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Musik der Romantik - Wikipedia

Musik der Romantik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Als Musik der Romantik (Romantik von altfrz. romance, Dichtung, Roman) bezeichnet man eine Epoche der Musik, die sich an die Zeit der Klassik anschloss und die beherrschende Stilrichtung des 19. Jahrhunderts darstellt. Die wichtigsten Eigenschaften der romantischen Musik sind die Betonung des gefühlvollen Ausdrucks, die Auflösung der klassischen Formen, die Erweiterung und schließlich Überschreitung der traditionellen Harmonik sowie die Verbindung der Musik mit außermusikalischen, häufig literarischen Ideen (Programmmusik). Das Orchester wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts ständig erweitert, um einerseits immer ausgefallenere koloristische Feinheiten zu erzielen, andererseits durch den Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel immer überwältigendere Eindrücke zu ermöglichen. Außerdem wurden immer häufiger Elemente der Volksmusik aufgenommen, teils im Zuge des Realismus, teils bedingt durch die nationalen Schulen der kleineren Länder. Gewöhnlich werden drei Abschnitte der Romantik unterschieden, auch wenn die genauen Zuordnungen in der Literatur nicht einheitlich sind.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Romantische Musik - eine Begriffsbestimmung

Die Schwierigkeiten im überlegten Gebrauch der Bezeichnungen Romantik und "romantisch" für eine bestimmte Richtung bzw. Epoche in der Musik rühren insbesondere daher, dass infolge der Übernahme der Begriffe aus dem literarisch-geistesgeschichtlichen Bereich die Bemühung, gemeinsame Kriterien "romantischer" Musik deskriptiv zu ermitteln, sich stets zurückgeworfen sieht auf Gehalte, die seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts mit der deutschen literarischen Romantik (Novalis, Wilhelm Heinrich Wackenroder, Ludwig Tieck, die Gebrüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel, E. T. A. Hoffmann, Clemens Brentano u.a.) verbunden wurden. Die längere Vorgeschichte der Termini "romantisch" bzw. "romanisch" (im 17./18. Jahrhundert im ablehnenden Sinne für "wie im Roman") und der substantivierten Form (das "Romantische") spielt für die Musik nur insofern eine Rolle, als sie in den späteren Gebrauch des Wortes einging. Erst durch die deutsche Romantik (das Substantiv begegnet erstmals bei Novalis), deren Repräsentanten bald als "Romantiker" bezeichnet wurden, war die Voraussetzung dafür gegeben, in Analogie dazu von einer musikalischen Romantik zu sprechen. Ihre Physiognomie tritt jedoch erst seit den 1830er Jahren deutlicher hervor, und sie endet als Epoche im strengen Sinn bereits um 1850. Die Impulse aus dieser frühen und eigentlichen Phase der musikalischen Romantik haben allerdings weitergewirkt.

Die Anwendung des Romantikbegriffs auf die Musik verweist einerseits auf einen inneren, wenngleich zeitlich phasenverschobenen Zusammenhang zwischen der romantischen Bewegung in Dichtung, Kunsttheorie und Philosophie und der musikalischen Romantik, andererseits auf die Tatsache, dass es die musikgeschichtliche Situation nahelegte, die neuen Richtungen in der Musik um und nach 1830 unter einen Begriff zu subsumieren, mit dem man eine deutliche Gegenposition zur Musik insbesondere der Wiener Klassiker (Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven) zu beziehen bzw. kenntlich zu machen vermochte. Die Antithese klassisch-romantisch war bereits im 18. Jahrhundert (England) geläufig und hatte im Gegensatz zwischen deutscher Romantik und "Weimarer Klassik" (Friedrich von Schiller, Johann Wolfgang von Goethe) eine neue, aktuelle Dimension erhalten. Doch für die Romantiker selbst und vorab für Georg Wilhelm Friedrich Hegel (Ästhetik, 1818—29), der ihnen in seinem Denken allerdings fern stand, war auch noch der ältere, über Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland vermittelte Wortgebrauch gültig, mit dem der antiken "klassischen" die christlich-europäische "romantische" Kunst entgegengesetzt wurde. Zur terminologischen Verwirrung trug weiterhin bei, dass in der Romantik ein Musikbegriff entwickelt wurde, der auf das Wesen der Musik schlechthin abzielte und auf Musik Anwendung finden konnte, die man als den Inbegriff von Musik ansah. So erschien E.T.A. Hoffmann — der einzige der romantischen Dichter, der einen tieferen Einblick in die Musik seiner Zeit hatte und selbst Komponist war — die Instrumentalmusik von Haydn, Mozart und vor allem die von Beethoven als die Verkörperung der "romantischen" Musik, weil er in ihr den höchsten Begriff von Musik überhaupt erfüllt fand. ("Sie [sc. die Instrumentalmusik] ist die romantischste aller Künste, — fast möchte man sagen, allein rein romantisch.") Die Begründung lautete wie folgt: "Die Musik schließt dem Menschen ein unbekanntes Reich auf; eine Welt, die nichts gemein hat mit der äußern Sinnenwelt … und in der er alle durch Begriffe bestimmbaren Gefühle zurückläßt, um sich dem Unaussprechlichen hinzugeben." Es wäre schon unkritisch, die Musik der Romantik durch den romantischen Musikbegriff für hinreichend definiert zu halten. Gänzlich irreführend aber ist es, diejenige Musik, die von den Romantikern ihrem Musik- und Kunstideal entsprechend als "romantisch" empfunden wurde, umstandslos der musikalischen Romantik zuzuschlagen. Folgerichtig hätte man die eigentlich romantische Musik (etwa die Robert Schumanns oder Carl Maria von Webers), die erst im Rückblick und in Abhebung von der Wiener Klassik als solche erkannt worden war, von der Romantik ausschließen müssen. Da die Musik schlechthin für die Romantiker (z.B. Wackenroder, Hoffmann) vielfach als der Inbegriff einer umfassenden, gänzlich in der Gefühlssphäre beheimateten, transzendierend-unstofflichen Kunst galt, hat der romantische Kunstbegriff, von dem das 19. Jahrhundert nie loskam, das Verständnis jeglicher Musik geprägt. In Arthur Schopenhauers Definition der Musik als der Manifestation des reinen Willens, somit des "Dings an sich" jenseits der Erscheinungen und Begriffe kulminierten die romantischen Musikvorstellungen. Zwar kommt dem im Kern romantischen Musik- und Kunstbegriff des 19. Jahrhunderts die universale Bedeutung, die ihm beigelegt wurde, nicht zu, doch steht außer Zweifel, dass wesentliche ästhetische Vorstellungen der Romantik in die (im engeren Sinne) romantische Musik und überhaupt in die Musik des 19. Jahrhunderts Eingang gefunden haben. Richard Wagners ideelle Konzeption des Musikdramas als alle Künste übergreifendes Kunstwerk ("Gesamtkunstwerk") geht auf Ideen der deutschen Romantiker zurück (z.B. Verschmelzung der Gattungen und Künste, Utopismus, Sakralisierung des Kunstwerks), ohne dass man doch Wagners Musikdramen der Romantik zuweisen könnte. Es ist jedenfalls zwischen der Romantik als mehr oder minder klar umrissener Epoche der Musik und der Romantik als Bündel von Kriterien zu unterscheiden, die der romantischen Musik vorzugsweise zukommen, ohne an den Epochenbegriff gebunden zu sein.

