Wolfgang Leonhard
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Wolfgang Leonhard, eigentl. Wladimir Leonhard, (* 16. April 1921 in Wien) ist ein politischer Schriftsteller, Publizist, Historiker und einer der führenden Kenner der ehemaligen Sowjetunion und des Kommunismus.
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[Bearbeiten] Leben
Leonhard ist der Sohn der Publizistin Susanne Leonhard (1895-1984), einer engen Freundin von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Der Dramatiker Rudolf Leonhard (1889-1953), Susanne Leonhards erster Ehemann, erkannte offiziell die Vaterschaft an. Zur Zeit der Geburt des Sohnes lebte das Ehepaar Leonhard jedoch getrennt; Susanne Leonhard war zu diesem Zeitpunkt mit Mieczysław Broński (1882–1938), dem sowjetischen Botschafter in Wien und einem engen Vertrauten Lenins, nach sowjetischem Recht verheiratet.
Anfang der dreißiger Jahre zogen Mutter und Sohn in die linke Künstlerkolonie am Breitenbachplatz (Berlin). Wolfgang Leonhard besuchte zwischen 1930 und 1931 in Berlin-Neukölln das Karl-Marx-Gymnasium. 1931 schloss sich Leonhard der Jugendorganisation der KPD, den „Jungen Pionieren“ an. Wegen der zunehmend kritischer werdenden Sicherheitslage in Berlin 1932 besuchte Leonhard für ein Jahr das reformpädagogische Landschulheim in Herrlingen und wurde nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Herbst 1933 nach Viggbyholm bei Stockholm in ein Internat in Sicherheit gebracht.
Seine Mutter blieb bis Frühsommer 1935 illegal in Deutschland und emigrierte - da ihr das Exil in Schweden verwehrt wurde - im Juni 1935 nach Moskau. Susanne Leonhard wurde im Herbst 1936 anlässlich einer stalinistischen Säuberungsaktion verhaftet und für zehn Jahre in ein Gulag bei Workuta deportiert. Leonhard verbrachte diese Zeit im „Kinderheim Nr. 6“ (einem Kinderheim für die Kinder deutscher und österreichischer Kommunisten) und besuchte bis 1937 die deutschsprachige „Karl-Liebknecht-Schule“ in Moskau. In der Folge der „Säuberungsaktion“ wurde die Karl-Liebknecht-Schule wegen Lehrermangels geschlossen, und Leonhard musste zur russischen 93. Schule in Moskau wechseln. Mit 19 Jahren begann Leonhard 1940 ein Studium an der „Moskauer Staatlichen Pädagogischen Hochschule für Fremdsprachen“. Ende September 1941 (nach dem deutschen Angriff) wurde Leonhard in den Norden Kasachstans zwangsumgesiedelt. Dort besuchte er zwischen 1941 und 1942 ein Lehrerinstitut in Karaganda. Ab Sommer 1942 wurde Leonhard an die Schule der Komintern in Kuschnarenkowo (Baschkortostan) versetzt und erhielt dort eine Ausbildung zum kommunistischen Polit-Kommissar.
Von 1943 an war Leonhard als Mitglied des Nationalkomitees Freies Deutschland Sprecher am Sender „Freies Deutschland“ und kehrte Anfang Mai 1945 als 24jähriger Jungfunktionär mit Walter Ulbricht und der Gruppe Ulbricht nach Berlin zurück, wo er sich in Berlin dem Aufbau der kommunalen Verwaltung widmete. Von Juli 1945 bis September 1947 war er in der Abteilung Agitation und Propaganda des ZK der KPD (ab 1946 ZK der SED) tätig. Von 1947 bis 1949 lehrte Wolfgang Leonhard an der SED-Parteihochschule Karl Marx, Fakultät Geschichte, in Kleinmachnow. Der Kommunist Leonhard brach jedoch aus Opposition mit dem Stalinismus und floh 1949 über Prag nach Jugoslawien, wo er bei Radio Belgrad arbeitete.
1950 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er als Ostexperte, Kommentator für Fragen der Sowjetunion und des internationalen Kommunismus, zeitweise als so genannter „Kreml-Astrologe“ bezeichnet, tätig war. 1955 veröffentlichte Leonhard sein wohl bekanntestes Buch, Die Revolution entläßt ihre Kinder, in dem er seinen politischen Weg von Moskau im Jahre 1935 bis zu seiner Flucht aus der damaligen Sowjetischen Besatzungszone 1949 beschreibt.
