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Völkerrecht - Wikipedia

Völkerrecht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Gilt als einer der Ursprünge des neuzeitlichen Völkerrechts: Der Westfälische Friede
Gilt als einer der Ursprünge des neuzeitlichen Völkerrechts: Der Westfälische Friede

Der Begriff Völkerrecht bezeichnet die Rechtsordnung, die die Beziehungen zwischen den Völkerrechtssubjekten regelt. Das Völkerrecht wird auch als internationales Recht bezeichnet. Es ist vom supranationalen Recht abzugrenzen.

Von überragender Bedeutung für das Völkerrecht ist heute die Charta der Vereinten Nationen, weshalb sie von einigen Autoren auch als Verfassung der Völkerrechtsgemeinschaft bezeichnet wird. Sie hat, zumindest für die Mitglieder der Organisation der Vereinten Nationen, Vorrang über alle anderen Völkerrechtsnormen (Artikel 103).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Allgemeines

Der wesentliche Unterschied zwischen dem Völkerrecht und dem innerstaatlichen Recht besteht im Nicht-Vorhandensein eines zentralen Gesetzgebungsorgans. Das klassische Völkerrecht wird den Staaten nicht oktroyiert, sondern stellt eine Koordinationsordnung zwischen ihnen dar. Von ihm wurden nur die "zivilisierten", also die europäischen Staaten, als Völkerrechtssubjekte anerkannt, was den Kolonialismus als legal erscheinen ließ. In der heutigen Völkerrechtsordnung, die sich insbesondere in der Charta der Vereinten Nationen widerspiegelt, sind dagegen sämtliche Staaten gleichberechtigte Subjekte.

Allerdings gibt es immer mehr Entwicklungen hin zu einer auch zentralen Rechtsetzung im Völkerrecht. Vorhanden war diese Tendenz bereits zuvor, sie wird vom Sicherheitsrat aufgegriffen, der insbesondere nach dem 11. September 2001 dazu übergegangen ist, noch nicht von allen Mitgliedstaaten akzeptierte Verpflichtungen zur Terrorismusbekämpfung zu allgemein geltendem Recht mit Wirkung für und gegen alle Mitgliedstaaten zu erklären und sich dem zwingenden Recht, dem sogenannten ius cogens, zu nähern (vgl. Resolution 1373 und das Counter Terrorism Committee und Resolution 1540). Diese Entwicklung wird teilweise kritisch, teilweise gar skeptisch gesehen, weil es nicht der Konzeption des Sicherheitsrates als Exekutivorgan entspricht, der sich mit der Lösung einzelner Konflikte beschäftigen und nicht als "Weltgesetzgeber" auftreten soll.

Zu unterscheiden ist zwischen dem Friedens- und Kriegsvölkerrecht, wobei das Friedensvölkerrecht auch die Normen umfasst, die den rechtmäßigen Einsatz von militärischer Gewalt regeln (ius ad bellum), während als Kriegsvölkerrecht das im Krieg geltende Recht bezeichnet wird (ius in bello). Grundsätzlich kein Teil des Völkerrechts ist das internationale Privatrecht. Dieser Begriff bezeichnet vielmehr - ungeachtet eines oftmals völkerrechtlichen Hintergrunds - diejenigen staatlichen Normen, die das anzuwendende Recht bestimmen, wenn ein Sachverhalt mehrere staatliche Rechtsordnungen berührt.

[Bearbeiten] Völkerrechtssubjekte

Völkerrechtssubjekte sind in erster Linie Staaten (konstituierend für einen Staat sind nach der "Drei-Elemente-Lehre" Georg Jellineks die drei Merkmale „Staatsgebiet“, „Staatsvolk“ und „Staatsgewalt“), jedoch existieren heute auch andere Völkerrechtssubjekte wie zum Beispiel Internationale Organisationen, die von Staaten oder anderen Internationalen Organisationen gegründet werden können. Nichtstaatliche Organisationen (von Privatrechtssubjekten gegründet) haben grundsätzlich keine Völkerrechtssubjektivität. Zunehmend werden jedoch multinationalen Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Individuen bestimmte völkerrechtliche Rechte und Pflichten zugeordnet. Einige historisch begründete Sonderfälle bilden das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, der Heilige Stuhl und der Malteserorden.

