Siegfried Lenz
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Siegfried Lenz (* 17. März 1926 in Lyck, Ostpreußen) ist ein deutscher Schriftsteller und einer der bekanntesten deutschsprachigen Erzähler der Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur.
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[Bearbeiten] Leben
Siegfried Lenz wurde 1926 als Sohn eines Zollbeamten in Lyck/Ostpreußen geboren. Nach dem Notabitur 1943 wurde er zur Marine eingezogen. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs desertierte er in Dänemark und geriet auf seiner Flucht in Schleswig-Holstein in Kriegsgefangenschaft.
Nach seiner Entlassung besuchte er die Universität Hamburg, um dort Philosophie, Anglistik und Literaturwissenschaft zu studieren. Sein Studium brach er allerdings vorzeitig ab und wurde Volontär bei der Tageszeitung Die Welt und von 1950 bis 1951 Redakteur dieser Zeitung. Dort lernte er auch seine zukünftige Ehefrau Liselotte (†5. Februar 2006) kennen. Die Ehe wurde 1949 geschlossen.
Siegfried Lenz lebt seit 1951 als freier Schriftsteller in Hamburg und war Mitglied des Literaturforums „Gruppe 47“. Gemeinsam mit Günter Grass engagierte er sich für die SPD und unterstützte die Ostpolitik Willy Brandts. Zur Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrages wurde er 1970 sogar nach Warschau eingeladen.
Siegfried Lenz ist seit 2003 Gastprofessor an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität und Mitglied im Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege.
1951 unternahm Siegfried Lenz eine von dem Honorar für seinen ersten Roman (Es waren Habichte in der Luft) finanzierte Afrikareise nach Kenia. Über das, was er in dieser Zeit erlebte, unter anderem den Mau-Mau-Aufstand, schreibt er in seiner Geschichte Lukas, sanftmütiger Knecht.
[Bearbeiten] Künstlerisches Schaffen
Die Werke von Siegfried Lenz sind in einer Auflage von mehr als 20 Millionen Exemplaren erschienen. Sein erster Roman „Es waren Habichte in der Luft“ entstand 1951. Den Durchbruch erreichte Lenz aber erst 1955 mit dem skurril-humorigen Erzählband „So zärtlich war Suleyken“, der das Leben in dem tatsächlich existierenden masurischen Dorf Suleyken (siehe Landkreis Oletzko) schildert.
Sein bekanntestes Werk „Deutschstunde“ (1968) wurde ein Welterfolg. Einige seiner Werke wurden verfilmt und im Fernsehen ausgestrahlt.
Gegenstand vieler seiner Werke ist die Auseinandersetzung mit der Zeit des Dritten Reichs. Seine Bücher handeln zumeist von Menschen in der Defensive. Häufig traurige oder schwermütige Geschichten entwickeln sich bei Lenz oft tröstlich. Seine Figuren sind Einzelkämpfer, die in bauernschlaue Melancholie verfallen, aber dennoch Optimismus ausstrahlen. Die Themen Schuld, Versagen und Einsamkeit tauchen bei Lenz immer wieder auf.
