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Zweigbahn Schöneweide–Spindlersfeld

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Zweigbahn
Schöneweide–Spindlersfeld
Kursbuchstrecke: 200.47
Streckenlänge: 4,05 km
Spurweite: 1.435 mm
Stromsystem: ab 1929: 800 V =
Stromsystem: 1903–1906: 6 kV 25 Hz ~
Görlitzer Bahn
0,00 Schöneweide * 24.05.1868
Abzweig Görlitzer Bahn
Abzweig Hw Schöneweide
2,26 Oberspree * 01.04.1892
Außenring
Werksanschluss W. Spindler
4,05 Spindlersfeld * 01.04.1892

Die Zweigbahn Schöneweide–Spindlersfeld ist eine Zweigstrecke der Berlin-Görlitzer Eisenbahn, die ausschließlich durch Berliner Gebiet verläuft. Die etwa vier Kilometer lange Strecke besitzt zwei Stationen und wird heute noch von der S-Bahn im 20-Minuten-Takt bedient.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Verlauf

Die Strecke beginnt am Bahnhof Schöneweide (ehem. Niederschöneweide-Johannisthal), fädelt aus der Hauptstrecke aus und wendet sich nach Osten. Kurz nach der Überführung über das Adlergestell, welches hier beginnt, zweigt der Anschluss zum ehemaligen RAW Schöneweide, der heutigen Hauptwerkstatt, ab. Die Strecke sinkt nach einer weiteren Überführung auf Bodenhöhe und erreicht nach Kreuzung der Oberspreestraße den Bahnhof Oberspree. Kurz hinter diesem biegt sie leicht rechts ab und führt knapp einen Kilometer weiter geradeaus. Nach einer weiteren Rechtskurve folgt kurz danach die Unterführung des Außenrings und anschließend der Endbahnhof Spindlersfeld.

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Die Werksbahn

Lage der Fabrik und des Bahnhofs Spindlersfeld (oben rechts) um 1896
Lage der Fabrik und des Bahnhofs Spindlersfeld (oben rechts) um 1896

Die größtenteils eingleisige Strecke mitsamt den beiden Bahnhöfen wurde am 1. April 1892 für den Personenverkehr freigegeben. Seit dem 15. November 1891 fand bereits ein Güterverkehr von und zur Fabrik der Firma W. Spindler, nach der auch das gesamte umliegende Areal benannt ist, statt. Neben der Zulieferfunktion der Strecke für wichtige Güter, vor allem Steinkohle, diente sie auch als Zubringer für Arbeiter, ähnlich der Ende der 1920er Jahre erbauten Siemensbahn. Der Bau wurde von den beiden Brüdern William und Carl Spindler, den Söhnen des Firmengründers, maßgeblich forciert und finanziell unterstützt.

1906 wird die Görlitzer Bahn auf einen Damm hochgelegt, wodurch die Ausfädelung der Zweigbahn neugebaut werden musste. Bis kurz vor Oberspree wird sie ebenfalls erhöht und kreuzt die anderen Verkehrswege somit niveaufrei.

Am 15. Oktober 1927 wird ein weiterer Anschluss an der Strecke fertiggestellt, er führt zum neu gebauten RAW Schöneweide. Das Werk diente seit den 50er Jahren – neben der S-Bahn – als Hauptwerkstatt für die Berliner Straßenbahn und U-Bahn. So entstanden hier neben den Umbauten der Vorkriegsbaureihen ET 165, ET 166 und ET 167 auch die Reko-Wagen und die U-Bahn-Baureihe E-III.

[Bearbeiten] Elektrischer Versuchsbetrieb 1903–1906

Ab dem 15. August 1903 wird auf der Strecke ein elektrischer Betrieb mit einer Oberleitung und 6 kV 25 Hz Wechselstrom eingeführt. Es handelt sich dabei um einen der seinerzeit zahlreichen Versuche der beiden aufstrebenden und konkurrierenden Unternehmen AEG und Siemens & Halske mit elektrisch betriebenen Zügen im Berliner Raum, die von den Preußischen Staatsbahnen wohlwollend unterstützt werden. Der Betrieb endet bereits am 1. März 1906, nicht zuletzt wegen der Hochlegung der Strecke zu diesem Zeitpunkt.