Von 1956 bis 1958 absolvierte Leonhard Post Graduate Studies am St. Antony´s College der University of Oxford. 1963 bis 1964 übte er eine Forschungstätigkeit als Senior Research Fellow am Institut für Russlandforschung der Columbia University, New York, aus. In den Jahren 1966 bis 1987 lehrte er an der Historischen Fakultät der Yale University mit den Schwerpunktthemen „Geschichte der UdSSR“ und „Geschichte der kommunistischen Weltbewegung“. 1974 heiratete Leonhard Elke Schmid, von 1990-2005 Mitglied des Deutschen Bundestages für die SPD. Aus einer ersten Ehe mit der italienischen Adligen Yvonne Sgarella Fini stammt ein Sohn, Marc (* 1964).
Seit Juli 1987 besuchte er regelmäßig die Sowjetunion beziehungsweise Russland und einige andere GUS–Staaten. Seit 1993 war er sieben Mal als OSZE – Wahlbeobachter bei den Wahlen in Russland, Belarus und zuletzt in der Ukraine. Er war Gastprofessor an den Universitäten von Michigan, Mainz, Trier, Kiel, Chemnitz und Erfurt. Heute ist er als Ostexperte, Publizist und Vortragsredner tätig und lebt in Manderscheid (Eifel).
[Bearbeiten] Ehrungen
- dem Phi Beta Kappa der Yale Universität (1982),
- dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse (1987),
- der Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Chemnitz (1998),
- dem Österreichischen Wissenschaftsorden I. Klasse (2002) und
- dem Europäischem Wissenschafts-Kulturpreis (2004)
[Bearbeiten] Werke (Auswahl)
- Die Revolution entlässt ihre Kinder. Kiepenhauer & Witsch, Köln 1955, ISBN 3-462-01463-3
- Kreml ohne Stalin. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1963
- Chruschtschow. Aufstieg und Fall eines Sowjetführers. Bucher, Frankfurt/M. 1965
- Sowjetideologie heute. Fischer, Frankfurt/M. 1973
- Die Dreispaltung des Marxismus. Ursprung und Entwicklung des Sowjetmarxismus, Maoismus und Reformkommunismus. Econ, Düsseldorf 1975, ISBN 3-430-15880-X
- Am Vorabend einer neuen Revolution. Die Zukunft des Sowjetkommunismus. Heyne, München 1977
- Eurokommunismus. Herausforderung für Ost und West. Goldmann, München 1980, ISBN 3-442-11256-7
- Das kurze Leben der DDR. Berichte und Kommentare aus vier Jahrzehnten. DVA, Stuttgart 1990, ISBN 3-421-06586-1
- Spiel mit dem Feuer. Russlands schmerzhafter Weg zur Demokratie. Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1998, ISBN 3-404-60457-1
- Spurensuche. 40 Jahre nach „Die Revolution entläßt ihre Kinder“. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2000, ISBN 3-462-02390-X
- Die Revolution entlässt ihre Kinder. Kiepenheuer & Witsch, 22. Auflage Köln 2005, ISBN 3-462-03498-7
- Die Revolution entlässt ihre Kinder. Infosat-Verlag, Daun 2006, ISBN 3-933350-07-7 (22 Audio CDs; Hörbuchversion des vorigen)
- Die Vereinigung von KPD und SPD zur SED. Nora-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-86557-073-9
- Meine Geschichte der DDR. Rowohlt, Berlin -erscheint im März 2007-, ISBN 978-3-87134-572-2
[Bearbeiten] Weblinks
- Homepage von Wolfgang Leonhard
- „Die Revolution entläßt ihre Kinder“
- Literatur von und über Wolfgang Leonhard im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nachlass Wolfgang Leonhard im Bundesarchiv
- Wolfgang Leonhard in der Künstlerkolonie Berlin (Kurzbiografie, Interview und Briefwechsel)
- Susanne Leonhard (Wolfgangs Mutter) und ihr Buch „Gestohlenes Leben“ über ihre Zeit im GULAG 1936-48
Personendaten | |
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NAME | Leonhard, Wolfgang |
KURZBESCHREIBUNG | Politischer Schriftsteller, Publizist, Historiker |
GEBURTSDATUM | 16. April 1921 |
GEBURTSORT | Wien |