Sedimentbecken
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Als Sedimentbecken wird in der Geologie eine Beckenlandschaft bezeichnet, die aus einer Absenkung entstanden ist und sich während oder nach dem Absinkvorgang mit Sedimenten aufgefüllt hat.
Die Ablagerungen an immer derselben Stelle können durch Flüsse erfolgen (z.B. während Eiszeiten oder in einem Flussdelta), aber auch am Grund von Seen oder kleiner Meere. Die unteren Schichten werden durch die folgenden zusammengepresst (Kompaktion) und langfristig zu Sedimentgesteinen wie Flysch, Sandstein oder Schiefer. Die jüngeren (oberen) Schichten aus Schotter und anderem Lockermaterial beinhalten oft bedeutsame Reservoirs von Grundwasser.
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[Bearbeiten] Tertiäre Tektonik
Die meisten Sedimentbecken Europas sind tektonischen Ursprungs - d.h. durch Gebirgsbildung oder andere Verschiebungen entstanden, die typischerweise einige mm pro Jahr betragen. Viele haben sich während des Erdzeitalters Tertiär gebildet, welches vor etwa 65 bis 2 Millionen Jahren (Ma) angesetzt wird (die Zeit danach, das "Quartär", ist die Epoche der Eiszeiten).
[Bearbeiten] Bedeutung des Tertiär für die Gegenwart
Der Name "Tertiär" wurde zu Beginn der wissenschaftlichen Geologie geprägt und im vermuteten Ablauf der Erdgeschichte als ihre Dritte Epoche dem Meso- und Paläozoikum zur Seite gestellt. Zwar haben die damaligen Geologen - vor etwa 200 Jahren - die Dauer dieses Zeitabschnitt wegen der mächtigen Sediment-Schichten stark überschätzt, doch ist seine Bedeutung für die Gegenwart unserer Erde (und besonders für die Menschheit) tatsächlich größer als die vorangehenden 3-5mal so langen Epochen.
[Bearbeiten] Mächtige Beckensedimente des Neogen und Paläogen
Da etwa 90 Prozent der Menschheit im Flach- und Hügelland von tertiären bzw. Becken-Landschaften leben und auch zahlreiche Bodenschätze aus dieser Epoche stammen, hat man diese aufs Genaueste untersucht. Seit langem wird sie in 5 Unterepochen und - je nach Region - in bis zu 20 Formationen unterteilt.
Die wichtigste Gliederung hat man bei etwa 24 vorgenommen: in das Neogen (Jungtertiär, obere Schichten) und Paläogen (ältere = tiefere Schichten). Der Großteil der Sedimente stammt aus dem Neogen, vor allem dem Zeitabschnitt Miozän.
Es gibt jedoch Abgrenzungsprobleme zwischen ihnen sowie zum Quartär (Pliozän) und zum Mesozoikum. Daher möchten zahlreiche Geowissenschafter der Gegenwart den Begriff "Tertiär" durch Neo- und Paläogen ersetzen. An dieser Stelle ist der Überbegriff jedoch passender, weil er allein den Großteil der Sedimentbecken einschließt.
[Bearbeiten] Alpine Gebirgsbildung und Senken
Im Tertiär war die Hauptphase der alpine Gebirgsbildung, die weite Teile aller Kontinente betraf. In Eurasien wurde vor etwa 50-30 Ma neben den Alpen nicht nur die benachbarten Gebirge der Pyrenäen und Karpaten aufgefaltet, sondern eine fast 15.000 km lange „Zone junger Faltengebirge“ über das Balkangebirge, Pontus und Taurus und den persischen Zagros bis zu Hindukusch, Karakorum, Himalaya und die Hochgebirge von Zentralasien und Hinterindien.
Dieses riesige Areal mit „Ketten von Gebirgsketten“ - welche sich auf ähnliche Art auch in Afrika und Amerika (Felsengebirge, Anden) finden - ist immer wieder von Schwächezonen der Erdkruste durchzogen, entlang derer die Plattentektonik und andere Kräfte die Berge gegeneinander verschieben (um einige Millimeter pro Jahr). Auch ausgeprägte Störungslinien sind darunter, an denen ganze Gebirge langsam versinken können. Solche Zonen sind der Oberrheingraben (siehe auch Afrikanisches Grabensystem) oder - nach den vielen Thermalquellen benannt - die Thermenlinie am Rand des Wiener Beckens.
[Bearbeiten] Sinkende Gebirge werden Sedimentbecken
An solchen Musterbeispielen kann in allen Details verfolgt werden, wie das langsame Absinken von "soeben" aufgefalteten Bergsystemen mit der gleichzeitigen Ablagerung von Sedimenten - also durch Erosion zerlegte und kleingeriebene Gebirgsreste - einhergeht. Der Rheingraben ist inzwischen über 10 km tief mit Schotter, Sanden etc. "aufgefüllt" und stellt sich als breite Ebene zwischen den Vogesen und dem Schwarzwald dar.
Noch typischer ist das Wiener Becken und große Teile von Pannonien (Pannonische Tiefebene). Sie sind zwar "nur" 5-8 km tief, doch dort unten am "prätertiären Beckengrund" können die Methoden der Geophysiker noch viele der Berge orten, die einst eine um 10 km höhere Lage hatten. Beispielsweise liegt einige km unter der Ebene nordöstlich Wiens ein riesiger, prismatischer Gebirgszug (siehe dunkles Bild) mit einem 45 Grad steilen und 7 km langen Hang, der an der Oberfläche um einiges mächtiger wäre als das berühmte Matterhorn.
