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Alfred Hitchcock

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Alfred Hitchcock (1956)
Alfred Hitchcock (1956)

Sir Alfred Joseph Hitchcock KBE (* 13. August 1899 in Leytonstone; † 29. April 1980 in Los Angeles) war ein Filmregisseur und Filmproduzent britischer Herkunft. 1939 übersiedelte er in die USA, am 20. April 1955 nahm er zusätzlich die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an.

In seiner mehr als 50 Jahre dauernden Karriere hat es Hitchcock mit einem Gesamtwerk von 53 Spielfilmen und einer Fernsehserie, die seinen Namen trug, zu großem internationalen Ruhm gebracht. Hitchcocks angestammtes Genre war der Thriller, mit seinem Namen assoziiert man noch heute Mord, Spannung und Nervenkitzel. Charakteristisch für seine Thriller war zudem die Verbindung zwischen Spannung und Humor. In vielen seiner Filme erzählte Hitchcock in immer neuen Varianten die Geschichte eines unbedarften Durchschnittsbürgers, der aus seinem Alltagsleben gerissen und in gefährliche Abenteuer oder mörderische Intrigen verwickelt wird. Hitchcock etablierte die Begriffe Suspense und MacGuffin in der Filmwelt, seine wiederkehrenden Motive waren Angst und Bedrohung, Schuld und Schuldübertragung, Identitätsverlust und gespaltene Persönlichkeiten.

Hitchcock hatte ein ausgeprägtes bildhaftes Filmverständnis und verstand es, Stimmungen und Emotionen vorwiegend visuell, durch Bildauswahl, Rhythmus und Schnitt, auszudrücken. Er strebte bei seinen Filmen schon früh die absolute künstlerische Kontrolle über den Gesamtprozess von der Stoffauswahl bis zum Endschnitt an. Hitchcocks Mitarbeiter bescheinigten ihm immer wieder, dass kein anderer Filmemacher mit der künstlerischen wie mit der technischen Seite des Filmemachens so vertraut war wie er. Hitchcock war hierbei einer der innovativsten, stilbildendsten und einflussreichsten Spielfilmregisseure überhaupt und inspirierte auf Jahrzehnte hinaus die Filme seiner Kollegen. Über keinen anderen Filmregisseur wurde so viel publiziert, die Werke keines anderen Filmregisseurs wurden so tiefgreifend und umfangreich analysiert. Noch heute gilt Hitchcock nicht nur als einer der weltweit bekanntesten Filmregisseure, sondern darüber hinaus, auch dank seines Talents zur Selbstvermarktung, als eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Zeitgeschichte überhaupt.

Einige seiner berühmtesten Filme sind Der Mann, der zuviel wusste (1934 und 1956), Die 39 Stufen (1935), Eine Dame verschwindet (1938), Rebecca (1940), Berüchtigt (1946), Der Fremde im Zug (1951), Bei Anruf Mord (1954), Das Fenster zum Hof (1954), Über den Dächern von Nizza (1955), Vertigo – Aus dem Reich der Toten (1958), Der unsichtbare Dritte (1959), Psycho (1960), Die Vögel (1963) und Frenzy (1972).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben und Werk

[Bearbeiten] 1899–1925: Kindheit, Jugend und Ausbildung

Kindheit und Jugend in London

Alfred Hitchcock wurde am 13. August 1899 in Leytonstone bei London geboren. Er war der jüngste Sohn des Gemüsehändlers William Hitchcock und dessen Frau Emma Jane Hitchcock, Tochter eines irischstämmigen Polizisten.[1] Durch den Altersunterschied von sieben bzw. neun Jahren zu seinen Geschwistern, durch seine römisch-katholische Erziehung in einem protestantisch geprägten Land und nicht zuletzt durch sein Äußeres – er war klein und schon als Kind korpulent – hatte er eine einsame Kindheit. Seine Freizeit verbrachte er vor allem mit dem Lesen von Fahrplänen. Zwischen 1910 und 1913 besuchte er drei Jahre lang das St.-Ignatius-College, eine Londoner Jesuiten-Schule, die für ihre strenge Erziehung gefürchtet war.[2] Hitchcock flüchtete in Romane, besuchte Theatervorstellungen und ging ins Kino. Er verfolgte Mordprozesse im Old-Bailey-Gerichtshof und besuchte gerne das Black Museum von Scotland Yard.