[Bearbeiten] Quellen des Völkerrechts

Quellen des Völkerrechts sind bi- oder multilaterale völkerrechtliche Verträge, Völkergewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze (vgl. Art 38 I lit a,b,c IGH Statut):

  • Völkervertragsrecht entsteht durch Vertragsschluss und anschließende Ratifikation zwischen den beteiligten Völkerrechtssubjekten.
  • Das Völkergewohnheitsrecht setzt sich aus den Elementen der langandauernden Übung (etliche Jahre, in einigen sich schnell verändernden Rechtsgebieten evt. weniger - consuetudo) und der Überzeugung, dass diese Übung rechtens sei (opinio iuris), zusammen (Völkervertragsrecht hat trotz seiner Schriftlichkeit keinen Vorrang vor Völkergewohnheitsrecht!). Will ein Staat seine Bindung an im Entstehen begriffenes Völkergewohnheitsrecht verhindern, so muss er ihm ausdrücklich und, solange die anderen Staaten an ihrer Überzeugung festhalten, auch wiederholt widersprechen ("persistent objector").
  • Die allgemeinen Rechtsgrundsätze bestehen aus allen innerstaatlichen Rechtsordnungen gemeinsamen Prinzipien, Grundsätzen, die jedweder Rechtsordnung immanent sind, zum Beispiel pacta sunt servanda (Verträge müssen eingehalten werden), lex specialis derogat legi generali (das speziellere Gesetz geht den allgemeineren Gesetzen vor) oder lex posterior derogat legi priori (ein späteres Gesetz geht einem vorherigen vor), Prinzipien, die auf dem speziellen Charakter des Völkerrechts beruhen, und Grundsätzen der Rechtslogik.

Neben diesen klassischen Völkerrechtsquellen haben sich jedoch auch einseitige Rechtsakte als Völkerrechtsquelle entwickelt, auch wenn sie nicht in der Aufzählung von Art. 38 I IGH Statut erscheinen. Solche einseitigen Rechtsakte können sowohl von Staaten stammen, als auch von Internationalen Organisationen. Ihre rechtliche Verbindlichkeit ist jedoch variabel. Umstritten ist der Rechtscharakter von sogenanntem Soft Law.

Gemäß Art. 38 I lit d IGH Statut hat der Internationale Gerichtshof Entscheidungen internationaler Gerichte und die Völkerrechtslehre als Hilfsquellen zur Interpretation der oben genannten Quellen heranzuziehen.

[Bearbeiten] Verhältnis des Völkerrechts zum nationalen Recht

Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und nationalem Recht lässt sich nur aus der Sicht der jeweiligen staatlichen Rechtsordnung beantworten. Monismus (Völkerrecht und nationales Recht bilden eine einheitliche Ordnung) und Dualismus (Völkerrecht und nationales Recht sind völlig getrennte Rechtsordnungen) stellen zwei theoretische Extreme dar, die in der Praxis nirgends in Reinform anzutreffen sind. Das untenstehende Schaubild gibt einen Überblick über die verschiedenen Ansätze.

Die Frage, ob eine völkerrechtliche Norm vom innerstaatlichen Rechtsanwender zu beachten ist, entscheidet sich allein danach, ob das jeweilige innerstaatliche Recht einen Umsetzungsakt verlangt oder nicht. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass die innerstaatliche Anwendung von Völkerrecht eigentlich in allen Rechtsordnungen eine bestimmt genug formulierte Norm voraussetzt, die nicht nur an Staaten adressiert ist. Solche Normen werden als self-executing bezeichnet (nach richtiger Auffassung ist dieser Begriff aber dem jeweiligen nationalen Recht, nicht dem Völkerrecht zuzuordnen). In Deutschland sind gem. Artikel 25 S. 1 Grundgesetz Völkergewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsprinzipien unmittelbar anwendbar. Völkervertragsrecht bedarf der Transformation, die i.d.R. mit der innerstaatlichen Ratifikation (Vertragsgesetz nach Art. 59 (2) GG) zusammenfällt.

