Nicolas Sarkozy
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Nicolas Sarkozy [Nicolas Sarkozy ?/i] [niko'la saʁkozi] (Nicolas Paul Stéphane Sárközy Nagy Bócsay bzw. französisiert de Nagy Bócsa, * 28. Januar 1955 in Paris) ist ein französischer Politiker. Sarkozy war zweimaliger Innenminister, von 2002 bis 2004 in der Regierung Raffarin und von 2005 bis zum 26. März 2007 in der Regierung de Villepin. Seit dem 28. November 2004 ist er Vorsitzender der konservativen gaullistischen UMP, der Nachfolgepartei der im Jahr 1976 von Jacques Chirac unter dem Namen RPR gegründeten gaullistischen Partei. Er tritt als Kandidat der UMP bei der Präsidentschaftswahl 2007 an.
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[Bearbeiten] Biographie
Sarkozy wurde als Sohn des aus ungarischen Adel stammenden Immigranten und Publizisten Pál Nagy-Bócsay Sárközy und der aus Griechenland stammenden jüdischen Juristin und Arzt-Tochter Andrée Mallah (Heirat 1949) geboren. Sein ungarischer Geburtsname lautet Nicolas Pál Stéphane Nagy-Bócsay Sárközy. Sein Vater stammt aus einer ungarischen Grafenfamilie, die in Alattyán, 100 km vor Budapest, ein Schloss und Ländereien besaß. 1944 war dieser vor dem Einmarsch der Roten Armee in Ungarn über Österreich nach Deutschland geflohen, wo er sich in Baden-Baden von einem französischen Rekrutierungsbüro für die Fremdenlegion anwerben ließ.
[Bearbeiten] Privatleben
Nicolas Sarkozy hat zweimal geheiratet und ist Vater von drei Söhnen. In erster Ehe war er ab 1982 mit Marie-Dominique Culioli verheiratet, aus der Ehe gingen die Söhne Pierre (* 1985) und Jean (* 1987) hervor. 1996 heiratete er die gebürtige Cécilia Maria Sara Isabel Ciganer Albeniz, aus der Ehe ging 1997 der Sohn Louis hervor. Im Sommer 2005 wurde das Scheitern der „vorbildhaften Politikerehe“ öffentlich. Neue Lebensgefährtin von Nicolas Sarkozy ist die Le Figaro-Journalistin Anne Fulda, neuer Lebensgefährte von Cécilia Sarkozy ist der Chef der Werbeagentur Publicis, der gebürtige Marokkaner Richard Attias. Im Januar 2006 wurde die Nachricht lanciert, das Ehepaar Sarkozy versuche einen gemeinsamen Neuanfang.
[Bearbeiten] Politische Karriere
Sarkozy hat Öffentliches Recht und Politikwissenschaft studiert, zeitweilig (ohne Abschluss) auch an der französischen Elitehochschule Institut d'études politiques de Paris. Von Beruf ist er Anwalt. Bereits 1977 wurde er Gemeinderat von Neuilly-sur-Seine, wo er 19 Jahre lang, 1983 bis 2002, Bürgermeister war. Das westlich vom mondänen 16. Arrondissement gelegene Neuilly-sur-Seine gilt als einer der wohlhabendsten Vororte (banlieue) von Paris. Nationale Anerkennung erlangte er als Vermittler bei einer Geiselnahme in einem Kindergarten, welche durch seinen Einsatz unblutig beendet werden konnte. In der gaullistischen Partei Rassemblement pour la République (RPR) machte er schnell Karriere: Ab 1977 arbeitete er bereits im Alter von 21 Jahren im Zentralkomitee mit. Zwischen 1983 und 1988 war er Regionalrat der Île-de-France. Zugleich Vizepräsident des Generalrats von Hauts-de-Seine, zeichnete er in dieser Funktion für die Kulturpolitik des Départements verantwortlich. 1987 leitete er im Innenministerium die „Delegation zur Bekämpfung chemischer und radioaktiver Risiken“ (Mission pour la lutte contre les risques chimiques et radiologiques).
