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Ruth Fischer - Wikipedia

Ruth Fischer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ruth Fischer (* 11. Dezember 1895 in Leipzig; † 13. März 1961 in Paris; eigentlich Elfriede Eisler) war eine deutsch-österreichische Politikerin und Publizistin.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Ruth Fischer war Tochter des österreichischen Philosophen und Privatgelehrten Rudolf Eisler und der Leipziger Fleischerstochter Ida Maria, geb. Fischer. Sie war die Schwester des Komponisten Hanns Eisler und des Journalisten und Kommunisten Gerhart Eisler. Ruth Fischer war zunächst Kommunistin, später geriet sie als Linksabweichlerin bzw. "Rechtsabweichlerin" in Widerspruch zur KPD und zur Moskauer Politik. Sie war in den USA im Exil.

Bedingt durch die wissenschaftliche Laufbahn des Vaters zog die Familie Eisler im Jahr 1901 von Leipzig nach Wien. Ruth Fischer wuchs in einem bildungsbürgerlich geprägten Umfeld auf, in welchem Musik und Literatur zum Alltäglichen gehörten. Als Gymnasiastin betätigte sie sich bereits politisch und schloß sich der bürgerlich-jüdischen Organisation "Freideutsche Jugendbewegung" an, die nationalkommunistische Ideen vertrat [1]. An der Universität Wien studierte sie Philosophie, Nationalökonomie und Politik, nach Kriegsausbruch 1914 rief sie eine linksradikale Studentengruppe mit ins Leben.

1915 heiratet sie den Journalisten Paul Friedländer, mit dem sie 1917 den Sohn Friedrich Gerhart bekam.

[Bearbeiten] Politischer Aufstieg

In Wien wurde am 3. November 1918 unter führender Beteiligung von Elfriede Eisler/Ruth Fischer die KPDÖ (Kommunistische Partei Deutsch-Österreichs) gegründet. Ruth Fischer hatte das Mitgliedsbuch mit der Nummer 1. Wegen der Teilnahme an der bewaffneten Besetzung der Redaktion der Wiener "Neuen Freien Presse" verbrachte sie kurze Zeit später drei Wochen im Gefängnis.

Am 9. Februar 1919 hielt sie vor 42 Delegierten das Hauptreferat auf dem ersten Parteitag der KPDÖ, die zu diesem Zeitpunkt bereits 3000 Mitglieder hatte. In dieser Zeit war sie auch Herausgeberin des KPDÖ-Organs Der Weckruf/Die Rote Fahne sowie Redakteurin der Zeitschrift Die revolutionäre Proletarierin.

Im August 1919 ging die Familie Friedländer auf Einladung von Willi Münzenberg und nach innerparteilichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Kriegsheimkehrern und Arbeitern einerseits und den jungen bürgerlichen Intellektuellen andererseits nach Berlin, und sie nannte sich ab September "Ruth Fischer". Sie lernte den ukrainischen Kommunisten Arkadij Maslow kennen, mit dem sie bis zur Abreise aus dem französischen Exil 1941 zusammenlebte. Die Ehe mit Paul Friedländer wurde 1921 geschieden. Um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten, ging sie 1923 formal eine Ehe mit dem Kommunisten und Kominternmitarbeiter Gustav Golke ein, welche 1929 geschieden wurde.

Ab 1920 arbeitete Ruth Fischer am theoretischen KPD-Organ Die Internationale mit, 1921 gelangten Ruth Fischer und Maslow in den Zentralausschuss der KPD und übernahmen die Leitung der Berliner KPD. In den folgenden Jahren entwickelte sich Ruth Fischer zu einer der wichtigsten Figuren des linken Parteiflügels, welcher die Parteiführung um August Thalheimer, Heinrich Brandler und Ernst Meyer, vor allem nach dem gescheiterten Aufstandsversuch in Hamburg 1923 kritisierte und wurde 1924 in die oberste Führungsriege der Partei gewählt. Als Vorsitzende des Politischen Büros des Zentralkomitees der KPD stand sie an der Spitze der Partei und bestimmte den ultralinken Kurs dieser Zeit (Hauptstoßrichtung gegen die SPD). Zu diesem Zeitpunkt wurde Ruth Fischer Kandidatin des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI). Ab Mitte 1924 war sie Reichtagsabgeordnete (Listenplatz 3) und Abgeordnete im Preußischen Landtag (Listenplatz 1) für die Kommunistische Partei Deutschlands.

[Bearbeiten] Der Fall

Bereits im August 1924 geriet die "Gruppe Maslow-Fischer" wegen "ultralinker Abweichungen" in die Kritik der Moskauer Parteiführung unter Stalin sowie der KI unter Nikolaj Bucharin. In diesem Zusammenhang traf Ruth Fischer im September 1925 in Moskau mit Stalin zusammen und wurde in den folgenden zehn Monaten an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert. Während dieser Zeit war sie in dem berühmt-berüchtigten Moskauer "Hotel Lux" untergebracht. Zeitgleich wurde Arkadij Maslow in Berlin wegen Hochverrats in Untersuchungshaft festgehalten. Am 1. September übernahm Ernst Thälmann die Führung der KPD. Im November 1925 wurden beide in Abwesenheit aus dem Politbüro der KPD ausgeschlossen.

