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Silvio Berlusconi

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Silvio Berlusconi (* 29. September 1936 in Mailand) ist ein italienischer Unternehmer und Politiker.

Er war von 1994 bis 1995 und von 2001 bis 2006 Ministerpräsident der 51., 57. und 58. italienischen Regierung seit Gründung der Republik, interimsmäßig Außen-, Wirtschafts- und Gesundheitsminister und ist Vorsitzender der von ihm gegründeten Partei Forza Italia. Er ist Besitzer des Konzerns Fininvest und laut Forbes ist er mit einem Vermögen von 11,8 Milliarden Dollar der reichste Mann Italiens.

Silvio Berlusconi im März 2004 in Rom
Silvio Berlusconi im März 2004 in Rom

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Silvio Berlusconi ist der älteste Sohn von Luigi Berlusconi und Rosa Bossi und Bruder von Maria Antonietta und Paolo Berlusconi. Sein Vater war Angestellter der Banca Rasini, in der er sich bis zum Geschäftsführer hocharbeitete. 1954 erlangt Silvio Berlusconi das Reifezeugnis am Salesianer-Gymnasium Sant'Ambrogio in Mailand. Anschließend beginnt er an der Universität Mailand ein Jura-Studium, das er 1961 mit einer Diplomarbeit über Werbeverträge cum laude abschließt. Für seine Arbeit gewinnt er einen von der Werbeagentur Manzoni ausgeschriebenen Preis über 2 Millionen Lire. Nach dem Studium verrichtet Berlusconi nicht den damals noch obligatorischen Militärdienst. 1965 heiratet er Carla Elvira Lucia Dall'Oglio, mit der er zwei Kinder zeugte: Maria Elvira (* 1966) und Pier Silvio (* 1968). 1985 lässt sich das Paar scheiden, 1990 folgt die Heirat mit der Schauspielerin Veronica Lario (in Wirklichkeit Miriam Bertolini), mit der er drei Kinder hat: Barbara (* 1984), Eleonora (* 1986) und Luigi (* 1988).

[Bearbeiten] Der Unternehmer Berlusconi

[Bearbeiten] Bauwesen

Nach einigen Erfahrungen als Immobilienmakler während seiner Studienzeit, gründet Berlusconi im Jahr 1961 zusammen mit dem Bauunternehmer Pietro Canali sein erstes Unternehmen, die Cantieri Riuniti Milanesi Srl. Dank einer Bürgschaft des Bankiers Carlo Rasini (Inhaber und Mitbegründer der Banca Rasini, für die Berlusconis Vater arbeitete) kann die Firma ein Grundstück in der via Alciati erwerben.

1963 gründet er das Unternehmen Edilnord Sas. Das dazu nötige Geld stellen Carlo Rasini und der Schweizer Unternehmer Carlo Rezzonico mit der Aktiengesellschaft für Immobilienlagen in Residenzzentren AG mit Sitz in Lugano zur Verfügung. Die anonymen Geldmittel der Schweizer Aktiengesellschaft werden zum Teil bei der International Bank in Zürich hinterlegt und gelangen über die Banca Rasini zur Edilnord Centri Residenziali.

1964 beginnt der Bau mehrerer Hochhäuser in Brugherio, wo eine Modellstadt für 4000 Bewohner entstehen soll. 1965 werden die ersten Häuser fertiggestellt, die sich jedoch nicht leicht verkaufen lassen. 1968 wird die Edilnord Sas di Lidia Borsani e C. gegründet (Lidia Borsani ist eine Cousine Berlusconis), die 712000 qm Grund in der Gemeinde Segrate erwirbt und 1969 mit dem Bau der riesigen Wohnanlage Milano 2 beginnt.

1972 wird die alte Edilnord aufgelöst und es entsteht die Edilnord Centri Residenziali Sas, wieder scheint Lidia Borsani als Gesellschafterin auf, wieder stellt die Aktiengesellschaft für Immobilienlagen in Residenzzentren AG die nötigen Finanzmittel bereit.

1973 gründet Berlusconi Italcantieri, zunächst als GmbH, dann als SpA (eine italienische Aktiengesellschaft), finanziert wird die Firma von schweizer Treuhandgesellschaften, nämlich von der Cofigen, die mit der Banca della Svizzera Italiana verbunden ist, und der Eti AG Holding in Chiasso. Im gleichen Jahr erwirbt er durch Vermittlung des Anwalts Cesare Previti die Villa Casati Stampa in Arcore, seinen heutigen Hauptwohnsitz, Verkäuferin ist eine minderjährige Erbin, die von Previti vertreten wurde.

1974 entsteht die Immobiliare San Martino in Rom mit dem Geschäftsführer Marcello Dell'Utri, einem alten Freund aus Studienzeiten, der ihm später bei der Gründung der Partei Forza Italia helfen wird und inzwischen wegen Verbindungen zur Mafia in erster Instanz verurteilt ist (Stand: November 2006). Das Kapital stellen zwei Treuhandgesellschaften der BNL bereit.

1978 werden die Edilnord und die Immobiliare San Martino zur Milano 2 SpA fusioniert.

[Bearbeiten] Fernsehen

1978 übernimmt Berlusconi Telemilano, einen lokalen Privatsender, der 1972 in Milano 2 gegründet wurde (landesweite Übertragungen waren damals für Privatsender noch verboten).

1980 wird ein Fußballturnier zwischen den Nationalmannschaften von Argentinien, Brasilien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und Uruguay ausgetragen. Es kommt zu landesweiten Protesten, unterstützt von großen Tageszeitungen wie dem Corriere della Sera und der Gazzetta dello Sport, da die staatliche Fernsehgesellschaft RAI die Spiele nicht live überträgt. Schließlich muss die RAI dem Berlusconi-Sender Canale 5 (dem Nachfolger von Telemilano) den Gebrauch von Satelliten für eine landesweite Übertragung erlauben.

1982 beginnt Berlusconi über all seine regionalen Sendestationen dasselbe Programm abzuspielen, sodass de facto ein neuer landesweiter Fernsehsender entsteht.

1982 erwirbt er vom Verleger Edilio Rusconi den Fernsehsender Italia 1, 1984 von der Verlagsgruppe Mondadori Rete 4. Mit diesen Käufen wird Mediaset, das Medienunternehmen des Berlusconi-Konzerns Fininvest, zum großen Widersacher des einstigen Monopolisten RAI.

