Alexander Kluge
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Alexander Kluge (* 14. Februar 1932 in Halberstadt) ist ein promovierter deutscher Rechtsanwalt, Filmemacher, Fernsehproduzent, Schriftsteller und Drehbuchautor. Kluge wurde bekannt als einer der einflussreichsten Vertreter des Neuen Deutschen Films, den er in Theorie und Praxis mitbegründet und weiterentwickelt hat.
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[Bearbeiten] Leben
Kluge wurde als Sohn eines Arztes geboren. Zunächst besuchte er das Halberstadter Domgymnasium, anschließend machte er sein Abitur in Berlin-Charlottenburg. Im Winter 1944/45 wurde er zum Volkssturm eingezogen. Er studierte ab 1950 Rechtswissenschaften, Geschichte und Kirchenmusik in Freiburg im Breisgau, Marburg und Frankfurt am Main und hörte unter anderem Vorlesungen bei Adorno. 1956 wurde er mit einer Dissertation über „Die Universitäts-Selbstverwaltung. Ihre Geschichte und gegenwärtige Rechtsform“ zum Dr. jur. promoviert.
Nach dem Bestehen seines Assessorexamens 1958 ließ er sich in Berlin und später München als Rechtsanwalt nieder. Es dauerte jedoch nicht lange und er wandte er sich dem Filmemachen und der literarischen Arbeit zu. Adorno vermittelte Kluge an Fritz Lang, der ihn von seinen literarischen Bestrebungen, von denen er nichts hielt, abbringen sollte.
1958 absolvierte Kluge ein Volontariat bei CCC-Film, während Fritz Lang den Film Das indische Grabmal drehte.
Bei den 8. Westdeutschen Kurzfilmtagen in Oberhausen 1963 war Kluge einer der Initiatoren des Oberhausener Manifestes, einer politischen und ästhetischen Unabhängigkeitserklärung junger deutscher Filmemacher, in dem die Abkehr vom alten deutschen Film gefordert wird. In den 1960ern wurde Kluge durch Filme wie Abschied von gestern (1966) ein wichtiger Repräsentant des Neuen Deutschen Films und des Autorenfilms.
Ab 1963 lehrte er als Professor an der Hochschule für Gestaltung Ulm und leitete mit Edgar Reitz die Abteilung für Filmgestaltung. Im selben Jahr gründete er auch seine eigene Produktionsfirma Kairos-Film. 1973 wurde er Honorarprofessor an der Universität Frankfurt am Main.
[Bearbeiten] Schriftsteller und Theoretiker
In Zusammenarbeit mit dem Soziologen Oskar Negt verfasste er mehrere Schriften und Bücher, darunter Öffentlichkeit und Erfahrung (1972), Geschichte und Eigensinn (1981) und Maßverhältnisse des Politischen (1992). Diese Bücher wurden 2001 von den beiden Autoren zusammen unter dem Titel Der unterschätzte Mensch neu herausgegeben.
Kluge gilt als Autorität auf dem Gebiet der Filmtheorie und ist Verfasser diverser Standardliteratur (Filmanalyse etc.). Seine theoretische Konzeption war darüber hinaus prägend für den avantgardistisch-intellektuellen Neuen Deutschen Film der 1970er und 80er Jahre.
Der Großteil seines schriftstellerischen Œuvres ist jedoch literarischer Natur - zumeist Kurz- und Kürzestgeschichten. Die im Jahr 2000 erschienene Chronik der Gefühle mit den beiden Teilbänden Basisgeschichten und Lebensläufe stellen eine Sammlung des literarischen Werks Alexander Kluges dar.
[Bearbeiten] Fernsehproduzent
Mit der Gründung der dctp (Development Company for Television Program) 1987 ist es ihm gelungen, eine Plattform für unabhängige Programme im deutschen Privatfernsehen zu schaffen. Die Gesellschafter von dctp sind Alexander Kluge (37,5%), die japanische Werbeagentur Dentsu (37,5%), der Spiegel-Verlag (12,5%) und die Neue Zürcher Zeitung AG (12,5%).[1]
Seitdem ist Alexander Kluge für die unabhängigen TV-Kulturmagazine "10 vor 11" und "Prime-Time/Spätausgabe" in RTL, "News & Stories" in Sat.1 sowie "Mitternachtsmagazin", "dctp Reportage" und teilweise "dctp Nachtclub" in VOX verantwortlich. Etwa monatlich wird außerdem "Die Stunde der Filmemacher" im Nachtprogramm von Sat.1 ausgestrahlt.
Kluge ist seit 1982 mit Dagmar Steurer verheiratet und hat eine Tochter (* 1983) und einen Sohn (* 1985).
