Doge von Venedig
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Der Doge (von lateinisch Dux = Führer, Anführer, Fürst) war das Staatsoberhaupt der Republik Venedig. Abgeleitet ist die Bezeichnung aus einem Begriff der römischen Verwaltung: Ab dem 4. Jahrhundert war bei den Römern dux die Bezeichnung für den obersten militärischen Befehlshaber einer Grenzprovinz.
Ursprünglich war der Doge ein lokaler Stellvertreter des Exarchen von Ravenna, der wiederum der Statthalter des Byzantinischen Reiches in Oberitalien war. Mit der Emanzipation Venedigs von Byzanz wurde der Doge zum Herrscher einer Stadtrepublik.
Der Doge vereinigte sowohl militärische als auch richterliche Funktionen, so dass das Amt im frühen Mittelalter eine fast uneingeschränkte Macht besaß. Dies wurde 1132/1148 geändert, als dem Dogen der Große Rat und später der Rat der Zehn zur Seite gestellt wurden. Letzterer war so etwas wie die oberste Kontrollinstanz. Von da an war das Amt des Dogen eher repräsentativ, der militärische Oberbefehl blieb ihm aber. Der letzte Doge, Ludovico Manin, dankte am 12. Mai 1797 ab, nachdem sich der Große Rat zuvor selbst aufgelöst hatte.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Wahlverfahren
Das Verfahren der Dogenwahl wurde im Laufe der Zeit immer komplizierter. Genügten 1172 bei der Wahl des 39. Dogen, Sebastiano Ziani, noch zwölf Wahlmänner, so brauchte man bei der Wahl seines Nachfolgers schon ein vierzigköpfiges Wahlkollegium. Die Sorge der Familien, es könnte einer unter ihnen die Herrschaft an sich reißen und nach dem Muster anderer italienischer Städte eine Familiendynastie durchsetzen, führte zu einem komplizierten Verfahren, mit dem man Wahlmanipulationen ausschließen wollte. Das Wahlsystem selbst war eine Mischung aus Zufallsentscheidung durch das Los und einer öffentlichen, freien und sorgfältig durchgearbeiteten Beratung und Beschlussfassung.
Wählbar waren Mitglieder des Großen Rates, von denen jeder eine Loskugel in einer Urne deponierte. Auf dem Markusplatz wurde ein etwa zehnjähriger Knabe (Ballottino) ausgesucht, der aus der Urne 30 Loskugeln zog.
- 30 Kugeln wurden durch Los auf 9 reduziert. Diese 9 wählten 40.
- 40 wurden durch Los auf 12 reduziert. Diese 12 wählten 25.
- 25 wurden durch Los auf 9 reduziert. Diese 9 wählten 45.
- 45 wurden durch Los auf 11 reduziert. Diese 11 wählten 41.
- Die 41 nominierten den Dogen zur Billigung durch die Versammlung (nach Frederic C. Lane).
Das Quorum für die Wahl des Dogen war 25 Stimmen. Der Ballottino gehörte nach der Wahl zum Gefolge des Dogen.
Der Doge konnte von der Signoria abgesetzt werden, es war ihm aber verboten zurückzutreten. Die Amtszeit galt unbegrenzt bis zum Tod des Dogen.
[Bearbeiten] Kleidung
Seit dem 14. Jahrhundert wurde der Doge mit dem Corno Ducale, einer besonderen Art von Krone, bekrönt. Der Corno ist eine steife Kappe mit einer hornartigen Spitze und einem kronenartigen Metallring. Unter dem Corno trug er eine Mütze aus feinem Leinen, den Camauro. Die Krönungskappe Zogia war aus Brokat und mit Edelsteinen geschmückt, während der übliche Corno aus weniger kostbarem Material hergestellt wurde. Bei der Krönung trug der Doge über einem langen Untergewand, der dogalina, die mit einem schmalen Gürtel mit goldener Schnalle gegürtet wurde, einen weiten Umhang mit einem pelerinenartigen Kragen aus Hermelin, dem bavaro. Zum Gewand des Dogen gehörten die auffallenden Knöpfe, die campanoni d'oro. Nachgewiesen ist der corno seit dem frühen 14. Jahrhundert, er wird einerseits auf die Kopfbedeckung der Fischer, andererseits auf den Herzogshut zurückgeführt.