Mit knapp 14 Jahren verließ er das St.-Ignatius-College. Er besuchte Abendkurse auf der Londoner Universität und diverse Handwerkskurse. Im Dezember 1914 starb sein Vater, zu dem er kein enges Verhältnis hatte. Von nun an war seine Mutter für mehrere Jahre die einzige Bezugsperson in seinem Leben. Hitchcock verließ die Schule und besuchte für wenige Monate die School of Engineering and Navigation, und er belegte Kurse in Technischem Zeichnen an der Londoner Kunstakademie. Im Frühjahr 1915 nahm Hitchcock eine Stelle als Technischer Angestellter bei der W. T. Henley Telegraph Company an, die elektrische Leitungen herstellte. Die Arbeit langweilte mit der Zeit ihn derart, dass er sich wieder in Abendkursen weiterbildete und Kunstgeschichte lernte. Er begann zu zeichnen und wurde daraufhin bei Henley in die Werbeabteilung versetzt.

Er ging oft ins Theater und noch öfter ins Kino, wobei ihn dort vor allem deutsche, französische und US-amerikanische Filme interessierten. Er war von den Werken von Regisseuren und Schauspielern wie Fritz Lang, Charlie Chaplin, Buster Keaton, Douglas Fairbanks, Mary Pickford und insbesondere den Filmen von David Wark Griffith beeindruckt. Zusätzlich las er amerikanische Film-Fachzeitschriften, wie Motion Picture Herald, Bioscope oder Kinematograph Lantern Weekly und begann, sich für die technische Seite der Filmproduktion zu interessieren, für Bildgestaltung, Kameraarbeit und Beleuchtung. Er las in dieser Zeit auch viele Romane, vor allem Detektivromane von Gilbert Keith Chesterton und John Buchan – und er entdeckte Edgar Allan Poe und Gustave Flaubert. Beeinflusst wurde Hitchcocks späteres Schaffen dabei insbesondere von Chesterton, mit dem er das vom Katholizismus geprägte Verständnis von Schuld und Sühne gemeinsam hatte, und von der Art und Weise, wie Poe sich in seinen Geschichten dem Thema Angst näherte.

Im Juni 1919 erschien in der Betriebszeitschrift von Henley eine von Hitchcock geschriebene Kurzgeschichte mit dem Titel „GAS“, in der ein albtraumhafter Zahnarztbesuch beschrieben wird. Unterschrieben war die Geschichte mit „Hitch“ – diesen Spitznamen behielt Hitchcock bis zum Ende seines Lebens.

Erste Schritte im Filmgeschäft: Hitchcock als Titelzeichner und erste Regie-Versuche

Im Frühjahr 1920 hörte Hitchcock von der Neugründung eines Studios der amerikanischen Produktionsgesellschaft Paramount Famous Players-Lasky im Londoner Stadtbezirk Islington. Er bewarb sich mit einer Mappe mit Illustrationen für einen geplanten Film, der allerdings nie gedreht wurde. Auf Teilzeitbasis zeichnete er Entwürfe für weitere Filme, und bald darauf wurde er als Zeichner von Zwischentiteln angestellt. In den Jahren 1921 und 1922 zeichnete er die Titel für mindestens zwölf Filme. Er half aus, wo er konnte, und übernahm freiwillig weitere Aufgaben, entwarf Kostüme, Dekorationen und Szenenbilder und schrieb Drehbücher um. Dabei machte er durch seinen Eifer auf sich aufmerksam.

Handwerklich wurde er vor allem von dem US-amerikanischen Regisseur George Fitzmaurice beeinflusst, mit dem er an zwei dieser Filme zusammenarbeitete. Fitzmaurice' damalige Arbeitsweise entsprach in vielen Details derjenigen, die für Hitchcock später typisch wurde. Fitzmaurice benutzte schon damals Storyboards und er pflegte seine Filme so akribisch und detailliert vorzubereiten, wie es später auch Hitchcock tat.[3] Außerdem profitierte Hitchcock davon, dass Famous Players-Lasky als amerikanisches Studio vor allem mit jungen und talentierten amerikanischen Mitarbeitern arbeitete, so dass Hitchcock schon früh eine Affinität zur Hollywood-Arbeitsweise ausbilden konnte.[4] Hitchcock betonte später, dass es ihm damals nie in den Sinn gekommen wäre, sich bei einem englischen Filmstudio zu bewerben. Dass Famous Players-Lasky in amerikanischem Besitz war, war für ihn entscheidend, überhaupt ins Filmgeschäft einzusteigen.

