Neugriechische Sprache
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Neugriechisch |
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---|---|---|
Gesprochen in | Griechenland, Zypern, Albanien, Mazedonien, Türkei, Bulgarien, in isolierten Sprachinseln in Süditalien (Kalabrien und Apulien) und überall dort, wohin Griechen und griechische Zyprer ausgewandert sind (USA, Australien, Großbritannien, Deutschland usw.) | |
Sprecher | 12,3 Millionen [1] | |
Linguistische Klassifikation |
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Offizieller Status | ||
Amtssprache in | Griechenland, Zypern, Europäische Union | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1: | el | |
ISO 639-2: | (B) gre | (T) ell |
SIL ISO 639-3: | ell |
Neugriechisch (Selbstbezeichnungen: (Νέα) Ελληνικά, (Νέα) Ελληνική, Νεοελληνική, Νεοελληνική κοινή; (Nea) Elliniká, Ellinikí, Neoellinikí Kiní ) gehört zur indogermanischen Sprachfamilie. Es ist die Amtssprache von Griechenland (ca. 10,5 Millionen Muttersprachler) und Zypern (ca. 0,7 Mio.) und somit eine der 20 offiziellen Amtssprachen der EU. Außerdem ist es in einigen südalbanischen und süditalienischen Gemeinden, in denen Angehörige der griechischen Minderheit leben, als lokale Amts- oder Schulsprache zugelassen (Siehe: Griko in Italien). Zusammen mit den ausgewanderten Griechen und Zyprioten sprechen weltweit etwa 12,3 Millionen Menschen Griechisch als Muttersprache.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Terminologie
Die neugriechische Sprache schlicht als Griechisch zu bezeichnen, ist korrekt, birgt aber die Gefahr der Verwechslung mit dem Altgriechischen, das im Gegensatz zum Neugriechischen oft als klassisches, "reines" und daher "eigentliches" Griechisch wahrgenommen wird. Um ganz exakt die heutige offizielle Staats- und Umgangssprache Griechenlands zu benennen und auch die Grenze zur ebenfalls als Neugriechisch bezeichneten Katharevousa zu ziehen, wurde der Begriff Standard Modern Greek geprägt. Oft wird die neugriechische Sprache auch als Dimotiki bezeichnet, was jedoch aus sprachhistorischer Sicht keine vollkommen exakte Bezeichnung ist.
[Bearbeiten] Geschichte
Hauptartikel: Griechische Sprache
Neugriechisch hat sich aus dem klassischen Altgriechischen entwickelt. Den Beginn der neugriechischen Epoche setzt die Forschung wechselweise im 11. Jahrhundert (erste Epen in weitgehend neugriechischer Sprache), um das Jahr 1453 (Fall Konstantinopels) oder in der Mitte des 17. Jahrhunderts (Kretische Renaissance) an. Innerhalb der heute noch gesprochenen indoeuropäischen Sprachen steht das Griechische isoliert, d. h. es ist mit keiner weiteren Sprache näher verwandt.
Hauptartikel: Griechische Sprachfrage
Bis 1976 wurde das Neugriechische unterschieden in Dimotiki (Δημοτική), der traditionellen Volkssprache, und Katharevousa (Καθαρεύουσα, „die Reine“), einer künstlichen, an das klassische Griechisch angelehnten Hochsprache. Mit der Kunstsprache Katharevousa versuchten national gesinnte, gebildete Kreise des jungen griechischen Staates die Kontinuität zur „großen“ klassischen Vergangenheit zu unterstreichen. Die kompliziertere Grammatik und der veraltete Wortschatz wurden von der Bevölkerung nicht angenommen, trotzdem tobte ein jahrzehntelanger Sprachstreit zwischen den Attizisten (Befürwortern der an den attischen Dialekt des Altgriechischen angelehnten Katharevousa mit Zentrum an der Universität Athen) und den Demotizisten (Anhängern der Volkssprache mit Zentrum an der Aristoteles-Universität Thessaloniki). Nach Ende der Papadopoulos-Diktatur wurde die Katharevousa durch Parlamentsbeschluss als Amtssprache abgeschafft und spielt heute nur noch in Dokumenten der Kirche, in Inschriften oder in anderen schriftlichen Bereichen vereinzelt eine Rolle (z. B. die Zeitung Estia). Die Volkssprache hat sich in den letzten Jahrzehnten endgültig als gesprochene wie auch geschriebene Sprache Griechenlands durchgesetzt. Vielen gelehrten Redewendungen und Wörtern aus der Katharevousa gelang es jedoch, Eingang in die gesprochene Sprache des Volkes zu finden, so dass sich das heutige Neugriechisch als eine Synthese der Dimotiki und der Katharevousa darstellt, mit einem Mischungsverhältnis zugunsten ersterer. Das breite stilistische und lexikalische Spektrum der heutigen Sprache, resultierend aus den erwähnten volkstümlichen wie auch gelehrten Einflüssen, macht einen wichtigen Aspekt des besonderen Reichtums des Neugriechischen aus.[1]
Beispiele für Wörter, die in der traditionellen Volkssprache nicht existent waren, heute aber trotz ihrer „gelehrten“ Herkunft zum griechischen Grundwortschatz gehören, sind etwa εν τω μεταξύ (in der Zwischenzeit), τουλάχιστον (wenigstens), ενδιαφέρων (interessant) oder ταυτοχρόνως (gleichzeitig).
[Bearbeiten] Dialekte
Die neugriechische Sprache wird heute vergleichsweise einheitlich gesprochen und ist nur wenig dialektal zergliedert. Ein Besucher Griechenlands muss kaum damit rechnen, auf griechische Menschen zu treffen, mit denen keine Verständigung auf Standardgriechisch möglich ist.
Trotzdem weichen die in manchen Landesteilen - z. B. in Kreta, im Epiros, in Thrakien (hier vor allem in Nord-Evros) oder auf Zypern - gesprochenen Idiome soweit von der Hochsprache ab, dass man von neugriechischen Dialekten spricht, auch wenn die Abweichungen zur Hochsprache nicht so groß sind, wie es beispielsweise bei einigen deutschen Dialekten der Fall ist.
[Bearbeiten] Bestimmung neugriechischer Dialekte
Der erste Versuch, die neugriechischen Dialekte zu ordnen, stammt von Georgios N. Hatzidakis. Anhand der Entwicklung der unbetonten halboffenen und geschlossenen Vokale teilte er die neugriechischen Dialekte in Nördliche und Südliche ein. Dieser Einteilung zufolge wandeln sich in den nordgriechischen Dialekten alle unbetonte /o/ und /e/ in /u/ bzw. /i/, während alle unbetonten /i/ und /u/ ganz verstummen. In den südgriechischen Dialekten hingegen bleiben diese Vokale unverändert. [2] Beispiele: πεθαίνω ([pɛ'θɛnɔ] > [pi`θɛnu]), κουλούρι ([ku'luri] > [klur]), σκυλί ([skʲi'li] > [skli]).