Theorien zum Verhältnis von Völkerrecht zu nationalem Recht, zum innerstaatlichen Vollzug, Anwendbarkeit und innerstaatlicher Rang
Theorien zum Verhältnis von Völkerrecht zu nationalem Recht, zum innerstaatlichen Vollzug, Anwendbarkeit und innerstaatlicher Rang

[Bearbeiten] Geschichte des Völkerrechts

Die Grundlagen für das Völkerrecht legte Hugo Grotius mit seinem 1625 erschienenen Werk De jure belli ac pacis („Über das Recht des Krieges und des Friedens"). Einer der entscheidenden Aspekte des modernen Völkerrechts, das Gewaltverbot, erschien lange Zeit so fernliegend und illusorisch, dass es erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zum ersten Mal im Briand-Kellogg-Pakt (Kriegsächtungspakt) zwischen den beteiligten Staaten vereinbart wurde. Zuvor beschränkte sich das Völkerrecht, was den Krieg angeht, darauf, zu versuchen, Grausamkeiten einzudämmen und die Zivilbevölkerung zu schützen. Mit dem Völkerbund (gegründet 1919) und seiner Nachfolgeorganisation, den Vereinten Nationen (seit 1945), wurde erstmals eine gemeinsame internationale Ebene geschaffen, die auf die Sicherung eines für alle Staaten verbindlichen Völkerrechts abzielt.

Als Meilensteine des (positiven) Völkerrechts, sind zu nennen:

[Bearbeiten] Theorie des Völkerrechts

Die Theorie des Völkerrechts betrifft zum einen die Frage der Normativität von Völkerrecht (mithin die Ebene der Rechtstheorie), zum andern die Frage einer Gesamtbeschreibung des Völkerrechts, die einmal auf der höchsten dogmatischen Abstraktionsstufe (deskriptiv), ein andermal auf der Ebene der Rechtsphilosophie (normativ) erfolgen kann.

[Bearbeiten] Normativität des Völkerrechts

Die Normativität des Völkerrechts wurde von der Naturrechtslehre aus dem göttlichen Willen abgeleitet. Voluntaristische Theorien führen sie auf den Willen der Vökerrechtssubjekte zurück, die den jeweiligen Rechtsnormen zugestimmt haben. Teilweise wird dabei auf die Selbstbindung der Staaten (Hegel, Erich Kaufmann), teilweise auf den Konsens unter den Staaten abgestellt (Triepel, Rechtspositivismus). Hans Kelsen führte ihn auf die Grundnorm zurück, die aber von anderen Autoren als reine Fiktion kritisiert wurde. Soziologische Ansätze stellen auf die soziale Natur des Menschen und die natürliche Solidarität unter den Völkern ab (Georges Scelle).

Der Rechtscharakter des Völkerrechts wurde und wird von zahlreichen Autoren bestritten. Hans Kelsen und H.L.A. Hart erkannten ihm wegen der mangelhaften Institutionalisierung und fehlender Durchsetzungsmechanismen nur den Charakter von in Entstehung befindlichem Recht zu. Heute sind vor allem US-amerikanische Autoren unter den Zweiflern. Während die New Haven School eine begrenzte Normativität des Völkerrechts anerkennt, wird diese von manchen Vertretern einer ökonomischen Analyse des Rechts wie Jack Goldsmith und Eric A. Posner sowie von Teilen der Critical Legal Studies bestritten. Andere Vertreter der ökonomischen Analyse (Trachtman) gelangen mit ihren Modellen zu dem Ergebnis, dass das Völkerrecht in gewissen Situationen durchaus Einfluss auf das Staatenverhalten haben kann und somit normativ wirkt, wenn auch in Grenzen. In Kontinentaleuropa wird dagegen oftmals auf der Basis eines auf den Staatenkonsens gestützten Rechtspositivismus gearbeitet und die Frage der Normativität des Völkerrechts nicht weiter problematisiert.

