Das Reich und die Herrlichkeit
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Filmdaten | |
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Deutscher Titel: | Das Reich und die Herrlichkeit |
Originaltitel: | The Claim |
Produktionsland: | Großbritannien, Kanada, Frankreich |
Erscheinungsjahr: | 2000 |
Länge (PAL-DVD): | 115 [1] Minuten |
Originalsprache: | Englisch |
Altersfreigabe: | FSK 12 |
Stab | |
Regie: | Michael Winterbottom |
Drehbuch: | Frank Cottrell Boyce |
Produktion: | Andrew Eaton, Douglas Berquist |
Musik: | Michael Nyman |
Kamera: | Alwin Küchler |
Schnitt: | Trevor Waite |
Besetzung | |
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Das Reich und die Herrlichkeit (Originaltitel: The Claim, übersetzt die Parzelle/der Anspruch) ist ein Film (Drama/Western) des Briten Michael Winterbottom aus dem Jahr 2000, und basiert frei auf dem Roman Der Bürgermeister von Casterbridge. Leben und Tod eines Mannes von Charakter (The Mayor of Casterbridge) von Thomas Hardy (1886). Michael Nyman, Frank Cottrell Boyce und Andrew Eaton arbeiteten schon mehrfach mit Winterbottom.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Handlung
Es wird die Geschichte des Patriarchen Dillon erzählt, der die Gemeinde Kingdom Come in der amerikanischen Sierra Nevada 1867 mit strenger Hand führt. Er war Goldgräber, und wird mit einer furchtbaren Entscheidung seiner Jugend konfrontiert: er tauschte Frau und Kind gegen die Schürfrechte, die ihm den gewaltigen Reichtum brachten. Allein durch dieses schmutzige Gold wurde die Errichtung der Siedlung in der menschenleeren Einöde möglich. Seine sterbenskranke Jugendliebe und die gemeinsame Tochter kehren Jahre später aus der Fremde zurück, doch was geschehen ist, ist geschehen. Nach einer blutigen Konfrontation und ihrem Tod muss sich zudem sein kleines Reich der Moderne und dem Vordringen der transkontinentalen Eisenbahn geschlagen geben, und die Einwohner wenden der Stadt fluchtartig den Rücken zu. Dillon brennt die verlassenen Hütten von Kingdom Come nieder und wählt den Suizid im Schnee.
[Bearbeiten] Exposition (Einleitung)
Landschaftspanorama, verschneites Hochgebirge, neblig. Ein Sechsspänner kommt durchs Bild, geladen sind acht Flüchtlinge, unter schweren Decken, und nur Frauen. Es scheint bitterkalt zu sein. Weite Aufnahme auf die Stadt, Titel: Kingdom Come, Sierra Nevada, Kalifornien, 1867, einige Menschen auf den Straßen, alle geschäftig, und Viehherden. Kingdom Come hat etwa 1200 Einwohner.
Bei den Neuankömmlingen handelt es sich um Prostituierte, und sie werden von einer Puffmutter in Empfang genommen. Der junge, nette Draufgänger Dalglish, die bezaubernde Elena Burn und ihre junge Tochter Hope (englisch für: Hoffnung) treffen gleichzeitig ein. Jemand versucht, Gewehre zu konfiszieren, und Dalglish gibt schnell nach.
Erste Kunden beginnen sich für die Dirnen zu interessieren, Sheriff Sweetley muss einen Warnschuss abfeuern, um sich Gehör zu verschaffen. Dalglish ist Chefingenieur der Vermessungstruppe der Central Pacific, und plaudert kurz mit Hope: er soll über den Verlauf einer neuen Bahnlinie entscheiden, und ob die Stadt eingebunden wird. Alle diese Personen wollen Bürgermeister Daniel Dillon sehen.
Elena und Hope in einem dunklen, aber sauberen Kämmerlein im Hotel. Elena hustet, vermutlich Tuberkulose.
Große Gala im dunklen, beengten, aber gemütlichen Saloon, volles Haus: Die umwerfende Lucia, heimliche Königin der Stadt, singt einen portugiesischen Fado, und recht bezaubernd. Auch die anderen sind Migranten, Dillon stammt aus Irland, Elena aus Polen, Dalglish ist Schotte. Sheriff Sweetley lässt Dalglish zu Bürgermeister Dillon vor: Die Stadtoberen spielen Roulette, die Atmosphäre ist angespannt. Dalglish muss einen kleinen, ironischen Bestechungsversuch über einige Jetons ablehnen. Für den Vermessungstrupp wird ein Prosit im Namen der Stadt ausgegeben. Lucia ist die Geliebte von Dillon, es wird mit Prostituierten geschäkert, dann getanzt.
In einem Hinterzimmer mit Lucia und Dillon. In aller Langsamkeit schält er Lucia aus ihrem Korsett und es folgt eine Liebeszene im Kerzenlicht. Der „milde gewordene Tyrann“ [2] Dillon ist vielleicht 20 Jahre älter als seine Partnerin. Ausgelassener Krach tönt von entfernt herein: ihre Beziehung funktioniert.
[Bearbeiten] Komplikation (Steigerung)
Bordell, einzelne Zimmer. Sweetley schlichtet mit vorgehaltener Waffe eine Streiterei. Einige Störenfriede werden zu Patriarch Dillon zitiert, und der Vermessungstrupp ist dort bereits mit einigen Mädchen zu Gange: Wenn ein Mann zu Mr. Dillon gehen soll, dann geht er, sonst verlässt er die Stadt. Alle versuchen, den Eisenbahnleuten ihren Aufenthalt gemütlich zu machen. Der Vermessungstrupp tut sich an den Prostituierten gütlich.
Nächster Morgen: Elena und Hope erkennen Mister Dillon vom Fenster aus, es schneit. Elena beauftragt ihre Tochter, Dillon einen Rosenkranz zu überbringen, wie eine Botschaft. Dillon peitscht den Störenfried vom Vorabend vor aller Einwohnerschaft auf nackten Rücken aus, die Zahl der Hiebe hat er gnädig von der Regelstrafe 50 auf 25 reduziert, effektiv verhindert er damit, dass der Mann gelyncht wird.