Im Juni 1926 kehrte Ruth Fischer nach Deutschland zurück, im gleichen Jahr wurde Maslow aus der Haft entlassen. Im August 1926 wurden Ruth Fischer und Maslow aus der Partei ausgeschlossen. Als Mitglieder der Reichstagsgruppe Linke Kommunisten versuchten sie in der Folgezeit gemeinsam v.a. mit Grigori Jewsejewitsch Sinowjew die Linksopposition gegen den Kominternkurs unter Stalin und Bucharin um sich zu sammeln; kurzzeitig waren sie 1928 Mitglieder der KPD-Linksabspaltung Leninbund. Nach einem vergeblichen Versuch, 1929 wieder in die KPD aufgenommen zu werden, zog Fischer sich zunächst aus der unmittelbaren Politik zurück und arbeitete bis 1933 als Pädagogin und Sozialarbeiterin im Berliner Stadtteil Wedding.

Am 9. März 1933 flüchteten Fischer (von den Nazis ausgebürgert) und Maslow aus Deutschland und gingen über Prag nach Frankreich ins Exil, wo sie gemeinsam mit einigen anderen Genossen die Gruppe Internationale ins Leben riefen und bis 1936 mit Trotzki zusammenarbeiteten. Im August 1936 wurden Fischer und Maslow als "Trotzkisten" beim Moskauer "Prozess der Sechzehn" in Abwesenheit zum Tode verurteilt. In den Wirren des Krieges, gleichzeitig verfolgt von Nazis und Stalinisten, erreichte Ruth Fischer über Südfrankreich, Spanien, Portugal und Kuba im Frühjahr 1941 New York. Maslow bekam kein amerikanisches Visum und musste im Mai 1941, getrennt von seiner Frau, ins Exil nach Havanna. Am 21. November 1941 wurde Maslow in Havanna bewusstlos auf der Straße nahe seines Hotels gefunden und verstarb kurz darauf.

Ruth Fischer begann nun ihren Feldzug gegen die Stalinisten. Ab 1944 gab sie das Nachrichtenbulletin The Network heraus, in dem sie über stalinistische Aktivitäten verschiedenster Art berichtete. 1945 erhielt sie an der Cambridge University einen Forschungsauftrag zur Geschichte des Kommunismus. 1948 erschien ihr Buch "Stalin and German Communism". Als auf dem Höhepunkt der FBI-Ausforschung Künstler und Politiker der "unamerikanischen Umtriebe" angeklagt wurden und es 1947 zur Anklage gegen ihre Brüder Gerhart und Hanns Eisler kam, war Ruth Fischer die Hauptzeugin der Anklage. Gerhart Eisler kam in Haft, Hanns Eisler wurde ausgewiesen.

Nach 1955 lebte sie als politische Publizistin in Paris und veröffentlichte ihre Werke "Stalin and German Communism" und "Die Umformung der Sowjetgesellschaft" und publizierte in verschiedenen Zeitschriften wie den Frankfurter Heften.

Ruth Fischer starb 1961 in Paris und wurde im Friedhof von Montparnasse beigesetzt.

[Bearbeiten] Ruth Fischers Namen

  • geboren Elfriede Eisler
  • Elfriede Friedländer durch Heirat mit dem Publizisten Paul Friedländer (1891–1943)
  • Ruth Fischer; Name nach Berlin-Übersiedlung (1919) angenommen
  • Elfriede Golke nach Scheinheirat (1923) mit Gustav Golke (um die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen)
  • Liane Boßhardt bei der Benutzung eines gefälschten Passes [2]

[Bearbeiten] Zitate

  • "Wir Kommunisten sind alle Hochverräter." (anlässlich der Reichstagseröffnung im Juni 1924)

[Bearbeiten] Quellen

  1. Eine Erinnerung an die Kommunistin Ruth Fischer
  2. Ruth Fischer; Kurzbiographie

[Bearbeiten] Werke

  • Sexualethik des Kommunismus, Wien 1920, (erschienen noch unter dem Namen Elfriede Friedländer)
  • Deutsche Kinderfibel. Berlin: Rowohlt, 1933. (Zs. mit Franz Weimann)
  • Stalin and the German Communism. 1948 (Analyse zur Geschichte der KPD in den zwanziger und dreißiger Jahren; dt. 1950)
  • Von Lenin zu Mao. Kommunismus in der Bandung - Ära. Köln/Düsseldorf 1956.
  • Die Umformung der Sowjet-Gesellschaft. Chronik der Reformen. Köln/Düsseldorf 1956.

[Bearbeiten] Literatur

  • J. Schebera: Eisler. Eine Biographie in Texten, Bildern und Dokumenten. Schott. Mainz 1998. (Hanns Eisler Biographie)
  • Sabine Hering / Kurt Schilde: Kampfname Ruth Fischer. Wandlungen einer deutschen Kommunistin. Frankfurt/M. 1995. (zur Biographie)
  • Ruth Fischer - Arkadij Maslow: Abtrünnig wider Willen. Aus Reden und Manuskripten des Exils. Hg. von Peter Lübbe. Vorw. Hermann Weber. München 1990. (Nachlassausgabe des Exilschaffens, mit Einleitung)

[Bearbeiten] Weblinks


Andere Sprachen

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