[Bearbeiten] Theoretische Gesamtbeschreibung des Völkerrechts

Die aktuelle Diskussion um eine theoretische Gesamtbeschreibung der Völkerrechtsordnung wird in Europa von zwei Begriffen beherrscht, dem der "internationalen Gemeinschaft" und dem der "Konstitutionalisierung". Die Diskussion findet auf verschiedenen Ebenen statt und betrifft einerseits deskriptive (retrospektive/dogmatische), andererseits normative (prospektive/philosophische) Aussagen über das Völkerrecht, was gelegentlich zu Missverständnissen führt.

  • Die Diskussion um die "internationale Gemeinschaft" gewann durch die Verwendung dieses Begriffs in den Artikeln zur Staatenverantwortlichkeit der UN-Völkerrechtskommission von 2001 an Aktualität (Art. 33(1) u.a.). Die Existenz einer "internationalen Gemeinschaft" wird meist an gewissen aus der Rechtsordnung ableitbaren Gemeinschaftswerten festgemacht (Menschenrechte, Umweltschutz). Dogmatisch hat die Existenz von solchen Gemeinschaftswerten Konsequenzen u.a. für die Begründung von Normenhierarchien (z.B. ius cogens) oder für das Entstehen von Pflichten für Staaten gegen deren Willen. Dies wäre nach dem klassischen, auf zwischenstaatliche Koordination oder Kooperation ausgerichteten Völkerrecht undenkbar.
  • Parallel dazu wird von einer Konstitutionalisierung des Völkerrechts gesprochen. Diese Diskussion stützt sich - bei allen Unterschieden im Detail - auf zwei Beobachtungen: Einerseits stellten staatliche Verfassungsdokumente aufgrund des stetig sich verdichtenden Netzes internationaler Rechtsbeziehungen, in das Staaten eingebunden sind, heute nur noch eine unvollständige Rechtsgrundlage für das Regieren in einem Staat dar. Die Verfassung eines Staats könne daher nur unter Einbeziehung der Völkerrechtsordnung begriffen werden. Andererseits erlaubten es verschiedene Entwicklungen im Völkerrecht, dort Elemente einer Verfassung auszumachen (z.B. Normenhierarchie, Frage des Verfassungscharakters der UN-Charta). Dogmatische Auswirkungen hat die Konstitutionalisierungsdebatte etwa auf die Frage, wieweit die domaine reservé eines Staats reicht, oder ob Normenkollisionen nach Wertungspräferenzen gelöst werden dürfen. - Hierin zeigt sich eine gewisse Überschneidung der Diskussionen um "internationale Gemeinschaft" und "Konstitutionalisierung".

Neben diesen beiden v.a. in Kontinentaleuropa geführten Diskussionen darf nicht über eine verbreitete und massive Skepsis unter Staatenvertretern und Völkerrechtlern hinweggesehen werden. Viele von ihnen sehen in den Staaten nach wie vor die zentralen Völkerrechtssubjekte. Sie verweisen dabei nicht nur auf die institutionelle Schwäche der "internationalen Gemeinschaft", sondern auch auf die Gefahr der Willkür, die die Einführung von wertenden Elementen ins Völkerrecht birgt.

Eine weitere Debatte beschäftigt sich mit der Frage, ob das Völkerrecht nicht auf eine zunehmende Fragmentierung zusteuert. Diese Debatte geht von zwei Beobachtungen aus: Erstens kommt es zwischen verschiedenen völkerrechtlichen Regimen immer häufiger zu Normenkollisionen (z.B. zwischen Welthandelsrecht und Umweltvölkerrecht oder zwischen Investititonsschutzrecht und den Menschenrechten). Zweitens kommt es zwischen den immer zahlreicher werdenden internationalen Gerichtshöfen und Schiedshöfen zu Überschneidungen in der Zuständigkeit, was zu Kompetenzkonflikten (z.B. zwischen dem Internationalen Seegerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof im "MOX Plant Case") oder unterschiedlichen Entscheidungen in derselben Frage (z.B. zwischen Internationalem Gerichtshof und Jugoslawientribunal in der Frage der Zurechnung des Handelns von nichtstaatlichen Akteuren - Nicaragua-Fall vs. Tadič-Entscheidung) führt. Die Fragmentierungs-Diskussion kann in gewisser Weise als Kritik an der im Rahmen der Konstitutionalisierungsdebatte von manchen Autoren vertretenen These von der Einheit der Völkerrechtsordnung verstanden werden. Im Jahr 2006 verabschiedete die Völkerrechtskommission einen Bericht über den Umgang mit Normenkollisionen.