Ende der Achtziger betreibt er eine Ausweitung auf dem europäischen Medienmarkt, 1986 in Frankreich mit La Cinq , 1987 in Deutschland mit Tele 5 (bis 1992), 1989 mit Telecinco in Spanien.

Mit der zu Mediaset gehörenden Publitalia 80 ist er im Werbegeschäft aktiv.

[Bearbeiten] Verlagswesen und Medien

Silvio Berlusconi ist Mehrheitsaktionär bei zwei der wichtigsten Verlagshäuser Italiens, Mondadori und Einaudi, außerdem bei mehreren kleinen (Elemond, Sperling&Kupfer, Grijalbo, Le Monnier, Pianeta scuola, Edizioni Frassinelli, Electa Napoli, Riccardo Ricciardi editore, editrice Poseidona).

Berlusconi kontrolliert die Kinokette Medusa Cinema; inzwischen nicht mehr beteiligt ist er am Videoverleih Blockbuster Italia.

[Bearbeiten] Handel und Versicherungen

Berlusconi war im Besitz der Handelsketten Standa (inzwischen an die deutsche Rewe verkauft), und Euromercato (nun im Besitz der französischen Carrefour). Er behauptet, er sei zum Verkauf gezwungen worden, da ihm nach seinem Eintritt in die Politik linksgerichtete Bürgermeister keine Konzessionen für neue Läden mehr erteilt hätten.

Die Gesellschaften Mediolanum und Programma Italia sind im Versicherungswesen tätig.

[Bearbeiten] Sport

Berlusconi ist seit 1986 im Besitz des Fußballclubs AC Milan, national und international einer der erfolgreichsten Clubs überhaupt. Bis 2004 war er Präsident des Clubs, bis ihn ein Gesetz zur Regelung des Interessenkonflikts zwang, zurückzutreten. Nach seiner Abwahl 2006 kümmert er sich wieder mehr um Belange des Vereins.

Anfang der 90er gründet er Polisportiva Milan, indem er einige ältere Vereine fusioniert. Vereinssportarten sind Baseball, Volleyball, Rugby, und Eishockey. Einige Jahre später wird der Club wieder aufgelöst.

2004 berichtet die Zeitung Tuttosport in Berufung auf Aussagen eines ehemaligen Angestellten der Edilnord, Berlusconi sei früher Fan des großen Lokalrivalen Inter Mailand gewesen. In einem Interview mit der Gazzetta dello Sport 2005 behauptet die Witwe des ehemaligen Inter-Präsidenten Ivanoe Fraizzoli, der Cavaliere habe Anfang der 80er versucht, den Club zu kaufen, was später auch von Sandro Mazzola bestätigt wird. Berlusconi selbst lässt zu diesem Fall verlauten: "Voglio precisare che non sono mai stato interista, perché non si può cambiare religione" (Übersetzung: Ich möchte klarstellen, dass ich niemals Inter-Fan war, weil man nicht seine Religion ändern kann).

[Bearbeiten] Der Politiker Berlusconi

Silvio Berlusconi
Silvio Berlusconi

[Bearbeiten] Der Beginn

Trotz seiner Nähe zum Chef des Partito Socialista Italiano und Ministerpräsidenten Bettino Craxi, der ihn beim Aufbau seines Medienimperiums unterstützte, engagiert sich Berlusconi jahrelang nicht direkt in der Politik. Erst als Stimmen aus dem Parlament lauter werden, die Vorherrschaft Mediasets im Medienbereich zu beschneiden, wird er aktiv.

1993 unterstützt er den postfaschistischen Movimento Sociale Italiano/Destra Nazionale (MSI), indem er öffentlich bekannt gibt, er zögere keine Minute, Gianfranco Fini bei den Stichwahlen für den Posten des Bürgermeisters am 5. Dezember in Rom seine Stimme zu geben.

Zunächst versucht Berlusconi Politiker der Mitte wie Mario Segni und Mino Martinazzoli für den Aufbau eines neuen moderaten, antikommunistischen Bündnisses zu gewinnen. Am 26. Januar 1994 verkündet Berlusconi in einer vorher aufgezeichneten Rede im Fernsehen seinen Eintritt in die Politik. Als Motiv gibt er an, die "kommunistische Gefahr" abwenden zu wollen, d.h. einen Sieg des Mitte-Links-Bündnisses.

Im Winter 1993 entsteht unter starker Einbeziehung von Funktionären seiner Firmen, vor allem der Publitalia 80, die politische Bewegung Forza Italia. Zwei Monate vor den Palamentswahlen 1994 wird die Partei Forza Italia gegründet, die sich vor allem um Wähler der politischen Mitte und von Mitte-Rechts bemüht, die nach dem Skandalen von Tangentopoli und dem Zusammenbruch der Democrazia Cristiana kaum Wahlalternativen haben.

[Bearbeiten] Wahlen 1994 – Regierung Berlusconi I

Dank einer gigantischen Wahlkampagne, in der Berlusconi seine gesamte Medienmacht zu seinen Gunsten einsetzt (erst später wird das so genannte par condicio-Gesetz, das die Fernsehsender verpflichtet, allen führenden Politikern und Parteien einen ungefähr gleich großen Zeitraum in der Übertragungszeit zu gewähren, verabschiedet), werden die Parlamentswahlen 1994 zu einem großen Erfolg für die Forza Italia. Nach der Wahl am 27. März 1994 bildet Berlusconi eine Koalition mit der post-faschistischen Alleanza Nazionale von Gianfranco Fini und der sezessionistischen Lega Nord von Umberto Bossi.

Nach nur wenigen Monaten kündigt Letzterer das Bündnis mit Forza Italia auf. Einer der Hauptgründe war, dass die Lega Nord ihrer Stammwählerschaft nicht vermitteln konnte, wieso die sezessionistische Partei nun plötzlich in Rom am Regierungstisch saß.

Nach dem Fall der Mitte-Rechts Regierung wird eine Mitte-Links Regierung unter dem früheren Ministerpräsidenten Lamberto Dini gebildet, die von der Lega Nord unterstützt wird. Diese Regierung hält jedoch nur eineinhalb Jahre bis Mai 1996.