Genau hier holt den Bürgermeister seine eigene Vergangenheit ein, als Hope es schafft, ihm den Rosenkranz in die Hand zu drücken: Dillon ist bei ihrem Anblick sprachlos und gelähmt. Hope selbst weiß nicht, was sich eigentlich abspielt. Erneut ausgelassenes Gespräch zwischen Dalglish und der viel jüngeren Hope. Dalglish deutet an, wie gefährlich seine Tätigkeit ist, da er des öfteren angefeindet wird.
Dillon geht allein in eine alte Goldgräberhütte fernab, seine eigene. Beim gedankenverlorenen Durchwühlen seiner Ausrüstung steigen Erinnerungen auf. Rückblende.
- Ein Blizzard, der junge Daniel Dillon kämpft sich schwerbeladen mit einer Frau durch das Niemandsland, in höchster Not, und schwer bepackt. Es wird sogar Schnee gegessen. Wir hören den Namen Elena. Die beiden erreichen eine Hütte, und einen etwas finsteren Goldgräber. Sie tragen ein Neugeborenes. Elena ist abgekämpft, aber wunderschön, und sie ist der englischen Sprache kaum mächtig. Die beiden haben noch kein Korn Gold gefunden, und sind niedergeschlagen. Der namenlose Mann schüttet einige Nuggets auf den Tisch, und Dillon, auch betrunken, bekommt wässrige Augen: Ist da noch mehr ? Der Einsiedler interessiert sich für das hübsche Mädchen. Nur wenig Kerzenlicht, und der Sturm pfeift in die notdürftig gezimmerte Hütte. Das Baby ist unruhig, Dillon tauscht seine Frau und das Kind gegen die Hütte und den Claim. Elena protestiert, und der noch nicht einmal unsympathische Goldgräber würde auch gerne das Kind adoptieren. Das Geschäft ist beschlossen, ein Handschlag, vermutlich vergeht er sich nun an dem Mädchen.
Dalglish und Hope sind auf dem besten Weg, sich zu verlieben, doch wirkt der junge Mann nicht nur abgebrüht, sondern fast berechnend. Aber Hope ist die Unschuld selbst. Dalglishs Trupp zieht mit Hope aus für Sprengungen. Hope verliert einige Worte über ihren verstorbenen Stiefvater, und die (vermeintliche) Kinderlosigkeit Dillons. Hope: Als ich ein Baby war, war ganz Kalifornien so öde und leer. Es wird gesprengt, vielleicht soll die gesamte Bergkette abgetragen werden, Lawinen gehen ab.
Zurück mit Hope im Hotel, Lucia lädt sie zu sich und Dillon ein. Ihre Mutter Elena, die nahezu bettlägrig ist, könne natürlich mitkommen. Im Zimmer rät Elena Hope besorgt zu schweigen, weiht sie aber noch nicht ein.
Hope und Lucia könnten fast Freundinnen sein, mit einem gar nicht unähnlichen Naturell. Hope spielt Klavier, übt mit Lucia das Lied für den Abend, und probiert mit ihr ausgelassen Kleider und Schmuck an, in dem gepflegten Bürgermeisteranwesen. Hope deutet an, dass sie Dalglish hübsch findet.
Es geht weiter im prall gefüllten Saloon, etwas stickig. Lucia singt, Hope steuert die Klavierbegleitung bei. Im Anschluß will die adrette Hope das Gedicht „The Ballad of Noreen Bawn“ [3] rezitieren. Ein Kollege von Dalglish, Bellanger, verliebt sich allmählich in eine der Kurtesanen, Annie. Die Taverne wird wieder lauter. Dillon applaudiert, zigarrerauchend und demonstrativ, für seine Tochter Hope, hat aber die Menge genau im Auge. Dillon muss ein Machtwort sprechen, danach kann man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören. Lucia geht vorzeitig. Rückblende.
- Schneesturm und polare Verhältnisse: Dillon sieht seine verlorene Familie vor sich, den Rosenkranz, und wie er für das Baby den Namen Hope wählte.
Dillon und Hope sprechen über den Stiefvater und die (vermeintliche) Kinderlosigkeit Dillons: Hope versteht nicht.
Danach Bellanger und die Dirne Annie leichtbekleidet in einem Zimmer, Liebesgeplänkel. Bellanger ist der Sprenger der Truppe. Man sieht die Belegschaft des Bordells zusammen, nach beendeter Schicht, trinkend und Einnahmen zählend. Lucia ist präsent, und scheint tatsächlich wegen der jungen Hope eifersüchtig. Annie fürchtet um ihren neugefundenen Freund Bellanger, der am nächsten Tag in die Berge ziehen muss.
Am Tag darauf bringt Sweetley, als Handlanger Dillons, Geschenke, und soll Elena mitnehmen, aber sie ist doch (höflich) resolut.
Die beiden treffen sich in seiner baufälligen und löchrigen Goldgräberhütte, auf dem Claim. Dillon wirkt wie in Trance. Ihm ist bekannt, dass sie schwerkrank ist: sie wird bald sterben. Ich trinke nicht mehr, Elena. Das sollst du wissen.
Elena ist in die Stadt gekommen, weil sie Geld will von Dillon; für die Zukunft der Tochter, wie sie sagt. Dillon möchte erfahren, ob seine Tochter informiert ist, dem ist nicht so. Sie trennen sich.
[Bearbeiten] Peripetie (Höhepunkt)
Dillon ist auf dem Weg in die Bank, wo er eine Kammer unterhält: einen Goldspeicher. Er entzündet eine Lampe, und im Flackern werden gestapelte Goldbarren sichtbar, in zwei Reihen, bis unter die Decke. Im Kino wird die Leinwand minutenlang leuchtend gelb. Dillon betrachtet nachdenklich seine Reichtümer, und nimmt einige Barren mit sich.
Es folgt eine Liebeszene zwischen Dillon und Lucia. Nachdem sie sich angezogen haben, drückt er ihr die Besitzurkunden für den Saloon in die Hand, ein Geschenk. Dann teilt er kalt und brutal mit, dass es vorbei ist. Es folgt ein Streit, und eine kurze Handgreiflichkeit. Lucia kennt die Hintergründe nicht.