Eine mögliche Isoglosse, die neugriechischen Dialekte einzuteilen, ist der Erhalt oder Verlust des [n]-Auslautes bei Nomina. Gemäß dieser Isoglosse werden die Dialekte eingeteilt in die östlichen, in denen der Auslaut [n] erhalten bleibt ([tiˈrin], τυρίν) oder gar angefügt wird ([ˈstɔman], στόμαν) und in die westlichen, in denen er gar nicht vorkommt.
Eine andere Isoglosse ergibt sich aus der Entwicklung des sogenannten „irrationalen“ intervokalischen Stützlautes [ɣ]: In vielen Teilen Griechenlands (Kykladen, Lesbos, Ikaria, Kreta) kann man zwischen Vokalen im Auslaut eines Wortes den eingeschobenen Konsonanten [ɣ] vorfinden, so z. B. bei κλαίω > κλαίγω (ˈklɛɔ > ˈklɛγɔ). In manchen Regionen Griechenlands entwickelt sich der Stützlaut [ɣ] (auf Zypern der Laut k) zwischen dem Stammauslaut [v] und der Endung /-ɔ/ im Präsens, z. B. δουλεύω > δουλεύγω ([ðuˈlɛvɔ] > [ðuˈlɛvγɔ] und auf Zypern [ðuˈlɛfkɔ]). Weiterhin wurden als Basis für die Einteilung der neugriechischen Dialekte folgende phonetische, morphologische und syntaktische Phänomene vorgeschlagen: [3]
- Die Entnasalierung der Konsonantenkomplexe /mb/, /ng/, /nd/, vgl. κουμπί ([kuˈmbi] > [kuˈbi])
- Der Wandel des Lautes [ç] in [ʃ]: χέρι ([ˈçɛri] > [ˈʃɛri])
- Der Erhalt oder Wegfall des Augments: εδένατε - δένατε ([εˈδɛnatɛ] - [ˈδɛnatɛ])
- Der Verlust des Genitivus Personalis und Ersatz durch den Akkusativ bei den nördlichen neugriechischen Dialekten: σου λέω > σε' λέω ([suˈlεɔ] > [sεˈlεɔ])
- Die Nachstellung der unbetonten Formen des Personalpronomens: μου λέει > λέει μου ([muˈlɛi] > [ˈlɛimu]), μου δίνει > δίνει μου> ([muˈðini] > [ˈðinimu])
[Bearbeiten] Einfluss altgriechischer oder mittelalterlicher Sprachformen auf heutige Dialekte
Die neugriechische Umgangssprache beruht auf der Koine und damit dem altgriechischen attischen Dialekt (siehe auch: Geschichte der griechischen Sprache).
In manchen kleinräumigen, abgelegenen Gebieten haben jedoch einige griechische Mundarten fortgelebt, deren Entwicklung stark von anderen altgriechischen Dialekten geprägt war oder die aus ihnen hervorgegangen sind: dem Dorischen oder dem Ionischen.
- Tsakonisch wird noch in zehn Dörfern in der Region Lakonien auf dem Peloponnes aktiv gesprochen, es hat sich aus dorischen Wurzeln entwickelt.
- Ebenfalls dorisch geprägt ist die Mundart einiger Dörfer auf der Insel Karpathos (bekannt vor allem Olympos).
- Das Pontische und das Kappadokische dagegen weisen starke ionische Einflüsse auf. Pontisch war der verbreitete Dialekt der griechischen Siedlungen rund um das Schwarze Meer, während Kappadokisch in Zentralanatolien gesprochen wurde. Im Rahmen des Bevölkerungsaustausches mit der Türkei im Jahr 1922 wurden diese Volksgruppen in verschiedene Teile Griechenlands umgesiedelt. Im Gegensatz zum Kappadokischen ist das Pontische noch nicht ausgestorben und wird noch aktiv gesprochen. In von pontischen Umsiedlern besiedelten Gegenden ist es auch heute noch allgemeine Verkehrssprache, die auch das Standardgriechische oft pontisch gefärbt sprechen. Im Raum Thessaloniki gibt es sogar pontischsprachige Radiosender. Allerdings geht die Sprecheranzahl weiter zurück, was auch daran liegt, dass die Hellenische Republik das Pontische - wie auch die Geschichte der Pontier allgemein - offiziell bis vor wenigen Jahren vollkommen ignorierte. Kenntnisse des Standardgriechischen sind nicht ausreichend, um Pontisch zu verstehen.
- Das Griko (κατωιταλιώτικα) wird heute noch in neun Dörfern (insges. ca. 40.000 Einwohner) der sog. „grecìa salentina“ bei Lecce im Salento, dem südlichen Teils Apuliens und in ebenfalls neun Dörfern Kalabriens gesprochen. Das stark vom dorischen Altgriechisch geprägte Griko ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit (vgl. Artikel Griko) das linguistische Erbe der Magna-Graecia.
- Das Zypriotische Griechisch: Bedingt durch die lange politische und räumliche Isolation im Mittelalter und in der Neuzeit konnten sich bis zur türkischen Invasion 1974 auf der Gesamtinsel und danach im griechischen Teil der Insel Zypern bis heute (2006) einige sprachliche Archaismen aus dem Mittelalter halten. Dadurch weicht die Umgangssprache der Zyperngriechen merklich von der griechischen Hochsprache ab. Letztere wird trotzdem in allen formellen Zusammenhängen (Politik, Medien, Schule) und in Schriftform benutzt.
Weitere dialektale Exklaven des Griechischen im Ausland sind:
- Pontisch in der heutigen Türkei und Russland
- Mariupolitisch (Μαριουπολίτικα) in der Ukraine (nach der ukrainischen Stadt Mariupol benannt)
- Sarakatsanisch in Südbulgarien
- Kretischer Dialekt in Syrien und Libanon
[Bearbeiten] Phonologie
Der Lautstand des Neugriechischen besteht weitgehend unverändert seit etwa dem Jahr 1000, die entscheidenden Lautwandel haben sich bereits zum Ende der altgriechischen Sprachstufe, in hellenistischer Zeit vollzogen. Kennzeichen sind das in vielen Sprachen bestehende System aus den fünf Vokalphonemen /a/, /o/, /u/, /i/ und /e/, eine Vielzahl von Reibelauten, die die aus dem Indogermanischen stammenden behauchten Verschlusslaute vollständig ersetzt haben und eine deutliche Tendenz zu Sandhi-Verschleifungen, die dem Klang des Neugriechischen einen wesentlich „flüssigeren“ Klang verleihen, als ihn beispielsweise das Deutsche aufweist.