[Bearbeiten] Aktuelle Entwicklungen

Heute heftig umstrittene und für die zukünftige Entwicklung des Völkerrechts entscheidende Gebiete sind: das ius cogens, die humanitäre Intervention als Ausnahme vom Gewaltverbot und (aus aktuellem Anlass) die präventive Selbstverteidigung. Welche Normen zum ius cogens gehören, ist im einzelnen umstritten, jedoch zählen in jedem Fall der Kern des Gewaltverbots und elementare Menschenrechte zum zwingenden Bestand des Völkerrechts. Weitere von der Völkerrechtskommission (ILC) als denkbar genannte Beispiele umfassen Handlungen wie Sklavenhandel, Piraterie und Völkermord, die Verletzung der Gleichheit der Staaten sowie des Selbstbestimmungsrechts der Völker.

[Bearbeiten] Humanitäre Interventionen

Bei der humanitären Intervention sind nicht nur die meisten Stellungnahmen sehr politisch gefärbt, vor allem herrscht oft Begriffsverwirrung. Zunächst wird zwischen Interventionen zur Rettung eigener Staatsangehöriger und der zur Rettung anderer Menschen unterschieden. Die Intervention zur Rettung eigener Staatsangehöriger auf fremdem Gebiet wird zum Teil als völlig unzulässig angesehen und von anderen Autoren mit der Völkerrechtsverletzung (Schutzpflichten) des Staates, in dem die Ausländer festgehalten werden, oder aber mit dem Hinweis gerechtfertigt, dass die Intervention gar nicht auf eine fremde Staatsgewalt, sondern auf eine kriminelle Gruppierung abziele. Bei den humanitären Interventionen zur Rettung anderer Menschen muss wiederum zwischen den vom Sicherheitsrat autorisierten und den unilateral beschlossenen unterschieden werden.

Die Charta der UN gibt dem Sicherheitsrat die Möglichkeit, gegen ein als „Bedrohung des Weltfriedens“ qualifiziertes Verhalten eines Staates zuletzt auch militärische Sanktionen zu verhängen. Hierzu sind gewohnheitsrechtlich keine direkt dem Sicherheitsrat unterstellten Truppen erforderlich, vielmehr werden Staaten zur Gewaltanwendung ermächtigt. Es ist umstritten, ab wann innerstaatliche Vorgänge den Weltfrieden gefährden, jedoch sieht der Sicherheitsrat diesen regelmäßig als bedroht an, wenn Völkermord oder so genannte „ethnische Säuberungen“ Fluchtbewegungen auslösen, die auf die Nachbarstaaten übergreifen. Selbst wenn sich der innerstaatlich vorangetriebene Völkermord nicht auf die Nachbarstaaten auswirkt (z.B. keine Flüchtlingsströme), kann eine Bedrohung des Weltfriedens gegeben sein. Denn nach mittlerweile herrschender Auffassung wirkt das Verbot des Völkermordes "erga omnes", begründet also eine Verpflichtung gegenüber allen Staaten der internationalen Gemeinschaft. Zudem ist das Verbot des Völkermordes "ius cogens" und damit eine zwingende völkerrechtliche Norm. Völkermord betrifft damit immer die gesamte Staatengemeinschaft. Gleiches gilt wohl auch für gravierende und systematische Verstöße gegen elementare Menschenrechte.

Insbesondere durch das Vetorecht der ständigen Mitglieder oder politisch prekäre Konstellationen ist der Sicherheitsrat jedoch oftmals beschlussunfähig. Hier tut sich die eigentliche Fragestellung auf: Dürfen die Staaten bei Handlungsunfähigkeit des Sicherheitsrats als ultima ratio auch unilateral Gewalt anwenden? Eine Ansicht verneint dies kategorisch mit Hinweis auf das Gewaltverbot und die Missbrauchsgefahr. Die Gegenmeinung rechtfertigt auch eine unilaterale humanitäre Intervention im Falle eines sich gerade ereignenden Genozids, zum einen mit der naturrechtlichen Begründung, dass keine Rechtsordnung dazu verurteilen dürfe, einem Völkermord zuzusehen; zum anderen mit einer teleologischen Einschränkung des Gewaltverbots der UN-Charta; oder auch einfach mit neuem, die Charta überlagerndem Gewohnheitsrecht und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, das diesen partiell den Charakter von Völkerrechtssubjekten verleiht, womit diese damit andere um Hilfe bitten können.