Unterwegs mit Dalglishs Team in unberührter Wildnis. In knietiefem Schnee schwärmt Bellanger davon, wie es wäre, mit Annie eine Familie zu gründen. Vermessungsarbeiten, Sprengungen und Kletterei, man kämpft sich durch die unbarmherzige Natur vor, zu ruckelig für das Nitroglyzerin, der Kutscher verbrennt in einer Explosion, schlagartig aus dem Leben gerissen.
Wie ein Omen sieht man ein brennendes Pferd durch einen Gebirgsbach davongaloppieren.
Die Überreste des Kollegen werden bestattet. Besprechung zwischen Dalglish und Bellanger in einem Zelt, aus geologischen Gründen stehen die Chancen schlecht für Dillons Stadt, doch wäre es nicht weise, dies bereits jetzt auszusprechen. Für die Landvermesser war die Ortschaft nur ein Zwischenstopp, und Annie nur eine Liebschaft. Kingdom Come wird, buchstäblich, gestrichen.
Hektisch Dillon mit Arbeitern und Fuhrwerken im Freien, und Geschrei. Schnitt, hinein in ein Haus, in diesem Lärm, Blick aus dem Fenster, die kleine Villa bewegt sich. Dillon lässt es auf eine Hügelkuppe ziehen. Dann inspiziert er kurz das Mobiliar des Alterswohnsitzes, der „viktorianische Eleganz imitiert“ [2]: ein Flügel, Statuetten, Vasen, Bilder; dafür war das Gold.
Elena trifft ein. Dillon macht ihr einen Heiratsantrag, sie antwortet: Wir sind bereits verheiratet, von Lucia hätte er sich getrennt. Dillon: Es würde alles in Ordnung bringen. Bedingung sei, dass die Tochter nicht erfährt, was sich zugetragen hat. Die beiden stehen in einer Distanz von etwa zwei Metern, und Daniel Dillon wirkt immer noch wie ein Geschäftsmann, es ist taghell. Sie gibt ihm das Jawort, sie hat ihm vergeben. [4]
Elena und Hope gehen zu Bett. Sie versucht, ihrer Tocher ihre Gefühle darzulegen, im Flüsterton. Elena offenbart, dass sie Dillon von früher kannte, vermutlich wird sie ihr nicht alles sagen.
Am Tag kommen die Landvermesser zurück, die Straßen sind leer, Lucia erklärt Dalglish in einem bittersüßen Ton, dass die Einwohner bei der Hochzeit von Ms. Dillon und Mrs. Burn wären.
Das junge Ehepaar tanzt, Dalglish und Hope, später auch Dillon mit seiner Tochter, die Stimmung ist weniger ausgelassen, als vielmehr zivilisiert und bürgerlich. Der Bürgermeister bespricht kurz diplomatisch und taktisch die Lage mit Dalglish. Fotos und Feuerwerk schliessen sich an. Bellanger und Annie haben zueinander gefunden, allseits leuchtende Augen. Elena und Dillon sind glücklich.
[Bearbeiten] Retardation (Verlangsamung)
Dalglish und Hope bleiben nach der Feier zusammen: die Eisenbahn würde viel ändern, eine Schule, eine Kirche, vielleicht sogar Straßen. Dalglish: Ich muss morgen wieder fort.
Dalglish scheint wie ein Schürzenjäger, aber Hope benimmt sich reif für ihr Alter, und wirkt klug. Bellanger und Annie haben sich verlobt, im Saloon wird weitergefeiert. Lucia bleibt zurück, mit gebrochenem Herzen, und versucht sich, ziemlich rüde, an Dalglish heranzumachen, erhält aber einen Korb. Mit Elenas Gesundheit geht es allmählich bergab.
Am Morgen darauf: Das Eisenbahnteam besteht darauf, alle Rechnungen voll zu bezahlen, und Dillons Winken mit dem Zaunpfahl wird heftiger, er droht fast.
Die neugegründete Familie bezieht ihr Haus auf dem Hügel. Wegen der Erkrankung wird ein Quacksalber empfangen, der eine Magneto- oder Elektroschocktherapie empfiehlt, Geld spielt für Dillon keine Rolle. Kurz merkwürdige Prozeduren mit den elektrischen Geräten.
Dalglish muss mit seinem Freund einen Vorgesetzten besuchen, in einem Waggon auf einer neuen Strecke, Hundertschaften von Arbeitern hämmern Gleise in in den vereisten Boden. Die Dampflok setzt sich eindrucksvoll in Bewegung. Sein Chef wäre ein ebenbürtiger Gegner für Dillon, und sein Auftreten und seine Mittel sind ähnlich. Die Stadt muss verlegt werden. Dalglish nimmt die Befehle loyal entgegen, mit der Haltung eines Soldaten, und wenn da jemand wäre, der ihm Schwierigkeiten machen kann, hätte er alle Vollmachten. Dalglish wirkt nun endgültig wie ein Killer.
Elena spuckt Blut, in den Armen ihrer Tochter, und Dillon steht daneben. Das Leben verlässt schrittweise ihren Körper. Rückblende.
- Am nächsten Morgen stolpert er verkatert aus seiner Hütte, alleine, und im Hemd. Er schreit den Namen Elena in den Berg, und niemand antwortet.
Hope kauft Heilkräuter und die Eisenbahner kommen zurück. Sie machen sich für den Aufbruch bereit, und einige Bürger bemerken es. Sweetley überbringt Dillon die Hiobsbotschaft, dieser beaufsichtigt noch am Krankenbett den Wunderheiler. Sweetley händigt wortlos Flinten an seine Leute aus. Dillons Mannen stellen schwerbewaffnet die Eisenbahner, doch Dalglish geht nicht mehr ohne Schusswaffe ins Freie. Das Team hat für ein oder zwei Tage ein Lager vor den Toren der Stadt aufgeschlagen. Dalglish verkündet, dass die Eisenbahnlinie durchs Tal führen wird.
[Bearbeiten] Katastrophe
Hope kommt dazu, in einer blitzschnellen Eskalation erschiesst Dalglish Sweetley, vielleicht in Notwehr. Dillon blickt in Gewehrläufe, und steht mit dem Rücken zur Wand. Er muss sich zurückziehen, fordert aber In der Frühe seid ihr weg!, und entfernt sich, mit dem Gang eines alten Mannes, an Hope vorbei. Vielsagende Blicke werden ausgetauscht. Hope ist den Tränen nahe.
