Zbigniew Brzeziński
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Zbigniew Kazimierz Brzeziński (* 28. März 1928 in Warschau) ist ein polnisch-amerikanischer Politikwissenschaftler und gilt neben Henry Kissinger und Samuel P. Huntington als graue Eminenz unter den US-amerikanischen Globalstrategen. Von 1977 bis 1981 war er Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter. Heute ist er Professor für Amerikanische Außenpolitik an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, Berater am „Zentrum für Strategische und Internationale Studien“ (CSIS) in Washington D.C. und Verfasser von politischen Sachbüchern. Daneben betätigt er sich als Berater für mehrere große amerikanische und internationale Unternehmen.
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[Bearbeiten] Leben
Brzeziński, in Warschau als Sohn eines Diplomaten geboren, verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Frankreich und Deutschland, bevor er mit seiner Familie nach Kanada zog. Er studierte an der McGill-Universität wo er 1949 einen B.A. (Bachelor of Arts) und 1950 eine M.A. (Master of Arts) erlangte. 1953 promovierte er im Fachgebiet Politikwissenschaften an der renommierten Harvard University, wo er anschließend auch lehrte. Im Jahr 1961 wechselte er an die Columbia University, wo er die Leitung des neu gegründeten "Instituts für Kommunistische Angelegenheiten" (Institute on Communist Affairs) übernahm.
Brzeziński nahm 1958 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an. In den Sechziger Jahren war er Berater für die Beamten der Kennedy- und Johnson-Regierungen. Während der letzten Jahre von Johnsons Amtszeit war er der außenpolitische Berater des Vizepräsidenten Hubert Humphrey.
1973 wurde Brzeziński der erste Direktor der sogenannten Trilateralen Kommission (Trilateral Commission), eine Gruppe prominenter politischer, akademischer und wirtschaftlicher Führungspersönlichkeiten aus USA, Westeuropa und Japan. Ziel dieser Gruppe war es, die Beziehungen zwischen diesen drei Regionen zu stärken. Der zukünftige amerikanische Präsident Jimmy Carter war ein Mitglied und als er 1974 seine Kandidatur um das Weiße Haus erklärte, wurde Brzeziński, der ein Kritiker der Nixon-Kissinger Außenpolitik war, sein Berater für außenpolitische Fragen. Nach seinem Sieg im Jahre 1976 machte Carter ihn dann zu seinem nationalen Sicherheitsberater.
Als Sicherheitsberater von Jimmy Carter (1977-1981), erwarb Brzeziński sich den Ruf eines „Hardliners“ bezüglich seiner Politik gegenüber der Sowjetunion. Er befürwortete die Unterstützung der fundamentalistischen Mudschahidin Pakistan und Afghanistan, unter anderem durch massive finanzielle Unterstützung der berüchtigten, vom pakistanischen Geheimdienst geleiteten Trainingslager durch die CIA und den britischen MI6 (siehe unten).
Brzeziński trieb die Entwicklung politischer Beziehungen zwischen den USA und der Volksrepublik China voran und befürwortete eine neue Übereinkunft zur Rüstungskontrolle mit Moskau. Weiterhin teilte er die Ansicht des Präsidenten, dass die Vereinigten Staaten anstelle von Alleingängen diplomatisch eine Politik der internationalen Kooperation betreiben sollten.
In seinem Buch Die einzige Weltmacht skizziert er eine globale unilaterale Dominanz der USA, die an eine Durchdringung amerikanischer Interessen im zentralasiatischen Raum gekoppelt ist.
Seit 2006 tritt Brzeziński als Kritiker der US-Politik gegenüber dem Atomprogramm des Iran und im Irak-Krieg hervor. Brzeziński ist der Meinung, dass die Strategie der USA gescheitert ist. [1] . Anfang 2007 warnte er davor, die USA würden einen Vorwand suchen, um gegen den Iran einen Krieg zu initiieren [2].
Brzeziński hat drei Kinder, Jan, Mark und Mika.
[Bearbeiten] Brzezińskis Politik während des Afghanistan-Konflikts
Brzezińskis Politik hatte das explizite Ziel die radikalen islamistischen aber antikommunistischen Kräfte Afghanistans, also gerade auch die extrem fundamentalistischen Mujaheddin, zu stärken, um die säkulare, kommunistisch ausgerichtete Regierung unter der „Demokratische Volkspartei Afghanistans, DVPA“ (jene Partei, die im April 1978 mittels eines Putsches die Macht übernommen und Afghanistan zu einer „demokratischen Republik“ erklärt hat) zu stürzen.
Die DVPA versuchte wichtige Reformen wie die Alphabetisierung der Bevölkerung, häufig gegen heftigen äußeren wie auch inneren Widerstand, zu erzwingen. Um den zunehmenden Widerstand zu brechen, verfolgte die Partei alle oppositionellen Kräfte und verlor durch ihre kompromisslose, die Religions- und Stammestraditionen missachtende Politik immer mehr den Rückhalt der Bevölkerung.