Die romantische Welterfahrung, die sich auch (und zwar exemplarisch) in der Musik des 19. Jahrhunderts manifestierte und die ihre erste maßgebliche Formulierung in Poesie und Theorie der literarischen Romantik erhielt, blieb unverlierbar und griff weit über die romantische Epoche hinaus. Der Bezugsrahmen für Romantik in jeglichem Sinne aber hat (schon wegen der zeitlichen Priorität) die Vorstellungswelt der poetisch-philosophischen Romantik zu sein, zumal die literarische Komponente aus der musikalischen Romantik nicht wegzudenken ist und obwohl die Romantik als europäische Gesamterscheinung gerade in der Musik eine vollkommene Erfüllung fand.

Sollen indessen die Bezeichnungen Romantik und romantisch mehr sein als eine begrifflich verschwommene Übereinkunft, dann wären sie aufzufüllen mit Gehalten, die aus der Reflexion des Epochenbegriffs Romantik, aus musikalisch-satztechnischen Kriterien und aus der genaueren Bestimmung des Verhältnisses (der Konvergenz oder Nicht-Konvergenz) von musikalischer und literarischer Romantik resultieren müssten. Ferner hätten die Aspekte hervorzutreten, die die romantische Musik als Gegenentwurf zur Wiener Klassik und als fundamentalen Neuansatz des musikalischen Denkens, somit der europäischen Musik erscheinen lassen. Hier müssen auch die von der Literaturwissenschaft angeregten Überlegungen einbezogen werden, mit den nicht nur zeitlich ineinandergreifenden Epochenbezeichnungen "Biedermeier" und "Vormärz" (ca. 181548) weitere Perspektiven in Betracht zu ziehen, die, ohne auf den Begriff der Romantik festgelegt zu sein, doch auch andere, bisher weniger berücksichtigte Tendenzen der romantischen Musik bzw. der Musik zwischen ca. 1830 und 1850 ins Auge fassen. Allerdings wäre es ebenso willkürlich wie unzweckmäßig, den Begriff zugunsten von soziologisch-historischen Gesichtspunkten fallenzulassen, die den spezifisch romantischen Ansatz der Musik im 19. Jahrhundert nicht mehr thematisieren. Wenngleich nicht alle Erscheinungen in der Musik seit 1800 unter Romantik subsumiert werden können und die neue romantische Musik auf einem Boden erwächst, der um 1800 neben und zum Teil im Schatten der Wiener klassischen Musik bereitet wurde, so trifft doch Heinrich Heines Wort vom "Ende der Wolfgang Goetheschen Kunstperiode" um 1830 insofern auch auf die Musik zu, als mit dem Tode Beethovens (1827) und Franz Schuberts (1828) ein musikalisches Zeitalter endete und der Romantik in der deutschen und französischen Musik alle Möglichkeiten eröffnet wurden. Dass zeitweise neben der Wiener Klassik, aber ohne innere Beziehung zu ihr, sich romantische Tendenzen in der Musik bemerkbar machten, sollte nicht dazu verführen, eine "klassisch-romantische Stilepoche" zu postulieren, in der notwendigerweise die Abgrenzungen unscharf werden.

[Bearbeiten] Die Romantische Epoche

Die erste Phase der bedeutenden bürgerlichen Musik insbesondere in Deutschland zwischen ca. 1830 und 1850 kann aufgrund wesentlicher gemeinsamer Kriterien als Romantik bezeichnet werden. Sie fasste bereits früher Fuß in der deutschsprachigen Oper, die ihrerseits "romantische" Ansätze in der Stoffwahl des deutschen Singspiels seit den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts aufnahm und kulminierte in Webers Oper "Der Freischütz" (1821). Vernehmlich kündigten sich die Konturen der deutschen romantischen Oper jedoch schon an in manchen Werken von Ludwig (Louis) Spohr (z.B. Faust, 1816; Jessonda, 1823), E.T.A. Hoffmann (Undine, 1816) u.a. Wiewohl der Charakter einer nationalen Oper, die alle Register der Natur-, Geister- und vor allem Sagen-Romantik zog, schon in den späteren Werken Webers (Euryanthe, 1823; Oberon, 1826) überlagert wurde vom musikalischen Idiom der beherrschenden französischen und italienischen Oper, blieb die romantische Physiognomie noch kenntlich in den Opern von Heinrich Marschner (Der Vampyr, 1828; Hans Heiling, 1833) und, biedermeierlich gefärbt, bei Albert Lortzing und Friedrich von Flotow. Aber auch Wagner begann mit Werken, in denen der Typus der deutschen romantischen Oper nochmals emphatisch beschworen wurde und zu sich selber fand (Der fliegende Holländer, 1843; Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg, 1845; Lohengrin, 1850). Durch die neue stimmungs- und bildauslösende Funktion von Harmonik und Klangfarben wurden bereits im Freischütz (vor allem in der "Wolfsschluchtszene") jene Sphären und Vorstellungen vermittelt, die seitdem untrennbar mit dem Romantikbegriff verbunden sind: die Evokation des blinden Waltens oder Seins von unergründlichen, jedenfalls irrationalen Natur- und Schicksalskräften, das Übernatürliche, der mythische Sagengrund und die märchenhafte Vergangenheit, die zum Symbol eines utopisch-ursprünglichen Zustands wird. Hinzu kamen der volkstümlich-nationale Ton eines insgeheim oder offenkundig Liedhaften und der Gestus des chevaleresken Aufschwungs. Die Musik wurde durchlässig für Stimmungen und szenische Bilder, die aus romantischen Motiven und Seelenlagen hervorgingen.