[Bearbeiten] Wahlen 1996

Die folgenden Neuwahlen im Mai 1996 gewinnt schließlich das Ulivo-Bündnis unter Romano Prodi, der Ministerpräsident wird, jedoch schon 1998 nach einer verlorenen Abstimmung zur Vertrauensfrage zurücktreten muss. Ersetzt wird er durch Massimo D'Alema, welcher jedoch abermals nach einer Niederlage des Ulivo-Bündnis in den italienischen Regionalwahlen 2000 als Ministerpräsident zurücktritt und schließlich von Giuliano Amato abgelöst wird. Berlusconi wird Oppositionsführer und arbeitet in dieser Zeit mit dem damaligen Vorsitzenden der Democratici di Sinistra und späteren Ministerpräsidenten Massimo D'Alema an Verfassungs- und Justizreformen.

[Bearbeiten] Wahlen 2001 – Regierungen Berlusconi II und III

Im Jahr 2001 gewinnt Berlusconi zum zweiten Mal die Parlamentswahlen, wiederum begleitet von einem riesigen Werbeaufwand (z.B. bekommt jeder italienische Haushalt eine 128 Seiten starke Berlusconi-Biografie zugesendet). Nach den Wahlen bildet Berlusconi wieder eine Koalition mit der Alleanza Nazionale, der deutlich geschwächten Lega Nord, der christdemokratischen UDC und mehreren Kleinparteien.

Der Wahlerfolg ist wohl zum einen der Zersplitterung der Mitte-Links-Parteien zu verdanken, zum anderen dem während des Wahlkampfes veröffentlichten, sogenannten Contratto con gli italiani (Vertrag mit den Italienern). In diesem Vertrag verspricht Berlusconi potentiellen Wählern steuerliche Erleichterungen, die Halbierung der Arbeitslosenzahlen, große staatliche Projekte, die Erhöhung der Mindestpensionen und eine Verminderung der Straftaten. Dazu verpflichtet er sich, im Falle eines Misserfolges bei den nächsten Wahlen nicht mehr anzutreten.

2001 wird er zum CSU-Parteitag in Nürnberg eingeladen.

Nach dem Rücktritt des bisherigen Außenministers Renato Ruggiero am 6. Januar 2002 übernimmt er dessen Amt bis zum 14. November desselben Jahres. Sein Nachfolger wird Franco Frattini.

Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2003 ist Berlusconi turnusgemäß Präsident des Rats der Europäischen Union.

Die Regierung Berlusconi II ist jene italienische Regierung, die sich seit dem Zweiten Weltkrieg am längsten an der Macht halten konnte und hat auch, was die Zahl der ausgewechselten Minister angeht, einen neuen Rekord aufgestellt. Ersteres führt man einerseits auf die breite parlamentarische Mehrheit zurück, andererseits auf die Führungsstärke Berlusconis und die Geschlossenheit der Forza Italia. Die häufigen Regierungsumbildungen sind hauptsächlich auf Streitigkeiten zwischen den Koalitionsparteien zurückzuführen.

Am 20. April 2005 tritt Berlusconi anschließend an verlorene Regionalwahlen im Zuge einer Regierungsumbildung nach langem hin und her zurück. Dabei handelt es sich allerdings nur um einen formalen Akt, Berlusconi wird umgehend zum dritten Mal Ministerpräsident.

Vom 10. März bis zum 17. Mai 2006 übernimmt er kurzfristig auch das Amt des Gesundheitsministers.

Diese 14. Legislaturperiode ist die Erste, die die von der Verfassung vorgesehenen fünf Jahre ohne vorzeitige Parlamentsauflösung überdauert hat.

[Bearbeiten] Parlamentswahlen 2006

Vor den Parlamentswahlen am 9. und 10. April 2006 gibt es zahlreiche Kontroversen um Berlusconi. Die italienischen Unternehmensverbände üben offene Kritik an der Wirtschaftspolitik der vergangenen fünf Jahre, die fast zu einem Nullwachstum (0,1 Prozent im Jahre 2005) geführt hat. Ihrer Meinung nach drohe Italien aus der Gruppe der G8-Länder herauszurutschen. Berlusconi bezeichnet die Vorwürfe als absurd und warnt vor den Gefahren einer „kommunistischen“ Machtübernahme durch das Mitte-Links-Bündnis. Des Weiteren sorgt Berlusconi für Aufregung, als er nach kritischen Fragen einer Journalistin vor laufenden Kameras ein Fernsehstudio verlässt. Für eine diplomatische Verstimmung sorgt seine Aussage, in China seien früher unter den Kommunisten Babys gekocht worden, um sie als Dünger für die Felder zu verwenden.

Zwei Tage vor den Wahlen sorgt Berlusconi europaweit nochmals für Schlagzeilen, als er auf der Abschlussveranstaltung seines Wahlkampfes in Neapel sagt:

"Ho troppa stima per l'intelligenza degli italiani per credere che ci possono essere in giro tanti coglioni che votano per il proprio disinteresse."

Übersetzung: Ich halte zuviel von der Intelligenz der Italiener, um zu glauben, dass es genug Vollidioten/Arschlöcher gibt, die entgegen ihren eigenen Interessen wählen. Wörtlich bedeutet coglioni Hodensäcke, bezüglich seiner Ausdrucksstärke als Schimpfwort ist es wohl irgendwo zwischen "Vollidiot" und "Arschloch" anzusiedeln. Mehrere italienische Medien äußern die Vermutung, diese Aussage, die sogar gemessen am Stil Berlusconis etwas deftig ist, sei wohl eher kontraproduktiv gewesen und eher als Verzweiflungstat zu bewerten. Gleichwohl hielt Berlusconi im Wahlkampf an dem Begriff fest und rief seinen Anhängern mehrfach zu, man werde die Wahlen gewinnen, "perché non siamo dei coglioni!" ("weil wir keine Coglioni sind").

Nach der äußerst knappen Wahlniederlage gegen das Mitte-Links-Bündnis um Romano Prodi tritt Berlusconi am 2. Mai 2006 als Regierungschef zurück.