Die private Kleidung entsprach der Alltagskleidung eines venezianischen Nobile. Die dogaressa trug eine kleinere Kappe.
[Bearbeiten] Dogen von Venedig
Nr. | Name | Regierungszeit | prägende Ereignisse |
---|---|---|---|
1. | Paolo Lucio Anafesto | 697–717 | gewählt, um die Verteidigung gegen Langobarden und Slawen zu organisieren |
2. | Marcello Tegalliano | 717–726 | |
3. | Orso Ipato | 726–742 | |
4. | Teodato Ipato | 742–755 | |
5. | Galla | 755–756 | |
6. | Domenico Monegario | 756–764 | |
7. | Maurizio Galbaio | 764–787 | Das Langobardenreich wird fränkische Provinz |
8. | Giovanni Galbaio | 787–804 | Fränkisches Reich unter Kaiser Karl dem Großen steht auf seinem Höhepunkt |
9. | Obelerio Antenoreo | 804–809 | |
10. | Angelo Partecipazio | 809–827 | |
11. | Giustiniano Partecipazio | 827–829 | 828 - Der Heilige Markus wird Schutzpatron der Stadt |
12. | Giovanni I. Partecipazio | 829–837 | |
13. | Pietro Tradonico | 837–864 | Araber gewinnen Sizilien und Apulien in Süditalien |
14. | Orso I. Partecipazio | 864–881 | |
15. | Giovanni II. Partecipazio | 881–887 | |
16. | Pietro I. Candiano | 887 | |
17. | Pietro Tribuno | 887–912 | |
18. | Orso II. Partecipazio | 912–932 | |
19. | Pietro II. Candiano | 932–939 | Venezianische Expansionspolitik auf dem Festland beginnt |
20. | Pietro Partecipazio/Badoer | 939–942 | |
21. | Pietro III. Candiano | 942–959 | |
22. | Pietro IV. Candiano | 959–976 | Kaiser Otto I.: Heiliges Römisches Reich deutscher Nation umfasst auch Oberitalien (ohne Venedig) |
23. | Pietro I. Orseolo | 976–978 | |
24. | Vitale Candiano | 978–979 | |
25. | Tribuno Memmo | 979–991 | |
26. | Pietro II. Orseolo | 991–1009 | Ostexpansion Venedigs beginnt in Istrien und Dalmatien als Kampf gegen Piraten |
27. | Ottone Orseolo | 1009–1026 | das erneuerte Byzantinische Reich beherrscht Anatolien, Balkan und in Süditalien Apulien und Calabrien |
28. | Pietro Centranigo/Barbolano | 1026–1032 | |
29. | Domenico Flabanico | 1032–1043 | |
30. | Domenico I. Contarini | 1043–1071 | Morgenländisches Schisma (1054) |
31. | Domenico Selvo | 1071–1084 | |
32. | Vitale Falier | 1084–1096 | die Normannen einigen Süditalien (viel später Königreich beider Sizilien genannt) |
33. | Vitale Michiel I. | 1096–1102 | Erster Kreuzzug: Venedig wird wichtiger Nachschubhafen der Kreuzfahrerstaaten im Nahen Osten |
34. | Ordelafo Faliero | 1102–1117 | |
35. | Domenico Michiel | 1117–1130 | |
36. | Pietro Polani | 1130–1148 | |
37. | Domenico Morosini | 1148–1156 | das Byzantinische Reich geht gegen die venezianischen Kaufleute vor; Genua dominiert das Schwarze Meer |
38. | Vitale Michiel II. | 1156–1172 | |
39. | Sebastiano Ziani | 1172–1178 | |
40. | Orio Mastropiero | 1178–1192 | |
41. | Enrico Dandolo | 1192–1205 | 1202–1204 Vierter Kreuzzug: Lateinisches Kaiserreich der Kreuzfahrer mit der Hauptstadt Byzanz (bis 1261) |
42. | Pietro Ziani | 1205–1229 | das Lateinische Kaiserreich erkennt die Lehnsabhängigkeit von Venedig an, Kreta wird venezianisch |