Im pannonischen Ungarn wiederum geht es - knapp 100 km nördlich des Plattensees - um bis zu 8,5 km "in die Tiefe" (siehe helles Bild). In einem vergleichbaren Gebiet Ostungarns (etwa bei Kecskemét) befinden sich dutzende Vulkane knapp unter der Oberfläche. Sie sind vor etwa 30-10 Millionen Jahren langsam - samt der umgebenden Landschaft - um mehr als 5 km in die Tiefe gesunken und gleichzeitig mit Donauschottern zugedeckt worden.
[Bearbeiten] Sedimente, Erdöl und Erdgas
Da es im Tertiär zeitweise ein recht warmes Klima und eine wuchernde Vegetation gab, sammelten sich Milliarden Tonnen von Resten abgestorbener Pflanzen im Senkungsgebiet und wurden sukkzessive von Schotter, Sand und Tonschichten bedeckt. Wo dies unter Luftabschluss geschah, konnte sich daraus Erdöl und Erdgas bilden - denn die "Inkohlung" wurde durch das weitere Absinken der Ebene und die dadurch steigende Temperatur des Untergrundes gefördert.
So befinden sich im Südosten Tschechiens und im Osten Österreichs reiche Lager an Kohlenwasserstoffen, die immer noch - trotz enormer Ausbeutung während der russischen Besatzung - etwa ein Fünftel des Bedarfs liefern. Auch andere große Sedimentbecken haben aus ähnlichen Gründen solche Lagerstätten.
Größte Bedeutung hat(te) beispielsweise das breite Kohleflöz in Norddeutschland. Es erstreckt sich vom Ruhrgebiet bis weit in die Norddeutsche Tiefebene hinaus, liegt dort allerdings in zunehmender Tiefe. Deshalb wird sich in ferner Zukunft der Abbau nur bei steigenden Kohlepreisen lohnen, was angeblich zu erwarten ist. Außerdem finden sich unter dem norddeutschen Flach- und Hügelland zahlreiche Salzstöcke, weil das verdunstende Meer der Vorzeit breite Schichten von Kochsalz hinterließ. Dieses Material kann sich unter dem Druck der darüber abgelagerten Sedimente (das "Liegende") merklich verformen und durch seine geringere Dichte langsam naoch oben diffundieren.
[Bearbeiten] Eiszeitliche Landformen des Quartärs
Die gesamte Region Norddeutschlands lag zeitweilig - während der Höhepunkte der vier Eiszeiten der vergangenen Jahrmillion - unter einem dicken Eispanzer. Als er (zuletzt vor 10.000 Jahren) abschmolz, hinterließ er zahlreiche Gruben und Höcker. So entstand zum Beispiel die Mecklenburgische Seenplatte.
Andere Überformungen entstanden durch die gewaltigen Eisströme aus jedem der großen Alpentäler. Der Salzachgletscher hobelte den Boden des Chiemsees aus, und ähnlich entstanden die Seen bei München und im Salzkammergut. Über den großen, teilweise als Becken (siehe oben) entstandenen Ebenen wurden große Mengen an Geschiebe aus den "jungen", noch heftig erodierenden Alpen abgelagert. Außer den Hügeln und der Molasse-Ebene des Alpenvorlandes bildeten sich auch Flussterrasse (etwa bei Passau, Wien und Pressburg), und eiszeitliche Stürme lagerten in ganz Europa und Asien große Lößmengen ab. Diese Geländestufen sind nun eine ideale Basis für den Weinbau.
[Bearbeiten] Resümee: Chancen, Gefahren und EU
Die großen Ebenen - von denen ein Gutteil aus einsinkenden Becken entstand - sind nicht nur ein guter Boden zur Besiedlung, für die Landwirtschaft und die Industrie, sondern haben auch viele Bodenschätze aufzuweisen.
Die diesbezügliche Kooperation zwischen dem kohlereichen Deutschland und dem mit Erz gesegneten Frankreich gab den Anstoß zur Gründung der Montan-Union und letztlich zur EG bzw. nun EU.
Doch sind unsere fruchtbaren Ebenen - aber auch die Gebirge - erheblichen Gefahren ausgesetzt. Eine davon ist die Verschmutzung des Grundwassers. Die Sediment-Gesteine in geringer Tiefe haben eine Unzahl kleiner Poren, in denen langsam Regen- zu Grundwasser wird. Doch von oben dringt auch eine Menge an Giften ein, und anhaltende Überdüngung würde die Ackerböden und die umliegenden Gewässer kaputt machen.
So ist der Reichtum der Sedimentbecken gleichzeitig ein Segen und eine Herausforderung, ihn nicht zum Fluch werden zu lassen.
Wegen der in den stark besiedelten Beckenlagen festgestellten dicken Sedimentschichten und wegen der alpidischen Gebirgsbildung unterteilt man das Tertiär sehr vielfältig:
- Paläogen mit (und jeweils weitere Unterteilungen nach regional-stratigrafischen Aspekten)
- Neogen ("neu entstanden") mit dem Miozän (vor allem Baden, Sarmat, Pannon) und dem Pliozän, sowie dem Pleistozän und dem Holozän aus dem Quartär (Geologie) (alle Zeitstufen weiter unterteilt).
[Bearbeiten] Siehe auch
- Quartär: Holozän (geologische Gegenwart) und Pleistozän (4 große Eiszeiten und 3 Zwischeneiszeiten)
- Tertiär: Paläozän, Eozän, Oligozän; Miozän, Pliozän.
- Wichtige Miozän-Formationen: Karpat, Badenien, Pannon
- Wichtige Sedimente: Schotter (Kies) und Geröll, Silt, Sand, Tongesteine
- Typischer Beckenuntergrund: Kristallin (Urgebirge), Kalkstein (meist Mesozoikum) sowie Sandstein
- geologische Zeitskala, Leitfossil, Datierung, Paläomagnetik, Sedimentologie, Statigrafie