Die derzeitige Spaltung Italiens, die Berlusconi nach der Wahl mehrfach beklagt hat und wegen der er auch die Notwendigkeit einer Großen Koalition anmahnte (was die Linke umgehend ausschloss, solange Silvio Berlusconi noch Teil der Führungsriege der Forza Italia ist), ist wohl zu einem gewichtigen Teil auch von ihm selbst verschuldet. Unterstützt von vielen seiner Koalitionäre hat Berlusconi im Zuge des Wahlkampfs ständig und eindringlich an die in Italien noch tief verwurzelten Ängste vor dem Kommunismus (vor allem bei älteren Generationen) appelliert. Indem er die meisten Vorwürfe, die ihm gemacht wurden, einfach "umdrehte" (zum Beispiel warf er den "Linken" vor, 70% der Medien zu kontrollieren, kurz vor der Wahl sprach er dann auch von 90%), erzeugte er in dieser Hinsicht eine geschickte Patt-Situation in der öffentlichen Meinung, außerdem wurde dadurch eine sachlichere Diskussion in der breiten Öffentlichkeit fast unmöglich.

[Bearbeiten] Politischer Stil

Berlusconi gibt sich gerne als Alternative zur alten Politikerklasse, als Unternehmer im Dienste der Politik. Er verpackt seine Politik in einfache und markante Slogans, mit denen er sich direkt an das italienische Volk wendet (z.B. "ein Arbeiter als Ministerpräsident" oder "eine Million Arbeitsplätze"). Berühmt ist sein "Vertrag mit den Italienern", den er im Fernsehen vor den Parlamentswahlen 2001 unterzeichnet hat.

Berlusconi erklärt, Prinzip seiner Politik sei es, die Führungsmethoden eines großen Unternehmens in der Regierung eines Landes anwenden zu wollen. Die Verfassungsreform, mit der er in seiner zweiten Legislaturperiode die Macht des Ministerpräsidenten ausgeweitet hat, bezeichnet er als Stärkung des "Vorstandsvorsitzenden des Betriebs Italien".

Berlusconi ist bekannt dafür, politische Kontakte durch freundschaftliche Beziehungen zu anderen Staatsmännern zu knüpfen. Als „Freunde“ Berlusconis gelten der amerikanische Präsident George W. Bush, der britische Premier Tony Blair und der russische Präsident Wladimir Putin.

Eine weitere Eigenheit ist es, sich selten einer direkten Konfrontation im Fernsehen zu stellen. Nach einem TV-Duell mit Romano Prodi vor den Wahlen 1996 lehnte er 9 Jahre lang ab, an Fernseh-Diskussionen teilzunehmen, bis er schließlich am 5. April 2005 nach den von seiner Koalition verlorenen Regionalwahlen überraschenderweise in einer Sendung von RAI Tre (dem dritten italienischen Programm) erschien, um mit Massimo D'Alema und Francesco Rutelli zu diskutieren.

[Bearbeiten] Politisches Programm

Forza Italia ist eine politische Bewegung, die extrem auf ihre Führungsperson zugeschnitten ist. Es lassen sich im Grunde keine Konflikte zwischen Parteilinie und persönlichen Ansichten Berlusconis erkennen. Das Parteiprogramm der Forza Italia ist vor allem von wirtschaftsliberalen und konservativen Ideen beeinflusst. In seiner Regierungszeit gab es Reformen des Bildungswesens, des Pensionssystems und der Justiz, wobei die Schul- und die Justizreform große Proteste hervorriefen. Mit einer Verfassungsreform konnte Berlusconi die Macht des italienischen Ministerpräsidenten ausweiten, eine weitere Reform zur Stärkung der Zuständigkeiten der Regionen wurde in einem Referendum nach seiner Abwahl abgelehnt. Die versprochene umfassende Steuerreform wurde nicht verwirklicht. In der Außenpolitik lehnte sich Berlusconi eng an die USA an und er unterstützte auch den Irak-Krieg voll. Allerdings waren italienische Truppen nicht an den Kampfhandlungen beteiligt, sondern wurden erst nach Abschluss des offiziellen Kriegs entsandt. Außerdem befürwortet er engere Beziehungen zu Russland und spricht sich für einen EU-Beitritt der Türkei aus. Des weiteren hat seine Regierung strengere Gesetze zur illegalen Einwanderung erlassen und er sucht in dieser Frage auch eine Kooperation mit den anderen Staaten des Mittelmeerraums wie z.B. Libyen.

Einer der Hauptkritikpunkte an Berlusconi war die Tatsache, dass viele Gesetze offensichtlich auf seine Interessen zugeschnitten sind, vor allem um sich und seine Gefolgsleute vor Zugriffen der italienischen Justiz zu schützen. Zum Beispiel wurde Bilanzfälschung zu einem Bagatelldelikt herabgestuft und es ist nun auch möglich, ein Gericht abzulehnen, wenn der Angeklagte einen "begründeten Verdacht" auf Interessenskonflikt oder Parteilichkeit hat. Große Kritik rief auch das Gesetz hervor, mit dem er seinen Interessenkonflikt als Ministerpräsident und Konzernchef laut eigener Aussage beseitigt hatte: Berlusconi musste lediglich als Präsident des AC Milan zurücktreten. Weitere Beispiele für "Berlusconi-Gesetze" sind die kürzeren Verjährungszeiten für Delikte aller Art, das Immunitätsgesetz, mit dem er den fünf höchsten Repräsentanten des Staates Schutz vor Zugriffen der Justiz verschaffen wollte (wurde allerdings vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt), das Gesetz zur Rettung von Rete 4, einem seiner Fernsehsender oder ein Mediengesetz, das ihm Kontrolle auch über öffentlich-rechtliche Medien in großem Umfang gegeben hätte (wurde von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi im Dezember 2003 gestoppt).

[Bearbeiten] Kontrovers diskutierte Themen - Berlusconi der Unternehmer

[Bearbeiten] Ungeklärte Finanzierung

Es ist bis heute nicht möglich, die Herkunft der umfangreichen Finanzmittel zu klären, über die Berlusconi bereits als junger Unternehmer verfügte. Vor Gericht dazu befragt machte Berlusconi von seinem Recht zu schweigen Gebrauch. An anderer Stelle verwies er auf seinen Vater als Finanzier.