Der hier von der AEG geleitete elektrische Betrieb erfolgte zeitgleich mit den Versuchsfahrten der Studiengesellschaft für Elektrische Schnellbahnen mit Drehstrom auf der Militärbahn zwischen Marienfelde und Zossen.

Obwohl nur begrenzt, war der Betrieb zwischen Niederschöneweide-Johannisthal und Spindlersfeld ein wichtiger Baustein auf dem Weg vom damaligen Gleichstromsystem mit relativ niedriger Spannung zur heute bevorzugten Verwendung des hochgespannten Einphasenwechselstromes. Eine unmittelbare Nutzanwendung fand das 6 kV 25 Hz-Versuchssystem 1907 bei der Hamburg-Altonaer Stadt- und Vorortbahn, dem Vorläufer der S-Bahn Hamburg.

[Bearbeiten] Aufnahme ins Berliner S-Bahnnetz

Nochmals zwei Jahre später, am 1. Februar 1929, erfolgt die Aufnahme des zweiten elektrischen Betriebes. Diesmal erfolgt er über eine seitliche, von unten bestrichene Stromschiene und 800 V Gleichstrom, dem Stromsystem der Berliner S-Bahn. Die Züge werden im Berufsverkehr als Zuggruppe F „Friedrich“ über den Nordring und die Stadtbahn bis nach Friedrichshagen durchgebunden.

Der kurze Umlauf soll jedoch bald wieder Wirklichkeit sein und sein Dasein tristen. Selbst in den Germania-Planungen der Nationalsozialisten ist eine Verlängerung der Stummellinie über Schöneweide hinaus nicht vorgesehen. Eine unterirdische Erweiterung von Spindlersfeld um eine Station in die Köpenicker Altstadt dagegen findet Erwähnung. Das Vorhaben kommt allerdings nie über das Planungsstadium hinaus.

Der ehemalige Abzweig zur Spindlerfabrik ist heute ein Fußweg
Der ehemalige Abzweig zur Spindlerfabrik ist heute ein Fußweg

Im Zweiten Weltkrieg wird die Strecke nur leicht beschädigt, bereits ein Vierteljahr nach Aussetzen des Betriebes kann dieser noch 1945 wieder aufgenommen werden. Im Dezember desselben Jahres ereignet sich auf der Strecke auch der erste Unfall der Berliner S-Bahn nach Kriegsende. Auf der eingleisigen Brücke über dem Adlergestell stoßen ein Nahverkehrszug und eine S-Bahn frontal zusammen, es gibt vier Tote und mehrere Schwerverletzte. Der Fahrdienstleiter, der für den Abschnitt zuständig war und dessen menschliches Versagen den Unfall verursacht hatte, wurde daraufhin von den sowjetischen Besatzern zum Tode verurteilt. Sein weiterer Werdegang nach der Urteilsverkündung ist jedoch unklar.

[Bearbeiten] Nachkriegszeit

Ab 1952 verkehren die Züge wieder über Schöneweide hinaus: Es geht als Zuggruppe N „Nordpol“ über den Nordring nach Spandau West.

1956–57 wird die Überführung über das Adlergestell neugebaut. Grund ist der Ausbau der Straße auf zwei Richtungsbahnen. Der Neubau wurde in Stahlbauweise erstellt, die Strecke selbst wurde bis zum Anschluss an das RAW Schöneweide zweigleisig ausgebaut. Züge von und zum Reichsbahnausbesserungswerk bzw. nach Spindlersfeld können sich so nicht mehr gegenseitig den Fahrtweg blockieren, ebenso werden Vorfälle wie der vom 15. Dezember 1945 umgangen.