Die lyrisch nach innen gewendete, romantisch inspirierte Poetisierung, d.h. Entgrenzung der Tonsprache erreicht in der Musik von Schumann eine Vollendung, die sich als reine Bekundung der Romantik ausnimmt. Sie hat ihren Anfang und ihr Zentrum in der durch die Literatur (Jean Paul, E.T.A. Hoffmann) angeregten Klaviermusik (Klavierzyklen, u.a.: Papillons Op. 2, 182832; Carnaval Op. 9, 183435; Fantasiestücke Op. 12, 183237; Kinderszenen Op. 15, 1838; Kreisleriana Op. 16, 1838) und in den Liedern, in denen Dichtung der Romantik und Musik buchstäblich verschmolzen, z.B. im Liederkreis Op. 24 (Text Heinrich Heine, 1849), in "Myrthen" Op. 25 (1840) und im Liederkreis Op. 35 (Text Joseph von Eichendorff, 1840). Lied und Klavierstück blieben auch weiterhin von spezifisch romantischer Haltung und Formulierung geprägt. Dass sich Schumanns Romantik vorab im "lyrischen Klavierstück" (Charakterstück) entfaltete (einem Typus ursprünglich eher anspruchslos unterhaltender Musik im privaten Kreis, die am Rande der großen Musik bereits um 1800 greifbar wird), ist nicht zuletzt ein Zeichen für die radikale Abwendung von Gattungen und Strukturen der Wiener klassischen Musik. Auch im romantischen Lied, dessen Poesie bei Schumann wesentlich aus der Klavierbegleitung hervorgeht, ist gegenüber den Liedern von Franz Schubert der Neuansatz fundamental. Schubert und Schumann gehören in ihren Liedern (und Klavierstücken) verschiedenen musikalischen Welten an. Dagegen hat Schumann Anregungen aus dem vorschubertschen Lied aufgenommen. Durch romantisch-poetische Gehalte von innen heraus verwandelt, bieten sich Schumanns Symphonien (1841—51), das Klavierkonzert Op. 54 (1. Satz 1841, 2. und 3. Satz 1845) und die Sonaten dar. Mit der Oper "Genoveva" (1850) suchte er sich auch die Bühne zu erschließen. Genuin romantisch ist in der Musik von Schumann einerseits die Tendenz zur Entgrenzung und Gattungsverschmelzung im Zeichen eines übergreifenden poetischen Idioms und konvergierend mit Friedrich von Schlegels Idee einer "progressive(n) Universalpoesie" (116. Athenäumsfragment), in der es darum ginge, "alle getrennten Gattungen … zu vereinigen …", die Barrieren zwischen den Künsten zu überspringen. Andererseits gehört die Abkehr von komplexen, vielgliedrigen Architekturen zugunsten des im zeitenthobenen Augenblick entfalteten »Einfalls«, der sich gegen "Verarbeitung" sträubt, zu den wesentlichen Merkmalen der musikalischen Romantik. Die Auflösung bisher gültiger musikalischer Ordnungen und Bauweisen vollzieht sich in der Absicht, der Musik neue, musiküberschreitende Gehalte zuzuführen, demzufolge mit dem Willen zu neuer Erfüllung der musikalischen Bauelemente, deren Erstarrung nach Beethovens Tod manifest geworden war. Seitdem ist Musik wiederholt als Bekundung eines "Unaussprechlichen" aufgefasst worden.

Durch Schumann und Frédéric Chopin wurde in der Klaviermusik der lyrische Eigenwert des Klangs und der figurativen Virtuosität für die Vermittlung des Poetischen entdeckt. Der Schumannschen Romantik in zentralen Bereichen der Komposition z.T. zeitlich vorgelagert ist der romantische Klassizismus von Felix Mendelssohn Bartholdy, dem manches aus der Opern- und Instrumentalmusik von Hoffmann, Spohr u.a. noch zuzurechnen wäre. Vor allem in Mendelssohn Bartholdys Liedern ohne Worte (1830-45), in der Musik zum Sommernachtstraum (1842, Ouvertüre schon 1826), aber gleichermaßen in anderen Werken scheint im virtuosen Umgang mit geprägten Idiomen eine sublime Stimmungspoesie auf, deren Grundton elegisch und gefühlvoll ist, jedoch stets den Zauber des Maßvollen ausstrahlt. Romantisch belichtete Brillianz und die Eleganz des weltstädtischen Salons gehen in seiner Musik eine charakteristische Verbindung ein. Reflexionen von Natur- und Landschaftsbildern sind in den Hauptwerken ebenso wesentliche Elemente wie die Vorstellung des schwerelosen Elfentreibens. Die engstens mit Bestrebungen der literarischen Romantik verknüpfte Entdeckung und Verklärung der Musik der Vergangenheit (z.B. Palestrina-Renaissance), an der bereits Hoffmann kunsttheoretisch (Alte und neue Kirchenmusik, 1814) und praktisch-kompositorisch wesentlich beteiligt war, wurde in vollem Umfang erst durch Mendelssohn Bartholdy für die kompositorische Phantasie nutzbar gemacht. Die von ihm dirigierte erste Aufführung der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach in Berlin (1829) war eine Tat romantisch-vergangenheitsbewussten Geistes. Den Boden hatte indessen Carl Friedrich Zelters Wirken an der Berliner Singakademie bereitet. Und überhaupt ist es kennzeichnend, dass die Romantiker bei Komponisten in die Schule gingen, die mit den Wiener Klassikern keine unmittelbare Berührung hatten. Die Zentren der musikalischen Romantik befanden sich vorzugsweise in Nord- und Mitteldeutschland (Berlin, Dresden, Leipzig).

