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Geschichte Afghanistans

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Für die antike und mittelalterliche Geschichte der Gebiete, die heute zum modernen Afghanistan gehören, siehe auch den Hauptartikel: Geschichte Irans.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Von der Antike bis zur Neuzeit

In der Antike gehörte das Gebiet des heutigen Afghanistan zum Perserreich. Besonders hervorzuheben sind die Satrapien Baktrien und Gandhara. Im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. war in Baktrien ein Griechisch-Baktrisches Königreich, das von den Nachkommen der Truppen Alexanders des Großen regiert wurde. Danach wurde das Gebiet geteilt vom Kuschan-Reich im Osten und von den Parthern und Sassaniden im Westen regiert.

Nach dem Fall der Sassaniden und der Invasion der muslimischen Araber dominierten bis zum Mittelalter persische Lokaldynastien, die dem muslimischen Kalifat unterstanden. Der Islam setzte sich dennoch in dieser Region verhältnismäßig langsam durch. Erst gegen Ende des 10. Jahrhundert, das heißt nach der großen Völkerwanderung der Türken ins Iranische Hochland, sollen nach einer islamischen Chronik die meisten Einwohner im Raum Ghur (zw. Herat und Kabul) Moslems gewesen sein. Zu dieser Zeit (983) hielt sich aber beispielsweise in Ohind (d.h. in Gandhara) noch ein hinduistisches Königreich unter König Jaipal, so dass das angezweifelt werden kann. Doch war der Aufstieg des Islams, vor allem des sunnitischen Islams, nicht aufzuhalten. So verzeichnete man unter den Samaniden, Ghaznawiden und Ghuriden eine politische, wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit in der Region.

Diese blühende Stadtkultur wurde aber durch den Mongolenangriff im 13. Jahrhundert arg in Mitleidenschaft gezogen. In der Folge behaupteten die Kartiden kurzzeitig eine gewisse Eigenständigkeit der Region, bevor Timur Lenk das türkisch-persische Timuriden-Reich gründete, zeitweilig mit Herat als Hauptstadt.

Ab dem 16. Jahrhundert gehörten Herat und Ghur zum Reich der Safawiden, während Kabul dem Moghulreich unterstand. Kandahar gehörte abwechselnd Persien und Indien, bis sich im 18. Jahrhundert einige paschtunischen Stämme gegen die Perser und Moghulen erhoben.

[Bearbeiten] Die Paschtunen

Die Geschichte des modernen Afghanistan ist unzertrennlich mit der nationalen Geschichte der Paschtunen verbunden. Unzählige paschtunische Aufstände gegen die jeweiligen Herrscher (persische Safawiden und indische Moghulen) führten schließlich mit dem Aufstand des Stammes Ghilzai (1719) zum Sturz der Safawiden in Persien (1722). Dieser Sieg der Paschtunen hielt aber nicht lange an. Nur sieben Jahre später wurden sie von Nadir Schah besiegt und zurück nach Kandahar verdrängt. Durch die folgenden Eroberungen Nadir Schahs (1736-1747) erlangte das persische Reich vorübergehend wieder die Gewalt über die Region, die heute Afghanistan heißt. Nach dessen Ermordung übernahm der Stamm der Durranis, die mit Nadir Schah gegen die Ghilzai verbündet waren und unter seinem Befehl kämpften, selbständig die Macht. Ihr Führer, der Paschtune Ahmad Schah Durrani begründete im Jahr 1747 ein selbstständiges Königreich im Osten Persiens, im Gebiet Khorasan Wa Mawar al-Nahr. Damit gilt er allgemein als der Begründer Afghanistans. Sein Königreich diente als Vorgänger und Wegbereiter des modernen Staates Afghanistan. Abgesehen von zwei kleinen Ausnahmen haben die Paschtunen das Land seit seiner Gründung durchgehend beherrscht.

siehe auch: Geschichte der Paschtunen, Dynastie des Durrani-Stammes, Nadir Schah Afschar

[Bearbeiten] 19. und frühes 20. Jahrhundert

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der englische Begriff Afghanland (wörtl. Land der Paschtunen, bezogen auf die paschtunischen Könige des Landes), der im Anglo-Persischen Friedensvertrag 1801 zum ersten mal erwähnt wurde, als Afghanistan ins Persische übersetzt, löste in den folgenden Jahrzehnten den alten Namen Khorasan ab und wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zum offiziellen Namen des Königreiches.

