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Flugzeugentführung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Eine Flugzeugentführung ist die Übernahme der Bordgewalt eines Flugzeugs durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt durch einen oder mehrere Täter.

Anders als bei Überfällen auf Landfahrzeuge wird in das Flugzeug normalerweise nicht eingedrungen, um die Ladung zu rauben. Eher werden die meisten Flugzeugentführungen begangen, um die Passagiere als Geiseln zu nehmen oder um an einen bestimmten Ort zu gelangen. Für die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA wurden entführte Flugzeuge zu Selbstmordwaffen umfunktioniert; seitdem wird Flugzeugentführung nicht nur als Verbrechen, sondern auch als Bedrohung der Sicherheit eines Staates angesehen.

Eine Aufgabe der Luftsicherheit ist es, solche Entführungen zu verhindern (Gefahrenprävention). Dies geschieht u.a. durch: Zuverlässigkeitsüberprüfung der Flughafenbediensteten und des Flugpersonals, Kontrolle der Fluggäste und ihres Gepäcks sowie der Fracht, Eigensicherungsmaßnahmen der Flughäfen (Flughafensicherheit) und der Luftfahrtunternehmen sowie durch weitere staatliche Kontrollmaßnahmen. Im Zusammenhang mit Flugzeugentführungen wird herkömmlich nur dann von Luftsicherheit gesprochen, solange es um die Abwehr dieser Taten durch die genannten Maßnahmen geht; bei erfolgter Flugzeugentführung greifen hingegen die allgemeinen Polizeigesetze.

Erfolgt eine Flugzeugentführung, kann der Pilot dies dem Boden mit Hilfe des Transponder-Codes 7500 anzeigen. Flugzeugentführungen mit Geiselnahmen folgen üblicherweise einem Muster aus Verhandlungen zwischen den Luftpiraten und den Behörden, auf die dann entweder eine Art Einigung - nicht immer den ursprünglichen Forderungen der Entführer entsprechend - oder die Erstürmung des Flugzeuges durch bewaffnete Polizei- oder Spezialeinheiten folgt, um die Geiseln zu retten.

Die älteste überlieferte Entführung fand am 21. Februar 1931 in Arequipa (Peru) statt. Byron Rickards, der eine Ford-Tri-Motor flog, wurde am Boden von bewaffneten Revolutionären bedrängt. Er lehnte ab, sie überall hin zu fliegen und erhielt nach einer zehntägigen Pattsituation mitgeteilt, dass die Revolution erfolgreich war und dass er gehen dürfe, wenn er einen von ihnen nach Lima flöge. Die meisten Entführungen sind jedoch weniger harmlos gewesen. Die wahrscheinlich erste Entführung eines kommerziellen Linienfluges trug sich am 16. Juli 1948 zu, bei dem der vergebliche Versuch, die Kontrolle über ein Cathay Pacific-Wasserflugzeug zu erlangen, dazu führte, dass es in das Meer von Macao stürzte.

Seit 1947 sind 60 % der Entführungen Ausreiseversuche von Flüchtlingen gewesen. 1968-69 gab es einen massiven Anstieg in der Zahl der Entführungen. 1968 gab es 27 Entführungen, bzw. versuchte Entführungen nach Kuba. 1969 wurden weltweit 82 Entführungsversuche notiert, mehr als das doppelte der gesamten Periode 1947-67. Die meisten waren solche, bei denen Palästinenser Flugzeugentführung als politisches Druckmittel einsetzten, um ihr Anliegen publik zu machen und um die israelische Regierung zu zwingen, palästinensische Gefangene aus dem Gefängnis freizulassen.

Nach dem Spitzenwert von 385 Vorfällen in der Zeit von 1967-76 ist die Zahl der Flugzeugentführungen wieder gesunken. Von 1977-86 hatte sich die Zahl auf 300 Vorfälle reduziert, im Zeitraum 1987-96 waren es 212.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Situation nach dem 11. September 2001

Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 hat sich die Situation im Zusammenhang mit Flugzeugentführungen grundlegend geändert: Bisher führten diese im allgemeinen zu Verhandlungen, die die Freilassung der Geiseln zumindest in Aussicht stellten. Die Entführten verhielten sich entsprechend ruhig und vermieden es, die Situation zu eskalieren, um auf diese Weise die Lage unversehrt zu überstehen. In diesem Rahmen ging auch für die Entführer keine Gefahr von den Geiseln aus.

Nach der gezielten Steuerung von Flugzeugen ins WTC hat sich die Situation im entführten Flugzeug entscheidend geändert: Geschieht die Entführung mit dem Ziel eines Selbst- und Massenmords, führt für die Passagiere gerade deren Untätigkeit zum sicheren Tod. So ist Audio-Mitschnitten aus der vierten entführten Maschine des 11. Septembers zu entnehmen, dass die Geiseln die Geiselnehmer zu überwältigen versuchten, nachdem sie über Mobiltelefone von den anderen Anschlägen erfahren hatten. Weil jeder Flugzeugentführer in Zukunft ähnliche Reaktionen befürchten muss, wird erwartet, dass Flugzeugentführungen zwar seltener auftreten, möglicherweise aber gewalttätiger ablaufen werden.