[Bearbeiten] Auszeichnungen und Ehrungen
- 1953 Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg (Stipendium)
- 1961 Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen
- 1962 Literaturpreis der Stadt Bremen für Zeit der Schuldlosen
- 1970 Gerhart-Hauptmann-Preis für Zeit der Schuldlosen
- 1970 Lessing-Ring und Literaturpreis der deutschen Freimaurer
- 1979 Andreas-Gryphius-Preis
- 1984 Thomas-Mann-Preis
- 1987 Wilhelm-Raabe-Preis für Exerzierplatz und Gesamtwerk
- 1988 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
- 1989 Heinz-Galinski-Preis
- 1995 Jean-Paul-Preis
- 1997 Hermann-Sinsheimer-Preis
- 1998 Samuel-Bogumil-Linde-Preis
- 1998 Mercator-Professur der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg
- 1999 Goethepreis der Stadt Frankfurt
- 2001 Weilheimer Literaturpreis
- 2002 Corine – Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten für das Lebenswerk
- 2002 Ehrendoktorwürde der Universität Erlangen-Nürnberg
- 2002 Ehrenbürger von Hamburg
- 2002 Hansepreis für Völkerverständigung
- 2002 Johann-Wolfgang-von-Goethe-Medaille
- 2003 Heinrich-Heine-Professur der Universität Düsseldorf
- 2004 Hannelore-Greve-Literaturpreis
- 2004 Ehrenbürger von Schleswig-Holstein
- 2005 Preis der Hermann Ehlers Akademie
- 2006 Goldene Feder Ehrenpreis für sein literarisch unvergleichliches Werk
[Bearbeiten] Werke
- Es waren Habichte in der Luft, Roman, 1951
- Duell mit dem Schatten, Roman, 1953
- So zärtlich war Suleyken, Kurzgeschichten, 1955
- Das schönste Fest der Welt, 1956
- Der Mann im Strom, Roman, 1957
- Jäger des Spotts. Geschichten aus dieser Zeit, Erzählungen, 1958
- Lukas, sanftmütiger Knecht, Erzählung, 1958
- Brot und Spiele, Roman, 1959
- Das Feuerschiff, Erzählungen, 1960
- Zeit der Schuldlosen, szenisches Werk, 1961
- Stimmen der See, Erzählungen, 1962
- Stadtgespräch, Roman, 1963
- Das Gesicht, szenisches Werk, 1964
- Lehmanns Erzählungen, 1964
- Der Spielverderber, Erzählung, 1965
- Haussuchung, szenisches Werk, 1967
- Deutschstunde, Roman, 1968
- Leute von Hamburg, Erzählung, 1968
- Beziehungen, Essay, 1970
- Die Augenbinde, szenisches Werk, 1970
- Die Herrschaftssprache der CDU, Rede, 1971
- Verlorenes Land - Gewonnene Nachbarschaft, Rede, 1971
- So war das mit dem Zirkus, Kinderbuch, 1971
- Das Vorbild, Roman, 1973 (Ungekürzte Ausgabe: Februar 1979)
- Wie bei Gogol, Erzählung, 1973
- Der Geist der Mirabelle, Erzählung, 1975
- Einstein überquert die Elbe bei Hamburg, Erzählung, 1975
- Heimatmuseum, Roman, 1978
- Drei Stücke, szenisches Werk, 1980
- Gespräche mit Manès Sperber und Leszek Kołakowski, 1980
- Der Verlust, Roman, 1981
- Über Phantasie: Gespräche mit Heinrich Böll, Günter Grass, Walter Kempowski, Pavel Kohout, 1982
- Elfenbeinturm und Barrikade. Erfahrungen am Schreibtisch, Essay, 1983
- Ein Kriegsende, Erzählung, 1984
- Exerzierplatz, Roman, 1985
- Das serbische Mädchen, Erzählung 1987
- Die Klangprobe, Roman, 1990
- Über das Gedächtnis. Reden und Aufsätze, 1992
- Die Auflehnung, Roman, 1994
- Ludmilla, Erzählung, 1996
- Ãœber den Schmerz, Essay, 1998
- Arnes Nachlaß, Roman, 1999
- Mutmaßungen über die Zukunft der Literatur, Essay, 2001
- Fundbüro, Roman, 2003
- Zaungast, 2004
- Die Erzählungen, 2006, ISBN 3-45504285-6
[Bearbeiten] Verfilmungen (Auswahl)
- 1953 - Inspektor Tondi (TV-D) – Regie: Hanns Farenburg, mit Karl John, Karl Klüsner, Maria Martinsen, Helmuth Rudolph u. a.
- 1958 - Der Mann im Strom – Regie: Eugen York, mit Hans Albers, Gina Albert, Helmut Schmid, Jochen Brockmann, Wolfgang Völz, Joseph Offenbach u. a.