In der Zeit, als Luigi Berlusconi bei der Banca Rasini beschäftigt ist, entstehen Geschäftsbeziehungen zur Cisalpina Overseas Nassau Bank, in deren Aufsichtsrat später in negativem Zusammenhang berühmt gewordene Personen wie Roberto Calvi, Licio Gelli und Michele Sindona sitzen. Die Banca Rasini wird später von Michele Sindona und anderen pentiti (geständigen Mafiosi) beschuldigt, Mafia-Geld gewaschen zu haben. Die Vorwürfe der Geldwäsche konnten nie bestätigt werden, nicht zuletzt wegen des Schweizer Bankgeheimnisses. Es ist allerdings offensichtlich, dass derartige Umstände und Beschuldigungen Schatten auf Berlusconis unternehmerischen Erfolg werfen (vor allem unter Berücksichtigung seiner mutmaßlichen Kontakte zur Mafia und seiner Mitgliedschaft in der Organisation Propaganda Due von Licio Gelli).

[Bearbeiten] Der Fall Mangano

Am 7. Juli 1974 bringt Marcello Dell’Utri den jungen Mafioso Vittorio Mangano aus Palermo in Berlusconis Villa in Arcore. Dieser stellt ihn offiziell als Verwalter und Stallmeister ein, aber Mangano kümmert sich auch um die Sicherheit der Villa und bringt Berlusconis Kinder zur Schule. 1976 verlässt Mangano Arcore unbehelligt. Kurze Zeit später wird er wegen Drogenhandels und Verbindungen zur Mafia verhaftet, außerdem vermutet man eine Verwicklung in die Entführung des Fürsten Luigi D'Angerio, die sich nach einem Abendessen bei Berlusconi ereignet.

Am 26. Mai 1975 bringt Mangano vor einem von Berlusconis Wohnsitzen in Mailand eine Bombe zum explodieren. Berlusconi selbst definiert die Explosion in einem Gespräch mit Marcello Dell'Utri als eine Tat, die "con affetto" (mit herzlichen Grüßen) verübt wurde. Seiner Meinung nach habe eine Bombe für Mangano die gleiche Bedeutung wie ein Brief oder ein Telefonat und dies sei darauf zurückzuführen, dass Mangano einfach nicht schreiben könne.

Nachdem er mehrere Drohungen erhält, zieht er mit seiner Familie für einige Monate in die Schweiz und anschließend nach Spanien.

[Bearbeiten] Propaganda Due

Im Jahr 1978 tritt er in die Propaganda Due ein, eine verbotene Freimaurer-Loge des einstigen Mussolini-Anhängers und Hitler-Kollaborateurs Licio Gelli. Berlusconis Name wird 1981 bei einer Hausdurchuchung auf der Mitgliederliste gefunden, seine Mitgliedsnummer ist 1816, sein Rang der eines apprendista muratore, also eines Maurerlehrlings. Berlusconi hatte zuvor eine Mitgliedschaft abgestritten und wird 1990 wegen Meineides verurteilt, profitiert jedoch von einer Amnestie des Staatspräsidenten.

[Bearbeiten] Die Entstehung von Mediaset

Die italienweite Übertragung des Senders Canale 5 Anfang der 80er Jahre steht im eindeutigen Gegensatz zur damaligen Rechtslage. Demnach sind landesweit empfangbare Fernsehkanäle in Privatbesitz schlichtweg verboten. 1984 intervenieren die Prätoren der Provinzen Rom, Mailand und Pescara und veranlassen die Beschlagnahmung der Sendestationen in ihrem Kompetenzbereich. Nach vier Tagen erlässt die Regierung Craxi ein Dekret, das den Sendebetrieb wieder zulässt. Das Parlament weigert sich jedoch, das Dekret in ein Gesetz umzuwandeln, daraufhin bringt Craxi das Dekret als Gesetzesvorschlag ins Parlament ein und verbindet es mit einer Vertrauensabstimmung, die zugunsten Craxis ausgeht. Drei Jahre später prüft das Verfassungsgericht das Gesetz und erklärt es für gültig, unterstreicht aber seine Vorläufigkeit. Das entschiedene Eintreten Craxis für die Interessen Berlusconis ist wohl auf die enge Freundschaft der beiden zurückzuführen (Craxi war Trauzeuge bei Berlusconis zweiter Hochzeit und Taufpate von Barbara Berlusconi).

Erst 1990 wird Berlusconis Medienimperium durch die legge Mammì endgültig legalisiert und geregelt. Durch das neue Gesetz wird er allerdings gezwungen Anteile an der Verlagsgesellschaft der Zeitung Giornale abzugeben, die er seinem Bruder Paolo verkauft.

1994 stellt der Verfassungsgerichtshof fest, dass die legge Mammì keine ausreichenden Beschränkungen für die Konzentration von Medienmacht festlegt, allerdings folgenlos.

[Bearbeiten] Kontrovers diskutierte Themen - Berlusconi der Politiker

[Bearbeiten] Der Eintritt in die Politik

Ein oft diskutiertes Thema sind die Gründe für Berlusconis Eintritt in die Politik. Die zwei am häufigsten genannten Aspekte sind der ökonomische Zustand von Fininvest und die vielen juristischen Probleme Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre.

Anhänger Berlusconis sehen in seinem enormen Reichtum eine Garantie für Ehrbarkeit, da es absurd sei, anzunehmen, Berlusconi wolle sich durch seine politischen Ämter weiter bereichern. Seine Probleme mit der Justiz hätten mit der Gründung von Forza Italia begonnen und seien das Produkt von Komplotten von Berlusconis Gegnern, die ihn durch die Justiz eliminieren wollen. Der Cavaliere lässt zu seinen Gründen folgendes verlauten:

"Nel '94 scesi in campo perché gli eredi dei comunisti stavano per prendere il potere dopo aver scardinato la democrazia con l'uso politico della giustizia." (Silvio Berlusconi im Il Giornale, 30. Januar 2005, p.5 [1])

Übersetzung: 1994 begann ich mich zu engagieren, da die Erben des Kommunismus im Begriff waren, die Macht zu übernehmen, nachdem sie die Demokratie durch die politische Instrumentalisierung der Justiz aus den Angeln gehoben hatten

Dabei bezieht er sich auf den Zusammenbruch der italienischen Parteilandschaft Anfang der 90er Jahre.

Kritiker werfen Berlusconi vor, in Wahrheit seine Firmen vor dem Bankrott und sich selbst vor juristischen Zugriffen schützen zu wollen. Prominente Journalisten wie Enzo Biagi oder Indro Montanelli behaupten dies von ihm selbst gehört zu haben ("Se non vado in politica, mi mandano in galera e mi fanno fallire" - Wenn ich nicht in die Politik gehe, schicken sie mich ins Gefängnis und bringen mich zum Scheitern).