Wegen inneren Stammesstreitigkeiten kam es im frühen 19. Jahrhundert zu Teilungen des Landes und bedeutenden Einmischungen von außen, vor allem durch die Engländer und Russen.

Im 19. Jahrhundert führte der Konflikt zwischen den Kolonialmächten Russland und Großbritannien (The Great Game) zum Eingreifen der Briten in einen Thronfolgerkrieg in Afghanistan, dem so genannten ersten Afghanisch-Britischen Krieg von 1838-1842. Der britische Versuch scheiterte, Afghanistan zu besetzten und Indien anzugliedern.

Der zweite Afghanisch-Britische Krieg 1878-1881 veränderte den Status Quo nicht.

Zentralasien am Ende des 19. Jahrhunderts
Zentralasien am Ende des 19. Jahrhunderts

Im Jahre 1898 erhält Afghanistan den Südteil des Khanates Buchara (Süd-Turkestan) zugesprochen und erhält so seine bis dato gültige Nordgrenze.

Während des Ersten Weltkriegs versuchten das Deutsche und das Osmanische Reich, Afghanistan auf Seiten der Mittelmächte in den Krieg zu ziehen (Niedermayer-Hentig-Expedition).

Der mit dem Frieden von Rawalpindi 1919 beendete dritte Afghanisch-Britische Krieg führte zum Vertrag von Kabul (1921) mit der Anerkennung der vollen Unabhängigkeit Afghanistans durch Großbritannien und Russland. Seit 1925 bestand ein konstitutionelles Königreich.

[Bearbeiten] Zeit des Kalten Kriegs (nach 1945)

Die ersten freien Wahlen fanden im September 1965 statt. Erstmals wird ein Ministerium, nämlich das Gesundheitsministerium, einer Frau (der Abgeordneten K. Noorzai) übertragen. Ab dem 17. Juli 1973 existierte eine Republik. Während der Zeit des Kalten Krieges wurde Afghanistan Opfer eines "Stellvertreterkrieges". Seit dem Staatsstreich 1973 (der König weilte außer Landes), rangen die traditionellen Stämme und Kommunisten um die Macht. Die Sowjetunion reagierte auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges und ließ am 25. Dezember 1979 in Afghanistan Truppen einmarschieren, um den von ihnen abhängigen Babrak Karmal als Präsident der Republik einzusetzen. Trotz waffentechnischer Überlegenheit und einer Stärke von etwa 100.000 Sowjet-Soldaten, gelang es der Sowjetunion nicht, das Land unter Kontrolle zu bringen. Die letzten sowjetischen Truppen verließen am 15. Februar 1989 das Land. Die afghanischen Widerstandskämpfer (Mujaheddin) gewannen letztendlich den Konflikt mit Hilfe der gleichen Guerilla-Taktik (Vermeidung offener Feldschlachten) wie in den afghanisch-britischen Kriegen; außerdem konnten sie auf die Unterstützung aus Pakistan, Saudi Arabien und den USA bauen. Speziell in orthodoxen islamischen Ländern wie Saudi Arabien wurden Söldner angeworben, die sich nach Kriegsende im zersplitterten Land festsetzten und schließlich das Talibansystem 1996 errichteten.

siehe auch: Afghanischer Bürgerkrieg und sowjetische Invasion

[Bearbeiten] Der islamische Staat Afghanistan

Nachdem sich die UdSSR im Februar 1989 aus Afghanistan komplett zurück gezogen hatte, dauerten die Kämpfe zwischen der von der UdSSR gestützen Regierung und den Mudjahedin weiter an. Mit Unterstützung der Sowjetunion konnte die Regierung von Mohammad Najibullah überleben. Jedoch brach die UdSSR 1991 zusammen. So konnte sich Najibullah nicht mehr halten und am 18. April 1992 eroberten die Truppen von Ahmed Schah Massoud und Abdul Rashid Dostum Kabul.

Um die Differenzen zwischen den Gruppen zu beheben, gründeten die Anführer der in Peshwar basierten Mudjahedin Gruppen eine Interims-Dschihad Versammlung Mitte April 1989. Das Ziel war es die Herrschaft in Kabul zu erringen. Der gemäßigte Anführer Prof. Sibghatullah Mojadeddi war Vorsitzender der Versammlung für zwei Monate. Danach präsentierten die 10 Mitglieder der Versammlung der Anführer Prof. Burhanuddin Rabbani als neuen Vorsitzenden. Er blieb dies für 4 Monate. Während dieser halbjährlichen Periode, wurde eine Loya Jirga einberufen welche eine Übergangsregierung einsetzen sollte und nach einem Jahr, dann Wahlen abgehalten werden sollten.

