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Aljaksandr Lukaschenka

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Aljaksandr Lukaschenka
Aljaksandr Lukaschenka

Aljaksandr Ryhorawitsch Lukaschenka (weißrussisch Аляксандр Рыгоравiч Лукашэнкa, in Łacinka (inoffiziell) Aliaksandr Ryhoravič Łukašenka; oft auch russisch Александр Григорьевич Лукашенко/Alexander Grigorjewitsch Lukaschenko; * 30. August 1954 in Kopys, Weißrussland) ist seit 1994 der Präsident von Weißrussland. Seine zumeist westlichen Kritiker bezeichnen ihn oft als „letzten Diktator Europas“, seine Sympathisanten halten ihm dagegen zugute, dass er dem Land die schlimmsten Symptome des post-sowjetischen Übergangskapitalismus erspare. Dies ist ihm allerdings überwiegend nur durch hochsubventionierte russische Energielieferungen möglich geworden.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Politischer Lebenslauf

Lukaschenka studierte Landwirtschaft an der Akademie Mahiljou sowie Geschichte an der Pädagogischen Hochschule. Von 1975 bis 1977 arbeitete er als Instrukteur bei den sowjetischen Grenztruppen in Brest. Danach wurde er Sekretär der KPdSU und Direktor einer Sowchose. Während des Putsches gegen Michail Gorbatschow unterstützte er die Putschisten und wird von der westlichen Presse nach dem Sturz von Milošević als letzter Diktator Europas bezeichnet. Er selbst bezeichnet sich als Schüler des russischen Politikers Jewgeni Primakow.

Lukaschenka gibt an, als einziger Abgeordneter des weißrussischen Sowjet (Parlament) gegen die Loslösung des Landes von der Sowjetunion gestimmt zu haben. 1994 wurde er nach einem von der OSZE und den USA als fragwürdig eingestuften, von Korruptionsvorwürfen geprägten Wahlkampf gegen das damalige Staatsoberhaupt, den Parlamentspräsidenten Stanislau Schuschkewitsch zum ersten Präsidenten des Landes gewählt. Er ging sofort gegen die sich politisch und ökonomisch nach Westen orientierende Presse vor und prangerte wiederholt die Finanztransfers politischer Organisationen – unter anderem die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung – an befreundete Organisationen und Medien in Weißrussland an. Umgekehrt bezichtigen ihn diese und die OSZE der Menschenrechtsverletzungen und des Vorgehens gegen unliebsame Medien.

[Bearbeiten] Politik als Präsident

Lukaschenka (rechts) 1996 mit Jacques Chirac
Lukaschenka (rechts) 1996 mit Jacques Chirac

Als eine der ersten Maßnahmen nach seiner Wahl wurden Staatssymbole eingeführt, die deutlich an die Sowjetzeit erinnern. Lukaschenka wandte sich vom Westen ab, stoppte die Privatisierungen und strebt seitdem eine Neuauflage der Sowjetunion unter Einschluss Russlands, der Ukraine und Weißrusslands an. Dazu unterzeichnete er mit Boris Jelzin in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre verschiedene, bisher meist leer gebliebene Unions-Verträge wie jenen für die Russisch-Weißrussische Union. Lediglich die Verteidigungs- und vorübergehend die Zollunion wurden umgesetzt.

Mit Amtsantritt Wladimir Putins kühlte sich zunächst das Klima gegenüber Russland ab, sodass Lukaschenka sein Land zunehmend auch in Richtung Osten isolierte. 2001 ließ er sich in einer verfassungswidrigen Abstimmung als Präsident bestätigen, obgleich seine erste Amtszeit abgelaufen war. Neben dem außenpolitischen Kontakt zu Russland gibt Lukaschenka den Beziehungen zu Nordkorea, Sudan und Libyen (bis 2003 auch zum Irak) Priorität.

In der Wirtschaft vertritt Lukaschenka einen Kurs ohne die in anderen osteuropäischen Ländern üblichen liberalen Reformen (u.a. führte er einen Mindestlohn ein). Dadurch wirkte sich die Wirtschaftskrise von 1997 nur wenig auf Weißrussland aus. Nach den 1990iger Jahren begann ein beachtlicher Aufschwung mit jährlichen Wachstumsraten von 7-8 Prozent. Etwa 80% des Bruttosozialproduktes werden im Jahre 2005 von Arbeitnehmern in staatlichen Unternehmen erwirtschaftet.