Nach dem Bau der Berliner Mauer ändern sich wieder die Anbindungen von und nach Spindlersfeld. Die Zuggruppe wurde zunächst bis Schönhauser Allee zurückgezogen, nach der Fertigstellung eines eigenen Gleispaars für die Kurve nach Pankow dann bis nach Blankenburg verlängert.

[Bearbeiten] Der „Mini-Otto“

Ab dem 31. Januar 1976 verkehrte auf der Strecke der sogenannte „Mini-Otto“. Die Bezeichnung setzt sich aus der Länge des eingesetzten Zuges, einem Viertelzug, also „Mini“, sowie dem Funkrufnamen der Zuggruppe „Otto“, zusammen. Die Zuggruppenbezeichnung wurde geändert, da der West-Berliner Abschnitt der alten Zuggruppe weiter als „Nordpol“ fuhr. Um Verwechslungen zu vermeiden, gab die Deutsche Reichsbahn dem Ost-Berliner Pendant kurzerhand eine neue Bezeichnung.

Normalerweise kommen bei der Berliner S-Bahn mindestens Halbzüge (z.B. ET+EB+EB+ET) zum Einsatz, die DRG hatte bis zum Kriegsende alle ehemaligen Steuerwagen (ES) zu Beiwagen (EB) umbauen lassen. Die Materialien aus den ehemaligen Führerständen dienten als Ersatz für die anderen Triebwagen (ET). Nach 1945 ließ sie allerdings wieder einige Einheiten zu Steuervierteln (ET+ES) zurückbauen, zusätzlich übernahm sie 1952 acht Viertelzüge (ET+ES) von der Werksbahn der Heeresversuchsanstalt Peenemünde. In Berlin wurden diese als Peenemünder Viertel bezeichnet.

Ausschlaggebend für den Einsatz mit einem Viertelzug war die steigende Bevölkerung in den nördlichen Berliner Ortsteilen, allen voran Buch. Um der wachsenden Bevölkerung entgegenzukommen, richtete die DR das zweite Gleis im Bahnhof Karow, das nach 1945 als Reparationsleistung in die Sowjetunion ging, wieder her, um einen 10-Minutentakt auf der Strecke fahren zu können. Die Zuggruppe, die bis nach Buch fuhr, erhielt den Namen „Ludwig“.

Während „Ludwig“ werktags zwischen Buch und Alexanderplatz verkehrte, fuhr „Otto“ zwischen Blankenburg und Spindlersfeld. Am Wochenende endete „Ludwig“ dagegen von Buch kommend in Schöneweide, während „Otto“ zwischen Schöneweide und Spindlersfeld pendelte. Bis zur Aufnahme des 10-Minutentakts, der auch am Wochenende galt, verkehrten die Züge durchgehend von Buch bis Spindlersfeld, wobei in Schöneweide die Zuggruppenbezeichnung wechselte. Nun ergaben sich durch den neuen Takt allerdings ungünstige Ankunfts- und Abfahrzeiten in Richtung Spindlersfeld. Die Umläufe wurden daher wieder getrennt, und die Zweigbahn wurde mit zwei eigenen Umläufen bedient. Da der Verkehr auf der Strecke recht spärlich ist, reichte der Einsatz von Viertelzügen vollkommen aus. So kam der „Mini-Otto“ in Form von zwei Peenemünder Vierteln zum Einsatz. Im Falle eines größeren Fahrgastaufkommens beziehungsweise des Ausfalls einer der beiden Züge, kamen Halbzüge aus dem Bw Grünau zum Einsatz.

Der Einsatz des „Mini-Ottos“ endete nach über zehn Jahren am 31. Mai 1986.