Aber im Mai 1992 bildete Rabanni eine Versammlung der Anführer der verschiedenen Gruppen, die die fragile Autorität der verschiedenen Gruppen aushöhlte. Am 28. Juni 1992 ergaben sich die Gruppen der Macht des Versammlung und Rabbani wurde zum Präsidenten gewählt. Jedoch brachen kurze Zeit später im August Kämpfe zwischen den dem Präsideten loyal stehenden Truppen und denen die gegen ihn waren. Hier sind vor allem die Hezb-i-Islamim die Truppen von Gulbuddin Hekmatyar zu sehen. Die Kämpfe flachten im Januar und Februar 1993 ab, nachdem Rabbani im Dezember 1992 seine Amtsdauer verlängert hatte. Der Islamabad Accord unterschrieben im März 1993, sah Hekmatyar als Premierminister des Landes vor. Jedoch hatte dieser Vertrag keine große Nachhaltigkeit. Ein folgendes Abkommen das Jalalabad Accord, sollte die Truppen entwaffnen, jedoch wurde es nie umgesetzt. Am 1. Januar 1994 wechselte Dostum die Seiten. Nachdem schon vorher es eine Kooperation zwischen Dostum und der Sayyaf's Ittehad-i-Islami gab. So brachen auch im Norden des Landes und in Kabul wieder neue Kämpfe aus und es wurden wieder viele Menschen zur Flucht getrieben. Dostum und Rabbani, beides Tadschiken, kontrollierten Weite Teile des Nordosten des Landes sowie die Hauptstadt Kabul. Während dessen kontrollierten lokale Kriegsherren weite Teile des übrigen Landes.

[Bearbeiten] Aufstieg und Machtergreifung der Taliban

Als Reaktion auf den nun tobenden Bürgerkrieg und die Anarchie im Land entstand die Bewegung der Taliban. Ein weiterer wichtiger Grund, der mit zum Aufstieg dieser von Patschtunen dominierten Gruppierung beitrug, war dass die Paschtunen sich nicht ausreichend repräsentiert sahen. Dadurch, dass die Paschtunen der Regierung einen Ethnozentrismus zu ihrem Nachteil vorwarfen, konnte so der Weg für die Taliban geebnet werden. Viele Taliban wurden in den Madrasas in Pakistan ausgebildet. Sie hatten oft auch einen ländlichen paschtunischen Hintergrund. Diese Gruppe deklarierte selbst, dass sie die Kriegsherren zurückdrängen wollten. Ferner sollte die Ordnung im Land wieder hergestellt werden und die Ausbreitung des Islams gefördert werden. Dabei bekamem die Taliban Unterstützung aus Pakistan. 1994 war die Gruppierung stark genug um die Stadt Kandahar von einem lokalen Kriegsherr zu erobern. Anschließend dehnten sie ihren Einfluss aus, so dass sie schon 1995 Herat einnehmen konnten.

Die Hauptstadt Kabul wurde am 27. September 1996 erobert. Zum selben Zeitpunkt riefen die Taliban das Islamische Emirat Afghanistan aus, welches jedoch nur von Pakistan, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten anerkannt wurde. Ende 1998 hatten die Taliban etwa 90 % des Landes erobert. Die Opposition war auf einen kleinen tadschikischen Streifen im Nordosten und im Panjshir Tal zusammengeschrumpft. Bemühungen der UNO zusammen mit im Ausland lebenden prominenten Afghanen, und anderen Staaten, die Interessen in Afghanistan hatten, eine friedliche Lösung mit den Taliban zu finden, scheiterten an deren Unnachgiebigkeit.