1922 verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation des Studios und als bei Famous Players-Lasky bereits Auflösungsstimmung herrschte, bekam Hitchcock zwei Gelegenheiten, sich als Regisseur zu versuchen. Der Produzent und Regisseur Donald Crisp, mit dem er zuvor an vier Filmen zusammengearbeitet hatte, beauftragte ihn, zusammen mit dem Autor Seymour Hicks den Film Always Tell Your Wife fertigzustellen, nachdem der Regisseur Hugh Croise gefeuert worden war. Es handelte sich jedoch nur um wenige fehlende Szenen. Bald darauf erhielt er die Gelegenheit, einen eigenen Film zu drehen. Der Film Number 13 (in einigen Quellen Mrs. Peabody) blieb jedoch unvollendet, da Famous Players-Lasky im Laufe der Dreharbeiten schließen mussten.

Förderung durch Michael Balcon

Anfang 1923 mietete der Produzent Michael Balcon, der mit Victor Saville und John Freedman die Produktionsfirma Balcon-Saville-Freedman gegründet hatte, das leerstehende Studio in Islington. Hitchcock wurde als Regieassistent eingestellt und bekam darüber hinaus die Gelegenheit, für den Film Weib gegen Weib des Regisseurs Graham Cutts am Drehbuch mitzuwirken und als Ausstatter zu arbeiten. Balcon stellte auf Hitchcocks Vermittlung dessen spätere Frau, die Cutterin Alma Reville an. Hitchcock und Reville kannten sich seit 1921, sie arbeiteten gelegentlich an denselben Filmen. Bis dahin hatte es jedoch keinerlei private Kontakte gegeben. Bis 1925 entstanden vier weitere Filme mit Hitchcock als Assistent von Graham Cutts, bei denen Hitchcock zu Cutts’ wachsendem Unmut mehr und mehr Aufgaben übernahm. Er kümmerte sich neben dem Drehbuch um die Bauten, das Szenenbild, die Besetzung, die Kostüme und die Ausstattung und war schließlich so etwas wie der Produktionsleiter bei den Dreharbeiten. Hitchcock merkte schnell, welche künstlerischen Einflussmöglichkeiten er durch diese Aufgabenfülle hatte. So bestimmte seine Wahl der Ausstattung wesentlich, wie eine Szene aufgenommen werden konnte. Alma Reville wurde in dieser Zeit zu seiner engsten Mitarbeiterin und zu seiner Verlobten. Im gleichen Jahr machte sich Michael Balcon als Produzent selbständig, erwarb die zuvor angemieteten Studios von Islington und gründete die Produktionsfirma Gainsborough Pictures, die anschließend die weiteren Filme, bei denen Hitchcock für Balcon arbeitete, produzierte.

Zusammentreffen mit Murnau und die London Film Society

Mitentscheidend für Hitchcocks weiteres künstlerisches Schaffen war 1924/25 ein mehrmonatiger Aufenthalt in Deutschland. In einer englisch-deutschen Co-Produktion entstand Die Prinzessin und der Geiger, die letzte Zusammenarbeit mit Graham Cutts. Der mit vorwiegend deutschen Schauspielern unter der Beteiligung der deutschen Ufa gedrehte Film entstand in den Babelsberger Filmstudios – zu dem Zeitpunkt die modernsten der Welt. Hitchcock fand die Zeit, neben seinen üblichen Aufgaben als Ausstatter und Assistent von Cutts den deutschen Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau bei den Arbeiten an Der letzte Mann zu beobachten. Er übernahm bereits für die Szenenbilder von Die Prinzessin und der Geiger einige von dessen Techniken. Hitchcock erfuhr in dieser Zeit viel über die Gestaltung des Bildes durch Licht und Schatten, über den Umgang mit Perspektive und über Spannungsaufbau. Er lernte, Geschichten über die Kraft der Bilder zu erzählen, und diese Erfahrungen prägten sein späteres Schaffen als eigenständiger Regisseur.[5]