Zurück im Krankenzimmer hält Hope ihre Mutter im Arm. Elena: Manchmal wendest du dich von jemandem ab, und dann blickst du zurück, und dein halbes Leben ist vorüber.
Ein Trupp Prostituierter empfängt ein letztes Mal das Vermessungsteam, sie hängen nicht so sehr an Kingdom Come wie die Bürgerlichen, und können ihr Gewerbe auch anderswo betreiben. Annie versucht Bellanger zum Bleiben zu überreden. Langsames, trauriges Musizieren und Kuscheln, und der Abschied ist nahe. Dalglish rät Lucia, in die neue Siedlung zu gehen, die mit Sicherheit bald entstehen wird, nämlich im Tal, entlang der Bahnlinie.
Elena liegt im Sterben, nur ihr Mann hält Wache. Im Morgengrauen kommt es zum Shoot-Out: Dillon schleicht sich an, in schwerer Lederkluft, gedeckt von vier Helfern, und erschießt zwei schlafende Türposten. Allgemeiner Tumult folgt. Dann bedroht er Annie und erpresst Bellanger um die Information: Dalglish ist bei Lucia. Er findet die beiden im Bett vor, und zerschießt einen Spiegel. Lucia weiß nun, dass Hope seine Tochter ist, und schreit ihn damit an. Dillon zittert wie Espenlaub, senkt nach einem Moment die Waffe, und geht.
Die Huren packen bereits, sind aber nach wie vor heiter, Aufbruchstimmung, Kolonnen ziehen aus dem Städtchen. Bordell und Saloon sind für immer geschlossen, aber ein jeder ist eingeladen zu folgen. Sonnenschein. Dalglish verabschiedet sich von Lucia. Seine Mission sei, die Bahn zu bauen, er ist ein Wanderer.
Dillon wird Hope früher oder später die Wahrheit sagen müssen. Elena stirbt qualvoll.
Zu Pferd besucht Dillon die neue Siedlung, wo Brettergerüste hochgezogen werden, er benötigt einen Pfarrer. Er begegnet Lucia, die bereits Charisma und Geschäftssinn an den Tag legt, und trägt vor, dass Elena nicht mehr unter den Lebenden weilt. Vielleicht wird Lucia die Rolle Dillon in dieser Siedlung übernehmen. Später wird Elena im Schneetreiben bestattet.
Der gebrochene Dillon führt seine Tochter in seine Berghütte, zeigt ihr Photographien, und enthüllt seinen Fehler: Ich habe euch verkauft. Hope weint. Wieder steht Dillon knietief im Schnee, als Bürgermeister, mit Frack und Melone, er brüllt: Hope. Doch sie stürzt davon, diesmal ist sie auf eigenen Füßen.
Annie fängt Bellanger ein, und auch Dalglish erfährt, dass Elena gestorben ist, die Central Pacific Railroad eröffnet die neue Kirche, die Stadt erhält den Namen Lisboa.
Daniel Dillon beginnt in den Abendstunden, die Geisterstadt niederzubrennen.
Dalglish begegnet Hope bei der Rückkehr mit dem Pfarrer, der einige Minuten später die Trauung von Annie und Bellanger durchführt. Er spricht wegen dem Verlust sein Beileid aus. Die Menschen sehen eine Rauchwolke über einem Gipfel, fast bricht Panik aus. Auf dem Berg Bilder der Zerstörung und des Infernos, und Dillon, der Frau, Kind und Stadt verloren hat, legt sich abseits in den Schnee.
Später kämpfen alle gegen das Feuer, aber es ist aussichts- und auch sinnlos, man versucht, Dillon zu finden. Dalglish nimmt Hope in die Arme.
[Bearbeiten] Epilog (Nachspiel)
Am nächsten Morgen wird die vereiste Leiche geborgen, und er hielt den Rosenkranz in den Händen. Auch Lucia nimmt Abschied von Dillons sterblichen Überresten, dann streifen sie durch die Ruinen.
Dalglish: Sie waren wie Könige.
Hope: Wer ?
Dalglish: Die Pioniere. Solche Männer wie Dillon. Sie kamen her, als hier nichts war, sie bauten diese Städte und herrschten über sie.
Durch die qualmenden Trümmer der Stadt Kingdom Come schallt der Ruf Gold! (In den letzten Bildern ist zu sehen, das es sich um das eingeschmolzene Gold Dillons in den Trümmern der Bank handelt: Ein Treiben und Gerangel setzt ein).
[Bearbeiten] Einzelheiten
- Hiermit liegt nach Herzen in Aufruhr (1995) die zweite Bearbeitung eines Thomas-Hardy-Stoffes [5] durch M. Winterbottom vor. Nastassja Kinski spielte bereits die Tess Durbeyfield (Roman Polanski, 1979).
- Die Literaturvorlage spielte im ländlichen England des frühen 19. Jahrhunderts, wurde also verlegt. [6] Der Stoff wurde mehrfach verfilmt, 1921 von Sidney Morgan, 1978 und 2003. [7] Michael Henchard wird im Film zu Dillon, Donald Farfrae zu Dalglish, und Lucetta zu Lucia, stellt The Observer fest (und aus Susan Henchard wird Elena Burn, aus Elizabeth Hope). [8] Einige Szenen des Drehbuchs wurden auf der Webseite des Films während dessen Entstehung zur Abstimmung publiziert. [3] Selbst verschiedene Titelalternativen wurden zur Diskussion gestellt.
- Drehbuchautor Boyce hat sich in einem Interview von dem fertigen Produkt ein wenig distanziert, er hätte die Verfehlung Dillons doch lieber zu Beginn enthüllt gesehen.
- Der deutsche Filmtitel weist direkt auf das christliche Gebet Vaterunser hin: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“, wie auch der Name der Stadt im Imperativ Kingdom Come (unverändert aus dem englischen Original) das „Dein Reich komme“ ist.
