Ernst Kaltenbrunner
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
Ernst Kaltenbrunner (* 4. Oktober 1903 in Ried im Innkreis, Oberösterreich; † 16. Oktober 1946 in Nürnberg) war ein promovierter Jurist, der in der Zeit des Nationalsozialismus politische Karriere im Polizei- und Sicherheitsdienstapparat gemacht hatte. Er wurde durch den Nürnberger Kriegsverbrecherprozess 1946 für schuldig im Sinne der Anklage befunden, zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vor Kriegsende
Kaltenbrunner wurde 1903 in Ried im Innkreis als Sohn des Rechtsanwalts Hugo Kaltenbrunner und dessen Frau Therese geboren. Nach Jugend in Raab und Linz nahm er in Graz ein Jurastudium auf, das er 1926 mit Erreichen des Dr. jur. beendete. Während seiner Studienzeit war er Mitglied der Grazer akademischen Burschenschaft Arminia, deren Alter Herr er bis zu seinem Tode war. Im Anschluss an das Studium gliederte sich Kaltenbrunner nicht in ein bürgerliches Leben ein, sondern wirkte in paramilitärischen Gruppen wie dem österreichischen Heimatschutz mit. Da diese jedoch Kaltenbrunners politisches Hauptziel, den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, nicht ausreichend betrieben, wechselte er 1930 zur NSDAP und trat 1931 der SS bei. Hier machte er sich rasch als Verteidiger inhaftierter Parteimitglieder einen Namen. Auch fungierte er während der Zeit vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich als Nachrichtenmann Himmlers. Kaltenbrunner versorgte den Reichsführer SS mit Informationen zur politischen Situation in Österreich. 1934 heiratete er Elisabeth Eder.
Im Fahrwasser des österreichischen NS-Funktionärs Arthur Seyß-Inquart gelang ihm der rasche Aufstieg in die Führungsriege des österreichischen Parteiflügels. Seyß-Inquart propagierte eine Politik der stillen Auflösung des Staates. Dies stand im krassen Gegensatz zu den brutalen Frontalmethoden der übrigen NS-Spitze in Österreich, die in Hitlers Augen dem Ansehen der Partei im Ausland schadete. Am 13. August 1938, nach dem Anschluss Österreichs an das deutsche Reich, wurde Kaltenbrunner zum „Staatssekretär für das Sicherheitswesen“ ernannt. Am 11. September 1938 machte ihn Heinrich Himmler zum Höheren SS- und Polizeiführer Donau, gleichfalls in Wien, und unterstellte ihm damit die gesamte SS im in das Deutsche Reich eingegliederten Gebiet Österreichs. Hier fühlte sich Kaltenbrunner, trotz seines Ranges als SS-Gruppenführer, kaltgestellt, da er sich in seinen Kompetenzen oft von der missgünstigen Führungsriege der SS um Obergruppenführer Reinhard Heydrich übergangen fühlte.
Am 30. Januar 1943 wurde Kaltenbrunner in Berlin in sein neues Amt als Chef der Sicherheitspolizei und des SD eingeführt. Kaltenbrunner trat hiermit die Nachfolge Himmlers an, der seit Heydrichs Tod die Leitung des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) neben seinen anderen Funktionen kommissarisch wahrgenommen hatte. Im selben Jahr wurde Kaltenbrunner zum SS-Obergruppenführer und General der Polizei befördert. Als Leiter des RSHA war er der Chef des berüchtigten Gestapo- Amtes, des Reichskriminalpolizeiamtes und des Sicherheitsdienstes (SD), der für die Einsatzgruppen, die im Rücken der Ostfront bis Kriegsende rund 1.000.000 Menschen ermordeten, verantwortlich war.
Am 12. März 1945 gab Kaltenbrunner dem damaligen IKRK-Präsident Carl Burckhardt die Zusage, dass IKRK-Delegierten Zugang zu den Konzentrationslagern gewährt werden würde. Dies galt allerdings unter der Voraussetzung, dass diese Delegierten bis zum Ende des Krieges in den Lagern verblieben. Zehn Delegierte, unter ihnen Louis Häfliger (Mauthausen), Paul Dunant (Theresienstadt) und Victor Maurer (Dachau) erklärten sich zu einer solchen Mission bereit.