[Bearbeiten] Vorfälle (Beispiele)

  • 1958: Erste Kuba-US-Entführung
  • 1960: Erste US-Kuba-Entführung
  • 1968: Erste arabisch-israelische Entführung, bei der drei Mitglieder der Volksfront zur Befreiung Palestinas (PFLP) ein El-Al-Flugzeug nach Rom entführen. Nach Algier umgeleitet, dauern die Verhandlungen über 40 Tage. Sowohl die Entführer als auch die Geiseln kommen frei. Dies war die erste und einzige erfolgreiche Entführung eines El-Al-Fluges.
  • 1969: Erste Flugzeugentführung der PFLP-Aktivistin Leila Khaled. Der Flug TWA 840 wird nach Damaskus entführt. Die Maschine wird dort evakuiert und danach am Boden gesprengt. Das Bild vom abgerissenen Cockpit geht um die Welt. Syrien nimmt sechs der von den Entführern freigelassenen israelischen Passagieren als Geiseln und tauscht sie später gegen 13 Kriegsgefangene aus.
  • 1970: Bewaffnete Männer der PFLP versuchen während des Schwarzen Septembers, vier Flugzeuge zugleich zu entführen. Sie sind bei dreien erfolgreich und zwingen die Flugzeuge, in die Wüste von Jordanien zu fliegen, wo sie die Flugzeuge sprengen, nachdem die Maschinen zuvor evakuiert und die meisten Geiseln freigelassen wurden. Die letzten Geiseln werden befreit im Tausch gegen sieben palästinensische Gefangene. Der vierte Flug, El Al 219, wird wiederum von Leila Khaled versucht zu kapern. Einer ihrer Begleiter wird aber von einem an Bord befindlichen Sicherheitsmann erschossen und sie selber überwältigt. Nach der Landung in London wird sie festgenommen.
  • 1972: Ein Mann, der sich selbst Dan Cooper nennt, entführt eine Boeing 727 der Northwest Orient Airlines und erhält im Austausch für die 30 Passagiere 200.000 Dollar und vier Fallschirme. Er lässt die Maschine Richtung Mexico fliegen, springt aber während des Fluges mit Fallschirm und Lösegeld über die Heckklappe der 727 ab. Der Fall wurde nie aufgeklärt.
  • 1976: Die palästinensisch/deutsche Entführung eines Airliners der Air France wird am Flughafen Entebbe, Uganda durch die Operation Entebbe ein Ende bereitet: Israelische Kommandoeinheiten greifen das Gebäude an, das die Entführer und die Geiseln beherbergt; sie töten alle palästinensischen und deutschen Entführer und befreien die 105 zumeist israelischen Geiseln; drei Passagiere und ein Soldat werden getötet.
  • 1977: Eine palästinensische Entführung des Lufthansa-Airliners Landshut zwischen Palma de Mallorca und Frankfurt am Main wird in Mogadischu beendet, indem die deutsche GSG9 das Flugzeug stürmt. Drei Entführer werden getötet und 86 Geiseln befreit. Zuvor war der Pilot der Maschine von den Entführern ermordet worden. Die Rote Armee Fraktion war in die Entführung involviert. Siehe auch: Deutscher Herbst
  • 1978: Zwei arabische Guerillas erobern ein Flugzeug in Zypern. Ägyptische Kommandoeinheiten fliegen uneingeladen ein, um das Flugzeug zu holen. Zyprische Truppen wehren sich und 15 Ägypter sterben in einer 45-minütigen Schlacht.
  • 1981: Ein Jet der Pakistan International Airlines wird nach Kabul entführt, wo ein Passagier getötet wird, woraufhin das Flugzeug nach Damaskus weiterfliegt. Die Geiseln werden schließlich nach 13 Tagen freigelassen, als die pakistanische Regierung zustimmt, 50 politische Gefangene freizulassen.
  • 1982: Palästinenser nehmen eine EgyptAir-Maschine und fliegen sie nach Malta. 59 Menschen sterben, als ägyptische Kommandoeinheiten das Flugzeug stürmen.
  • 1983: Georgische Entführer versuchen eine Linienmaschine der Aeroflot in die Türkei zu entführen. Die Tiflisser Flugzeugentführung scheitert. Drei Entführer sterben, die übrigen sechs werden nach dem Sturm des Flugzeugs durch Spezialeinheiten zum Tode verurteilt.
  • 1984: Libanesische Schiiten mit Verbindung zur Terrororganisation Hizbollah überfallen einen Linienflug der Kuwait Airways nach Teheran. Das Flugzeug wird durch iranische Sicherheitskräfte übernommen.
  • 1985: Libanesische Schiiten entführen den TWA-Flug 847 mit 153 Passagieren an Bord und leiten ihn von Athen nach Beirut um. Die Pattsituation endet, nachdem Israel 31 libanesische Gefängnisinsassen freigibt.
  • 1986: 22 Menschen werden getötet, als pakistanische Sicherheitskräfte einen Flug der Pan Am mit 400 Passagieren und Mannschaft an Bord bei Karatschi nach 16-stündiger Belagerung stürmen.
  • 1990: Entführer ergreifen ein Flugzeug der Volksrepublik China, welches später beim Versuch, in Canton zu landen, abstürzt. Dabei kommen 128 Menschen ums Leben.
  • 1991: Tschetschenische Terroristen kapern ein russisches Flugzeug mit 178 Passagieren. Es wird nach Ankara entführt. Die Geiseln werden schließlich in Tschetscheniens Hauptstadt Grosny freigelassen.
  • 1993: Auf dem Flug von Tunis nach Amsterdam wird am 14.8. eine Boeing 737-400 der niederländischen KLM mit 139 Insassen nach Düsseldorf entführt. Am Tag darauf stürmt die GSG9 die Maschine und beendet die Entführung unblutig, indem sie den ägyptischen Entführer überwältigen.
  • 1994: Vier islamistische GIA-Terroristen übernehmen eine Air France Maschine in Algier. Sie wird nach Marseille geflogen, wo französische Kommandoeinheiten sie stürmen und die Entführer töten. 170 Passagiere überleben.
  • 1996: Der Ethiopian-Airlines-Flug 961 wird entführt und stürzt in den Indischen Ozean, nachdem die Entführer eine Bruchlandung erzwingen. Von den 175 Menschen an Bord überleben 50.
  • 1996: Ein Nigerianer versucht den Piloten einer russischen Tupolew 154 zu zwingen statt Nigeria Deutschland oder Südafrika anzufliegen. 4 Männer des EKO Cobra konnten die Flugzeugentführung unblutig in der Luft beenden.
  • 1999: Militante islamistische Kaschmir-Rebellen überfallen ein Flugzeug der Indian Airlines und leiten es nach Kandahar um. Nach einer einwöchigen Pattsituation ist Indien damit einverstanden, drei gefangene militante Kaschmir-Rebellen im Austausch gegen die Geiseln freizulassen.
  • 2001: Terroranschlag am 11. September, östliche USA: 19 arabisch-islamistische Terroristen entführen vier Flugzeuge. Drei der Flugzeuge werden von den Entführern gezielt in das Pentagon und das World Trade Center gesteuert. Dies sind die drei verheerendsten Flugzeugentführungen überhaupt; im vierten Fall ist die Absicht die selbe, jedoch trifft die Maschine kein Gebäude, da einige mutige Passagiere versuchen die Terroristen zu überwältigen und die Maschine auf freien Feld abstürzt. Keiner der Flugzeuginsassen überlebt.