- Neben der von Winterbottom und Eaton gegründeten Revolution Films waren u. a. Kingdom Films Ltd. und Kingdom Come Productions Inc. beteiligt. [1] „Kingdom Come“ war als Titel eingeplant, aber aus rechtlichen Gründen nicht verfügbar. [9]
- Ursprünglich war geplant, in den französischen Alpen zu filmen, die Produktion wurde in einer frühen Phase aber angehalten. Gedreht wurde dann unter mehr als widrigen Bedingungen zwei Stunden westlich vom kanadischen Calgary im Skiresort Fortress Mountain (50°49' N, 115°12' W) in etwa 2100 Meter bei minus 20 Grad Celsius in der Sonne. Zudem hätte bei der Independentproduktion das Geld für Helikopter gefehlt, man war auf Zugtiere oder Schneemobile angewiesen. Erfrierungen und Kreislaufzusammenbrüche waren an der Tagesordnung. Die 20 Gebäude wurden eigens für die Aufnahmen errichtet. [10] Winterbottom scheint einiges Augenmerk auf maximale Authentizität gelegt zu haben, wie aus der Webseite des Films ersichtlich ist: dort wird das Cinéma vérité erwähnt. [11]
- Madonna soll für die Rolle der Lucia vorgesehen gewesen sein, das Budget habe 20 Millionen Dollar betragen. Der Film war kein finanzieller Erfolg. [12][13] Auch die Mitwirkung Robert De Niros kam nicht zustande, die angeblich angedacht war. [14]
[Bearbeiten] Kritiken
„Eindrucksvoll fotografierte, hervorragend gespielte Tragödie um Schuld und Sühne, Liebe und Vergebung. Inszeniert als Hommage auf die Schnee- und Spätwestern der 70er-Jahre, stellt der Film auf vielschichtige Weise der Sicht des amerikanischen Pioniergeistes die Realität der multikulturellen Immigranten-Gesellschaft entgegen. (Kinotipp der katholischen Filmkritik) - Sehenswert.“
– Lexikon des internationalen Films
„„Das Reich und die Herrlichkeit“ ist so pathetisch und konsequent wie das französische Kino der 60er Jahre - endlich einmal wieder ein Film aus Europa, der von großen Gefühlen erzählt, ohne verquast oder zerquasselt zu sein […] Und bei dem Kino darum letztlich auch eine Denkfabrik ist, eine Weise der Erkenntnis der Welt.“
– Rüdiger Suchsland: „Das Reich und die Herrlichkeit“ in „Schnitt - das Filmmagazin“ [15]
„[…] Alle drei [Winterbottom, Tykwer, Medem] sind Filmemacher der unbedingten, tragischen Leidenschaft und stellen in ihrer visionären Kraft Ausnahmeerscheinungen des europäischen Kinos dar.“
– Rainer Gansera: „Das Reich und die Herrlichkeit - Michael Winterbottoms visionäre Thomas-Hardy-Verfilmung“ in epd film [16]
„[…] naturalistisch ist der gesamte Film. Atemberaubend - hier trifft diese inflationär gebrauchte Formulierung. Vor grandiosen Bergketten, durch Wolken und Dämmerung in einen monochromen Farbschleier gehüllt, züngelt das Orange der hochschlagenden Flammen - ein wirkungsvollerer Kontrast ist undenkbar. Die Ästhetik zerstörter Träume.“
– Roland Huschke: „Im Western was Neues“ in Cinema [17]
Die New York Times sieht in Polley, Kinski und Bentley gute Darstellerleistungen, die jedoch etwas leblos bleiben. Peter Mullan wird die beste Darbietung attestiert, seine Figur bleibe aber enigmatisch. Der Autor spricht von vielen einprägsamen Bildern, die der Film zu bieten hat. [18] Salon.com hält die Kameraführung von Alwin Küchler für beinahe so intensiv und intim wie die des Sven Nykvist bei Bergman. [19]
The Guardian hält den Charakter des Dalglish für bis zur Unglaubwürdigkeit gespalten zwischen Charme und Abgründigkeit, bescheinigt dem Film aber im Übrigen, dass er „inpiriert“ sei. [20]
Etwas verhaltener beurteilen andere Quellen den Film: Rotten Tomatoes bezeichnet ihn mit 62 Prozent als „Frisch“ [21], die Benutzer der Internet Movie Database werten ihn mit 6,5 von 10 Punkten bei 2.275 Stimmen [7]. Emanuel Levy nennt in Variety die Narrativität schwach und zerfasert, die Art der Erzählung temperamentlos, und empfindet das Schauspiel Milla Jovovichs als irritierend. [22]
[Bearbeiten] Interpretationsbausteine
Das Reich und die Herrlichkeit sei kein Western, epd film sieht ihn als existenzielles Drama, eine balladeske Form, und eine „zentrale, tragisch vibrierende Empfindung“, von „traumartigen Bildern umkreist“. [2]
[Bearbeiten] Ähnlichkeiten
film-dienst nennt die Spät- und Anti-Western McCabe & Mrs. Miller von Robert Altman (1971) und Sacramento von Sam Peckinpah (1962). [23]
Die Thematik gleicht in einigen Punkten der von Spiel mir das Lied vom Tod von Sergio Leone (1968). Bereits The Mayor of Casterbridge behandelt alte und neue Ordnungen, und der Untergang des Bürgermeisters steht auch dort in Verbindung mit Technik und modernen Geschäftsmethoden. [24] Hier wie dort unterstreicht die programmatische Musik die Emotionalität der Szenen, zerfällt in The Claim aber nicht so auffällig in figürliche Leitmotive.
Die abgelichtete Schneemenge dürfte im jüngeren Kino allenfalls von Stücken wie Flucht aus dem Eis (Vincent Ward, 1992), Überleben (Frank Marshall, 1993) oder Fargo (Ethan und Joel Coen, 1996) übertroffen werden. In dem Horrorfilm Shining von Stanley Kubrick (1980) spiegelt die jeweilige Wetterlage die Gemütsverfassung der Figuren wider und trägt zur Beschleunigung der Story bei. In The Claim herrscht die gesamte Dauer bitterer Winter. Dillon stirbt wie Jack Torrance einen Erfrierungstod. [6]
Der für das Genre Western bedeutende John Ford (1895-1973) porträtierte die Familie als „kleinste Einheit der Gesellschaft, als Zeugungszelle der Nation, als Nukleus des (entstehenden) Staates. […] Einfach ausgedrückt: funktioniert die Familie, funktioniert der zukünftige Staat“. In diesen Tagen ging die „Gemeinschaft“ in die „Gesellschaft“ über. [25] Besonders musikalische Darbietungen, Bälle und Gottesdienste standen bei ihm für die Zivilisation und zeigten die vollzogene Domestizierung des starken Geschlechts. [26] In dieser Symbolik zerfällt Dillons Gemeinwesen folgerichtig.