[Bearbeiten] Präventive Selbstverteidigung

Das Recht zur präventiven Selbstverteidigung existiert nach einer zuweilen vertretenen Meinung schlicht nicht und nach der überwiegenden Meinung nur, wenn ein Angriff beweisbar unmittelbar bevorsteht und ein weiteres Abwarten die Effektivität der Verteidigung untergraben würde.

Nach derzeit geltendem Recht besteht nach herrschender Meinung kein Recht auf eine der nur vermuteten Bedrohung um Jahre vorgreifende Verteidigung, jedoch besteht die Möglichkeit der Bildung neuen Gewohnheitsrechts. Umstritten ist jedoch, ob Gewohnheitsrecht bereits durch eine einmalige Anwendung neuer Kriterien entstehen kann.

[Bearbeiten] Internationale Institutionen

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Deutsch

  • Hobe, Stephan/ Kimminich, Otto: Einführung in das Völkerrecht, Tübingen 2004, 8. Aufl.
  • Ipsen, Knut: Völkerrecht, München 2004, 5. Aufl.
  • Grewe, Wilhelm G.: Epochen der Völkerrechtsgeschichte, Baden-Baden 1988, 2. Aufl.
  • Matthias Herdegen: Völkerrecht, München 2006, 5. Aufl.
  • Neuhold, Hanspeter/ Hummer, Waldemar/ Schreuer, Christoph: Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Wien 2005, 4. Aufl.
  • Wolfgang Graf Vitzthum: Völkerrecht, Berlin et. al. 2004, 3.Aufl.
  • Delbrück, Jost ; Wolfrum, Rüdiger ; Dahm, Georg : Völkerrecht , Berlin [u.a.] , de Gruyter , 1989
  • Hans Kelsen: Das Problem der Souveränität und die Theorie des Völkerrechts [zuerst 1920]. 2. Aufl. Tübingen 1928 (Nachdruck Aalen 1960)
  • Seidl-Hohenveldern, Ignatz: Recht der Internationalen Organisationen einschließlich der supranationalen Gemeinschaften, Köln 2000, 7. Aufl.
  • Verdross, Alfred; Simma, Bruno: Universelles Völkerrecht. Theorie und Praxis, Berlin, 1984
  • Karl Heinz Ziegler, Völkerrechtsgeschichte (München 1994)

[Bearbeiten] Französisch

  • Denis, Catherine : Le pouvoir normatif du Conseil de sécurité des Nations Unies , Bruxelles , Bruylant [u.a.] , 2004 , ISBN 2-8027-1943-2
  • Kolb, Robert : Les cours généraux de droit international public de l'Académie de La Haye , Bruxelles , Bruylant [u.a.] , 2003 , ISBN 2-8004-1327-1
  • Cohen Jonathan, Gérard : Droit international, droits de l'homme et juridictions internationales , Bruxelles , Nemesis [u.a.] , 2004 , ISBN 2-8027-1900-9
  • Nguyen Quoc Dinh, P. Daillier, A. Pellet: Droit International Public, L.G.D.J, 1999, CEDIN PARIS X, 6 Auflage.
  • Olson, Terry; Cassia, Paul: Le droit international, le droit européen, et la hiérarchie des normes, Droit et justice aux éditions, Presse universitaire française. ISBN 2-13-055494-6.

[Bearbeiten] Englisch

  • Brownlie, Ian: Principles of Public International Law, Oxford 2003, 6. Auflage.
  • Koskenniemi, Martti: The Gentle Civilizer of Nations, - The Rise and Fall of International Law 1870-1960, Cambridge 2001.
  • Malanczuk, Peter: Akehurst´s Modern Introduction to international Law, London 1997, 7. Auflage

[Bearbeiten] Weblinks

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