Seit dem 5. Dezember 1978 hatte die prosowjetische Regierung der DVPA einen „Freundschafts- und Beistandspakt“ mit der Sowjetunion, wonach die afghanische Regierung sowjetische Hilfe in Anspruch nehmen könne, wenn sie in Gefahr ist. Zwischen dem 17. März 1979 und dem 12. Dezember 1979 hatte die Regierung unter dem Staats- und Regierungschef Hafisullah Amin einundzwanzigmal um Militärhilfe der Sowjetunion gebeten, da sie sich immer mehr von den fundamentalistisch-islamistischen Kräften unter Druck gesetzt sah und ein Sturz der DVPA unausweichlich schien.
Gemäß der offiziellen amerikanischen Version der Geschichte begann die Unterstützung der Mudschaheddin durch den CIA erst im Laufe des Jahres 1980, also nach der Invasion der sowjetischen Armee in Afghanistan am 24. Dezember 1979. Laut einem Interview Brzezińskis mit der französischen Zeitschrift „Le Nouvel Observateur“ vom Januar 1998 setzte die amerikanische Unterstützung der fundamentalistischen Mujahedinschon dagegen am 3. Juli 1979 ein, also fast ein halbes Jahr vor der Invasion. Präsident Carter unterschrieb an diesem Tag die erste Direktive für eine geheime Unterstützung der Mudjahedin.
Brzeziński war sich vollkommen bewusst, dass diese Aktionen das Risiko für eine militärische Intervention der Sowjets erheblich erhöhen würde. Dennoch war er ein starker Befürworter dieser geheimen Operationen, denn hierdurch wäre die Sowjetunion in die „Afghanische Falle“ gelockt worden, d. h. in einen zermürbenden Krieg, ähnlich dem Vietnamkrieg der USA. Tatsächlich war die Sowjetunion für fast zehn Jahre im Afghanistan-Krieg engagiert, was nach Brzezińskis Auffassung das sowjetische Imperium so stark demoralisierte und wirtschaftlich schwächte, dass es letztlich auseinanderbrach.
[Bearbeiten] Leistungen als Politikwissenschaftler
Brzeziński entwickelte zusammen mit Carl Joachim Friedrich ein für die Politikwissenschaft noch heute wichtiges Totalitarismus-Modell.
[Bearbeiten] Ehrungen
1963 wählte ihn die US-Handelskammer zu einem von Amerikas zehn hervorragendsten Menschen (One of America’s Ten Outstanding Men). 1969 wurde er Ehrenmitglied der „American Academy of Arts and Sciences“. 1981 erhielt er die „Presidential Medal of Freedom“ für seine Rolle bei der Normalisierung des politischen Verhältnisses zwischen China und den USA und für seinen Beitrag zu den Menschenrechten und zur nationalen Sicherheitspolitik der Vereinigten Staaten. Für seine Beiträge zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens erhielt er 1995 den „Orden vom Weißen Adler“, Polens höchste zivile Auszeichnung.
Akademische Ehrendoktorwürden empfing er von den Hochschulen Georgetown University, Williams College, Fordham University, College of Holy Cross, Alliance College, the Catholic University of Dublin und der Universität Warschau.
Weitere Auszeichnungen sind die „Centennial Medal of the Graduate School of Arts and Sciences“ der Harvard University, der „Hubert Humphry Award for Public Service“ der American Political Science Association und der „U Thant Award“. Darüber hinaus ist Brzeziński Ehrenmitglied diverser Stiftungen, darunter der Guggenheim-Stiftung und der Ford-Stiftung.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ »Manche wollen Krieg in Iran«, Die Zeit, 11.01.2007
- ↑ Barry Grey:Zbigniew Brzezinski lässt politische Bombe platzen, World Socialist Web Site, 03. Februar 2007
[Bearbeiten] Literatur
- Brzeziński, Zbigniew, Power and Principle: Memoirs of the National Security Adviser, 1977-1981, Giroux (March 1983), ISBN 0374236631
- Brzeziński, Zbigniew, Grand Failure: The Birth and Death of Communism in the Twentieth Century, Collier Books (March 1990), ISBN 0020307306
- Brzeziński, Zbigniew, The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives, Basic Books (October 1998), ISBN 0465027261 (Deutsch: "Die einzige Weltmacht - Amerikas Strategie der Vorherrschaft, ISBN 3-596-14358-6)
- Brzeziński, Zbigniew, The Choice: Global Domination or Global Leadership, Basic Books (March 2004), ISBN 0465008003
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Zbigniew Brzeziński im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zbigniew Brzezinski: „Russians Don't Like Weak People“ (englisch)
- Leseprobe: Zbigniew Brzezinski, Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft (1997)
- Ernst Woit, Geostrategische und ideologische Aspekte der EU-Integration Europas
- Interview mit Zbigniew Brzezinski: „Ein nuklearer Iran wäre nicht gefährlicher als Israel“
Personendaten | |
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NAME | Brzezinski, Zbigniew |
KURZBESCHREIBUNG | polnisch-US-amerikanischer Politikwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 28. März 1928 |
GEBURTSORT | Warschau |