43. | Jacopo Tiepolo | 1229–1249 | die Dominanz der Mongolen in Zentralasien erlaubt für 50 Jahre Handel zu Land bis nach China |
44. | Marino Morosini | 1249–1252 | Sechster Kreuzzug |
45. | Renier Zen | 1252–1268 | das Byzantinische Reich wiederhergestellt; Genua gewinnt gegen Venedig die Dominanz im Schwarzen Meer zurück |
46. | Lorenzo Tiepolo | 1268–1275 | |
47. | Jacopo Contarini | 1275–1280 | |
48. | Giovanni Dandolo | 1280–1289 | die Goldmünze Dukat wird mit niemals geänderter Qualität bis 1797 geprägt |
49. | Pietro Gradenigo | 1289–1311 | 1297 Schließung des Großen Rates (serrata) |
50. | Marino Zorzi | 1311–1312 | |
51. | Giovanni Soranzo | 1312–1328 | |
52. | Francesco Dandolo | 1328–1339 | |
53. | Bartolomeo Gradenigo | 1339–1342 | |
54. | Andrea Dandolo | 1342–1354 | Große mittelalterliche Pest; während der nächsten 120 Jahre regelmäßige kleinere Pestepidemien |
55. | Marino Faliero | 1354–1355 | wird nach einer angeblichen oder tatsächlichen Verschwörung enthauptet |
56. | Giovanni Gradenigo | 1355–1356 | |
57. | Giovanni Dolfin | 1356–1361 | Venedig verliert Dalmatien an Ungarn |
58. | Lorenzo Celsi | 1361–1365 | |
59. | Marco Cornaro | 1365–1367 | Venedig verliert Besitzungen an Genua und das Osmanische Reich |
60. | Andrea Contarini | 1367–1382 | Seesieg bei Chioggia in der Lagune von Venedig: Westorientierung des exponierteren Rivalen Genua |
61. | Michele Morosini | 1382 | |
62. | Antonio Venier | 1382–1400 | Höhepunkt des Herzogtum Mailand unter der Dynastie der Visconti |
63. | Michele Steno | 1400–1413 | Beginn der Expansion Venedigs auf die Terra Ferma |
64. | Tommaso Mocenigo | 1413–1423 | |
65. | Francesco Foscari | 1423–1457 | der venezianische Festlandsbesitz wird gegen die Visconti zum zweiten Standbein ausgebaut |
66. | Pasqual Malipiero | 1457–1462 | |
67. | Cristoforo Moro | 1462–1471 | Haupthandelsdepot Euböa in Griechenland geht an das erstarkte Osmanische Reich verloren |
68. | Niccolò Tron | 1471–1473 | |
69. | Nicolo Marcello | 1473–1474 | |
70. | Pietro Mocenigo | 1474–1476 | |
71. | Andrea Vendramin | 1476–1478 | |
72. | Giovanni Mocenigo | 1478–1485 | Beginn des 100-jährigen Bergbaubooms in Mitteleuropa, von dem Venedig stark profitiert |
73. | Marco Barbarigo | 1485–1486 | |
74. | Agostin Barbarigo | 1486–1501 | 1489 Gewinn von Zypern; 1498 entdeckt Vasco da Gama den Seeweg nach Indien; das Mittelmeer verliert seine zentrale Rolle für den Welthandel |
75. | Leonardo Loredan | 1501–1521 | 1509 Niederlage bei Agnadello: Venedig entgeht dem Untergang nur durch Zwietracht der Sieger |
76. | Antonio Grimani | 1521–1523 | das Osmanische Reich baut eine starke Flotte zur Sicherung der Außenposten Ägypten, Libyen, Algerien |
77. | Andrea Gritti | 1523–1538 | Spanische Habsburger errichten eine Hegemonie über Italien |
78. | Pietro Lando | 1538–1545 | Osmanische Piraten dominieren bis 1571 das Mittelmeer mit Ausnahme der nördlichen Adria |
79. | Francesco Donà | 1545–1553 | |
80. | Marcantonio Trevisan | 1553–1554 | |
81. | Francesco Venier | 1554–1556 | |
82. | Lorenzo Priuli | 1556–1559 | |