Im Oktober 2004 wurde in einer von westlichen Beobachtern als „undemokratisch“ kritisierten Volksabstimmung einer Verfassungsänderung zugestimmt, die Präsident Lukaschenko ab 2006 eine dritte Amtszeit ermöglichte. Politische Gegner werden von Lukaschenka verfolgt, sie werden u.a. wegen „Verleumdung des Präsidenten“ vielfach zu Haftstrafen verurteilt, kommen unter ungeklärten Umständen ums Leben oder verschwinden.

Im Herbst 2005 unternahmen Russland und Weißrussland nochmals Anstrengungen zur Integration einiger ex-sowjetischer Teilrepubliken und zu gemeinsamen Verfassungsakten. Neben der bereits existierenden interparlamentarischen Versammlung und einem Gremium von Regierungsvertretern wurde ein (geringes) länderübergreifendes Budget vereinbart. Auch ein Zollabkommen, wonach russische Beamte an der weißrussisch-polnischen Grenze kontrollieren dürfen, ist bereits in Kraft.

Ein Referendum über die gemeinsame Verfassungsakte könne nach Aussagen des russischen Staatssekretärs Pawel Borodin schon 2006 zustande kommen. Auch Präsident Lukaschenka gab sich zuversichtlich, obwohl Grundsätzliches noch offen ist (Kompetenzen des überstaatlichen Unionsrates, Ausmaß der "Gleichberechtigung" so ungleich großer Staaten usw.). Den Plan von Wladimir Putin, Weißrussland als Provinz in Russland aufzunehmen, hatte Lukaschenka nämlich 2002 abgelehnt. Das hatte zu heftigen Dissonanzen geführt, die angeblich nun beigelegt sind. Doch bestehen weiterhin Friktionen, wie jüngste Entwicklungen in Sachen gemeinsamer Währung zeigen. Sie sollte per 1. Januar 2006 in Kraft treten, doch konnte man sich nicht darauf einigen, in welchem Land der Rubel gedruckt wird.

Vor der Präsidentschaftswahl am 19. März 2006 verschärfte Lukaschenka sein Vorgehen gegen Kritiker. Weißrussische und russische Politiker sowie Intellektuelle haben wiederholt die finanziellen Unterstützungen marktwirtschaftsorientierter Politiker seitens EU-Organisationen kritisiert. Siehe hierzu Präsidentschaftswahlen in Weißrussland 2006. Er gewann die Wahl mit 82,6 Prozent der Stimmen und wird nun seine dritte Amtszeit antreten. Vor allem bei der Mittelschicht ist die derzeitige, auf staatliche Interventionen in der Wirtschaft setzende Regierungspolitik beliebt.

In Folge von Menschenrechtsverstößen und Dissonanzen hinsichtlich einer marktwirtschaftlichen Öffnung des Landes verhängte die Administration der EU für die weißrussische Regierung 1997 ein Einreiseverbot. Am 10. April 2006 wurde das Verbot auf insgesamt 31 Personen der weißrussischen Führung ausgeweitet. Weitere Maßnahmen gegen Führungspersonen, zum Beispiel die Beschlagnahme von Auslandsvermögen, behielt sich die EU ausdrücklich vor. Viele deuten jedoch darauf hin, dass solche Maßnahmen unwirksam und rein symbolischer Natur sind.

Am 18. Mai 2006 wurden jedoch die Konten von Präsidenten Lukaschenko und 35 weiteren Regierungsbeamten durch die Europäische Union eingefroren. Am 19. Juni 2006 verschärften auch die USA ihre Sanktionen gegen die Regierung und ließen auf amerikanischen Banken im In- und Ausland gelagertes Vermögen des Präsidenten sowie 9 weiterer Personen seiner Regierung einfrieren.

[Bearbeiten] Literatur

  • In der bibliographischen Internet-Datenbank RussGUS (frei zugänglich) werden über 30 Literaturnachweise angeboten (dort suchen unter Formularsuche Sachnotationen:16.2.2/Lukasenko*).
  • Heinz Timmermann: Lukaschenko: Griff nach der Macht in Moskau?. In: Berichte des Bundesinstituts für Ostwissenschaftliche und Internationale Studien (BOIS) 34, 1998.
  • Kirk Mildner: Belarus: kritische Überlegungen zu Politik und Wirtschaft des Lukaschenko-Regimes. In: BOIS 12, 2000.
  • Astrid Sahm: Lukaschenko zum zweiten. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 46. 2001, S. 1173–1176

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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