Vom 30. März 1993 bis zum 11. Mai 1995 war Sarkozy Haushaltsminister der Regierung Balladur, der er auch als Regierungssprecher diente. Vom 7. Mai 2002 bis zum 30. März 2004 war er französischer Innenminister in der Regierung Raffarin. In dieser Zeit erwarb er sich den Ruf eines law-and-order-Politikers, der entschlossen gegen Kriminalität vorgeht. Dies machte ihn in der Bevölkerung äußerst populär. Drei Tage nach der Niederlage der Konservativen bei den französischen Regionalwahlen 2004, die Sarkozy als neuer Generalrat des Landkreises Neuilly-sur-Seine Nord und Präsident des Generalrats des Départements Hauts-de-Seine gut überstand, billigte Staatspräsident Chirac am 31. März Wirtschaft, Finanzen und Industrie stand und damit auch die Verantwortung für die geplanten Wirtschaftsreformen in Frankreich übernahm. Während dieser Zeit setzte er u. a. die Übernahme des deutsch-französischen Pharmaunternehmens aventis Sanofi-Synthélabo (seither sanofi-aventis) gegen Bedenken aus Deutschland durch. Allerdings musste er das Amt des „Superministers“ bereits Ende November 2004 auf Druck von Staatspräsident Chirac aufgeben. Sarkozy hatte sich kurz vorher zum Parteivorsitzenden der von Chirac einst als RPR gegründeten „Chirac-Partei“ UMP wählen lassen. Da das Verhältnis zwischen Sarkozy und Chirac bereits belastet war, seitdem sich Sarkozy bei den Wahlen 1995 gegen Chirac und für Balladur eingesetzt hatte, wird vermutet, dass Chirac die mit der Wahl des „Superministers“ Sarkozy zum UMP-Parteichef entstandene „Ämterhäufung“ lediglich als Anlass nahm, um der – nun auch innerparteilichen – Spitzenkarriere des von Chirac als Konkurrenz empfundenen Sarkozy einen „politischen Dämpfer“ zu geben. Offenbar vergebens, denn seit 2. Juni 2005 ist der UMP-Vorsitzende Sarkozy Innenminister in der Regierung Villepin, einem der wichtigsten Ministerposten, auf dem er schon einmal (in der Regierung Raffarin) mit seiner rigiden law-and-order-Politik Sympathiepunkte in der Bevölkerung sammeln konnte. Im Oktober und November 2005 wurde Sarkozy für die Randalierer der Pariser Krawalle 2005 zur Hassfigur, weil er alle randalierenden Jugendlichen (meist nordafrikanischer Herkunft) als „Abschaum“ titulierte. Sein (erneutes) Amt als Innenminister brachte ihn seinem Ziel, offizieller Spitzenkandidat der UMP für die Präsidentschaftswahl 2007 zu werden, noch näher. Auch wenn Chirac den ihm stets in Loyalität verbundenen Premierminister Villepin (UMP) als „Thronerbe“ für das höchste Amt des Staates favorisierte, setzte sich Sarkozy bei einer Urwahl am 14. Januar 2007 mit 98,1 % der Stimmen klar durch. In Umfragen liegt er auf der Beliebtheitsskala derzeit vor Ségolène Royal, der Kandidatin der Parti Socialiste (PS).
Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen wurde Sarkozy in seiner Funktion als Innenminister Ende Januar 2007 von dem ehemaligen Greenpeace-Sprecher, Bruno Rebelle, der gleichzeitig als umweltpolitischer Wahlkampfberater im Team Ségolène Royals tätig ist, der Spionage beschuldigt[1]. Über die angeblichen nachrichtendienstlichen Ermittlungen berichtete das Magazin "Le Canard enchaîné" am 24. Januar 2007. Ebenfalls im Canard enchaîné erschienen Anfang März 2007 Berichte, Sarkozy habe in seiner Zeit als Bürgermeister von Neuilly-sur-Seine einem Bauträger Vergünstigungen bei der Erschließung eines Wohnkomplexes auf der Île de la Jatte gewährt und nach dessen Errichtung dort eine Doppelwohnung zu gleichfalls ungewöhnlich günstigen Konditionen erworben. [2]
[Bearbeiten] Leistungen und politische Positionen
Sarkozy etablierte in Frankreich einen Islamrat und schuf damit einen institutionellen Ansprechpartner des laizistischen Staates für die neben dem Katholizismus zweitstärkste religiöse Gruppe in der Bevölkerung, die Muslime. Auch schaffte er die „double peine“ (doppelte Strafe) ab, nach der ein geduldeter Ausländer, der straffällig und zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, nach der Haft sofort abgeschoben wurde. Im Gegensatz zu Chirac fordert Sarkozy eine „positive Diskriminierung“ (discrimination positive), also bessere Chancen für Minderheiten durch z. B. Quotenregelungen. Nicolas Sarkozy ist ein entschiedener Gegner eines EU-Beitritts der Türkei. Sarkozy war gemäß Umfragen im März 2004 der populärste Politiker in Frankreich. Der praktizierende katholische Christ[3]versteht Laizität als bewußtes Einbeziehen der Religion in den öffentlichen Raum. Er wäre sogar bereit, den Muslimen in den Vorstädten Moscheen auf Staatskosten zu bauen.[4]
[Bearbeiten] Clearstream-Affäre
Im Jahr 2004 geriet Sarkozy im Rahmen der Affäre Clearstream II, bei der ein anonymer Denunziant gefälschte Computerauszüge des Luxemburger Clearing-House Clearstream einem Untersuchungsrichter zukommen ließ, in Misskredit, weil diese Computerauszüge fälschlicherweise suggerierten, Sarkozy und andere Prominente hätten über Geheimkonten bei Clearstream Schmiergelder beim Verkauf französischer Fregatten an Taiwan kassiert. Sarkozy strengte ein gerichtliches Verfahren zur Klärung der Verantwortlichkeit für diese Verleumdungskampagne an. Dabei unterstellte er seinem parteiinternen Konkurrenten de Villepin, dieser habe in dessen Amtszeit als Innenminister dem Untersuchungsrichter ein Sarkozy entlastendes Dossier vorenthalten. Im Mai 2006 gab der damalige Vizepräsident des Luftfahrt-Konzerns EADS Jean-Louis Gergorin zu, der Verfasser der anonymen Briefe an den Untersuchungsrichter gewesen zu sein. Die Hintergründe dieser Verleumdungsaffäre konnten bislang nicht restlos aufgeklärt werden.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Bibliographie
- Témoignage von Nicolas Sarkozy (Paris: XO 2006) ISBN 2845632878
- Libre von Nicolas Sarkozy (Paris: XO 2001) ISBN 2266133039
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ "Polizei räumt Existenz von Akte ein - Sarkozy im Zwielicht", in: REUTERS DEUTSCHLAND, 26. Januar 2007
- ↑ Bericht der Zeitung Le Monde vom 13.03.2007
- ↑ Kath.net: Otto von Habsburg: Für den Glauben kämpfen 17. März 2007
- ↑ FAZ: Laizismus als Staatsideologie 9. Dezember 2005
[Bearbeiten] Weblinks
- Private Internetpräsenz von Nicolas Sarkozy
- Internetpräsenz des Französischen Innenministeriums
- „Der große Nick“, Tagesspiegel, 28. November 2005
- Nicolas Sarkozy – Fanblog
- Sarkozy-kritische Seite
- Nicolas Sarkozy Webpage – Präsidentsschaftswahlseite von Sarkozy
- Deutsche Übersetzung der Rede Sarkozys auf dem Nominierungskongress der UMP 14.01.2007 -Aus privatem zweisprachigem politischen Blog
- Nicolas Sarkozy News
- Nicolas Sarkozy: blog Sarkozy
Vorgänger |
Finanzminister von Frankreich 31. März 2004 bis 28. November 2004 |
Nachfolger |
Vorgänger Daniel Vaillant |
Innenminister von Frankreich 7. Mai 2002 bis 31. März 2004 2. Juni 2005 bis 26. März 2007 |
Nachfolger |
Nicolas Sarkozy | Ségolène Royal | François Bayrou | Jean-Marie Le Pen | Marie-George Buffet | Philippe de Villiers | Dominique Voynet | Olivier Besancenot | Arlette Laguiller | Frédéric Nihous | Gérard Schivardi | José Bové
Personendaten | |
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NAME | Sarkozy, Nicolas |
ALTERNATIVNAMEN | Sarkozy de Nagy-Bocsa, Nicolas |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Politiker und Innenminister unter der Regierung Dominique de Villepins |
GEBURTSDATUM | 28. Januar 1955 |
GEBURTSORT | Paris |