83. | Giorolamo Priuli | 1559–1567 | |
84. | Pietro Loredan | 1567–1570 | Verlust von Zypern an das Osmanische Reich (im Frieden von 1473 endgültig) |
85. | Alvise Mocenigo I. | 1570–1577 | bei Lepanto im Bündnis mit Spanien und Papst Vernichtung der osmanischen Flotte |
86. | Sebastiano Venier | 1577–1578 | |
87. | Nicolò da Ponte | 1578–1585 | das Osmanische Reich für 60 Jahre in Kriege an seiner Ostgrenze verwickelt |
88. | Pasqual Cicogna | 1585–1595 | |
89. | Marino Grimani | 1595–1606 | |
90. | Leonardo Donà | 1606–1612 | |
91. | Marcantonio Memmo | 1612–1615 | |
92. | Giovanni Bembo | 1615–1618 | Auseinandersetzungen mit Österreich um die Vorherrschaft in der Adria; Finanzkrise in Venedig |
93. | Nicolò Donà | 1618 | |
94. | Antonio Priuli | 1618–1623 | |
95. | Francesco Contarini | 1623–1624 | |
96. | Giovanni I. Cornaro | 1624–1630 | |
97. | Nicolò Contarini | 1630–1631 | Ende der großen Pest, Venedig hat ein Drittel seiner Bevölkerung verloren; Bau von Santa Maria della Salute |
98. | Francesco Erizzo | 1631–1646 | Krieg mit den Türken um Kreta; |
99. | Francesco Molin | 1646–1655 | |
100. | Carlo Contarini | 1655–1656 | |
101. | Francesco Cornaro | 1656 | |
102. | Bertuccio Valier | 1656–1658 | |
103. | Giovanni Pesaro | 1658–1659 | |
104. | Domenico II. Contarini | 1659–1674 | nach 20-jährigen Kämpfen Verlust von Kreta an das Osmanische Reich |
105. | Niccolò Sagredo | 1674–1676 | |
106. | Alvise Contarini | 1676–1683 | Die Türken vor Wien; 1683 Schlacht am Kahlenberg |
107. | Marcantonio Giustinian | 1683–1688 | |
108. | Francesco Morosini | 1688–1694 | Gewinn des Peloponnes in den Türkenkriegen |
109. | Silvestro Valier | 1694–1700 | Habsburg wird in den Türkenkriegen benachbarte Großmacht |
110. | Alvise Mocenigo II. | 1700–1709 | Ende der spanischen Hegemonie in Italien nach dem Aussterben der spanischen Habsburger |
111. | Giovanni II. Cornaro | 1709–1722 | Verlust des Peloponnes in den Türkenkriegen |
112. | Alvise Mocenigo III. | 1722–1732 | |
113. | Carlo Ruzzini | 1732–1735 | |
114. | Alvise Pisani | 1735–1741 | |
115. | Pietro Grimani | 1741–1752 | |
116. | Francesco Loredan | 1752–1762 | |
117. | Marco Foscarini | 1762–1763 | |
118. | Alvise Mocenigo IV. | 1763–1779 | |
119. | Paolo Renier | 1779–1789 | Beginn der Französische Revolution |
120. | Ludovico Manin | 1789–1797 | übergibt die Stadt an Napoléon Bonaparte, der sie an Habsburg weiterreicht: Ende der Republik Venedig |
Siehe auch: Bucentaur
[Bearbeiten] Literatur
- Frederic C. Lane: Seerepublik Venedig. München 1980.
- I Dogi. A cura di Gino Benzoni. Milano 1982.
- Andrea da Mosto: I Dogi di Venezia. Florenz 1983.
- Claudio Rendina: I Dogi. Storia e segreti. Rom 1984.
- Helmut Dumler: Venedig und die Dogen. Düsseldorf 2001.
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Dogenwappen – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Coins of the Duchy to Venice (Münzen der Dogen)
- Geschichte der Dogen von Venedig, italienisch
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