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Filme
- Brutalität in Stein (1960, Kurzfilm, mit Peter Schamoni)
- Rennen (1961, Kurzfilm, mit Peter Kruntorad)
- Lehrer im Wandel (1963, Kurzfilm, mit Karen Kluge)
- Porträt einer Bewährung (1964, Kurzfilm)
- Abschied von Gestern (1966)
- Pokerspiel (1966, Kurzfilm)
- Frau Blackburn, geb. 5. Jan. 1872, wird gefilmt (1967, Kurzfilm)
- Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos (1967)
- Feuerlöscher e. a. Winterstein (1968, Kurzfilm)
- Die unbezähmbare Leni Peickert (1969)
- Der große Verhau (1970)
- Ein Arzt aus Halberstadt (1970, Kurzfilm)
- Wir verbauen 3 x 27 Milliarden Dollar in einen Angriffsschlachter (1971, Kurzfilm)
- Willi Tobler und der Untergang der 6. Flotte (1972)
- Besitzbürgerin, Jahrgang 1908 (1973, Kurzfilm)
- Gelegenheitsarbeit einer Sklavin (1973)
- Richtlinien und Märchen (1974, Kurzfilm)
- In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod (1974, mit Edgar Reitz)
- Der starke Ferdinand (1975)
- "Zu böser Schlacht schleich ich heut Nacht so bang" (1977)
- Die Menschen, die das Stauffer-Jahr vorbereiten (1977, mit Maximiliane Mainka)
- Nachrichten von den Stauffern I und II (1977, mit Maximiliane Mainka)
- Deutschland im Herbst (1978, mit Volker Schlöndorff, Rainer Werner Fassbinder, Edgar Reitz und anderen)
- Die Patriotin (1979)
- Der Kandidat (1980, mit Volker Schlöndorff, Stefan Aust und Alexander von Eschwege)
- Krieg und Frieden (1982, mit Stefan Aust, Axel Engstfeld und Volker Schlöndorff)
- Biermann-Film (1983, Kurzfilm, mit Edgar Reitz)
- Auf der Suche nach einer praktisch-realistischen Haltung (1983, Kurzfilm)
- Die Macht der Gefühle (1983)
- Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit (1985)
- Vermischte Nachrichten (1986)
[Bearbeiten] Werke (Auswahl)
- Die Universitäts-Selbstverwaltung : Ihre Geschichte und gegenwärtige Rechtsform. 264 S. (Dissertation), Klostermann, Frankfurt am Main 1958
- Lebensläufe. Goverts, Stuttgart 1962 (eine erweiterte Ausgabe erschien bei Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-518-01911-2)
- Schlachtbeschreibung. Walter, Olten und Freiburg im Breisgau 1964 (eine erweiterte und veränderte Neuausgabe erschien 1978 (2. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-518-11193-0))
- Lernprozesse mit tödlichem Ausgang. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973, ISBN 3-518-00665-7 (4. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-518-10665-1)
- Gelegenheitsarbeit einer Sklavin. Zur realistischen Methode. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1975, ISBN 3-518-10733-X
- Neue Geschichten. Hefte 1-18. >Unheimlichkeit der Zeit<. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-518-10819-0
- Die Patriotin. Texte/Bilder 1-6. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1979
- Alexander Kluge und Oskar Negt: Geschichte und Eigensinn. 1283 S., zahlreiche Abbildungen, Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1981 (Suhrkamp, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-518-11700-9)
- Band 1: Entstehung der industriellen Disziplin aus Trennung und Enteignung. "Nester der Erfahrung".
- Band 2: Deutschland als Produktionsöffentlichkeit.
- Band 3: Gewalt des Zusammenhangs.
- Die Macht der Gefühle. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1984
- Die Wächter des Sarkophags. 10 Jahre Tschernobyl. Rotbuch, Hamburg 1996, ISBN 3-88022-401-3
- Wolfgang Lenk (Hg.): Kritische Theorie und politischer Eingriff : Oskar Negt zum 65. Geburtstag, 705 S., Offizin, Hannover 1999, ISBN 3-930345-19-6
- Christian Schulte (Hg.): In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod. Texte zu Kino, Film, Politik. Vorwerk 8, Berlin 1999, ISBN 3-930916-28-2
- Chronik der Gefühle. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-518-41202-7
- Band 1: Basisgeschichten.
- Band 2: Lebensläufe.
- Alexander Kluge und Oskar Negt: Der unterschätzte Mensch : Gemeinsame Philosophie in zwei Bänden. 2.270 S., 520 Abbildungen, Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-86150-427-8
- Band 1: Suchbegriffe / Öffentlichkeit und Erfahrung / Massverhältnisse des Politischen.
- Band 2: Geschichte und Eigensinn.