[Bearbeiten] Kingdom Come
„‚Ich wäre gerne dabei gewesen und hätte das Abenteuer, die Aufregung und die blendende Kraft des Goldrausches miterlebt,‘ kommentiert er. ‚Man hat den Eindruck, als wären zehntausend Jahre europäischer Geschichte komprimiert in wenige Jahre: Massenauswanderung, Landkriege, Staatenbildung. Sozusagen Geschichte im Zeitraffer.‘ […] ‚Eine Tragödie, gewiss, doch sie feiert zugleich die Hoffnung und den Pioniergeist.‘“
– Frank Cottrell Boyce [27]
Nach dem mexikanisch-amerikanischen Krieg wurde Kalifornien 1847 bis 1849 vom U. S.-Militär regiert, erst 1850 wurde es Bundesstaat. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte der Staat bei den Farmern und Siedlern an der frontier noch kaum eingegriffen [28], und von 1829 bis 1883 war Inkompetenz, Verantwortungslosigkeit und Korruption in den wenigen öffentlichen Ämtern auf Bundesebene normal [29] (in dieser Zeit schrieben de Tocqueville, Thoreau und Emerson). Während dem Goldrausch müssen sich in der Einöde schreckliche Tragödien zugetragen haben.
„Aber, trotz solcher Härten, Entbehrungen und Enttäuschungen bewahrte sich die überwiegende Mehrheit […] ihren Optimismus, Ordentlichkeit und ein Gefühl für Werte. Ihnen zugunsten sollte gesagt werden: diese 08/15-Amerikaner, selbst beim Fehlen aller förmlichen Regierungen und Gesetze, sie arbeiteten der Auflösung der Gruppe entgegen, und beugten sich nicht der Anarchie, sie schufen Regeln, Vorschriften und eigene Gerichte [30], um den Männern das Zusammenleben und -arbeiten mit einem Mindestmaß von Friede und Ordnung zu ermöglichen.“
– S. Shufelt: Ein Brief eines Goldgräbers, Placerville, Kalifornien, Oktober, 1850, mit einer Einführung von Robert Glass Cleland, Einführung [31]
Frederick Jackson Turner zufolge seien die Siedler auf dem Marsch westwärts mit den Generationen immer uneuropäischer geworden („The Significance of the Frontier in American History“, 1893), auch durch ihn entstand später der Mythos frontier.
Was man im zeitgenössischen Western sehen kann, ist nur ein Ausschnitt der historischen Wirklichkeit, die Industrialisierung war mehr als nur die Verbesserung des Transportwesens. [32] Die Besiedlung des mittleren Westens in dieser Ära kann als wellenartige Ablagerung von Kultursedimenten begriffen werden, durch den die Zivilisation allmählich die Wildnis verdrängte. [33] Nach einem vorübergehenden Aufblühen der Landwirtschaft begann dann nach 1880 das Herz Amerikas an der Wall Street zu schlagen. [34]
Entsprechend ist die Staatsmacht in der Geschichte eigentlich abwesend, weder Dalglish noch Dillon werden für die Schüsse zur Verantwortung gezogen, Sweetley ist nicht mehr als die rechte Hand des Bürgermeisters, und hat kaum eine Dialogzeile.
Es ist auch wenig Religion in The Claim vorhanden, obwohl Heirat, Beerdigung und selbst eine Kirchweihe gezeigt werden.
Das komplette Ensemble von The Claim besteht aus Flüchtlingen, sie scheinen in immerwährender Bewegung, Siedlungen werden wie vom Wind weggetragen, Rüdiger Suchsland stellt fest, es wäre die „[…] Zivilisation, die ganz auf das Kurzfristige und Gegenwärtige ausgerichtet ist, und das, was gerade zerstört wurde, sofort noch größer und noch schöner wieder aufbaut“ [15], die hier dargestellt wird, und bis heute vom Wesen her unverändert sei. Die Auflösung von Kingdom Come stimmt noch nicht einmal sonderlich traurig, eher wie die unsichtbare Hand der Marktwirtschaft. Damit enthält das Werk geschichtsphilosophische und makrosoziologische Elemente. Das isolierte Kingdom Come mit 1200 Einwohnern mutet an wie die Stammesgesellschaft oder Feudalgesellschaft nach Marx. [35]
Kreislaufartig hinterlässt Dillon seinen Streifen Land genau in dem Zustand, in dem er ihn vorgefunden hat. Sein Körper ist nicht von Dauer, und das Gold findet in den letzten Sequenzen binnen Minuten neue Besitzer (letzteres wäre damit eine Trope und ein Zeichen). Der Name der Stadt (s. o.) zeigt aber in Richtung teleologisches Geschichtsbild.
[Bearbeiten] Daniel Dillon
„Und was gefiel Ihnen daran ?
- Ein Teil der Attraktivität war die Offenheit des Startpunktes. Wenn du über Leute sprichst, die gerade in einer Wildnis ankommen und moralische Entscheidungen treffen müssen, ist das nicht im Bezug zu einzelnen gesellschaftlichen Konventionen zu sehen, vielmehr geht es darum, was richtig und falsch ist.“– Michael Winterbottom: im Interview mit Stephen Applebaum, Netribution Ltd. [36]
film-dienst will den Film als „nahezu antike Tragödie“ verstanden wissen, und zugleich als europäische Hommage. Landschaftspanoramen werden mit kammerspielartigen Szenen, mitunter unter Einsatz der Handkamera, kontrastiert, und der Autor bescheinigt „melancholisch-düstere Bildkompositionen“, entfärbt, von „ungeheurer äußerer wie innerer Wucht“. Zu einzelnen Rollen wird festgestellt, in Wes Bentley sehe man genau die „Cowboy-Mentalität, die Stolz, Aufrichtigkeit, Familie und Gewalt unter einen Hut bringt“, Peter Mullan sei der Patriarch vielleicht eine Spur zu sanft geraten, und Sarah Polley stehe prototypisch für Verletzlichkeit und Liebe, Resümee: „zeitloses Kunstwerk“. [23]
Die amerikanische Webpräsenz bewirbt Das Reich und die Herrlichkeit mit dem Slogan „Alles hat einen Preis“ [11], setzt den Schwerpunkt also irgendwo zwischen Verantwortung und Gier (Ethik).