[Bearbeiten] Finanzielle Gründe

Einige enge Freunde des Cavaliere haben inzwischen zugegeben, dass sich Fininvest Anfang der 90er in finanziellen Schwierigkeiten befunden hat und dies ein Grund für seine politischen Aktivitäten war, so z.B. Marcello Dell'Utri:

"Silvio Berlusconi è entrato in politica per difendere le sue aziende." (Marcello Dell'Utri, 28. Dezember 1994)

Übersetzung: Silvio Berlusconi ist in die Politik eingetreten, um seine Firmen zu verteidigen.

"[...] la situazione della Fininvest con 5 mila miliardi di debiti. Franco Tatò, che all'epoca era l'amministratore delegato del gruppo, non vedeva vie d'uscita: "Cavaliere, dobbiamo portare i libri in tribunale" [...] I fatti poi, per fortuna, ci hanno dato ragione e oggi posso dire che senza la decisione di scendere in campo con un suo partito, Berlusconi non avrebbe salvato la pelle e sarebbe finito come Angelo Rizzoli che, con l'inchiesta della P2, andò in carcere e perse l'azienda." (Marcello Dell'Utri, interviewt von Antonio Galdo; das Interview wurde im Buch Saranno potenti? (Spergling & Kupfer, 2003, ISBN 8820035014) veröffentlicht)

Übersetzung: [...] die Situation von Fininvest mit 5 Billionen Lire Schulden. Franco Tatò, der damals geschäftsführender Vorstand des Konzerns war, sah keinen Ausweg mehr: "Cavaliere, wir müssen die Bücher vor Gericht bringen" [...] Die folgenden Ereignisse haben uns, zum Glück, Recht gegeben und heute kann ich sagen, dass sich Berlusconi ohne die Gründung seiner Partei nicht hätte die Haut retten können und wie Angelo Rizzi geendet hätte, der durch die Untersuchungen im Fall P2 im Gefängnis landete und sein Unternehmen verlor.

Die Zahlen sprechen für diese Aussagen: Dem jährlichen Bericht der Mediobanca zufolge belaufen sich 1992 die Schulden von Fininvest auf 7.140 Milliarden Lire. 1993 weisen die Einnahmen aus dem Werbegeschäft, die bis dahin stetig gewachsen sind, ein Nullwachstum auf.

[Bearbeiten] Juristische Gründe

Berlusconi hat mehrmals behauptet, nach seinem Eintritt in die Politik Opfer juristischer Verfolgungen geworden zu sein, die von seinen Gegnern organisiert werden.

"Appena sono sceso in politica, hanno cominciato a fischiare i proiettili delle procure eccellenti per rovesciare il mio governo." (Silvio Berlusconi, 16. Oktober 1998)
"Da quando sono sceso in campo, la magistratura ha dedicato alla Fininvest un'attenzione e un impegno degni della maggior organizzazione mafiosa." (Silvio Berlusconi, 24. November 1995')

Übersetzung: Sobald ich in die Politik eingetreten war, begannen mir die Geschosse der höchsten Staatsanwaltschaften um die Ohren zu pfeifen, um meine Regierung zu stürzen.

Seit meinem Eintritt hat die Justiz Fininvest eine Aufmerksamkeit und einen Eifer gewidmet, die der größten Mafia-Organisation würdig wäre.

Doch bereits 1992 und 1993 war die Fininvest ins Blickfeld der Staatsanwaltschaften von Turin und Rom geraten, zunächst noch im Zuge der Ermittlungen zu Tangentopoli bzw. Mani pulite; es ging um vermutete Schmiergeldzahlungen, gefälschte Bilanzen und illegale Parteifinanzierung.

Dennoch blieb Berlusconi bei seiner Version, dass nämlich die juristischen Untersuchungen zeitlich nach seinem Eintritt in die Politik einzuordnen seien und erstattete in Brescia Anzeige gegen Mailänder Gerichte wegen des Delikts Angriff auf ein Verfassungsorgan. Die Anzeige wurde archiviert, in der Urteilsbegründung heißt es:

"Risulta dall'esame degli atti che, contrariamente a quanto si desume dalle prospettazioni del denunciante, le iniziative giudiziarie [...] avevano preceduto e non seguito la decisione di "scendere in campo" (Carlo Bianchetti, Untersuchungsrichter in Brescia, Erlass zur Archivierung der Anzeige, 15. Mai 2001)

Übersetzung: Aus der Untersuchung der Fakten ergibt sich, dass, entgegen den Darlegungen des Klägers, die juristischen Initiativen der Entscheidung, in die Politik einzutreten, vorangingen und nicht dieser folgten.

1990 war Berlusconi, wie schon erwähnt, bereits wegen Meineids im Fall Propaganda Due rechtskräftig verurteilt worden und nur aufgrund einer Amnestie auf freiem Fuß.

[Bearbeiten] Die Frage der Unwählbarkeit

Laut Gesetz 361 aus dem Jahr 1957 hätte Berlusconi eigentlich gar nicht antreten dürfen, denn dieses Gesetz besagt, dass Personen, die vom Staat Konzessionen (in diesem Fall TV-Übertragungsrechte) in bedeutendem finanziellen Umfang erhalten haben, unwählbar sind. Dennoch verzichtet die Regierung, auch wegen des Einsatzes des damaligen Vorsitzenden der Democratici di Sinistra und späteren Ministerpräsidenten Massimo D'Alema, auf einen Rekurs.

[Bearbeiten] Interessenkonflikt und Medienmacht

Als besonderer Anlass für Kritik gilt der Berlusconi vorgeworfene direkte Interessenkonflikt in Bezug auf die Medien, da er als Ministerpräsident großen Einfluss auf die staatliche Fernsehanstalt RAI ausüben konnte, während er gleichzeitig Eigentümer der privaten Konkurrenzgesellschaft Mediaset war. Zusammen kontrollieren diese beiden Gesellschaften ungefähr 90% des italienischen Fernsehmarktes.