[Bearbeiten] Vokale
[Bearbeiten] Monophthonge
Das Neugriechische besitzt 5 Vokalphoneme:
vorne | Mitte | hinten | |
---|---|---|---|
geschlossen | i | u | |
halboffen | ɛ | ɔ | |
offen | a |
Alle neugriechischen Vokale werden kurz ausgesprochen, /e/ und /o/ offen, /i/ und /u/ geschlossen. Betont klingt der Vokal auf der dritt- oder vorletzten Silbe etwas länger ([ˈaˑⁿθrɔpɔs], άνθρωπος), die Länge des Vokals ist jedoch nicht bedeutungsunterscheidend. An der Wortgrenze können zwei gleich lautende Vokalphoneme als langer Vokal realisiert werden.
- Das /e/ klingt wie deutsches „ä“ in „hätte“, nicht wie in „heben“.
- Das /o/ wie in „offen“, nicht wie in „Ofen“.
- Das /i/ entspricht der korrekten Aussprache in „Minute“ (kurz, aber geschlossen), nicht wie in „billig“.
- Das /u/ wie in korrekt „Musik“ (kurz, aber geschlossen), nicht wie in „Kunst“.
Unbetontes /i/ vor einem anderen Vokal wird oft zu einem [j]-ähnlichen Laut abgeschwächt (/mia/ > [mja], μια) oder palatalisiert den vorangehenden Konsonanten (/εlia/ > [εˈlʲa], ελιά).
[Bearbeiten] Diphthonge
Die im Wortschatz seltenen Vokalfolgen αϊ (αη), εϊ (εϋ, εη) oder οϊ tauchen sowohl silbisch als auch unsilbisch gesprochen auf, nur im zweiten Fall liegt ein echter (fallender) Diphthong im Sinne eines Phonems vor.
Beispiele:
- silbische Aussprache (kein Diphthong): [ðaˈnai] (Δανάη), [axaˈia] (Αχαΐα), [εˈlεisɔn] (ελέησον), [kɔmbɔˈlɔi] (κομπολόι)
- unsilbische Aussprache (Diphthong): [nεˈrai̯ða] (νεράιδα), [kʲεi̯k] (κέικ), [kɔˈrɔi̯ðɔ] (κορόιδο)
Da aufeinander folgende Wörter nicht getrennt gesprochen werden, entstehen im Neugriechischen an der Wortgrenze aus phonetischer Sicht mitunter steigende Diphthonge, die ebenfalls keine Phoneme sind: [tɔaftɔˈkʲinitɔ] (το αυτοκίνητο), [ˈɔiˑlʲɔs] (ο ήλιος).
[Bearbeiten] Konsonanten
bilabial | labio- dental |
dental | alveolar | palatal | velar | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | |
Plosive | p | b | t | d | k | g | ||||||
Nasale | m | ɱ¹ | n | ŋ² | ||||||||
Vibranten | r | |||||||||||
Frikative | f | v | θ | ð | s | z | ç³ | x | ɣ | |||
Approximanten | l | j³ |
¹ [ɱ] ist Allophon von [m] vor den labiodentalen Frikativen [v] und [f].
² [ŋ] ist Allophon von [n] vor velaren und palatalen Konsonanten und wird durch das Graphem <ɣ> bezeichnet.
³ [ç] und [j] sind Allophone von [x] und [ɣ] vor [ɛ] und [i].
Zur Erläuterung der Artikulationsorte siehe die Grafik unter Phonetik. Die Abkürzung „stl.“ steht hier für „stimmlos“ und „sth.“ für „stimmhaft“.
[Bearbeiten] Palatalisierung
Die velaren Plosive /k/ und /g/ werden vor den Vokalen [ɛ] und [i], in Kombination mit [i] generell zu [kʲ] (gelegentlich auch [kç]) und [gʲ] (gelegentlich auch [gj]) palatalisiert.
Ein unbetontes [i] vor Vokal schwächt sich in Wörtern volkssprachlicher Herkunft zu [j] oder [ç] ab. Im Falle von [n] und [l] palatalisiert es als Variante auch den vorangehenden Konsonanten, es entstehen [nj] oder [nʲ] bzw. [lj] oder [lʲ].
[Bearbeiten] Aussprachehinweise
Schreibweise | Lautwert | Beschreibung | Beispiel |
---|---|---|---|
MΠ, μπ | [b], [mb] oder [mp] | Im Anlaut stets als [b], im Inlaut und Wortende entweder als [mb] oder als [b]; in Fremdwörtern auch [mp] |
μπαίνω [ˈbɛnɔ], έμπορος [ˈɛmbɔrɔs] oder [ˈɛbɔrɔs], κάμπιγκ [k'ampiŋg] |
ΝΤ, ντ | [d] oder [nd] | Im Anlaut stets als [d], im Inlaut und Wortende entweder als [nd] oder als [d]. |
ντύνω [ˈdinɔ], αντί [aˈndi] oder [aˈdi] |
ΓΓ, γγ vor [a], [ɔ] und [u] (nur im Wortinneren) | [g] oder [ŋg] | Im Anlaut stets als [g], im Inlaut entweder als [ŋg] oder als [g]. |
[aˈgɔnas], αγγούρι [aˈguri] oder [aˈŋguri] |
ΓΓ, γγ vor [i] und [ɛ] (nur im Wortinneren), | [gʲ], [ŋgʲ] | palatalisiertes [g] – Im Anlaut stets als [gʲ], im Inlaut entweder als [ŋgʲ] oder als [gʲ] | γκιώνης [ˈgʲɔnis], αγκινάρα [agʲi'nara] oder [aŋgʲi'nara] |
ΓΚ, γκ vor [a], [ɔ] und [u] oder am Wortende | [g] oder [ŋg] | Im Anlaut stets als [g], sonst entweder als [ŋg] oder als [g]. |
γκολ [gɔl], αγκώνας [aˈŋgɔnas] |
ΓΚ, γκ vor [i] und [ɛ] (am Wortanfang und im Wortinneren), ΓΓ, γγ vor [i] und [ɛ] (nur im Wortinneren), | [gʲ], [ŋgʲ] | palatalisiertes [g] – Im Anlaut stets als [gʲ], im Inlaut entweder als [ŋgʲ] oder als [gʲ] | γκιώνης [ˈgʲɔnis], αγκινάρα [agʲi'nara] |
Π, π | [p] | im Gegensatz zum Deutschen unbehaucht | παπάς [pa'pas] |
Τ, τ | [t] | im Gegensatz zum Deutschen unbehaucht | τέτανος [ˈtɛtanɔs] |
Κ, κ vor [a], [ɔ] und [u] | [k] | im Gegensatz zum Deutschen unbehaucht | κάτι, ['kati] |
Κ, κ vor [i] und [ɛ] | [kʲ] oder [kç] | palatalisiertes [k] | κύμα, ['kʲima], [kçima] |
Φ, φ | [f] | wie das deutsche f | φέρνω ['fɛrnɔ], |
Υ, υ nach Ε, ε, Α, α und Η, η vor stimmlosem Konsonanten | [f] | wie das deutsche f | ευχαριστώ [efxari'stɔ], αυτός [aft'ɔs] |