Die New York Times sieht das Herz der Geschichte in der „Unmöglichkeit der Selbsterfindung“ und erwähnt Der große Gatsby. [18] Damit würde das Werk Prämissen des Existentialismus bestreiten (siehe: Philosophische Anthropologie). Im Vergleich zu den Felsmassiven und Naturschauspielen sind die Schicksale einzelner Sterblicher jedoch unbedeutend. Eine Rezension bei Salon.com [19] schließt mit den Worten „Das Glück war nur eine kurze Episode“, ein Hardy-Zitat, und liegt damit dicht bei Freud: „[…] man möchte sagen, die Absicht, dass der Mensch ‚glücklich‘ sei, ist im Plan der ‚Schöpfung‘ nicht enthalten.“ [37]
Das Magazin für Theologie und Ästhetik erkennt im neuen Leiden im Film in Anlehnung an Georg Seeßlen bei Winterbottom biblische Bruchstücke, Pathos, einen absoluten Ernst und eine „nachmoderne Gestalt“ der Katharsis, und bespricht den Film neben Dancer in the Dark (Lars von Trier) und Das Zimmer meines Sohnes (Nanni Moretti). [38]
In der Literatur sind Aufstieg und Fall eines Mächtigen seit jeher gestaltet worden (Ödipus bei Sophokles oder König Lear). [24] Sarah McEwan sieht in „‚The Inward and Outward Eye‘: Shame and Guilt in the Work of Thomas Hardy“ (2003) [39] Scham und Schuld wesentlich in Thomas Hardys Werk und schlägt eine Brücke zu Ruth Benedict und den Thesen von Scham- und Schuldkulturen (1946): „Klassische Philologen sprechen auch von einer Schamkultur, um eine frühere, primitivere Zeit des antiken Griechenlands zu beschreiben, als der Übergang von Scham zu Schuld den Beginn einer neuen Stufe des kulturellen Fortschritts markierte“ (S. 60). Auch das (abgebildete) Kalifornien dieser Jahre war im Wandel begriffen (s. o.). Freud sah das Schuldgefühl als Preis des Kulturfortschritts selbst (1930). [37] Dillon stand unangefochten an der Spitze seiner kleinen Hierarchie (vgl. S. 58 ff.) und hat im Finale jegliches beurteilende Umfeld verloren, aber er war auch jahrelang Richter über andere (und er wird pars pro toto einmal peitscheschwingend gezeigt).
In der Bundesrepublik Deutschland der Gegenwart wäre der schreckliche Fehler Dillons, bei dem Menschen gegen Grundstücke getauscht werden, als Rechtsgeschäft sittenwidrig und damit nichtig, die Tat oder Taten unter anderem strafbar als Kinder- oder Menschenhandel (§ 232 ff. StGB). Für die römisch-katholische Kirche würde sein Werk eine Sünde [40] darstellen. War er in einer entschuldigenden Notlage ? In der Eskalation erschießt er gar zwei Wehrlose.
Die spätere Selbsttötung erscheint ästhetisiert und klinisch sauber, nahe an einer Idealisierung: Dillon entschläft friedlich. Aus soziologischer Sicht (Émile Durkheim, 1897) sind anomische Suizide „Selbstötungen in krisenhaften Phasen, wenn sich die Lebensumstände dramatisch ändern, z. B. durch persönliche und/oder gesellschaftlich bedingte Verlusterlebnisse“. Suizid ist Ausdruck von Hoffnungslosigkeit. [41]
Ausschließlich pragmatisch gelesen finden sich die Widersacher Dillons nicht in seinem Charakter oder seiner Schuld, nicht in Gestalt der Geliebten, nicht in der Landschaft mit Kälte und Granit, auch nicht in den äußeren Mächten (Staat, Kirche, Eisenbahn), sondern als Zeit, Alter und Krankheit. Noch einmal von vorne anzufangen erlauben die Spielregeln des Lebens nicht. Die Jungen, wie Dalglish und Hope, werden den Raum, die Städte und die Reichtümer übernehmen. Aber sie bauen die Zivilisation auch weiter, und verbinden Atlantik und Pazifik mit einer Schienenstrecke.
[Bearbeiten] Musik
Die New York Times bezeichnet den Soundtrack von Michael Nyman als minimalistisch und es gäbe Bezüge auf die Dichtung Ozymandias von Percy Bysshe Shelley, und dies würde einen deutlichen englischen Klang ergeben. [18] Die Dichtung thematisiert unter anderem die Vergänglichkeit der Macht, gezeigt im alten Ägypten.
Die Musik wurde aufgenommen in den Whitfield Street Studios, London, veröffentlicht von Chester Music Limited/Michael Nyman Limited, gespielt vom Michael Nyman Orchestra, Orchesterführung Alexander Bălănescu, beteiligt Gary Carpenter, Robert Worby und Austin Ince. [42]
- The Exchange (2:38)
- The First Encounter (3:45)
- The Hut (1:16)
- The Explosion (1:35)
- The Recollection (1:35)
- The Fiery House (4:19)
- The Betrothal (1:55)
- The Firework Display (3:23)
- The Train (2:34)
- The Shoot Out (5:07)
- The Death of Elena (1:34)
- The Explanation (2:01)
- The Burning (9:19)
- The Snowy Death (4:51)
- The Closing (4:03)
Spielzeit 50 Minuten und 5 Sekunden.
[Bearbeiten] Preise und Nominierungen
- 2001: Nominierung für den „Goldenen Bär“ in Berlin [43] für Michael Winterbottom. Der Preis ging an Intimacy von Patrice Chereau.
- 2001: Zwei Nominierungen bei den „British Independent Film Awards“ für Beste Regie und Bestes Screenplay.
- 2001: Nominierung für Michael Winterbottom beim „Valladolid International Film Festival“, Gewinn der Auszeichnung für die beste Kameraführung (Alwin Küchler).
- 2002: Drei Nominierungen bei dem „Genie Award“.
[Bearbeiten] Quellen
Teilweise übersetzt durch Wikipedia.
- ↑ a b Cover der DVD von Concorde Home Entertainment GmbH, München 2002, EAN 4-010324-020840, im folgenden DVD. Laufzeit nach Lexikon des internationalen Films: 121 Minuten.