Dieser Umstand wurde (neben vielen anderen Punkten) von der britischen Wochenzeitung The Economist (von Berlusconi inzwischen "The Ecommunist" genannt) kritisiert. Der Streit erreichte seinen Höhepunkt, als Berlusconi das Magazin in Rom wegen Rufmords verklagte, woraufhin The Economist einen offenen Brief an ihn veröffentlichte [2]. Im Jahr 2004 stufte der Freedom of the Press 2004 Global Survey, ein jährlicher Bericht, der von der amerikanischen Organisation Freedom House veröffentlicht wird, die Pressefreiheit in Italien von Free auf Partly Free zurück [3]. Reporter ohne Grenzen erklärte im selben Jahr, dass der Interessenkonflikt Silvio Berlusconis immer noch nicht gelöst sei und weiterhin die Meinungsfreiheit in Italien bedrohe [4]. Wegen Berlusconis geballter Medienmacht bestünde, so der Vorwurf, theoretisch die Gefahr einer extrem parteiischen Berichterstattung auf allen italienischen Kanälen.

In der Praxis soll dieser Gefahr durch das par condicio-Gesetz vorgebeugt werden, das allen führenden Politikern und Parteien ungefähr gleich viel Sendezeit einräumt (auch in Mediaset-Programmen). Obwohl ein Mediengesetz, das ihm Kontrolle über öffentlich-rechtliche Medien in großem Umfang gegeben hätte, im Dezember 2003 von Präsident Ciampi abgelehnt wurde, übte Berlusconi dennoch während seiner Amtszeit erheblichen Einfluss auf die staatliche Fernsehanstalt RAI aus, wie ein Vorfall aus dem Jahr 2002 belegt.

Am 18. April 2002, während eines Staatsbesuches in Bulgarien, ließ Berlusconi in einer Pressekonferenz folgendes verlauten (von seinen Kritikern inzwischen als "Bulgarisches Edikt" (editto bulgaro) bezeichnet):

"L'uso che Biagi, Santoro, ... come si chiama quell'altro ... Luttazzi, hanno fatto della televisione pubblica, pagata con i soldi di tutti, è un uso criminoso. E io credo che sia un dovere della nuova dirigenza di non permettere più che questo avvenga."

Übersetzung: Der Missbrauch, den die Biagis, die Santoros und die… wie heißt der nochmal… ach ja Luttazzis am öffentlich-rechtlichen Fernsehen begangen haben, bezahlt mit Steuergeldern, ist kriminell. Es ist die Aufgabe der neuen RAI-Führung, zu verhindern, dass so etwas noch einmal vorkommt.

Die Genannten (zwei Journalisten und ein Komiker) hatten zuvor in RAI-Sendungen Kritik an Berlusconi geübt. Anhänger Berlusconis argumentierten, dass staatliches Fernsehen in Bezug auf die Politik stets neutral sein müsse, Gegner sahen den Pluralismus, der für einen öffentlichen Dienst in einer Demokratie typisch sei, gefährdet. Jedenfalls arbeitete nach Dezember 2002 keiner der drei mehr für die RAI. Luttazzi und Biagi erhielten keine neuen Verträge mehr und Santoro lehnte einen neuen Vertrag, der die Sendezeit seines Programms an einen ungünstigeren Zeitpunkt verschoben hätte, ab.

[Bearbeiten] Beleidigende Aussagen

Vielfach kritisiert werden Berlusconis polarisierenden Aussagen und "Scherze".

Das in Deutschland sicherlich bekannteste Beispiel ist sein Auftritt vom 2. Juli 2003 im EU-Parlament. Einen Tag nachdem er die turnusmäßige Präsidentschaft des EU-Rates übernommen hatte, wurde er vom deutschen Abgeordneten Martin Schulz (SPD) auch wegen seiner Innenpolitik heftig kritisiert. Berlusconi erwiderte:

"Signor Schulz, so che in Italia c'è un produttore che sta montando un film sui campi di concentramento nazisti: la suggerirò per il ruolo di kapò. Lei è perfetto!"

Übersetzung: Herr Schulz, ich weiß, dass es in Italien einen Produzenten gibt, der einen Film über Konzentrationslager der Nazis macht. Ich werde Sie für die Rolle eines Kapos vorschlagen. Sie wären dafür wie geschaffen.

Berlusconi gab hinterher an, sich damit auf die im deutschsprachigen Raum unter dem Namen Ein Käfig voller Helden (auf Englisch: Hogan's Heroes) bekannte Fernsehserie bezogen zu haben, in der ein dümmlicher deutscher Aufseher, gespielt von John Banner, namens Sgt. Hans Georg Schultz vorkommt. Obwohl Berlusconi insistierte, einen Scherz gemacht zu haben, verursachte dieser Nazi-Vergleich eine kurze diplomatische Krise zwischen Italien und Deutschland, die sich aber nach einer telefonischen Erklärung Berlusconis gegenüber Bundeskanzler Gerhard Schröder relativ bald wieder beruhigte.

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sorgten folgende Sätze Berlusconis für Aufregung:

"Wir müssen uns der Überlegenheit unserer Zivilisation bewusst sein, die aus Prinzipien und Werten besteht, die einen breiten Wohlstand für die Allgemeinheit gebracht haben. Der Westen wird weiterhin Völker erobern, so wie es ihm gelungen ist, die kommunistische Welt und einen Teil der islamischen Welt zu erobern, aber ein anderer Teil davon ist um 1.400 Jahre zurückgeblieben. Die westliche Gesellschaft hat Werte wie Freiheitsliebe, die Freiheit der Völker und des Einzelnen, die sicherlich nicht zum Erbgut anderer Zivilisationen, wie der islamischen, gehören ..."

Andere berüchtigte Aussagen Berlusconis, die kontrovers diskutiert werden, sind z.B. das Zitat "con la sinistra al potere, miseria terrore e morte" (Übersetzung: Mit der Linken an der Macht, Elend, Schrecken und Tod) oder die Behauptung, Benito Mussolini habe niemals jemanden umgebracht und sich darauf beschränkt, seine politischen Gegner in Ferienorte zu verbannen.

[Bearbeiten] Berlusconis Gerichtsverfahren

In Italien wurde Berlusconi bereits mehrmals vor Gericht angeklagt, meistens wegen des Vorwurfs der Korruption oder Bilanzfälschung und in Bezug auf Ereignisse vor seinem Eintritt in die Politik 1993.