Θ,θ | [θ] | wie im englischen thing | θύμα ['θima] |
Χ, χ vor [a], [ɔ] und [u] | [x] | wie deutsch ach | χαρά [xar'a], |
Χ, χvor [i] und [ɛ] | [ç] | wie deutsch ich | χημεία [çi'mia] , |
Β, β | [v] | wie das deutsche w | βορράς [vɔ'ras] |
Υ, υ nach Ε, ε, Α, α und Η, η vor stimmhaftem Konsonanten oder Vokal | [v] | wie das deutsche w | Εύα['ɛva], αυγά [aˈvɣa] |
Δ, δ | [ð] | wie englisch this | δουλειά [ðu'lʲa] |
Γ, γ vor [a], [ɔ] und [u] | [γ] | wie ein stimmhaftes [x], berlinisch [ˈvaːɣən] „Wagen“ | γάλα [ˈɣala] |
Γ, γ vor [i] und [ɛ] | [j] | wie das deutsche j | γυναίκα [ji'nɛka], |
ΓΙ, γι vor [a], [ɔ] und [u] | [j] | wie das deutsche j | γιατί [ja'ti], |
Μ, μ | [m] | wie das deutsche m | μήτρα ['mitra] |
Ν, ν | [n] | wie das deutsche n | Κίνα ['kʲina] |
Ν, ν + unbetontes /i/ vor Vokal | [nʲ], [nj] oder [ni] | Palatalisiertes [n] ([nʲ]) oder [nj], bei Wörtern gelehrter Herkunft [ni] |
πανιά, [pa'nʲa], [pa'nja]; λεμονιά, [lɛmɔˈnʲa], [lɛmɔˈnja]; παράνοια [pa'rania] |
Γ, γ in den Verbindungen ΓΓ γγ, ΓΧ γχ (nur im Wortinnern), ΓΚ γκ (nur im Wortinneren und am Wortende) | [ŋ] | wie deutsch ng in singen | άγχος ['aŋxɔs], siehe auch oben γγ, γκ |
Λ, λ | [l] | wie das deutsche l | λίπασμα [ 'lipazma] |
Λ, λ + unbetontes /[i]/ vor Vokal | [lʲ], [lj] oder [li] | palatalisiertes [l] ([lʲ]) oder [lj], bei Wörtern gelehrter Herkunft [li] |
λιακάδα [lʲa'kaδa], [lja'kaδa]; ελιά [ε'lʲa], [ε'lja]; λειαίνω [li'εnɔ] |
Ρ, ρ | [r] | mit der Zunge gerolltes r | ρύζι ['rizi] |
Μ, μ vor [v] und [f] | ɱ | ein m mit den Schneidezähnen auf der Unterlippe | αμφιβολία [aɱfivɔ'lia], έμβολο ['ɛɱvɔlɔ] |
Σ, σ | [s], vor [v, ð, ɣ, b, m, und r]: [z] | Der stimmlose griechischen /s/-Laut ist etwas „dunkler“ als der deutsche und tendiert zu [ɕ] bzw. dem deutschem /sch/ ([ʃ]). Vor [r] ist die Aussprache als [z] von dem Sprecher abhängig, z. B. Χοσρόης [xɔ'srɔis] Chosrau. |
σύρμα ['sirma], μήνας ['minas]; σβούρα ['zvura]‚ προσδοκία [prɔzðɔk'ia], σγουρός [ zγu'rɔs], σμπαράλια [zba'ralʲa], σμάρι ['zmari], Ισραήλ [ izra'il] |
Ζ, ζ | [z] | wie deutsch s in Rose | καζάνι [ka'zani] |
Ψ, ψ | [ps͡] | wie im deutschen Mops | ψυχή [ps͡i'çi] |
TΣ, τσ | [ts͡] | wie das deutsche z | ατσάλι [a'ts͡ali], |
ΤΖ, τζ | [dz͡] | stimmhaftes, „weiches“ z | τζ άμι ['d͡zami], γάτζος ['ɣadz͡ɔs] |
Ξ, ξ | [ks͡] | wie das deutsche x | εν τάξει [εn'daks͡i] |
[Bearbeiten] Sandhi-Erscheinungen
Im Neugriechischen gibt es eine Vielzahl von Sandhi-Erscheinungen, wo sich beim Zusammentreffen verschiedener Laute einer von ihnen oder beide verändern. Beispiele[4]:
- [n] verändert sich vor bilabialen Konsonanten zu [m] oder fällt weg: /tin 'pɔli/ > [timˈbɔli] oder [tiˈbɔli] (τη(ν) πόλη, „die (Akk.) Stadt“)
- [n] vor dentalen oder alveolaren Konsonanten schwächt sich ab oder schwindet: /'fεrnɔndas/ > ['fεrnɔⁿdas] oder ['fεrnɔdas] (φέρνοντας, „bringend“); /tɔn la'ɔ/ > [tɔlaˈɔ] (το(ν) λαό, „das (Akk.) Volk“)
- [m] wird vor labiodentalen Konsonanten zu [ɱ]: /'ɛmvɔlɔ/ > ['ɛɱvɔlɔ] (έμβολο, „Zapfen“)
- die stimmlosen Plosive und Affrikaten werden nach Nasalen sonorisiert, also stimmhaft: /stin psiˈçi/ > [stimbziˈçi] (στην ψυχή, „in der Seele“)
- [s] wird stimmhaft vor stimmhaften Konsonanten: /ɔ'jɔs mu/ > [ɔ'jɔzmu] (ο γιος μου, „mein Sohn“)
- Degemination:
- Zwei gleiche Vokale verschmelzen zu einem: /ta ˈatɔma/ > ['taːtɔma] (τα άτομα, „die Personen“)
- Zwei gleiche Konsonanten verschmelzen zu einem: /ɔ'jɔs su/ > [ɔ'jɔsu] (ο γιος σου, „dein Sohn“)
- Diphthongisierung unterschiedlicher Vokale oder Wegfall des ersten: /ɔ 'ilʲɔs/ > ['ɔilʲɔs] (ο ήλιος, „die Sonne“); /tɔ ˈatɔmɔ/ > ['tatɔmɔ] (το άτομο, „die Person“)
[Bearbeiten] Betonung
Wortakzent
Im Neugriechischen wird die Betonung des Wortes auf (genau) einer Silbe durch den Dynamischen Akzent realisiert, das heißt, die den Akzent tragende Silbe erklingt lauter als die übrigen. Wie im Deutschen erhält die betonte Silbe auch meist einen höheren Ton. Im Schriftbild wird der Akzent durch den Akut ausgedrückt, der die betonte Silbe kennzeichnet. Als bedeutungsunterscheidendes Merkmal spielt die korrekte Betonung eines Wortes eine sehr viel größere Bedeutung als in romanischen oder germanischen Sprachen, da sie nicht durch Lautregeln automatisch auf eine bestimmte Silbe des Wortes fällt. Viele unterschiedliche Wörter unterscheiden sich nur durch ihre Betonung, zum Beispiel nómos (νόμος, „Gesetz“) und nomós (νομός, „Bezirk“) oder póte (πότε, „wann“) und poté (ποτέ, „nie“, „je“). Nicht korrekt betonte Wörter werden von Muttersprachlern meist falsch- oder missverstanden, während im Deutschen oder Französischen mit der standardmäßig festen Betonung auf der Stamm- bzw. letzten Silbe ein falsch betontes Wort meist ohne größere Probleme verstanden werden kann.