In England wurde Kino von Beginn an von den Wohlhabenden und den Intellektuellen verachtet und der Film wurde erst ab Mitte der 1920er Jahre sehr zaghaft als Kunstform anerkannt. Ab 1925 gab es regelmäßige Treffen der London Film Society, bei denen Literaten, Filmschaffende und Filmkritiker, allesamt Liebhaber vor allem ausländischer Filme, zusammenkamen, um über das Medium Film zu sprechen und Matineen zu veranstalten. Hitchcock traf dort auf wichtige und einflussreiche Persönlichkeiten, unter anderem George Bernard Shaw und H. G. Wells. Mit vielen Mitgliedern sollte Hitchcock in den kommenden Jahrzehnten persönlich zu tun bekommen, zum Beispiel mit dem Filmkritiker Ivor Montagu (der bald darauf für Hitchcock als Cutter und später als Produzent tätig sein sollte), dem Kritiker Walter Mycroft (der wenige Jahre später sein Produktionsleiter sein sollte), dem Cutter Angus McPhail (der in späteren Jahren zu Hitchcocks bevorzugten Autoren gehören sollte) oder dem Verleiher und Theaterbesitzer Sidney Bernstein (mit dem Hitchcock 1946 unter anderem seine erste eigene Produktionsfirma gründen sollte). Die London Film Society kritisierte vehement den erbärmlichen Zustand des britischen Kinos zu jener Zeit. Dies betraf die Qualität der Filme insgesamt, die wenig ansprechenden Geschichten, die als konventionell, sentimental und unbeholfen beschrieben wurden, aber auch das Unvermögen der Finanziers. Das Publikum kehrte den britischen Produktionen den Rücken, alleine schon der Name eines amerikanischen Regisseurs auf dem Kinoplakat war dagegen ein Garant für volle Säle.[6]

[Bearbeiten] 1925–1939: Hitchcock als Regisseur in England

Erste Erfolge als Stummfilmregisseur; Hochzeit mit Alma Reville

In den 1920er-Jahren war der Film ein aufstrebendes Medium, das zugleich noch wenig festgefügte Strukturen hatte. Es befand sich in einem Stadium permanenter Veränderungen und Entwicklungen. Hitchcock hatte dies genutzt und als ursprünglich unerfahrener Neuling innerhalb weniger Jahre auf unterschiedlichsten Feldern der Filmproduktion Erfahrungen gesammelt. Und er hatte in Michael Balcon einen Förderer gefunden, der ihm ermöglichte, seine Fähigkeiten zu entwickeln und auf sich aufmerksam zu machen. 1925 übertrug Michael Balcon Alfred Hitchcock die Regie für einen eigenen Film.

Da für den Film eines unbekannten Regie-Debütanten in England kein Geldgeber gefunden werden konnte, wurde er von der deutschen Münchner Lichtspielkunst (Emelka) co-produziert und Hitchcock zu den Dreharbeiten nach Deutschland geschickt. Dort drehte er im Sommer 1925 mit dem Melodram Irrgarten der Leidenschaft seinen ersten vollendeten Stummfilm. Drehbuchautor war Elliot Stannard, der bis 1928 die Bücher zu sieben von Hitchcocks insgesamt neun Stummfilmen schreiben sollte. Den kleinen Stab bildeten vor allem Hitchcock, der sich neben der Regie um viele Kleinigkeiten kümmern musste und Alma Reville, die als Hitchcocks Assistentin und als Cutterin arbeitete, sowie ein Kameramann. Aus Hollywood wurden aktuelle Stars verpflichtet. Die Außenaufnahmen fanden in Italien statt, die Innenaufnahmen in den Münchener Emelka-Studios. Die Dreharbeiten spiegelten Hitchcocks Unerfahrenheit wider, verliefen holprig und erforderten Improvisationstalent. Die Geschichte dieser Dreharbeiten gehörte zu Hitchcocks gerne erzählten Anekdoten. Hitchcocks zweiter Film Der Bergadler wurde ebenfalls 1925 in deutsch-englischer Co-Produktion gedreht, für die Außenaufnahmen reiste das Team nach Österreich. Während Balcon von Hitchcocks Arbeit angetan war, konnte der Verleiher und Geldgeber C. M. Woolf mit Hitchcocks Stil, der für den damaligen englischen Film neu war, und mit der amerikanisch wirkenden Erzählweise wenig anfangen; beide Filme, die 1925 bzw. 1926 in Deutschland in den Kinos anliefen, wurden in England zunächst nicht veröffentlicht.

