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Erhard Milch

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Erhard Milch (* 30. März 1892 in Wilhelmshaven, † 25. Januar 1972 in Wuppertal) war deutscher Heeres- und Luftwaffenoffizier (seit 1940 Generalfeldmarschall) und von 1933 bis 1945 Staatssekretär des Reichsluftfahrtministeriums (RLM), zugleich Generalinspekteur der Luftwaffe und nach Ernst Udets Suizid im November 1941 bis Juli 1944 Generalluftzeugmeister.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Werdegang

Milch trat im Februar 1910 nach bestandenem Abitur als Fahnenjunker in das „Fußartillerieregiment von Linger (Ostpreußisches) Nr. 1” ein und wurde 1911 Leutnant. Er entwickelte schon früh ein Interesse für die Fliegerei, jedoch blieb ihm eine Versetzung zunächst verwehrt und so zog er im September 1914 als Adjutant im II. Reserve-Bataillon des „Fußartillerieregiments 6” in den Ersten Weltkrieg.

Ab 1. Juli 1915 wurde er als Flugzeugbeobachter ausgebildet und eingesetzt. Hierbei wurde ihm auch das Eiserne Kreuz 1. Klasse verliehen. Im Spätherbst 1916 war Milch Oberleutnant und Adjutant des Schulkommandeurs der Fliegerschule in Alt-Autz (Kurland) (und Vorgesetzter Kurt Tucholskys). Kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs erhielt der inzwischen zum Hauptmann beförderte Milch noch das Kommando über die „Jagdgruppe 6”.

Nach Ende des ersten Weltkrieges war Milch Führer der „Freiwilligen Fliegerabteilung 412” beim Grenzschutz Ost, bis er am 31. Januar 1920 Führer der „Polizeifliegerstaffel Königsberg” wurde. Nachdem auch die Polizeifliegerei durch den Versailler Vertrag untersagt wurde, quittierte Milch den Polizeidienst und wurde Geschäftsführer der „Danziger Luftpost GmbH”.

Er war ab Mitte der 1920er Jahre Vorstandsmitglied der damals neu gegründeten Lufthansa. Er wurde umgehend nach der so genannten „Machtergreifung” der Nationalsozialisten von Hermann Göring angeworben und war als dessen Staatssekretär in den 1930er Jahren für den Aufbau der Luftwaffe zuständig.

Am 19. Juli 1940 wurde er zum Generalfeldmarschall ernannt und ab 1941 wurde er als Generalluftzeugmeister der eigentliche Leiter der technischen Entwicklung und der Rüstungsproduktion der Luftwaffe. Nach dem Selbstmord von Ernst Udet, der das Amt des GL vor Milch innehatte, fiel ihm die Aufgabe zu, die Versäumnisse seines Vorgängers hinsichtlich der Luftrüstung aufzuarbeiten. Udet hatte die technische Entwicklung der Luftwaffe vernachlässigt und die Produktionszyklen neuer Typen verkürzt, indem er sie vor der Serienreife zur Fertigung freigab. Beispiele hierfür sind die Projekte He 177, Me 210 und auch die Ju 188. Neben Albert Speer war Milch der zentrale Akteur der deutschen Rüstungsproduktion, insbesondere der Luftrüstung, die er bis August 1944 als Generalluftzeugmeister leitete.

Im Januar 1943 wurde Milch von Hitler durch einen Führerbefehl direkt beauftragt, die Versorgung der eingeschlossenen Verbände der 6. Armee in Stalingrad durch die Luft zu gewährleisten. Hierzu begab er sich mit engen Mitarbeitern aus dem Reichsluftfahrtministerium (RLM) direkt an die Front. Allerdings konnte er die Aufgabe nicht erfüllen, da ihm weder genügend fliegendes Personal noch Flugzeuge und insbesondere keine geeigneten Flug- und Landeplätze in Reichweite Stalingrads zur Verfügung standen.

Milch hatte zu diesem Zeitpunkt bereits den Zenit seiner Karriere überschritten. Die immer stärker werdenden Luftangriffe der Alliierten ab Sommer 1943 auf das Reichsgebiet und der damit einhergehende Verlust der Lufthoheit führten letztendlich zu einem Vertrauensverlust bei Göring und auch Hitler. Dieser Machtverlust verstärkte sich, als Milch die Jägerproduktion, also den Großteil der deutschen Luftrüstung, Anfang 1944 nach verheerenden Angriffen der Alliierten (Big Week) auf deutsche Städte und Rüstungsziele an den so genannten Jägerstab - sprich das Rüstungsministerium - abgeben musste. Im Juli/August 1944 wurde er schließlich entmachtet, als das Reichsluftfahrtministerium umstrukturiert wurde und die Luftrüstung vom Rüstungsministerium übernommen wurde. Milch selbst wurde zwar noch zu einem Stellvertreter Speers ernannt, war aber de facto entmachtet und trat bis Kriegsende nicht mehr in Erscheinung.