Insgesamt sterben in Gebäuden und Flugzeugen ca. 3000 Menschen.

Siehe auch: Flughafensicherheit

[Bearbeiten] Luftpiraterie

Eine spezielle Form der Flugzeugentführung ist die Luftpiraterie. Hierbei handelt es sich um die widerrechtliche Inbesitznahme eines Luftfahrzeuges während des Fluges. Ein Renegade-Fall ist eine spezielle Form der Luftpiraterie (Terrorismus).

In Deutschland wurde 2006 vergeblich über den Gesetzesweg erwogen, das Flugzeug in solchen Fällen rechtzeitig abschießen zu können (vgl. Luftsicherheitsgesetz).

[Bearbeiten] Recht

Zur Bekämpfung der Luftpiraterie werden auf internationaler Ebene vor allem die drei Abkommen von Tokio, Den Haag und Montreal angewandt. Diese sollen u.a. dafür sorgen, dass jeder Luftpirat, unabhängig vom Begehungsort, zur Verantwortung gezogen wird. Staaten, die den Luftpiraten Asyl gewähren, müssen sie ebenfalls wegen Luftpiraterie verurteilen. In Deutschland wird Luftpiraterie nach § 316c StGB mit einer Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Unter den Tatbestand fallen auch der Schusswaffengebrauch und das Vorhaben, eine Explosion oder einen Brand herbeizuführen, um ein Luftfahrzeug oder seine Ladung zu zerstören. Daneben kommen als Straftatbestände Freiheitsberaubung und Geiselnahme in Betracht. Das österreichische StGB enthält in § 102 (erpresserische Entführung) und §185f. (Luftpiraterie, Luftverkehrsgefährdung) ähnliche Straftatbestände. Für das Schweizer StGB gilt das gleiche in Artikel 183 (Entführung), Artikel 185 (Geiselnahme) und Artikel 237 (Störung öffentlichen Verkehrs).

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