[Bearbeiten] Nach der Wende

Bahnhof Oberspree, die Bahnsteigkante im linken Bildrand verdeutlicht die Lage des ehemaligen zweiten Gleises
Bahnhof Oberspree, die Bahnsteigkante im linken Bildrand verdeutlicht die Lage des ehemaligen zweiten Gleises

Noch bis Mitte der 90er Jahre verkehrten Güterzüge bis nach Spindlersfeld, danach wurden sowohl die nötigen Anlagen als auch das Anschlussgleis in Schöneweide abgetragen.

Derzeit wird die Strecke über die S-Bahnlinie 47 von Südkreuz aus bedient. Nach den Plänen des Berliner Senats und der S-Bahn soll sie durchgehend zweigleisig ausgebaut werden, um einen 10-Minutentakt fahren zu können. Der Termin zur Umsetzung wurde allerdings mehrmals verschoben, so dass frühestens 2015 mit einem Ausbau zu rechnen ist.

[Bearbeiten] Bahnhöfe

[Bearbeiten] Oberspree

Der Bahnhof Oberspree befindet sich etwa auf halber Länge der Strecke, wo die Oberspreestraße die Gleise kreuzt. Er wurde mit der Aufnahme des Personenverkehrs am 1. April 1892 eröffnet. Der Bahnhof war anfangs zweigleisig mit einem dazwischen liegenden Mittelbahnsteig. Das Empfangsgebäude befand sich am Bruno-Bürgel-Weg, der parallel zur Trasse verläuft. Von hier aus geht auch heute noch der einzige Zugang über eine hölzerne Fußgängerbrücke zum Bahnsteig ab.

1970 wurde das Gebäude abgetragen und die DR ließ das zweite Bahnsteiggleis stilllegen, womit die Möglichkeit einer Zugkreuzung und somit eines 10-Minutentakts aufgegeben wurde. Das Gleis lag noch bis September 1984 im Bett. An seiner Stelle ließ die Reichsbahn bereits 1976 einen ebenerdigen Zugang anlegen. Die vorerst letzte Maßnahme am Bahnhof war der Neubau der Fußgängerbrücke aus Stahl, der im Dezember 1997 abgeschlossen wurde.

[Bearbeiten] Spindlersfeld

Bahnhof Spindlersfeld mit Zug der Linie S47
Bahnhof Spindlersfeld mit Zug der Linie S47

Der Endbahnhof Spindlersfeld befindet sich an der Kreuzung Oberspreestraße Ecke Ernst-Grube-Straße. Neben dem Bahnsteig für die S-Bahn gab es hier auch zwei Laderampen für die Güterzüge des VEB Müllabfuhr, der heutigen Stadtreinigung, sowie ein Anschlussgleis zum VEB Rewatex, ehemals Firma W. Spindler.

1983 riss die DR die südliche der beiden Ladestraßen ab und legte stattdessen vier neue Gütergleise an. 1988 wurde im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen das Stellwerk Spf geschlossen und in den Aufsichtsräumen am Bahnhof ein elektromechanisches in Betrieb genommen. Die alten Formsignale mussten Lichtsignalen weichen. Nach der Wende folgte die Abtragung der Anlagen für den Güterverkehr sowie des Anschlussgleises zur Fabrik. Heute sind neben einigen Gleisfragmenten im Boden kaum noch Erinnerungen an die frühere Bedeutung der Anlage übrig geblieben.

2006 wurde der Bahnhof bis zur Oberspreestraße hin verschoben, wodurch sich der Umsteigeweg von der S-Bahn zur Straßenbahn nach Köpenick bzw. Adlershof ersichtlich verkürzt. Der alte Zugang an der Ernst-Grube-Straße blieb dennoch erhalten. Ein zweigleisiger Ausbau des Bahnhofs ist dagegen nicht in Sicht, da selbst bei den Planungen zum Ausbau der gesamten Strecke auf zwei Gleise der Endbahnhof weiterhin über nur ein Gleis verfügen soll.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Bernhard Strowitzki: S-Bahn Berlin. Geschichte(n) für unterwegs., Verlag GVE, Berlin 22004. ISBN 3-89218-073-3

[Bearbeiten] Weblinks

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