In Frankreich entfaltete sich eine Romantik eigenen Rechts in der Klaviermusik von Chopin (Études Op. 10 1829-32; Études Op. 25, 1832-36, Préludes Op. 28, 1836-39; Mazurkas, Nocturnes, Balladen; Konzerte e-Moll Op. 11 (1830) und f-Moll Op. 21 (1829)). Auch im virtuosen Aufschwung ist seine Musik fast immer durchdrungen von Melancholie und Fatalismus. Noch mehr als bei Schumann ist in den Werken Chopins, die von Schumann begeistert begrüßt wurden, der subjektive Gestus und der Reflex auf ein leidend-sensibles Ich spürbar, das sich in romantischer Sehnsucht verzehrt. Eine spezifisch französische Romantik repräsentiert außerdem die Instrumentalmusik von Hector Berlioz. Schlüsselwerke wie die "Symphonie fantastique" (1830), "Harold en Italie" (1834), die "Symphonie dramatique Roméo et Juliette" (1839) u.a. zielten auf Kontamination der Gattungen durch Aufnahme dichterischer oder aus Dichtungen der Weltliteratur (William Shakespeare, Vergil, Goethe, Lord Byron) abgeleiteter und neu interpretierter Thematik. Sie eröffneten Regionen der hochgespannten, unerfüllbaren Sehnsucht, des Rausches, des Schweifens in Traumwelten und der visionären Phantastik, als deren Subjekt das neue (romantische) Bild des Künstlergenies hervortritt. Das hybride Genre der Programmmusik und der symphonischen Dichtung — letztere insbesondere durch Franz Liszt geprägt und propagiert, später bedeutend durch Richard Strauss aufgegriffen — ist trotz beträchtlicher Abweichungen von den Zielsetzungen des Kreises um Mendelssohn Bartholdy und Schumann romantischen Ursprungs oder wurde doch von Ideen der Romantik befruchtet.

Insofern als sich die italienische und französische Oper zwischen 1830 und ca. 1850 mit Vorliebe romantischen Stoffen zuwandte und auch die Musik sich der Sphären von Geheimnis, Todesträchtigkeit, der Leidensschwere sowie des unauflösbaren Konflikts zwischen emphatischer Ich-Überhöhung und Schicksalsverstrickung bemächtigte, sind romantische Einschläge unüberhörbar. Vorab Vincenzo Bellinis weich-elegisches Melos, das aber nicht weniger die anfeuernde Leidenschaft kennt, ist stets als genuine Romantik begriffen worden. Sie begegnet ebenfalls noch in den Opern Gaetano Donizettis, trat dann aber im Frühwerk von Giuseppe Verdi wieder in den Hintergrund. Eher sekundär sind gleichfalls die romantischen Züge in der französischen Großen Oper (Giacomo Meyerbeer, Daniel-François-Esprit Auber), obwohl die Tendenz zum Mondänen in der Romantischen Musik stets latent vorhanden war. Stand dort der szenische, dekorative Aufwand romantischer Verinnerlichung entgegen, so ließ bei Verdi der dramatisch unerbittliche Nerv seiner Musik Romantisches nur am Rande aufkommen. Über das Schicksalsdrama und das historisch-symbolische Drama ist, aufs Ganze gesehen, auch die Oper des 19. Jahrhunderts mit der europäischen Romantik verknüpft, die in Frankreich mit François René Chataubriand (Génie du Christianisme, 1802), Alphonse de Lamartine, Victor Hugo, Alfred de Musset und Charles Baudelaire, in Italien mit Alessandro Manzoni und Giacomo Leopardi sowie in England mit Samuel Taylor Coleridge, Byron, Percy Bysshe Shelley und John Keats einen geistigen Umschwung bewirkt hatte.

[Bearbeiten] Frühromantik (etwa 1800 bis 1840)

Der Übergang der Wiener Klassik zur Romantik findet sich im Werk Ludwig van Beethovens (1770-1827). Vielen typisch romantischen Elementen begegnet man in seinen Werken das erste Mal. Der bedeutendste Vertreter der eigentlichen Frühromantik ist jedoch Franz Schubert (1797-1828), bezeichnenderweise der herausragende Liederkomponist. Auf diesem Gebiet wird sein Schaffen durch die Balladen Carl Loewes (1796-1869) ergänzt. Wichtig für die Entwicklung der deutschen Oper ist Carl Maria von Weber (1786-1826), vor allem mit seinem volkstümlichen Freischütz. Dazu kommen fantastisch-schauerliche Stoffe von Heinrich Marschner (1795-1861) und schließlich die heitere Spieloper von Albert Lortzing (1801-1851), während Louis Spohr (1784-1859) hauptsächlich durch seine Instrumentalmusik bekannt wurde. Noch größtenteils der Klassik verhaftet ist das Schaffen von Johann Nepomuk Hummel (1778-1837), Ferdinand Ries (1784-1838) sowie des Franzosen Georges Onslow (1784-1853).