 Generalfeldmarschall Hugo Sperrle, Generaloberst Heinz Guderian, Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff und Erhard Milch spielen Karten, während sie auf den Aufruf als Zeugen vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg warten
Generalfeldmarschall Hugo Sperrle, Generaloberst Heinz Guderian, Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff und Erhard Milch spielen Karten, während sie auf den Aufruf als Zeugen vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg warten
Erhard Milch mit seinem Bruder Dr. Werner Milch im Besucherzimmer des Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg. Dr. Milch arbeitet als assoziierter Anwalt der Verteidigung für Dr. Friedrich Bergold
Erhard Milch mit seinem Bruder Dr. Werner Milch im Besucherzimmer des Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg. Dr. Milch arbeitet als assoziierter Anwalt der Verteidigung für Dr. Friedrich Bergold

[Bearbeiten] Abstammung als Karriere-Kriterium im Dritten Reich

Als Milch 1933 von Göring zum Staatssekretär im Luftfahrtministerium ernannt worden war, wurde von Neidern die Information verbreitet, Milchs Mutter sei mit einem konvertierten Juden verheiratet. Milch bestritt offenbar, aus dieser Verbindung zu stammen; Göring übernahm diese Version und ließ möglicherweise sogar Dokumente entsprechend manipulieren.[1] Im Kreuzverhör, dem Milch sich 1946 als Entlastungszeuge im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher stellte, ließ er weiterhin durchblicken, dass er außerehelich gezeugt worden sei [2]

Ob Erhard Milch wirklich einen jüdischen Vater hatte und damit nach den später erlassenen Nürnberger Gesetzen als „jüdischer Mischling” zu gelten hatte, ist zur Zeit Gegenstand der historischen Forschung. Der amerikanische Historiker Bryan Mark Rigg vertritt die These, dass Erhard Milch neben einer nennenswerten Anzahl weiterer Offiziere und Mannschaften ranghöchster jüdischer Soldat in der Wehrmacht war.[3] Grundlagen seiner Thesen sind unter anderem verschiedene in den 1990er Jahren geführte Interviews und auch Material des Bundesarchivs. Allerdings ist es auch ihm nicht gelungen, Milchs Geburtsurkunden oder andere Quellen zu finden, die klären könnten, ob Milch einen jüdischen Vater hatte. Dass diese Unterlagen heute noch existieren, ist eher unwahrscheinlich, da davon auszugehen ist, dass diese – sollte Milch wirklich jüdischer Abstammung gewesen sein – modifiziert bzw. vernichtet wurden.

Zeitgenössische Gerüchte in der Bevölkerung werden durch einen Tagebucheintrag Victor Klemperers vom 18. Oktober 1936 belegt:
„Und Martha berichtet von dem Fliegergeneral Milch, der eine arische Mutter und einen jüdischen Vater habe: er gebe an, seine Mutter habe ihn im Ehebruch von einem Arier empfangen.”

[Bearbeiten] Verurteilung in den Nürnberger Prozessen

Allerdings ist definitiv festzustellen, dass Milch ein glühender Verfechter des Nationalsozialismus war. Die Frage, ob Milch von Menschenversuchen im Konzentrationslager Dachau gewusst hatte, konnte während der Nürnberger Prozesse nicht geklärt werden, so dass Milch in diesem Punkt freigesprochen wurde. Er war aber für Einsatz von Zwangs- und Fremdarbeitern in der Rüstungswirtschaft des Dritten Reichs mitverantwortlich.

Am 17. April 1947 wurde er von einem Militärgericht wegen Förderung der Zwangsarbeit und der Ausbeutung von Zwangsarbeitern in den NS-Flugzeugfabriken zu lebenslanger Haft verurteilt (s. „Milch-Prozess”). Am 31. Januar 1951 gab der amerikanische Hochkommissar John Jay McCloy einem Gnadengesuch nach Absprache mit einem beratenden Ausschuss statt und setzte die Strafe von lebenslänglich auf 15 Jahre Haft herab. Sein Gnadengesuch berief sich auf die Unausgeglichenheit des Temperamentes von Erhard Milch, die auf eine verschärfte Überreizung der Nerven durch eine Kopfverletzung zurückzuführen gewesen sei.

1954 wurde Milch vorzeitig aus der Haft in Landsberg/Lech entlassen. Er fand später Arbeit als Industrieberater. [4]

[Bearbeiten] Auszeichnungen

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Belegstellen

  1. Friedhelm Kröll: Der Prozess gegen Erhard Milch. In: Gerd Ueberschär (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht... Frankfurt/M 1999 ISBN 3-596-13589-3, S.89
  2. IMT: Band 9/10, Seite 108/109 (Verhandlung am 11. März 1946).
  3. Bryan M. Rigg: Hitlers jüdische Soldaten. Paderborn 2003, ISBN 3-506-70115-0
  4. Friedhelm Kröll: Der Prozess gegen Erhard Milch. In: Gerd Ueberschär (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht... Frankfurt/M 1999 ISBN 3-596-13589-3, S.96

[Bearbeiten] Weblinks


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