1926 wurde Hitchcocks dritter Film, Der Mieter, gedreht. In der düsteren, visuell stark vom deutschen Expressionismus beeinflussten Kriminalgeschichte um einen einzelgängerischen Pensionsgast, der verdächtigt wird, ein Serienmörder zu sein, hatte Hitchcock bereits sein Thema gefunden. Er selbst bezeichnete später Der Mieter als den Film, in dem er erstmals seinen eigenen Stil verwendete, als den „ersten echten Hitchcockfilm“.[7]. Auch mit diesem Film war der Verleih nicht einverstanden und legte ihn auf Eis. Erst nach kleineren Überarbeitungen durch den Cutter Ivor Montagu, argwöhnisch von Hitchcock beobachtet, kam er in kurzer Reihenfolge zusammen mit Irrgarten der Leidenschaft und Der Bergadler 1927 heraus. Irrgarten der Leidenschaft, vor allem aber Der Mieter waren Publikumserfolge, fanden begeisterte Anerkennung bei der Kritik und bedeuteten für Hitchcock den Durchbruch als Regisseur. Der Bergadler ist dagegen der einzige Hitchcockfilm, der als verschollen gilt.

Alfred Hitchcock und Alma Reville heirateten im Dezember 1926. Beruflich und künstlerisch spielte Alma in Hitchcocks Leben bis zu seinem Tod 1980 eine sehr wichtige Rolle. Sie wirkte bis 1949 an den Drehbüchern von 16 seiner Filme mit und war danach weiterhin Hitchcocks engste Beraterin. Hitchcock schätzte bis zum Schluss in künstlerischer Sicht niemandens Meinung so hoch wie die seiner Frau.[8] 1928 wurde ihre gemeinsame Tochter Patricia geboren, die später in drei Filmen ihres Vaters in Nebenrollen zu sehen sein sollte.

Für Balcons Gainsborough Pictures drehte Hitchcock 1927 noch zwei weitere Filme, die Melodramen Downhill und Easy Virtue. Bereits zuvor beschloss er, bei deutlich höherem Gehalt zur neu gegründeten Firma British International Pictures (BIP) des Produzenten John Maxwell zu wechseln.

Wechsel zu British International Pictures, Der Übergang zum Tonfilm

Die Britische Filmindustrie befand sich 1927 auf einem Tiefpunkt. Das britische Parlament beschloss den Cinematograph Films Act, wonach Produzenten und Verleiher einen jährlich wachsenden Anteil britischer Produktionen in die Kinos bringen mussten. Infolge dieses Gesetzes entstanden schnell und billig heruntergedrehte sogenannte „Quota Quickies“, die die geforderte Quote sicherten, und importierte US-amerikanische Regisseure und Schauspieler bestimmten den britischen Markt, um hier „britische“ Filme zu drehen.[9]

Unter diesen Vorzeichen und angesichts zweier wenig erfolgreicher zuletzt gedrehter Filme entstand Hitchcock erster Film für British International Pictures (BIP). Das Boxerdrama Der Weltmeister war gleichzeitig auch sein erster Film nach einem Originaldrehbuch und wurde von der Presse hoch gelobt. Es folgten drei Stummfilme, die Hitchcock eher auf Veranlassung der Produktionsgesellschaft als aus eigenem Interesse drehte. Er nutzte The Farmer’s Wife, Champagne und Der Mann von der Insel Man hauptsächlich als Fingerübungen, bei denen lediglich in einzelnen Szenen seine eigene Handschrift erkennbar ist. Dennoch hatte sich Hitchcock in Großbritannien innerhalb kurzer Zeit einen Namen gemacht, seine Filme waren kommerziell erfolgreich und bei den Kritikern beliebt. Die junge britische Filmindustrie, stark darauf bedacht, sich von der amerikanischen abzuheben, war gerne bereit, ihn als aufkommenden Regiestar zu feiern.

Mit Erpressung (1929), dem ersten britischen Tonfilm, kehrte Hitchcock wieder zum Thriller zurück. Das Drehbuch schrieb er selbst nach einem Theaterstück von Charles Bennett, der wenig später für mehrere von Hitchcocks englischen Erfolgsfilmen die Drehbücher schreiben sollte. Viele Regisseure konnten mit dem Aufkommen des Tonfilms nichts anfangen und hielten ihn für das Ende des künstlerischen Films. Nicht so Hitchcock: Die neu aufgekommene Verbindung der beiden Medien weckte seinen Spieltrieb, und er erkannte früh das Potenzial und die Möglichkeiten, die der Ton dem Film bot. Erpressung wurde ursprünglich als Stummfilm gedreht, die Produzenten erlaubten Hitchcock jedoch, nachträglich eine Filmrolle mit Tonmaterial zu drehen, was Hitchcock insbesondere dazu nutzte, einzelne Schlüsselszenen, nun mit gesprochenem Dialog oder mit entsprechenden Toneffekten, neu zu konzipieren. Die deutsch-tschechische Schauspielerin Anny Ondra ließ Hitchcock ihre Dialoge sogar stumm spielen, neben der Kamera wurde sie von der englischen Schauspielerin Joan Barry simultan synchronisiert, da mit dem verwendeten, bereits veralteten Equipment keine Nachsynchronisation möglich war.