Italien erlebte in der Frühromantik die Blütezeit der Belcanto-Oper, verbunden mit den Namen von Gioacchino Rossini (1792-1868), Gaetano Donizetti (1797-1848) und Vincenzo Bellini (1801-1835). Während von Rossini in erster Linie heute die komischen Opern bekannt sind, oft nur durch ihre mitreißenden Ouvertüren, überwiegen bei Donizetti und Bellini tragische Inhalte. Der bedeutendste italienische Instrumentalkomponist dieser Zeit war der legendäre „Teufelsgeiger“ Niccolò Paganini (1782-1840).
In Frankreich entwickelte sich einerseits die leichte Opéra-comique, ihre Vertreter sind François-Adrien Boïeldieu (1775-1834), Daniel-François-Esprit Auber (1782-1871) und Adolphe Adam (1803-1856), letzterer auch durch seine Ballette bekannt. Daneben kam die Große Oper mit pompösen Bühnenbildern, Balletten und großen Chören auf. Ihr erster Vertreter war Gaspare Spontini (1774-1851), ihr bedeutendster Giacomo Meyerbeer (1791-1864).
Auch in anderen europäischen Ländern nahm die Musikentwicklung nun einen Aufschwung. Der Ire John Field (1782-1837) komponierte die ersten Nocturnes für Klavier, in Dänemark wirkte Friedrich Kuhlau (1786-1832) und der Schwede Franz Berwald (1796-1868) schrieb vier sehr eigenwillige Sinfonien.

[Bearbeiten] Hochromantik (etwa 1840 bis 1890)

Robert Schumann
Robert Schumann
Richard Wagner
Richard Wagner

Die Hochromantik lässt sich in zwei Phasen einteilen. In der ersten Phase erreicht die eigentliche romantische Musik ihren Höhepunkt. Der Pole Frédéric Chopin (1810-1849) lotete in seinen Charakterstücken und Tänzen für Klavier bislang unbekannte Gefühlstiefen aus. Robert Schumann (1810-1856), am Ende seines Lebens geistig umnachtet, stellt in Person wie in Musik geradezu den Prototyp des leidenschaftlichen, von Tragik beschatteten romantischen Künstlers dar. Seine eigenwilligen Klavierstücke, Kammermusikwerke und Sinfonien sollten die folgende Musikergeneration nachhaltig beeinflussen. Franz Liszt (1811-1886), der deutschen Minderheit in Ungarn entstammend, war einerseits ein umschwärmter Klaviervirtuose, legte aber andererseits mit seinen harmonisch kühnen sinfonischen Dichtungen auch den Grundstein für die fortschrittliche „Neudeutsche Schule“. Ebenfalls der Programmmusik verpflichtet war die Technik der „Idée fixe“ des Franzosen Hector Berlioz (1803-1869), der auch maßgeblich das Orchester erweiterte. Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) orientierte sich wieder mehr an der klassizistischen Formensprache und wurde ein Vorbild besonders für skandinavische Komponisten wie den Dänen Niels Wilhelm Gade (1817-1890).

In der Oper dominierten in Deutschland noch die Spielopern von Otto Nicolai (1810-1849) und Friedrich von Flotow (1812-1883), als Richard Wagner (1813-1883) seine ersten romantischen Opern schrieb. Auch die frühen Werke von Giuseppe Verdi (1813-1901) orientierten sich noch am Belcanto-Ideal der älteren Generation. In Frankreich wurde von Ambroise Thomas (1811-1896) und Charles Gounod (1818-1893) die Opéra lyrique entwickelt. Die russische Musik fand ihre eigene Sprache in den Opern von Michail Glinka (1804-1857) und Alexander Dargomyschski (1813-1869).

Die zweite Phase der Hochromantik, teilweise auch Neuromantik genannt, läuft parallel mit der Stilrichtung des Realismus in der Literatur und der bildenden Kunst. In seiner zweiten Schaffenshälfte entwickelte Wagner nun seine Leitmotivtechnik, mit der er den ohne Arien durchkomponierten vierteiligen Ring des Nibelungen zusammenhält; das Orchester wird sinfonisch behandelt, die Chromatik erreicht in Tristan und Isolde ihren äußersten Punkt. Eine ganze Jüngerschar steht unter dem Einfluss der progressiven Ideen Wagners, unter ihnen z.B. Peter Cornelius (1824-1874). Dagegen entstand eine Opposition zahlreicher konservativerer Komponisten, denen Johannes Brahms (1833-1897), der in Sinfonik, Kammermusik und Lied eine logische Fortführung der Klassik anstrebte, aufgrund der Tiefe der Empfindung und einer meisterlichen Kompositionstechnik zum maßstabsetzendes Vorbild wurde. Zu dieser Partei werden u.a. Robert Volkmann (1815-1883), Friedrich Kiel (1821-1885), Carl Reinecke (1824-1910), Max Bruch (1838-1920), Joseph Rheinberger (1839-1901) und Hermann Goetz (1840-1876) gerechnet.

Daneben traten einige bedeutende Einzelgänger auf den Plan, unter denen Anton Bruckner (1824-1896) besonders herausragt. Obwohl Wagner-Anhänger, unterscheidet sich sein formklarer Stil wesentlich von dem jenes Komponisten. So leitet sich z.B. die blockhafte Instrumentation von Bruckners neun Sinfonien von den Registern der Orgel her. Im ideologischen Kampf gegen die Widersacher Wagners wurde er von dessen Anhängern als Widerpart von Brahms dargestellt. Auch Felix Draeseke (1835-1913), der ursprünglich von Liszt ausgehend "Zukunftsmusik in klassischer Form" schrieb, steht kompositorisch zwischen den Parteien.

Auch Verdi erreichte, wenn auch auf andere Weise als Wagner, den Weg zum durchkomponierten Musikdrama. Seine immense Ausstrahlung ließ in Italien alle anderen Komponisten verblassen, so auch Amilcare Ponchielli (1834-1886) und Arrigo Boito (1842-1918), der auch Librettist seiner späten Opern Otello und Falstaff war.