- 1963 - Das Feuerschiff – Regie: Ladislao Vajda, mit Dieter Borsche, Helmut Wildt, Michael Hinz, Pinkas Braun, Sieghardt Rupp u. a.
- 1964 - Die Zeit der Schuldlosen – Regie: Thomas Fantl, mit Karl Alberti, Otto Brüggemann, Hans Cossy, Wolfgang Kieling, Peter Pasetti, Erik Schumann u. a.
- 1966 - Ein Haus aus lauter Liebe (TV-D) – Regie: Herbert Vesely, mit Heinz Bennent u. Herbert Fleischmann.
- 1971 - Die Deutschstunde (TV-D) – Regie: Peter Beauvais, mit Wolfgang Büttner, Arno Assmann, Irmgard Först, Edda Seippel, Lisa Helwig u. a.
- 1975 - Lehmanns Erzählungen (TV-D) - Regie: Wolfgang Staudte, mit Otto Sander, Karl Lieffen u. a.
- 1984 - Ein Kriegsende (TV-D )- Regie: Volker Vogeler, mit Wigand Witting, Rüdiger Kirschstein, Boris Vogeler, Michael Weckler u. a.
- 1986 - Das Feuerschiff (The Lightship) (USA) – Regie: Jerzy Skolimowski, mit Tom Bower, Klaus Maria Brandauer, Robert Costanzo, Badja Djola, Robert Duvall u. a.
- 1986/87 - Heimatmuseum – Regie: Egon Günther
- 1991 - Das serbische Mädchen (TV-D) – Regie: Peter Sehr, mit Mirjana Jokovic, Ben Becker, Pascal Breuer, Vladimir Torbica, Joachim Regelien u. a.
- 2006 - Der Mann im Strom (TV-D) – Regie: Nikolaus Stein von Kamienski, mit Jan Fedder, Lea Draeger, Moritz Grove, Peter Kurth, Peter Jordan, Fabian Meier u. a.
[Bearbeiten] Literatur
- Winfried Baßmann: Siegfried Lenz. Sein Werk als Beispiel für Weg und Standort der Literatur in der Bundesrepublik Deutschland. Bouvier, Bonn 1976. (= Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft; 222) ISBN 3-416-01271-2
- André Brandenburg: Siegfried Lenz, Deutschstunde. Beyer, Hollfeld 1997. (= Blickpunkt - Text im Unterricht; 512) ISBN 3-88805-512-1
- Hans-Jürgen Greif: Zum modernen Drama: Martin Walser, Wolfgang Bauer, Rainer Werner Fassbinder, Siegfried Lenz, Wolfgang Hildesheimer. 2. Aufl. Bouvier, Bonn 1975. (= Studien zur Germanistik, Anglistik und Komparatistik; 25) ISBN 3-416-00936-3
- Wilhelm Große: Erläuterungen zu Siegfried Lenz, Deutschstunde. Bange, Hollfeld 2000. (= Königs Erläuterungen und Materialien; 92) ISBN 3-8044-1678-0
- Rachel J. Halverson: Historiography and fiction. Sigfried Lenz and the "Historikerstreit". Lang, New York u.a. 1990. (= German life and civilization; 8) ISBN 0-8204-1288-0
- Ming-fong Kuo: Das Romanwerk von Siegfried Lenz unter besonderer Berücksichtigung des Romans Das Vorbild. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1991. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 1223) ISBN 3-631-40857-9
- Siegfried Lenz, hrsg. v. Heinz Ludwig Arnold. Ed. Text u. Kritik, München 1976. (= Text + Kritik; 52) ISBN 3-921402-33-6
- Siegfried Lenz. Werk und Wirkung, hrsg. v. Rudolf Wolff. Bouvier, Bonn 1985. (= Sammlung Profile; 15) ISBN 3-416-01825-7
- Anmerkungen zu Siegfried Lenz, hrsg. v. Corinna Schlicht. Laufen, Oberhausen 1998. (= Autoren im Kontext - Duisburger Studienbögen; 2) ISBN 3-87468-150-5