Der Akzent wechselt auch in der Konjugation zum Ausdruck der Tempora: So verschiebt er sich bei der Bildung des Aorist immer auf die drittletzte Silbe; hat das Verb nur 2 Silben, wird ein sogenanntes Augment („ε“) vor das Verb gesetzt, das dann die Betonung trägt: káno (κάνω , „ich mache“) > ékana (έκανα, „ich machte“). Dieses Phänomen bringt Probleme für viele Grammatiktheorien der 80er Jahre mit sich, die suprasegmentale Merkmale wie Akzentverschiebung nicht berücksichtigen konnten.
Einige Wörter im Griechischen sind grundsätzlich unbetont und stehen direkt neben den Wörtern, auf die sie sich beziehen. Sie werden als Klitika bezeichnet (vorgestellt „Proklitika“, nachgestellt „Enklitika“) und umfassen die unbetonten Formen der Personalpronomina sowie die Possessivpronomina.
Eine phonologische Grundregel für die Betonung ist die sogenannte „Dreisilbenregel“: Keine Silbe, die vor der drittletzten Silbe (Antepaenultima/προπαραλήγουσα) liegt, kann den Akzent tragen, er liegt immer auf einer der drei letzten. Werden an ein auf der zweit- oder drittletzten Silbe betontes Wort ein oder mehrere enklitische, also unbetonte Wörter angehängt, entsteht ein Komplex, den man „phonologisches Wort“ (φωνολογική λέξη) nennt. In Folge der Dreisilbenregel erhält dieses „Wort“ dann die Betonung zwei Silben nach der eigentlichen lexikalischen Betonung des Wortes; auf der eigentlich betonten Silbe des ersten Wortes trägt die Konstruktion einen Nebenakzent: [ˈfɛrnɔⁿdas] (φέρνοντας, „bringend“), aber [ˌfɛrnɔⁿˈdastɔmu] (φέρνοντάς το μου, „es-mir-bringend“). [4]
Satzakzent
Wie das Deutsche ist das Griechische in der Lage, durch den Satzakzent die Aussage des Satzes zu modifizieren und bestimmte Glieder das Satzes als für die Aussage entscheidend hervorzuheben: I Marína malóni ton Manóli vs. I marína malóni ton Manóli (Η Μαρίνα μαλώνει τον Μανόλη, „Marina schnauzt Manolis an“ vs. „Marina schnauzt Manolis an“); To grámma íne gia eména vs. To grámma íne gia eména (Το γράμμα είναι για εμένα, „Der Brief ist für mich“ vs. „Der Brief ist für mich“).
In der Umgangssprache ist auch Silbenlängung (temporaler Akzent) in einzelnen Wörtern ist als Mittel der inhaltlichen Akzentuierung zu beobachten.
[Bearbeiten] Unterschiede zum klassischen Griechisch
- Veränderung der stimmlosen aspirierten Verschlusslaute — Phi /pʰ/, Theta /tʰ/ und Chi /kʰ/ — zu stimmlosen Reibelauten /f/, /θ/ und /x/ bzw. /ç/.
- Veränderung der stimmhaften Verschlusslaute — Beta /b/, Delta d und Gamma g — zu stimmhaften Reibelauten /v/, /ð/ und /ɣ/ bzw. /j/.
- Vereinfachung des Vokal- und Diphthong-Systems: Veränderung von /ɛː/, /y/, /ei/ und /oi/ zu /i/, Veränderung von /ai/ zu /ɛ/, Veränderung von /au/ und /eu/ über /aβ/, eβ oder aɸ, eɸ zu /av/ und /ɛv/ oder /af/ und /ɛf/, Verlust der Unterscheidung zwischen langen und kurzen Vokalen.
- Ersetzung des musikalischen Akzentes durch den dynamischen oder expiratorischen Akzent, wie er im Deutschen gebraucht wird.
Diese phonologischen Entwicklungen haben sich (bis auf den Akzentwandel) nicht in der Orthographie niedergeschlagen.
[Bearbeiten] Grammatik
Die neugriechische Sprache ist eine synthetische Sprache mit flektierenden und fusionalen Elementen. Dabei wurden gegenüber dem Altgriechischen flektierende Elemente zugunsten von Affix- und periphrastischen Bildungen zurückgedrängt. Sie ist eine der wenigen indogermanischen Sprachen, die eine synthetische, also ohne Hilfsverben konstruierte Diathese (d. h. eigene Verb-Endungen für Aktiv und Passiv) besitzt. Die Unterscheidung der Verb-Aspekte einmalig/abgeschlossen („perfektiv“) und dauernd/wiederholt („imperfektiv“) wurde systematisiert und auf alle Tempora außer dem Indikativ Präsens ausgedehnt.
[Bearbeiten] Morphologie
Das Neugriechische kommt mit einer verhältnismäßig geringen Anzahl von Morphemen zur Kennzeichnung der grammatischen Kategorien aus, die aber häufig nicht eindeutig sind und mehrere Formen bezeichnen. Die Endung -i beispielsweise kann beim Verb die 3. Person Singular (pín-i, „er trinkt“), beim Substantiv den Nominativ Plural maskuliner (fíl-i, „Freunde“), den Nominativ und Akkusativ Singular femininer (fíl-i, „Freundin“) oder neutraler Substantive (fil-í, „Kuss“) ausdrücken, bei Adjektiven die Formen Nominativ Plural Maskulinum (megál-i, „große“), Nominativ und Akkusativ Femininum (megál-i, „große“) und Neutrum (var-í „schweres“) bezeichnen. Diese Vielzahl von homophonen Endungen wird erst im Kontext, aber auch oft im Schriftbild durch die historische Orthographie, die noch den Lautstand des Altgriechischen wiedergibt, eindeutig.