In Frankreich hingegen triumphierte zunächst einmal die leichte Muse in Form der gesellschaftskritischen Operetten von Jacques Offenbach (1819-1880). Die lyrische Oper fand ihren Höhepunkt in den Werken von Jules Massenet (1842-1912), während in der Carmen von Georges Bizet (1838-1875) das erste Mal der Realismus einzog. Eine stilistische Brücke zur deutschen Musik schlug Louis Théodore Gouvy (1819-1898). Die Opern, Sinfonien und Kammermusikwerke des äußerst vielseitigen Camille Saint-Saëns (1835-1921) waren genauso wie die Ballette von Léo Delibes (1836-1891) eher traditionsorientiert. Neue Orchesterfarben fanden sich in den Kompositionen von Édouard Lalo (1823-1892) und Emmanuel Chabrier (1841-1894). Mit dem gebürtigen Belgier César Franck (1822-1890) ging eine Wiederbelebung der Orgelmusik einher, die Charles-Marie Widor (1844-1937), später dann Louis Vierne (1870-1937) und Charles Tournemire (1870-1939) fortsetzten.

In fast allen europäischen Ländern bildete sich nun eine spezifische Nationalromantik heraus. Die von Glinka begonnene nationalrussische Strömung wurde in Russland von der „Gruppe der Fünf“, so von Mili Balakirew (1837-1910), Alexander Borodin (1833-1887), Modest Mussorgski (1839-1881) und Nikolai Rimski-Korsakow (1844-1908), fortgesetzt. Westlicher orientiert waren Anton Rubinstein (1829-1894) und Pjotr Tschaikowski (1840-1893), dessen Ballette und Sinfonien große Popularität erlangten.

Die tschechische Nationalmusik begründete Bedřich Smetana (1824-1884) mit seinen Opern und den an Liszt orientierten sinfonischen Dichtungen. Die Sinfonien, Konzerte und Kammermusikwerke von Antonín Dvořák (1841-1904) haben hingegen Brahms zum Vorbild. In Polen war Stanisław Moniuszko (1819-1872) der führende Opernkomponist, in Ungarn Ferenc Erkel (1810-1893). Norwegen brachte mit Edvard Grieg (1843-1907), Schöpfer lyrischer Klavierwerke, Lieder und Orchesterwerke wie der Peer-Gynt-Suite, seinen bekanntesten Komponisten hervor; Englands Stimme erklang mit dem an Brahms orientierten, vor allem als Chorkomponisten und Sinfoniker tätigen, Hubert Parry (1848-1918) sowie den skurrilen Operetten Arthur Sullivans (1842-1900).

[Bearbeiten] Spätromantik (etwa 1890-1920/40)

Richard Strauss
Richard Strauss

In der Spätromantik, auch Nachromantik genannt, werden die traditionellen Formen und Elemente der Musik weiter aufgelöst. Eine immer farbigere Orchesterpalette, ein immer größeres Aufgebot an musikalischen Mitteln, das Ausreizen der Tonalität bis an ihre Grenzen, übersteigerte Emotionen und eine zunehmend individuellere Tonsprache des einzelnen Komponisten sind typische Kennzeichen; die Musik wird an die Schwelle der Moderne geführt.

So erreichten die Sinfonien von Gustav Mahler (1860-1911) vorher nicht gekannte Ausmaße, geben teilweise die traditionelle Viersätzigkeit auf und enthalten oft Vokalanteile. Doch hinter der monumentalen Fassade findet sich die moderne Expressivität des Fin de siècle. Diese psychologische Ausdruckskraft enthalten im Kleinen auch die Lieder von Hugo Wolf (1860-1903), Miniaturdramen für Stimme und Klavier. Stärker der Tradition verpflichtet, besonders an Bruckner orientiert, sind die Sinfonien von Franz Schmidt (1874-1939) und Richard Wetz (1875-1935), während Max Reger (1873-1916) in seinen zahlreichen Instrumentalwerken zwar auf die Polyphonie Bachs zurückgriff, sie jedoch harmonisch äußerst kühn weiterentwickelte. Unter seinen zahlreichen Schülern ragen Julius Weismann (1879-1950) und Joseph Haas (1879-1960) hervor. Zu den herausragenden spätromantischen Tonschöpfern gehört weiterhin der eigenwillige Hans Pfitzner (1869-1949). Obwohl ein entschiedener Gegner moderner Strömungen, steht sein Schaffen dem musikalischen Fortschritt der Zeit durchaus nahe. In seiner Nachfolge ist der Sinfoniker Wilhelm Furtwängler (1886-1954) zu nennen.

Doch natürlich eignete sich für gesteigerte Emotionen die Opernbühne besonders gut. Recht brav waren noch die Volks- und Märchenopern von Engelbert Humperdinck (1854-1921), Wilhelm Kienzl (1857-1941) und Siegfried Wagner (1869-1930), dem Sohn Richards. Doch schon Eugen d’Albert (1864-1932) und Max von Schillings (1868-1933) reizten mit einer deutschen Variante des Verismus die Nerven. Erotischer Symbolismus findet sich in den Bühnenwerken von Alexander Zemlinsky (1871-1942) und Franz Schreker (1878-1934). Noch weiter an die Grenzen der Tonalität ging Richard Strauss (1864-1949) mit Salome und Elektra, bevor er mit dem Rosenkavalier wieder traditionellere Wege beschritt. Im Stil den Werken von Strauss verwandt zeigen sich die Kompositionen Emil Nikolaus von Rezničeks (1860-1945) und Paul Graeners (1872-1944).