Berlusconi selbst sieht sich wegen der zahlreichen Anklagen als zu Unrecht von der Justiz verfolgt. Mehrmals beschuldigte er Staatsanwälte und Richter, voreingenommen zu sein und behauptete, die italienische Justiz arbeite mit der Linken Hand in Hand, um ihn zu stürzen, oder sei sogar von Kommunisten unterwandert ("Rote Roben").

Um ihn vor den Zugriffen der Justiz zu schützen, wurden während Berlusconis Amtszeit mehrere Gesetze erlassen, die erkennbar auf aktuelle Verfahren gegen ihn gemünzt waren und die in manchen Fällen sogar mit Rückwirkung galten. Beispiele für solche Gesetze sind die Verkürzung von Verjährungsfristen für bestimmte Delikte, die Herabstufung des Tatbestands der Bilanzfälschung zum "Kavaliersdelikt" oder das Verbot eines Rekurses der Staatsanwaltschaft bei bestimmten Delikten nach einem Freispruch in erster Instanz.

[Bearbeiten] Verurteilungen mit anschließender Amnestie

  • Meineid im Fall Propaganda Due: Berlusconis Name wird auf der Mitgliederliste der verbotenen Freimaurer-Loge Propaganda Due (P2) gefunden, seine Mitgliedsnummer ist 1816, sein Rang der eines apprendista muratore, also eines Maurerlehrlings. Berlusconi hatte zuvor eine Mitgliedschaft abgestritten.
  • Bilanzfälschung im Fall Villa di Macherio: Es geht um den Kauf von Grundstücken rund um eine von Berlusconis Villen.

[Bearbeiten] Freisprüche wegen Verjährung

  • Drei Schmiergeldzahlungen an die Finanzpolizei: Das Delikt verjährt deswegen, weil das Berufungsgericht "mildernde Umstände" attestiert.
  • Bilanzfälschung im Fall Lentini: Beim Kauf eines Fußballspielers wurde mehr Geld gezahlt als offiziell angegeben.
  • Richterbestechung im Fall Lodo Mondadori: Das Berufungsgericht stuft den Fall als "einfache Korruption" und nicht als "Korruption in Gerichtsverfahren" ein, deswegen ist der Fall verjährt.
  • Richterbestechung im Fall Sme-Ariosto 1: Es geht um den Kauf und Verkauf des staatlichen Lebensmittelkonzerns Sme.
  • Schmiergeldzahlung an den ehemaligen Ministerpräsidenten Bettino Craxi

[Bearbeiten] Freisprüche aus Mangel an Beweisen

  • Schmiergeldzahlung an die Finanzpolizei
  • Bilanzfälschung beim Kauf des Unternehmens Medusa Cinematografica
  • Richterbestechung im Fall Sme-Ariosto 1
  • Bilanzfälschung im Fall Sme-Ariosto 2

[Bearbeiten] Anklagen, die inzwischen keinen Tatbestand mehr darstellen

  • Bilanzfälschung im Fall All Iberian: Ein von der Regierung Berlusconi II erlassenes Gesetz beendete den Prozess.

[Bearbeiten] Freisprüche

  • Illegale Aneignung, Steuerbetrug und Bilanzfälschung im Fall Villa Macherio: Es geht um den Kauf von Grundstücken rund um eine von Berlusconis Villen.
  • Richterbestechung im Fall Sme-Ariosto 1

[Bearbeiten] Archivierte Untersuchungen

  • Drogenhandel: Die Finanzpolizei hörte eine Zeit lang die Telefonleitungen Berlusconis ab, ohne irgendetwas Verdächtiges in Erfahrung zu bringen.
  • Preisabsprachen RAI-Fininvest: Berlusconi wurde angeklagt, als Ministerpräsident Preisabsprachen bei der Fernsehwerbung zwischen der staatlichen Anstalt RAI und seinem Konzern Fininvest vorangetrieben zu haben.
  • Schmiergeldzahlung an Beamte im Finanzministerium: Berlusconi soll Schmiergelder gezahlt haben, um eine Steuersenkung auf Pay-TV zu erreichen und Rückzahlungen zu erhalten.
  • Mafia-Anschläge ’92-’94: Berlusconi wird verdächtigt, Auftraggeber mehrerer Attentate zwischen 1992 und 1994 gewesen zu sein. Die Untersuchungen stützen sich dabei auf mehrere Aussagen von festgenommenen oder übergelaufenen Mafiosi.
  • Verdacht auf äußere Mitwirkung an einer mafiaartigen Vereinigung und Geldwäsche in Palermo
  • Bilanzfälschung der Fininvest von 1988 bis 1992
  • Bilanzfälschung der konsolidierten Fininvest

[Bearbeiten] Laufende Verfahren

  • Missachtung des Anti-Trust-Gesetzes in Spanien und Steuerbetrug durch das Berlusconi-Unternehmen Telecinco: Das Verfahren wird aufgeschoben, um die Beziehungen zwischen Italien und Spanien nicht zu belasten.
  • Schmiergeldzahlungen an David Mills
  • TV-Rechte, Bilanzfälschung, Steuerbetrug, Veruntreuung

[Bearbeiten] Ehrungen

1977 wird Berlusconi wegen seiner umfangreichen Bautätigkeiten von Staatspräsident Giovanni Leone zum Cavaliere del Lavoro ernannt.

1991 wird er Doktor honoris causa der Universität Kalabrien.

2003 Distinguished Statesman Award der Anti Defamation League.

2006 ist er Ehrengast des Kongresses der Vereinigten Staaten in Washington, D. C..

[Bearbeiten] Sonstiges

Aufsehen erregte Berlusconi mit seinen Schönheitsoperationen. So zeigte er sich im Januar 2004 erst nach über einem Monat wieder im Rampenlicht, nachdem er sich vermutlich im Dezember 2003 Falten in einer Schönheitsklinik entfernen lassen hatte. Im August 2004 ließ er sich in einer Schönheitsklinik in Ferrara Haare auf seine Kopfhaut transplantieren. Kritiker warfen ihm vor, er konzentriere sich mehr auf sein Äußeres, statt auf die Probleme des Landes.

Ebenfalls 2004 veröffentlichte Berlusconi eine CD mit Liedern im neapolitanischen Dialekt, die von ihm zusammen mit Mariano Apicella komponiert wurden.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Film

Dokumentarfilm
Spielfilme

[Bearbeiten] Weblinks

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Commons: Silvio Berlusconi – Bilder, Videos und/oder Audiodateien


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