Gegen Ende des Krieges verschanzte sich Kaltenbrunner mit einigen letzten Getreuen in der sogenannten Alpenfestung bei Altaussee, in der bis zum bitteren Ende Widerstand geleistet werden sollte, und in die viele prominente Nationalsozialisten geraubte Schätze gebracht hatten, um für die Zeit nach dem Krieg vorzusorgen. Dort wurde er am 11. Mai 1945 von einer amerikanischen Militärstreife aufgegriffen und verhaftet.
[Bearbeiten] Nach Kriegsende
Nach seiner Festnahme wurde Kaltenbrunner zum Verhör zunächst nach England und im Anschluss daran nach Nürnberg gebracht, wo er vor das Internationale Militärtribunal (IMT) gestellt werden sollte. Dort sprach er von Misshandlungen in der englischen Haft und wirkte wie ein gebrochener Mann. Als man ihm die Anklageschrift überreichte (er wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt), begann er zu weinen. Nach kurzer Zeit jedoch verwandelte sich Kaltenbrunner in einen Mann, der mit allen Mitteln um sein Leben kämpfte. Kaltenbrunners Verteidigungsstrategie bestand im Wesentlichen darin, jegliche Beteiligung an Verbrechen zu leugnen und zu behaupten, mit Exekutivämtern, wie der Gestapo, nichts zu tun gehabt zu haben. Er sei eher eine Art Geheimdienstbeauftragter mit ausschließlich repräsentativen Aufgaben gewesen. Notfalls leugnete er sogar seine eigene Unterschrift auf belastenden Dokumenten, die ihm von seinem Ankläger vorgehalten wurden. Letzten Endes verurteilte das Gericht Kaltenbrunner zum Tode durch den Strang. Das Urteil wurde am 16. Oktober 1946 vollstreckt.
[Bearbeiten] Zitate
„Ich habe meinem Volk mit heißem Herz gedient. Ich habe nach den Gesetzen meines Vaterlands meine Pflicht getan. Ich bedauere, dass mein Volk in dieser schweren Zeit nicht ausschließlich von soldatischen Menschen geführt worden ist. Ich bedaure, dass Verbrechen begangen worden sind, ich hatte keinen Anteil an ihnen, ich kämpfte ehrenhaft. Deutschland, Glück auf!“ (Letzte Worte vor Vollstreckung des Todesurteils)
[Bearbeiten] Literatur
- Peter Black: Ernst Kaltenbrunner - Vasall Himmlers. Eine SS-Karriere. Paderborn 1991
- Michael Wildt: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichsicherheitshauptamtes. Hamburger Edition, Hamburg 2002, ISBN 3930908751
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Ernst Kaltenbrunner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografie Kaltenbrunners beim LeMO
- Biografie bei shoa.de
- Biographie und Bild von Kaltenbrunner (italienisch)
- [1] 108 Original-Dokumente von und über E.K. aus dem Simon Wiesenthal Center L.A.
Commons: Ernst Kaltenbrunner – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Göring | Heß | Bormann (Verbleib damals unbekannt) | v. Ribbentrop | Ley (Suizid vor Prozessbeginn) | v. Papen | Keitel | Jodl | Raeder | Dönitz | Kaltenbrunner | Speer | Sauckel | Schacht | Funk | Krupp v. Bohlen und Halbach (Prozessunfähig) | Frank | Seyß-Inquart | Rosenberg | v. Neurath | Frick | Streicher | Fritzsche | v. Schirach
Personendaten | |
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NAME | Kaltenbrunner, Ernst |
KURZBESCHREIBUNG | Kriegsverbrecher |
GEBURTSDATUM | 4. Oktober 1903 |
GEBURTSORT | Ried im Innkreis |
STERBEDATUM | 16. Oktober 1946 |
STERBEORT | Nürnberg |