Zu den flektierenden Elementen des Neugriechischen zählt das regelmäßige Vorkommen von je zwei Stämmen der Verben, die die beiden Aspekte verkörpern. Im Regelfall wird der Aorist-Stamm aus dem Präsens-Stamm gebildet, der durch /s/ für den Aktiv und /th/ für den Passiv erweitert wird, teilweise unter Verhärtung des Stammauslauts, beim Passiv unter Verschiebung des Frikativs auf den Stammauslaut und Ersatz des /th/ durch /t/. Beispiele:
Präsensstamm | Aoriststamm (Aktiv) | Aoriststamm (Passiv) |
kriv - κρυβ | krips - κρυψ | krift - κρυφτ |
dichn - δειχν | dix - δειξ | dicht - δειχτ |
etimaz - ετοιμαζ | etimas - ετοιμασ | etimast - ετοιμαστ |
pliron - πληρων | pliros - πληρωσ | pliroth - πληρωθ |
agap(a) - αγαπ(α) | agapis - αγαπησ | agapith - αγαπηθ |
[Bearbeiten] Unterschiede zum Altgriechischen
Das heutige Griechisch enthält zahlreiche Archaismen und vom Altgriechischen direkt übernommene Formen, die größtenteils auf die Katharevousa zurückgehen und die Ausnahmen der folgenden grammatikalischen Vereinfachungen gegenüber dem Altgriechischen darstellen:
- Der Dativ ist verloren gegangen und wird syntaktisch meist durch eine Präpositional-Konstruktion mit σε (in, zu) oder για (für) + Akkusativ ersetzt. Ausnahme: Nur in festen Ausdrücken wie εν τω μεταξύ (inzwischen) oder τοις εκατό (Prozent) begegnet man dem Dativ noch.
- Die Verkleinerung der Anzahl von Deklinationen (Zusammenfall von a-Deklination und konsonantischer Deklination) und der verschiedenen Formen in jeder Deklination. Ausnahme: Manche Wörter folgen noch altgriechischen Deklinationsparadigmata, wie z.B. το ήπαρ (die Leber) oder το δόρυ (der Speer).
- Verlust des Infinitivs (wird durch Nebensätze ersetzt „Ich will kaufen“ -> „Ich will, dass ich kaufe“, untergeordneter Nebensatz mit „να“ na angeschlossen). In seltenen Fällen wird der substantivierte, alte Infinitiv verwendet, wie z.B. to íne ke to gígnesthe (το είναι και το γίγνεσθαι, „[das] Sein und [das] Werden“) oder to metafrazin (το μεταφράζειν, „das Übersetzen“); wenn speziell die Handlung und nicht das Ergebnis ausgedrückt werden soll, was i metáfrasi (η μετάφραση, „die Übersetzung“) alleine nicht vermag.
- Verlust des Modus Optativ zugunsten von Konstruktionen mit „να“ na oder „ας“ as.
- Verlust des Duals (wird durch den Plural ersetzt).
- Die neue Modalpartikel θα (aus θέλω να („ich will, dass...“) > θε' να > θα) für das Futur und Konditional.
- Einführung des Hilfsverbs έχω haben, z.B. το έχω δοκιμάσει ich habe es probiert.
- Reduzierung der meisten Partizipien auf das Partizip Perfekt Passiv (-μένος) und/oder das Gerund (-οντας/-ώντας). Ausnahme: Einige „gelehrte“ Partizipien, die wie im Altgriechischen voll deklinabel sind, z. B. υπάρχων (existierend), εισαχθείς (eingeschrieben), δρών (handelnd), επιζών (überlebend) u.v.m.
- Erweiterung des Futurs auf die Aspektunterscheidung zwischen dauerhaftem/wiederholtem und einmaligen Futur.
- Verlust des Imperativs der dritten Person. Ausnahme: Bestimmte feste Ausdrücke wie έστω (es sei, wenigstens) oder ζήτω! (er/sie/es lebe (hoch)!)
- Neue Pronomen für die 2. Person Plural, da die alten wegen der Lautveränderung (Itazismus) akustisch nicht mehr von denen der 1. Person Plural zu unterscheiden waren.
- Reduzierung der Reduplikation; sie ist noch in bestimmten Fällen beim Partizip Perfekt Passiv vorhanden, z. B. πεπεισμένος überzeugt, προσκεκλημένος eingeladen, πεφωτισμένος erleuchtet, aufgeklärt u.a.
- Reduzierung des Augments auf die Fälle, wo es betont ist. Ausnahmen gibt es bei wenigen gelehrten Verben: εθεωρείτο, επρόκειτο, εξεράγη.
[Bearbeiten] Besonderheiten
Gerade die beibehaltene Aspekt-Unterscheidung der „einmaligen, abgeschlossenen Handlung“ (gebildet mit dem Aorist-Stamm der Verben) und der „andauernden oder wiederholten Handlung“ (gebildet mit dem Präsens-Stamm) als eigene, in den germanischen Sprachen unbekannte grammatische Kategorie verlangt vom Neugriechisch Lernenden besondere Aufmerksamkeit. Zu konkreten Informationen über die Aspektunterscheidung im Neugriechischen siehe die Artikel „Aorist“ und „Paratatikos“. Eine weitere grammatische Besonderheit des Neugriechischen ist die reichhaltige Wortgruppe so genannter Deponentien - Verben, die mit passivischen Endungen gebildet werden, aber trotzdem rein aktivische Bedeutung haben (έρχομαι, ich komme).
[Bearbeiten] Wortschatz
Dem Grundwortschatz des Neugriechischen kann man seine Herkunft aus dem Altgriechischen noch sehr stark ansehen; die Ähnlichkeiten auf morphologischer Ebene sind stärker ausgeprägt als man es in der vergleichbaren Entwicklung vom Lateinischen zum Französischen oder Spanischen vorfinden kann. Mit sehr guten Kenntnissen des Altgriechischen ist ein schriftlich vorliegender neugriechischer Text sinngemäß oft zu verstehen; umgekehrt ist es jedoch nur mit Neugriechisch-Kenntnissen deutlich schwieriger, Sinn und grammatikalische Strukturen eines altgriechischen Textes zu erfassen. Auch Griechen müssen also Altgriechisch lernen, um Homer, Thukydides und Plato lesen zu können. Da an deutschen Schulen die Erasmische Aussprache des Altgriechischen gelehrt wird, kann man mit hierzulande erworbenen Altgriechisch-Kenntnissen im heutigen Griechenland im Normalfall mündlich weder verstehen noch verstanden werden. An griechischen Schulen wird Altgriechisch dagegen mit neugriechischer Aussprache gelehrt.
[Bearbeiten] Diminutive
Sehr häufig ist der Gebrauch von Verkleinerungsformen (z. B. -άκι, -ούλης, -ούλα, -ίτσα), mit denen außer Verniedlichung auch Vertrautheit, Üblichkeit oder Nähe ausgedrückt werden.