- Die Kunst, Unterschiede zu machen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-41448-8
- Die Lücke, die der Teufel lässt : Im Umfeld des neuen Jahrhunderts. 952 S., Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-41488-7, ISBN 3-518-41489-5 (Suhrkamp-Taschenbuch, ISBN 3-518-45737-3) (Leseprobe)
- Fontane - Kleist - Deutschland - Büchner : Zur Grammatik der Zeit. 96 S., Wagenbach, Berlin 2004, ISBN 3-8031-1224-9
- Tür an Tür mit einem anderen Leben", 350 neue Geschichten. 646 S., Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-41864-5, ISBN 3-518-41823-8
- Geschichten vom Kino. ca. 240 S., Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-45830-2
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- Heinz Ludwig Arnold (Hg.): Alexander Kluge. Text+Kritik, Zeitschrift für Literatur, Heft 85/86 (1985), 166 S., Edition Text und Kritik, München 1985, ISBN 3-88377-194-5
- Günther Hörmann: Anschauung und Begriff. Die Arbeiten des Instituts für Filmgestaltung Ulm 1962-1995; Stadthaus Ulm vom 16. September - 5. November 1995 ; Deutsches Filmmuseum Frankfurt vom 8. November - 29. November 1995 ; Haus des Dokumentarfilms Stuttgart vom 2. Dezember - 22. Dezember 1995. Ca. 180 S., ca. 30 S., z.T. farbige Abbildungen, Stroemfeld, Basel/Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-87877-559-8
- Thomas Böhm-Christl (Hg.): Alexander Kluge. 2. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-38533-X
- Christian Schulte, Winfried Siebers (Hg.): Kluges Fernsehen. Alexander Kluges Kulturmagazine. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-518-12244-4
- Rainer Stollmann: Alexander Kluge zur Einführung. Junius, Hamburg 1998, ISBN 3-88506-975-X
- Christian Schulte (Hg.): Die Schrift an der Wand. Alexander Kluge: Rohstoffe und Materialien. Rasch, Osnabrück 2000, ISBN 3-932147-57-X
- Christian Schulte, Rainer Stollmann (Hg.): Der Maulwurf kennt kein System. Beiträge zur gemeinsamen Philosophie von Oskar Negt und Alexander Kluge. transcript, Bielefeld 2005, ISBN 3-89942-273-2
- Andreas Sombroek: Eine Poetik des Dazwischen. Zur Intermedialität und Intertextualität bei Alexander Kluge. transcript, Bielefeld 2005, ISBN 3-89942-412-3
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- 1966: Silberner Löwe der Filmfestspiele von Venedig für Abschied von Gestern
- 1967: 2x Filmband in Gold (Produktion, Regie) für Abschied von Gestern
- 1967: Bambi (1967)
- 1968: Goldener Löwe der Filmfestspiele von Venedig für Die Artisten in der Zirkuskuppel: Ratlos
- 1969: Filmband in Gold für Die Artisten in der Zirkuskuppel: Ratlos
- 1975: Filmband in Gold (Musikdramaturgie) für In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod
- 1978: Filmband in Gold (Konzeption) für Deutschland im Herbst im Team
- 1979: Filmband in Silber für Die Patriotin
- 1982: Filmband in Gold für die Unterzeichner des Oberhausener Manifestes
- 1983: FIPRESCI-Preis der Filmfestspiele von Venedig für Die Macht der Gefühle
- 1985: Kleist-Preis
- 1993: Heinrich-Böll-Preis
- 1996: Ricarda-Huch-Preis
- 2001: Schiller-Gedächtnispreis
- 2001: Literaturpreis der Stadt Bremen für Chronik der Gefühle
- 2001: Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis
- 2002: Lessing-Preis für Kritik
- 2003: Georg-Büchner-Preis
- 2006: Filmpreis der Stadt Hof (Internationale Hofer Filmtage)
[Bearbeiten] Mitgliedschaften
- P.E.N.-Zentrum
- Akademie der Künste Berlin-Brandenburg ab 1972
- Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt ab 1982
- Bayerische Akademie der Schönen Künste ab 1994
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Alexander Kluge im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- IMDb-Eintrag für Alexander Kluge
- tabellarischer Lebenslauf des Deutschen Historischen Museums
- Alexander Kluges Gespräche mit Heiner Müller (Videos), Cornell University Library
- www.kluge-alexander.de
- Alexander Kluge auf 3sat.de
- Zwei der "Minutenfilme" zum Download bei Suhrkamp
- Artikel
- »Licht, das laut rattert«, Neues Deutschland, 14. Februar 2007
- „Die Poetisierung der Welt“, Thüringer Landeszeitung, 13. Februar 2007
- "Ich habe ein gutes Drittel der Filmgeschichte miterlebt", Deutschlandradio, 14. Februar 2007, Interview, auch als Audio-Datei (3:10 Min.)
Personendaten | |
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NAME | Kluge, Alexander |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rechtsanwalt, Filmemacher, Schriftsteller und Drehbuchautor |
GEBURTSDATUM | 14. Februar 1932 |
GEBURTSORT | Halberstadt |