfindungen Raum gegeben habe. 1949 wurde er Mitglied der Loge Zur Brudertreue an der Elbe. In den ersten Jahren des Ersten Weltkriegs leitete er als Dezernent der Bankabteilung des Generalgouvernements im besetzten Brüssel die Errichtung der Notenbank und die Finanzierung der belgischen (Zwangs-)Kontributionen ein.

Von 1915 bis 1922 war er Vorstandsmitglied der Nationalbank für Deutschland und nach deren Fusion mit der Darmstädter Bank bis 1923 Vorstandsmitglied der Darmstädter und Nationalbank KG. Vom 15. November 1923 bis zu seiner am 22. Dezember 1923 erfolgten Ernennung zum Reichsbankpräsidenten war er Reichswährungskommissar und wirkte maßgeblich an der Einführung der Rentenmark mit.

Daneben wurde er am 7. April 1924 Aufsichtsratsvorsitzender der auf seinen Vorschlag zur Unterstützung der Konvertibilität der Reichsmark gegründeten Deutschen Golddiskontbank. Im gleichen Jahre nahm er an den Beratungen der Sachverständigen für Reparationsfragen sowie an der Londoner Konferenz teil und wirkte mit an der Dawes-Anleihe. Im Jahre 1929 war er Leiter der Delegation zur Reparations-Sachverständigenkonferenz in Paris.

Im November 1918 gehörte Schacht zu den Mitbegründern der liberalen Deutschen Demokratischen Partei. Schacht, der im Mai 1926 aus der DDP ausgetreten war, wandte sich vor allem wegen der seiner Meinung nach zu großzügigen Ausgabenpolitik der Weimarer Koalitionsparteien SPD, DDP und Zentrum immer mehr rechtskonservativen Kräften zu. Seine Kritik an der von SPD, DDP und KPD unterstützten entschädigungslosen Enteignung der deutschen Fürstenhäuser (die 1926 in einer Volksabstimmung knapp scheiterte) war der unmittelbare Anlass seines Parteiaustritts.

1930 trat er, nachdem der Reichstag den von den rechten Organisationen DNVP, NSDAP und Stahlhelm sowie der KPD, aber auch von Schacht bekämpften Young-Plan zur Neuregelung der vom Deutschen Reich zu leistenden Reparationen angenommen hatte, vom Amt des Reichsbankpräsidenten zurück.

[Bearbeiten] NS-Zeit

Im Dezember 1930 lernte er im Hause seines Freundes Emil Georg von Stauß Hermann Göring kennen. Am 5. Januar 1931 lernte er bei einem gemeinsamen Essen von Hermann Göring, Joseph Goebbels und Adolf Hitler kennen, von dem er tief beeindruckt war. Im Oktober 1931 hielt Schacht eine aufsehenerregende Rede auf dem Treffen der NSDAP, der DNVP und des Stahlhelms in Bad Harzburg („Harzburger Front“), in der er die Geldpolitik der Reichsbank polemisch angriff. 1932 begann Schacht die NSDAP zu unterstützen, ohne jedoch in die Partei einzutreten. So war er einer der Unterzeichner der Eingabe von Industriellen an Paul von Hindenburg mit der Aufforderung, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Am 17. März 1933 machte ihn Adolf Hitler erneut zum Präsidenten der Reichsbank und er half mit den später berühmten Mefo-Wechseln entscheidend, die deutsche Aufrüstung zu finanzieren. Schacht besuchte mehrfach auf Einladung der NSDAP den Reichsparteitag in Nürnberg und spendete nennenswerte Geldbeträge an die SA. 1937 wurde ihm und den übrigen Reichsministern das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP verliehen; er selbst ist jedoch nie Mitglied er NSDAP gewesen, da Hitler dies auch nicht zur Bedingung für die Übertragung eines Ministeramts machte („... ich wollte meine Unabhängigkeit nicht verlieren. Mitglied der Partei bin ich nie gewesen.“)

Schacht war auch Vertreter der Reichsbank im Gremium der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die 1930 auch auf seine Initiative gegründet wurde. Dort beschwor er seine Kollegen ständig, „Hitler freie Hand im Osten zu geben“. Ebenfalls im Gremium saß sein persönlicher Freund, Sir Montagu Norman, der Gouverneur der Bank von England (Mitglied der Anglo-German-Fellowship) und damit der einflußreichste Bankier in dieser Zeit. Von August 1934 bis November 1937 war er Reichswirtschaftsminister, von Mai 1935 bis November 1937 zugleich Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft. Er führte im Dezember 1938 in London Verhandlungen über die Aussiedlung von Juden, die als Schacht-Rublee-Plan bekannt wurden. Von 1937 bis 1943 ist er Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Am 19. Januar 1939 wurde er von Hitler wegen seiner Kritik an der Rüstungs- und Finanzpolitik aus dem Amt des Reichsbankpräsidenten entlassen. Auf Hitlers Wunsch und auch aus eigenem Interesse blieb er Reichsminister ohne Geschäftsbereich, bis Hitler ihn 1943 auch aus diesem Amt entließ.

Entgegen seiner Darstellung, Juden nur geholfen zu haben, gab es auch gegenteilige Beispiele. So drängte er 1939 gemeinsam mit einem Partner die jüdische Unternehmerin Franziska Heinemann aus ihrer Münchner Kunstgalerie und verdiente in den Folgejahren hohe Summen, alleine im Jahre 1942 418.000 Mark. Die frühere Besitzerin starb als mittellose Einwanderin in New York.