[Bearbeiten] Fremdwörter
Natürlich hat das Neugriechische in den Jahrhunderten der Besatzung des Landes durch anderssprachige Mächte viele Wörter aus deren Sprachen übernommen. So findet man manche italienische Vokabel, die durch die genuesischen oder venezianischen Besatzer übermittelt wurde (porta/πόρτα „Tür“, bagno/μπάνιο „Bad“, coverta/κουβέρτα „Decke“, scala/σκάλα „Treppe“, terazza/ταράτσα „Terrasse“), aber auch unzählige türkischstämmige Wörter, letztere vor allem aus dem Bereich der Alltagskultur wie Essen oder Musik (Keftes/Κεφτές „Frikadelle“, toufeki/Tουφέκι „Gewehr“). Schon im frühen Mittelalter sind einige arabische Wörter aufgenommen worden, v.a. im Bereich Mathematik oder Medizin. Die Bezeichnungen neuzeitlicher Errungenschaften sind teils aus dem Französischen (douche/ντους „Dusche“, crayon/κραγιόν „Lippenstift“) oder Englischen übernommen (bar/μπαρ „Kneipe“, sandwich/σάντουιτς „Belegtes Brot“, goal/γκολ „[Fußball-]Tor“), parking/πάρκινγκ (Parkplatz). Allerdings sind Anglizismen nicht so häufig wie im Deutschen, einerseits weil zu Zeiten der Katharevousa Neologismen immer aus griechischstämmigen Wurzeln gebildet wurden, andererseits weil sich englische Wörter in die nichtgermanische Sprache Griechisch nicht so unproblematisch integrieren lassen wie ins Deutsche. Das Deutsche tritt nur in sehr wenigen Fällen als Gebersprache für das Griechische auf (σνίτσελ „Schnitzel“, γκασταρμπάιτερ „Gastarbeiter“; siehe auch Liste deutscher Wörter in anderen Sprachen#Griechisch).
[Bearbeiten] Zahlwörter
Die Grundzahlen in Transkription mit Betonung („dh“ = engl. „th“ wie in „these“):
1 bis 10: éna - dhío - tría - téssera - pénde - éxi - eftá - ochtó - enéa - dhéka. 100: ekató(n). 1000: chília.
0 | μηδέν | [miˈðɛn] | ||||||
1 | ένας, μία, ένα (1) | [ˈɛnas], [ˈmia], [ˈɛna] | 11 | ένδεκα/έντεκα | [ˈɛnðɛka]/[ˈɛndɛka] | |||
2 | δύο | [ˈðiɔ] | 12 | δώδεκα | [ˈðɔðɛka] | 20 | είκοσι | [ˈikɔsi] |
3 | τρεις, τρεις, τρία (1) | [tris], [ˈtria] | 13 | δεκατρείς, -τρία (1) | [ðɛkaˈtria] | 30 | τριάντα | [triˈanda] |
4 | τέσσερεις, -ρις, τέσσερα (1) | [ˈtɛsɛris], [ˈtɛsɛra] | 14 | δεκατέσσερις, -α (1) | [ðɛkaˈtɛsɛra] | 40 | σαράντα | [saˈranda] |
5 | πέντε | [ˈpɛndɛ] | 15 | δεκαπέντε | [ðɛkaˈpɛndɛ] | 50 | πενήντα | [pɛˈninda] |
6 | έξι | [ˈɛksi] | 16 | δεκαέξι | [ðɛkaˈɛksi] | 60 | εξήντα | [ɛˈksinda] |
7 | εφτά (auch επτά (2)) | [ɛfˈta] ([ɛpˈta]) | 17 | δεκαεφτά | [ðɛkaɛfˈta] | 70 | εβδομήντα | [ɛvðɔˈminda] |
8 | οχτώ (auch οκτώ (2)) | [ɔxˈtɔ] ([ɔkˈtɔ]) | 18 | δεκαοχτώ | [ðɛkaɔxˈtɔ] | 80 | ογδόντα | [ɔɤˈðɔnda] |
9 | εννιά (auch εννέα (2)) | [ɛˈnʲa] ([ɛnˈɛa]) | 19 | δεκαεννιά | [ðɛkaɛˈnʲa] | 90 | ενενήντα | [ɛnɛ'ninda] |
10 | δέκα | [ˈðɛka] | 20 | είκοσι | [ˈikɔsi] | 100 | εκατό(ν) | [ɛkaˈtɔ(n)] |
21 | είκοσι ένα (1) | 101 | εκατόν ένα (1) | |||||
22 | είκοσι δύο | 200 | διακόσιοι, -κόσιες, -κόσια (1) |
[ðiaˈkɔsça] | ||||
23 | είκοσι τρία (1) | 300 | τριακόσιοι, - κόσιες, -κόσια (1) |
[triaˈkɔsça] | ||||
24 | είκοσι τέσσερα (1) | 1000 | χίλιοι, χίλιες, χίλια (1) | [ˈçilʲa] | ||||
25 | είκοσι πέντε | 2000 | δύο χιλιάδες | [çiˈlʲaðɛs] |
(1) Die Zahlwörter für 1, 3 und 4 werden nach Genus unterschieden und dekliniert, dadurch ebenso die zusammengesetzten Zahlen 13, 14, 21, 23, 24, usw. Das gleiche gilt für alle Hunderter (außer der 100 selbst) und die Zahl 1000. Bei den deklinierten Zahlworten ist die Reihenfolge mask./fem./neut. angegeben. Beim bloßen Zählen wird die Form des Neutrums benutzt.
(2) Sprech- und Schreibalternativen, keine Deklination
siehe auch: Griechische Zahlen, Griechische Zahlwörter
[Bearbeiten] Rechtschreibung
- Hauptartikel: Neugriechische Orthographie
Im Neugriechischen wird das griechische Alphabet verwendet, das in der heutigen Form seit 403 v. Chr. nahezu unverändert besteht. Beim orthographischen System des Neugriechischen handelt es sich um eine historische Rechtschreibung, die bestimmte Verschriftlichungen von Lauten und Lautkombinationen über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg bewahrt, obwohl sich die Lautwerte in der gesprochenen Sprache zwischenzeitlich mehrfach geändert haben. Daraus ergibt sich das für Lernende problematische Phänomen, dass sich Schrift und gesprochene Sprache nicht deckungsgleich zueinander verhalten, wie es beispielsweise im Türkischen, das erst unter Mustafa Kemal vom arabischen zum Lateinischen Alphabet gewechselt hat, annähernd der Fall ist. Bekanntestes Beispiel hierfür ist der Iotazismus, also das lautliche Zusammenfallen der Grapheme η, υ, ει, οι und υι mit ι zu [i]. Bei völlig identischer Aussprache des i existieren im Neugriechischen nach wie vor alle sechs verschiedenen Schreibweisen; darüber hinaus zwei für [ɔ] (ο und ω) und zwei für [ɛ] (αι und ε). Lesend kann man mit hoher Treffsicherheit die Lautung auch unbekannter Wörter erschließen, umgekehrt ist die korrekte Schreibung der vorgenannten Vokale nur erlernbar oder aus Kenntnis des Altgriechischen etymologisch erschließbar.