- ↑ a b c epd film 11/2001, im folgenden epd. epd, S. 32 f.: Rainer Gansera: Das Reich und die Herrlichkeit - Michael Winterbottoms visionäre Thomas-Hardy-Verfilmung.
- ↑ a b Von Frank Cottrell Boyce, nach mündlicher Überlieferung irischer Folklore, beschäftigt sich mit Tod und Verlust, aber auch konkreter: Einwanderung. Online-Ressource, abgerufen am 22. Dezember 2006.
- ↑ Online-Ressource, abgerufen am 23. Dezember 2006. Nach der Ansicht von Nastassja Kinski, die die Rolle interpretierte, nachzulesen auf der Webseite des Films.
- ↑ The Mayor of Casterbridge in der engl. Wikipedia.
- ↑ a b epd, S. 32.
- ↑ a b c Nach Internet Movie Database, Online-Ressource, abgerufen am 20. Dezember 2006.
- ↑ Online-Ressource, Philip French vom 4. Februar 2001 in The Observer, abgerufen am 22. Dezember 2006.
- ↑ Cinema 11/01, S. 64.
- ↑ Cinema 11/01, S. 62 ff.: Roland Huschke: Im Western was Neues über die Dreharbeiten.
- ↑ a b Online-Ressource, abgerufen am 20. Dezember 2006.
- ↑ Michael Winterbottom, engl. Wikipedia, Online-Ressource, abgerufen am 20. Dezember 2006.
- ↑ Box Office Mojo, Online-Ressource.
- ↑ Online-Ressource, abgerufen am 12. Januar 2007.
- ↑ a b Online-Ressource, abgerufen am 20. Dezember 2006.
- ↑ epd, S. 33.
- ↑ Cinema 11/01, S. 66.
- ↑ a b c New York Times, Stephen Holden: Im Stil von Thomas Hardy, eine Erzählung vom goldhungrigen Wilden Westen, 20. April 2001.
- ↑ a b Online-Ressource, abgerufen am 20. Dezember 2006.
- ↑ Online-Ressource, Peter Bradshaw vom 2. Februar 2001 in The Guardian, abgerufen am 22. Dezember 2006.
- ↑ Online-Ressource, abgerufen am 20. Dezember 2006.
- ↑ Variety, 4. Dezember 2000, Online-Ressource, abgerufen am 20. Dezember 2006.
- ↑ a b film-dienst 23/01, S. 28 f.: Rolf-Ruediger Hamacher: Das Reich und die Herrlichkeit - The Claim.
- ↑ a b Walter Jens (Hrsg.): Kindlers neues Literaturlexikon. Studienausg., Lizenausg., durchgesehene Originalausg., Komet, München 19XX, ISBN 3-89836-214-0, Band 7, S. 298, zu The Mayor of Casterbridge (Horst Strittmatter).
- ↑ Dirk Christian Loew: Die Kavallerie-Western John Fords. Inaugural-Dissertation (Philosophie), Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main 2003. Dokument, S. 66.
- ↑ a. a. O., S. 71.
- ↑ Produktionsnotizen, Bonusmaterial der DVD.
- ↑ Willi Paul Adams (Hrsg.): Fischer Weltgeschichte Band 30 - Die Vereinigten Staaten von Amerika. ND als Weltbild Weltgeschichte, Weltbild, Augsburg 1998, ISBN 3-89350-989-5, im folgenden WW. WW, S. 170.
- ↑ WW S. 173.
- ↑ Siehe: Das war Roy Bean (John Huston, 1972).
- ↑ S. Shufelt: A letter from a gold miner, Placerville, California, October, 1850, with an introduction by Robert Glass Cleland. Übersetzt durch Wikipedia. Friends of the Huntington library, San Marino 1944, Online-Ressource.
- ↑ WW S. 133. Siehe auch: California and the railroads, engl. Wikipedia.
- ↑ WW S. 149.
- ↑ WW S. 182.
- ↑ Engl. Wikipedia, Online-Ressource, abgerufen am 14. Januar 2007.
- ↑ Online-Ressource, abgerufen am 24. Dezember 2006.
- ↑ a b Sigmund Freud: Das Unbehagen in der Kultur, 1930.
- ↑ Inge Kirsner: Von der Verabschiedung Gottes zum Verlust des Subjekts in Magazin für Theologie und Ästhetik 15/2002. Online-Ressource, abgerufen am 31. Januar 2007.
- ↑ Sarah McEwan: “The Inward and Outward Eye”: Shame and Guilt in the Work of Thomas Hardy. Inaugural-Dissertation (Philosophie), Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf 2003. Dokument. Übersetzungen von Wikipedia.
- ↑ Michael Winterbottom im Interview: „[…] pact with the devil […]“, Online-Ressource, abgerufen am 12. Januar 2007.
- ↑ Gerd Wenninger (Red.): Lexikon der Psychologie. Spektrum Akad. Verl., Heidelberg; Berlin 2002, Stichwort „Suizid“, ISBN 3-8274-0466-5.
- ↑ Nachspann.
- ↑ Internationale Filmfestspiele Berlin, Online-Ressource, PDF, etwa 74 KiB, abgerufen am 20. Dezember 2006.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Thomas Hardy: Der Bürgermeister von Casterbridge: Leben und Tod eines Mannes von Charakter. Aus dem Engl. von Eva-Maria König, 1. Auflage, Lizenz von Reclam, Insel-Verl., Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-458-34442-X.
- Frank Cottrell Boyce: The Claim. ScreenPress Books, UK, Dublin 2001, ISBN 1-901-68056-8.
- T. R. Wright (Hrsg.): Thomas Hardy on Screen. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-84081-3.
[Bearbeiten] Weblinks
- Das Reich und die Herrlichkeit in der Internet Movie Database
- Kritiken zu Das Reich und die Herrlichkeit auf Rotten Tomatoes (englisch)
- Gesammelte Zeitungskritiken zu Das Reich und die Herrlichkeit auf Metacritic.com (englisch)
- www.theclaimmovie.com, Offizielle Webseite des Films (englisch)
- Besprechung von Rüdiger Suchsland bei „Schnitt - Das Filmmagazin“
- Besprechung von Michael Wegscheider bei www.artechock.de