In Italien dominierte auch in dieser Zeit noch immer die Oper. Hier entwickelte sich der Verismus, ein übersteigerter Realismus, der auf der Opernbühne leicht ins Plakative und Melodramatische umschlagen konnte. So sind Ruggero Leoncavallo (1857-1919), Pietro Mascagni (1863-1945) und Umberto Giordano (1867-1948) trotz ihres umfangreichen Schaffens nur durch jeweils eine Oper bekannt geworden. Einzig das Schaffen Giacomo Puccinis (1858-1924) hat sich komplett im Repertoire der Opernhäuser erhalten, obwohl auch ihm häufig Sentimentalität vorgeworfen wurde. Trotz einiger veristischer Werke galt Ermanno Wolf-Ferrari (1876-1948) hauptsächlich als Wiederbeleber der Opera buffa. Ferruccio Busoni (1866-1924), zeitweise in Deutschland lebender Verfechter einer modernen Klassizität, hinterließ ein eher konventionelles, wenig gespieltes Werk. So fand die Instrumentalmusik eigentlich erst mit dem vom Impressionismus beeinflussten Ottorino Respighi (1879-1936) wieder ihren Platz in der italienischen Musik.

Der Begriff Impressionismus stammt aus der Malerei, und wie dort, entwickelte er sich auch in der Musik in Frankreich. In den Werken von Claude Debussy (1862-1918) lösten sich die Strukturen in feinste Nuancen aus Rhythmik, Dynamik und Klangfarbe auf. Vorbereitet wurde diese Entwicklung im Schaffen von Vincent d'Indy (1851-1931) und vor allem in den Liedern und der Kammermusik von Gabriel Fauré (1845-1924). Alle nachfolgenden französischen Komponisten wurden mehr oder weniger vom Impressionismus beeinflusst. Der bedeutendste unter ihnen war Maurice Ravel (1875-1937), ein glänzender Orchestervirtuose. Albert Roussel (1869-1937) verarbeitete erst exotische Themen, bevor er wie Ravel neoklassizistische Tendenzen vorwegnahm. Auch Gabriel Pierné (1863-1937), Paul Dukas (1865-1935), Charles Koechlin (1867-1950) und Florent Schmitt (1870-1958) behandelten symbolistische und exotisch-orientalische Stoffe. Ein sonderbarer Einzelgänger war Erik Satie (1866-1925), Schöpfer versponnener Klavierstücke und Idol der nachfolgenden Generation.

Hubert Parry sowie der Ire Charles Villiers Stanford (1852-1924) leiteten in England die Spätromantik ein, die ihren ersten bedeutenden Vertreter in Edward Elgar (1857-1934) hatte. Während er das Oratorium wiederbelebte und Sinfonien und Konzerte schrieb, widmete sich Frederick Delius (1862-1934) mit einer eigenen Variante des Impressionismus besonders kleinen Orchesterbildern. Ethel Smyth (1858-1944) schrieb in einem an Brahms gemahnenden Stil vor allem Opern und Kammermusik. Zum bedeutendsten Sinfoniker seines Landes wurde Ralph Vaughan Williams (1872-1958), dessen Werke von englischen Volksliedern und der Renaissancemusik inspiriert waren. Gustav Holst (1874-1934) ließ in sein Schaffen griechische Mythologie und indische Weisheitslehren einfließen. Sehr eigenwillige Komponistenpersönlichkeiten am Übergang zur Moderne waren auch Havergal Brian (1876-1972) und Frank Bridge (1879-1941).

In Russland schmückte Alexander Glasunow (1865-1936) seine traditionelle Kompositionstechnik mit einer farbenprächtigen Orchesterpalette. Der Mystiker Alexander Skrjabin (1872-1915) träumte von einer Synthese aus Farben, Klang und Düften. Sergei Rachmaninow (1873-1943) schrieb melancholisch-pathetische Klavierstücke und -konzerte voller berauschender Virtuosität, während die Klavierwerke von Nikolai Medtner (1880-1951) lyrischer sind.
In Tschechien fand Leoš Janáček (1854-1928), tief verwurzelt in der Musik seiner mährischen Heimat, mit der Entwicklung der Sprachmelodie in seinen Opern neue Ausdrucksbereiche. Auch in der Musik von Zdeněk Fibich (1850-1900), Josef Bohuslav Foerster (1859-1951), Vítězslav Novák (1870-1949) und Josef Suk (1874-1935) sind die heimischen Klänge unüberhörbar. Dagegen finden sich im Werk des Polen Karol Szymanowski (1882-1937) neben Einflüssen der Folklore auch eine leicht morbide Exotik und später klassizistisches Maß.
Der bedeutendste dänische Komponist ist Carl Nielsen (1865-1931), bekannt durch Sinfonien und Konzerte. Noch dominanter in seinem Land ist die Stellung des Finnen Jean Sibelius (1865-1957), ebenfalls ein Sinfoniker von schwermütiger Expressivität und klarer Liniengestaltung. In Schweden zeigen die Werke von Wilhelm Peterson-Berger (1867-1942), Wilhelm Stenhammar (1871-1927) und Hugo Alfvén (1872-1960) einen typisch nordischen Konservatismus, und auch der Norweger Christian Sinding (1856-1941) komponierte traditionell.
Auch die Stimme Spaniens erklang nun nach langer Zeit wieder, zuerst in den Klavierwerken von Isaac Albéniz (1860-1909) und Enrique Granados (1867-1916), dann in den Opern, Balletten und Orchesterwerken des vom Impressionismus beeinflussten Manuel de Falla (1876-1946). Schließlich traten mit Edward MacDowell (1861-1908) und Amy Beach (1867-1944) auch die ersten wichtigen Vertreter Amerikas auf. Doch schon das Werk von Charles Ives (1874-1954) gehörte nur noch zum Teil der Spätromantik an - vieles darin war bereits radikal modern und wies weit ins 20. Jahrhundert