[Bearbeiten] Diakritische Zeichen
[Bearbeiten] Der Akut im Neugriechischen
Der Akut wird auf den Vokal der betonten Silbe eines mehrsilbigen Wortes, bei den Digraphen (οι, αι, ει, ου, ευ, αυ) auf deren zweiten Buchstaben gesetzt. Bei einigen Aussprachevarianten wird der Akut nur bei der 'zweilsilbigen' Form gesetzt: μια (mja) vs. μία (mía) und δυο (dhjo) vs. δύο (dhío).
Um Ambiguitäten in der Orthographie zu vermeiden, wird der Akut bei drei einsilbigen gleichlautenden Wortpaaren zur graphischen Unterscheidung eingesetzt, nämlich bei
- η die (Artikel Fem. Sg.) vs. ή oder
- που (allg. Relativpronomen) vs. πού wo
- πως dass vs. πώς „wie“
Dasselbe gilt in manchen Fällen für die Unterscheidung zwischen Personal- und Possessivpronomen (μού/μου, σού/σου ...).
Der Akut wird nur bei Wörtern gesetzt, die Minuskeln enthalten, also Ελλάς, aber: ΕΛΛΑΣ.
[Bearbeiten] Das Trema
Der Doppelpunkt über den Vokalen ι oder υ (das „Trema“) ist kein Betonungszeichen, sondern typographischer Hinweis darauf, dass eine Buchstabenkombination aus 2 Vokalen, die nach den Ausspracheregeln gemeinsam ausgesprochen werden würden, tatsächlich als zwei getrennte Vokale gesprochen werden soll (Diärese). Ohne Trema würde z. B. das Wort παϊδάκια [pa-i-ˈðaca] (Lammkottlets) [peˈðaca] (kleine Kinder) gesprochen. Fällt der Akzent auf den ersten der beiden Vokale, erübrigt sich das Trema und wird nicht gesetzt (κέικ /ke-ik/ Kuchen).
[Bearbeiten] Phonetische Ambiguitäten
Wie oben erwähnt, ist im Neugriechischen meist jedem Graphem (oder jeder Gruppe von Graphemen) ein bestimmtes Phonem (oder eine Gruppe von Phonemen) zugeordnet, d.h. man kann von der Schreibung fast sicher auf die korrekte Aussprache schließen. Jedoch gibt es auch einige Fälle, in denen die Aussprache nicht vollständig aus der geschriebenen Form ersichtlich wird. Dies ist der Fall
- bei Graphemen, die dem Phonem i entsprechen. Hier entscheidet oft die gelehrte oder volkstümliche Herkunft des Wortes darüber, wie das Graphem auszusprechen ist.
-
- Beispiele: ποιoς - ποιότητα (pjos/pchos - piotita), έννοια - έννοια (ennja - ennia)
- bei den Konsonantkombinationen μπ, ντ, γκ, γγ sofern sie nicht am Wortanfang stehen; unter jedem dieser Digraphen sind zwei Aussprachevarianten vereint: b/mb, d/nd, g/ng, g/ng.
-
- Beispiele: τούμπα - ταμπού (tumba - tabu), άντρας - ξεντύνω (andras - ksedino), αγκαλιάζω - ογκρατέν (angaliazo - ograten), άγγελος - επαγγελματίας (angelos - epagelmatias).
[Bearbeiten] Transkriptionstabelle für modernes Griechisch
Zur Umschrift der griechischen Schreibung mit lateinischen Buchstaben siehe die Tabellen der Wikipedia Namenskonvention Neugriechisch. Die Transkription Neugriechisch/Deutsch wird nicht einheitlich gehandhabt, eine existierende ISO-Norm konnte sich bislang nicht durchsetzen. In der Namenskonvention Neugriechisch wird die Umschrift dargestellt, die zur einheitlichen Verwendung in der Wikipedia empfohlen wird.
[Bearbeiten] Quellenangaben
- ↑ Christos Karvounis (2002): „[Der Kampf um die Sprache im 19.-20. Jh.] beschleunigte einen Mündigkeitsprozess, durch den die volkssprachliche Grundlage mit den hochsprachlichen Elementen schließlich zusammenwuchs, was zu einer „Gemeinsprache" führte (Νεοελληνική κοινή/Standard modern Greek), die vielleicht kraftvoller und ausdrucksstärker ist als je zuvor."
Adrados (2001), S. 289 „Was wir daher gemeinhin Neugriechisch nennen, ist nicht ganz einheitlich, denn es bewahrt in seiner Phonetik und Morphologie und besonders in seinem Wortschatz zahlreiche Elemente der alten Hochsprache." - ↑ G. N. Hatzidakis 1892, S. 342
- ↑ Triandafyllidis 1938, S. 66-67
- ↑ a b Amalia Arvaniti, Mary Baltazani: Intonational Analysis and Prosodic Annotation of Greek Spoken Corpora, Prepublication version, PDF (445 KB)
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Geschichte:
- Francisco R. Adrados: Geschichte der griechischen Sprache von den Anfängen bis heute. Tübingen/Basel 2002.
- Robert Browning: Medieval and Modern Greek Cambridge 1983
- Hans Eideneier: Von Rhapsodie zu Rap. Aspekte der griechischen Sprachgeschichte von Homer bis heute. Tübingen 1999.
- Geoffrey C. Horrocks: Greek: A History of the Language and Its Speakers. Longman Linguistics Library. London (u.a.) 1997.
- Christos Karvounis: Griechisch (Altgriechisch, Mittelgriechisch, Neugriechisch), in: Okuka, M. (Hrsg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens, Klagenfurt 2002, S. 21-46.
- Grammatik:
- Hans Ruge: Grammatik des Neugriechischen (Lautlehre, Formenlehre, Syntax) Köln 2001
- Wilhelm Metger: Neugriechische Kurzgrammatik, Ismaning 1998, ISBN 3190052506
- einsprachige Großlexika:
- Αριστοτέλειο Πανεπιστήμιο Θεσσαλονίκης, Ινστιτούτο Νεοελληνικών σπουδών: ΛΕΞΙΚΟ ΤΗΣ ΚΟΙΝΗΣ ΝΕΟΕΛΛΗΝΙΚΗΣ. Erste Auflage: Thessaloniki 1998.
- Μπαμπινιώτης, Γεώργιος: ΛΕΞΙΚΟ ΤΗΣ ΝΕΑΣ ΕΛΛΗΝΙΚΗΣ ΓΛΩΣΣΑΣ. Erste Auflage: Athen 1998.
[Bearbeiten] Weblinks
Wikipedia auf Griechisch |
Wikibooks: Neugriechisch – Lern- und Lehrmaterialien |