- Felicia Letsch: Auseinandersetzung mit der Vergangenheit als Moment der Gegenwartskritik. Die Romane "Billard um halb zehn" von Heinrich Böll, "Hundejahre" von Günter Grass, "Der Tod in Rom" von Wolfgang Koeppen und "Deutschstunde" von Siegfried Lenz. Pahl-Rugenstein, Köln 1982. (= Pahl-Rugenstein Hochschulschriften; 118; Ser.: Literatur und Geschichte) ISBN 3-7609-5118-X
- Erich Maletzke: Siegfried Lenz. Eine biographische Annäherung. 2. Aufl. Zu Klampen, Springe 2006. ISBN 3-934920-88-8
- Dorothée Merchiers: Le réalisme de Siegfried Lenz. Lang, Bern u.a. 2000. (= Publications universitaires européennes; Ser. 1, Langue et littérature allemandes; 1770) ISBN 3-906758-81-8
- Hagen Meyerhoff: Die Figur des Alten im Werk von Siegfried Lenz. Lanf, Frankfurt am Main u.a. 1979. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 327) ISBN 3-8204-6645-2
- Fred Müller: Siegfried Lenz, Deutschstunde. Interpretation. Oldenbourg, München 1996. (= Oldenbourg-Interpretationen; 80) ISBN 3-486-88679-7
- Martin Neubauer: Siegfried Lenz, Deutschstunde. Mentor-Verl., München 2000. (= Mentor-Lektüre-Durchblick; 342) ISBN 3-580-63342-2
- Claus Nordbruch: Über die Pflicht. Eine Analyse des Werkes von Siegfried Lenz. Versuch über ein deutsches Phänomen. Olms-Weidmann, Hildesheim u.a. 1996. (= Germanistische Texte und Studien; 53) ISBN 3-487-10078-9
- Hartmut Pätzold: Theorie und Praxis moderner Schreibweisen. Am Beispiel von Siegfried Lenz und Helmut Heissenbüttel. Bouvier, Bonn 1976. (= Literatur und Wirklichkeit; 15) ISBN 3-416-01258-5
- Elfie Poulain: La recherche de l'identité sociale dans l'oeuvre de Siegfried Lenz. Analyse de pragmatique romanesque. Lang, Bern u.a. 1996. (= Collection contacts; Sér. 3, Études et documents; 37) ISBN 3-906754-68-5
- Trudis E. Reber: Siegfried Lenz. 3., erg. Aufl. Colloquium-Verl., Berlin 1986. (= Köpfe des 20. Jahrhunderts; 74) ISBN 3-7678-0678-9
- Nikolaus Reiter: Wertstrukturen im erzählerischen Werk von Siegfried Lenz. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1982. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 560) ISBN 3-8204-7262-2
- Irene Schlör: Pubertät und Poesie. Das Problem der Erziehung in den literarischen Beispielen von Wedekind, Musil und Siegfried Lenz. Wisslit, Konstanz 1992. ISBN 3-89038-821-3
- Werner Schwan: "Ich bin doch kein Unmensch". Kriegs- und Nachkriegszeit im deutschen Roman. Grass, Blechtrommel - Lenz, Deutschstunde - Böll, Gruppenbild mit Dame - Meckel, Suchbild. Rombach, Freiburg im Breisgau 1990. ISBN 3-7930-9062-0
- Hans Wagener: Siegfried Lenz. Edition Text u. Kritik, München u.a. 1979. (= Autorenbücher; 2) ISBN 3-406-04152-3
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Siegfried Lenz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Offizielle Website
- Fritz J. Raddatz: »Ich lehne mich auf, darum bin ich« Hommage in DIE ZEIT Nr. 12 vom 16. März 2006
Personendaten | |
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NAME | Lenz, Siegfried |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 17. März 1926 |
GEBURTSORT | Lyck (Ostpreußen) |