1944 wird er als Mitverschwörer des Attentats vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler von der Gestapo verhaftet und bis zum Kriegsende in den Konzentrationslagern KZ Ravensbrück und KZ Flossenbürg interniert.

[Bearbeiten] Nach 1945

Als Hauptangeklagter der Nürnberger Prozesse (IMT) wird er 1946 von den Alliierten freigesprochen. Weil Schacht als ehemaliger Reichsbankpräsident und Reichswirtschaftsminister zu den Führungspersönlichkeiten des „Dritten Reiches“ gehörte, wurde er wenige Tage nach seinem Freispruch auf Weisung der Landesregierung von Württemberg-Baden verhaftet.

1947 verurteilt ihn nach Protesten in der Bevölkerung die Entnazifizierungs-Spruchkammer in Stuttgart als „Hauptschuldiger“ zu acht Jahren Arbeitslager nahe Ludwigsburg. 1948 geht er in Berufung, wird im September 1948 als „Entlasteter“ freigesprochen und freigelassen.

Schacht (links) als Zeuge mit Anwalt Dr. Wolfgang Schwamberger beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess (Flick-Prozess) am 15. April 1947
Schacht (links) als Zeuge mit Anwalt Dr. Wolfgang Schwamberger beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess (Flick-Prozess) am 15. April 1947

Schacht befürwortete ähnlich wie John Maynard Keynes eine kontrollierte Geldschöpfung durch die Notenbank, um deflationäre Tendenzen zu bekämpfen und Arbeitsprogramme zu finanzieren.

Im Jahre 1953 veröffentlicht er seine Autobiographie „76 Jahre meines Lebens“, in der er u.a. auch auf sein Verhältnis zu Adolf Hitler eingeht. Schacht gegenüber soll Hitler immer sehr höflich und zugänglich gewesen sein, während sich sein Verhältnis zu Hermann Göring stetig verschlechterte, je offener er Görings zügelloser Wirtschaftspolitik widersprach, was letztlich auch zu seiner Entlassung als Reichswirtschaftsminister führte. Schacht versucht in diesem Buch auch die rasante Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland zu erklären. Während der größte Teil der deutschen Bevölkerung als Folge des „Versailler Diktates“ - so bezeichnet er selbst immer wieder den Versailler Vertrag - in immer größerer Armut leben muss, sei es nach 1918 einigen aus Osteuropa eingewanderten Juden gelungen, rücksichtslos auf Kosten der ohnehin darbenden Bevölkerung große Reichtümer anzuhäufen. Diese Stimmung, die es bis zum ersten Weltkrieg nicht gegeben habe, sei dann von den Nationalsozialisten perfide ausgenutzt worden. Deshalb wurde es später von der deutschen Bevölkerung fast schon als „gerecht“ angesehen, dass die Juden mit fortschreitender Zahlungsunfähigkeit des Dritten Reich ihrerseits rücksichtslos enteignet wurden. Damit stützt Schacht auch die Thesen von Götz Aly in dessen Buch „Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus“, 2005, nachdem der Holocaust eher eine ideologische Tarnung für profane wirtschaftliche Interessen war.

Ebenfalls 1953 gründet er in Düsseldorf die Deutsche Außenhandelsbank Schacht und Co., die er bis 1963 vertrat.

1965 war er - nach ungesicherten Quellen - Mitbegründer der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD), einer ursprünglich nationalistisch gesinnten Sammlungsbewegung, die sich gegen die Rückwärtsgewandtheit der alten NSDAP-Politik abgrenzen wollte und in den 1970er Jahren den Ökologiebewegungen zuwandte. 1967 hielt Schacht ein wirtschaftspolitisches Referat auf dem AUD-Parteitag. Die AUD ging 1980 in den Grünen auf.

Hjalmar Schacht wurde auf dem Ostfriedhof (Martinsplatz) in München bestattet.

[Bearbeiten] Werke

  • 1931: Das Ende der Reparationen. Oldenburg, Gerhard Stalling Verlag
  • 1932: Grundsätze deutscher Wirtschaftspolitik
  • 1948: Abrechnung mit Hitler, ISBN B0000BN6P2
  • 1949: Mehr Geld, mehr Kapital, mehr Arbeit, ISBN B0000BN6P3
  • 1953: 76 Jahre meines Lebens, ISBN B0000BN6P4
  • 1956: Kreditpolitik und Exportfinanzierung von morgen, ISBN B0000BN6P6
  • 1957: Kapitalmarkt-Politik, ISBN B0000BN6P5
  • 1966: Magie des Geldes, ISBN B0000BUGX3
  • 1968: 1933, ISBN B0000BUGX4

[Bearbeiten] Literatur

  • Kopper, Christopher: Hjalmar Schacht. Aufstieg und Fall von Hitlers mächtigstem Bankier. München 2006. ISBN 3-446-40700-6
  • Pentzlin, Heinz: Hjalmar Schacht. Leben und Wirken einer umstrittenen Persönlichkeit. Berlin 1980. ISBN 3-550-07913-3
  • Stöss, Richard: Vom Nationalismus zum Umweltschutz. Die Deutsche Gemeinschaft/Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher im Parteiensystem der Bundesrepublik. Opladen 1980.
  • Weitz, John: Hitler's Banker: Hjalmar Horace Greeley Schacht. 1997. ISBN 0-316-92916-6, dt. unter Hitlers Bankier
  • Wilmots, André: Hjalmar Schacht, Grand argentier d'Hitler. 2001. ISBN 2-87106-278-1

[Bearbeiten] Weblinks

http://freenet-homepage.de/schacht-hjalmar

http://home.arcor.de/schacht-hjalmar

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