[Bearbeiten] Romantische Musik als Welterfahrung

Trotz auseinandergehender Richtungen und Erscheinungsformen waren die romantischen Impulse bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts derart miteinander verkettet, dass mit gebotener Vorsicht von einer romantischen Epoche gesprochen werden kann, in der aber auch Gegenbewegungen zum Zuge kamen. Obwohl bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus romantische Gehalte und Einstellungen immer wieder und in manchen Werken exemplarisch zum Durchbruch kamen (von Wagners "Tristan und Isolde", 1857-59, über Johannes Brahms, Anton Bruckner und Gustav Mahler bis zu Arnold Schönberg, z.B. Verklärte Nacht, 1899, ausdrücklich vor allem in den Werken von Hans Pfitzner), ist das Netz der Beziehungen zu locker gewebt, als dass hinreichend begründet von "Spätromantik" oder "Neuromantik" die Rede sein könnte. Die romantische Welt- und Seinserfahrung löste sich von ihrer Bindung an eine Epoche. Dass Romantische Musik letztlich der Fixierung auf eine zeitlich begrenzte und geographisch lokalisierte Epoche widersteht, geht wohl auf ihre innersten Beweggründe zurück: Aufhebung realer Zeitlichkeit, d.h. Zurücknahme jener Elemente, die objektive Zeitordnungen setzten (z.B. in der Musik der Wiener Klassiker), Niederlegung der Grenzen zwischen den Künsten und Brückenschlag zum utopischen Reich der überwirklichen "Poesie" (daher Ungegenwärtigkeit), Beschwörung der Vergangenheit als fernes Idealbild (verklärte Ferne), Tendenz zur Entmaterialisierung (Entrückung) des Tons (überhaupt der Kunstmittel), daraus folgend die Sublimierung, Spiritualisierung, über die sich die Idee der Kunstreligion Eingang verschaffte, Absage an die Aufklärung (Nachtsymbolik), Einbruch des Irrationalen. Ferner sind folgende Kriterien zu nennen: Emphase und Gebrochenheit, Tendenz zur "offenen" Form (das inwendig Fragmentarische), die Subjektivierung jeglicher Erfahrung bzw. die Verlegung aller Gegebenheiten ins verabsolutierte Subjekt, so dass jede künstlerische Aussage als Reflex eines Erlebnisses auf das Subjekt anmutet. Daraus folgt die intendierte Aufhebung auch der Grenze zwischen Dingwelt und Ich, damit aber die Desintegration und Selbstauflösung des Subjektes ("Sehnsucht nach dem Tode", Thomas Mann). Mit der Ineinssetzung von Ich und Welt ("Selbst dann bin ich die Welt!", Tristan, 2. Akt) und mit der Erlösung durch Selbstauflösung schlug Wagner im Tristan das Grundthema der Romantik an, verlieh ihm jedoch ungeahnt neue Dimensionen. Aus der romantischen Herstellung "künstlicher Paradiese" (Baudelaire) ergab sich die Idee des "L'art pour l'art", deren Überwindung eine der Haupttendenzen in den künstlerischen Aktionen der Gegenwart ist. Die Gegenkräfte gegen das Romantische, die sich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts allenthalben regten (Brahms, Bruckner, Mahler) und bis in die konstruktivistischen Richtungen in der Kunst des 20. Jahrhunderts zu verfolgen sind, standen stets im Zeichen einer Wiedergewinnung von Objektivität, Realität und Entmachtung des willkürlich Subjektiven.

[Bearbeiten] Literatur

  • E. Kurth, Romantische Harmonik und ihre Krise in Wagners "Tristan" (1920, Nachdruck 1968)
  • E. Istel, Die Blütezeit der musikalischen Romantik in Deutschland (1921)
  • F. Strich, Deutsche Klassik und Romantik oder Vollendung und Unendlichkeit (1922, 1962)
  • W. Kahl, Lyrische Klavierstücke der Romantik (1926)
  • R. Benz, Die deutsche Romantik (1927, 1956)
  • A. Schmitz, Das romantische Beethoven-Bild (1927)
  • R. Ullmann-H. Gotthardt, Geschichte des Begriffs Romantik in Deutschland (1927) (= Germanische Studien VI/50)
  • E. Bücken, Die Musik des 19. Jahrhunderts bis zur Moderne (1929) (=Handbuch der Musikwissenschaft o. Nr.)
  • H. Eckhardt, Die Musikauffassung der französischen Romantik (1935) (=Heidelberger Studien zur Mwusikwissenschaft 3)
  • A. Damerini, Classicismo e romanticismo nella musica (1942)
  • R. Dumnesil, La musique romantique française (1945)
  • W. Reich, Musik in romantischer Schau (1946)
  • A. Einstein, Music in the Romantic Era (1947), dt. Übers.: Die Romantik in der Musik (1950, 1992)
  • R. Benz, Die Welt der Dichter (1949), Kapitel Romantik und Musik
  • M. Jacob, Die Musikanschauung im dichterischen Weltbild der R. (Dissertation, 1949)
  • E. Mannack, Die Bedeutung der lyrischen Einlage für die Entwicklung des Kunstvolksliedes. Ein Beitrag zur Geschichte der romantischen Lyrik (Diss., 1955)
  • H. Besseler, Das musikalische Hören der Neuzeit (1959) (=Bericht über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philos.-hist. Klasse 104/6)
  • K. Stephenson, Romantik in der Tonkunst (1961) (=DMW 21)
  • G. Abraham, Slavonic and Romantic Music (1968)
  • Begriffsbestimmung der Romantik, hrsg. v. H. Prang (1968) (=WDF 150)
  • The Romantic Period in Germany, hrsg. v. S. Prawer (1970)
  • S. Goslich, Die dt. Romantische Oper (1975)
  • E. J. Dent, The Rise of Romantic Opera, hrsg. v. W. Dean (1976) (Vorlesungen 1937—38)
  • C. Dahlhaus, Die Idee der absoluten Musik (1978)
  • Ders., Die Musik des 19. Jhahrhunderts (1980, 1989)
  • Lexikon Orchestermusik Romantik, hrsg. v. W. Konold, 3 Bde. (1989)
  • Romanticism, hrsg. v. G. Abraham (1990) (=New Oxford History of Music 9)
  • Music Theory in the Age of Romanticism, hrsg. v. I. Bent (1996)

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