Die Taliban vertreten eine extreme Interpretation des Islam, basierend auf ländlichen Paschtunischen Traditionen. Diese Interpretation dehnten sie auf das gesamte Land aus. So kam es auch zu massiven Verletzungen der Menschenrechte. Frauen wurde die Arbeit außerhalb ihres Hauses verboten. Sie hatten keinen Zugang zur Bildung und sie durften nur in Begleitung einer verwandten männlichen Person das Haus verlassen. Auch waren sie gezwungen, eine Burka zu tragen. Die Taliban verübten schwere Gräueltaten gegenüber den Minderheiten im Land. Vor allem gingen die Taliban gegen die Hazara, eine schiitische Volksgruppe im Land, vor. Auch töteten sich Nicht-Kombatanten in vielen sehr gut dokumentierten Fällen. 2001 gingen die Taliban gegen die Zeugnisse der vorislamischen Vergangenheit Afghanistans vor. So schauten sie tatenlos zu, als von pakistanischen Bundesgenossen die zwei großen Buddha-Statuen von Bamiyan zerstört wurden. Auch kündigten sie an, alle vorislamischen Statuen in Afghanistan zu zerstören, inklusive des verbleibenden Bestandes des Museums von Kabul.

Zusätzlich zu dem andauernden Bürgerkrieg, litt das Land unter Armut, Dürre, einer zerstörten Infrastruktur und dem massiven Gebrauch von Landminen. Diese Bedingungen ließen drei bis vier Millionen Afghanen den Hungertod sterben. Im Jahr 1998 starben tausende von Menschen bei Erdbebeben.

[Bearbeiten] Nach dem 11. September 2001

Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 begannen die USA am 7. Oktober mit der Operation Enduring Freedom, das seit 1996 in Afghanistan herrschende Talibansystem zu stürzen und die dort nach US-Angaben operierende Terrororganisation Al-Qaida mit ihrem Anführer Osama Bin Laden durch massive Angriffe aus der Luft zu zerschlagen.

Während unter den NATO-Staaten Einigkeit darüber herrschte, dass der Militärschlag gerechtfertigt sei, kam es in islamischen Ländern, zum Beispiel im Nachbarland Pakistan, zu Demonstrationen gegen den Krieg.

Am 13. November 2001 fiel die Hauptstadt Kabul. Wenige Wochen nach den ersten Angriffen gelang es der Nordallianz, die bis dahin etwa 10 % des Landes kontrollierte, nahezu das gesamte Land einzunehmen.

Nach der ersten internationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn wurde Hamid Karsai 2002 als Übergangspräsident eingesetzt und eine internationale Schutztruppe ISAF unter Führung Großbritanniens, später der Türkei, Deutschlands und der Niederlande, aktuell der NATO unter Führung Kanadas aufgestellt.

Am 21. März 2004 wurde der afghanische Luftfahrtminister Mirwais Sadeq bei einem Attentat getötet. Sadeq ist der dritte afghanische Minister, der seit dem Sturz des radikalislamischen Taliban-Regimes Ende 2001 einem Attentat zum Opfer fiel. Bei anschließenden Gefechten zwischen Milizen des Gouverneurs Khans und Soldaten der afghanischen Armee wurden nach Angaben eines örtlichen Regierungsvertreters rund 100 Menschen getötet.

Am 31. März 2004 begann die dritte Afghanistan-Konferenz in Berlin. Ziel dieser Konferenz war die Konsolidierung und Fortsetzung finanzieller Unterstützung des Landes und die Bekämpfung des Drogenanbaus.

US-Soldaten des 141. Infanterieregiments in der Nähe von Bagram (Afghanistan) im Juni 2005
US-Soldaten des 141. Infanterieregiments in der Nähe von Bagram (Afghanistan) im Juni 2005

Ein Bericht der "New York Times" über Folter-Vorwürfe in Afghanistan veranlasste inzwischen auch das Oberkommando der in Afghanistan stationierten US-Truppen Untersuchungen zur Misshandlung von Gefangenen einzuleiten. Nach Angaben des Afghanistan-Sprechers der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" gab es erste Hinweise schon vor einem Jahr. Diese wurden umgehend an das US-Oberkommando weitergeleitet. Allerdings gab es keine Reaktion von seiten der US-Militärs.

Am 28. Juni 2004 beschloss die NATO, die Truppenstärke in Afghanistan von 6.500 Soldaten der ISAF auf insgesamt 10.000 Soldaten zu erhöhen. Durch die Einrichtung zusätzlicher Provincial Reconstruction Teams (PRTs) im Norden und Westen des Landes wurde damit der Einsatz über Kabul hinaus ausgedehnt. NATO-Truppenverbände aus Großbritannien, Norwegen, Finnland und Schweden beteiligen sich an dem Programm.

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