Erpressung wurde zu einem großen Erfolg, Hitchcocks Name war in aller Munde. Da er jedoch vertraglich noch gebunden war, konnte er sich seine Stoffe nicht selbst aussuchen und musste weiter vorwiegend Auftragsfilme drehen. Der Erfolg seiner Filme führte jedoch dazu, dass er selbst populär wurde und so gründete Hitchcock die Hitchcock Baker Productions Ltd., eine Gesellschaft zur Vermarktung seiner Person und stellte einen Finanzberater ein.[10]

Auftragsproduktionen und erste Unzufriedenheit in England

Hitchcock musste 1930 mit Juno and the Paycock einen weiteren von der Produktionsgesellschaft verordneten Film drehen und wurde sogar dazu verpflichtet, einige Szenen zum Musikrevuefilm Elstree Calling beizutragen. Erst mit Mord – Sir John greift ein! fand er wieder sein Thema. Wie viele frühe Tonfilme wurde auch Mord – Sir John greift ein! in verschiedenen Sprachversionen mit unterschiedlichen Schauspielern gedreht. Hitchcock reiste dazu nach Berlin und inszenierte den Film unter dem Titel Mary ein zweites Mal mit deutschen Schauspielern. Es folgten drei weitere Filme, von denen Hitchcock nur die Komödie Endlich sind wir reich wirklich interessierte, in der Alfred und Alma, die beide am Drehbuch mitschrieben, unter anderem die Erfahrungen ihrer noch jungen Ehe verarbeiteten. Nur widerwillig drehte er dagegen das Sozialdrama Bis aufs Messer und den als Thriller geplanten Nummer siebzehn. Aus Protest gegen seine Auftraggeber beschloss Hitchcock, das ihm aufgezwungene Projekt zu sabotieren und letzteren zu einer wirren, albernen Parodie eines Thrillers zu machen, wobei die turbulente Verbindung zwischen Humor und Spannung Nummer siebzehn aus heutiger Sicht als einen Vorläufer späterer Klassiker erscheinen lässt.

Nach einem Einsatz für BIP als Produzent für den Film Lord Camber’s Ladies und sechs insgesamt unbefriedigenden Jahren endete 1933 Hitchcocks Vertrag mit British International Pictures. Die meisten der Filme, die Hitchcock für John Maxwells Produktionsgesellschaft gedreht hatte, waren Auftragsarbeiten gewesen, die ihm vom Produzenten und dessen Produktionsleiter, dem früheren Filmkritiker Walter Mycroft aufgedrängt worden waren. Er hatte keinerlei Interesse daran gehabt, weil ihn die Stoffe nicht interessierten und sie keine Herausforderungen für seine kinematographischen Vorstellungen darstellten. Die Zusammenarbeit hatte zudem zunehmend unter Einmischungen und Bevormundungen und daraus entstehenden persönlichen Abneigungen gelitten. Hitchcock hatte einen Tiefpunkt seiner Karriere erreicht und drehte für den unabhängigen Produzenten Tom Arnold einen Film über die Komponisten Johann Strauß und seinen gleichnamigen Vater. Waltzes from Vienna ist in Hitchcocks Worten ein „Musical ohne Musik“ [11]. Seinen Widerwillen ließ er auch die Crew spüren: „Ich hasse dieses Zeug. Melodrama ist das einzige, was ich wirklich kann.“[12]

Hitchcocks englische Meisterwerke

Unmittelbar nach Waltzes from Vienna nahm Hitchcock die fruchtbare Zusammenarbeit mit Michael Balcon wieder auf, der seine Firma mittlerweile mit Gaumont British, der englische Niederlassung der französischen Produktionsfirma Gaumont verbunden hatte. In den nächsten Jahren entstanden hintereinander sechs erfolgreiche und für das Filmvokabular Hitchcocks außerordentlich bedeutende Thriller. Der erste war Der Mann, der zuviel wußte (1934). Er wurde von Kritik und Publikum enthusiastisch aufgenommen. Das Drehbuch erarbeiteten im Wesentlichen Hitchcock, seine Frau Alma und der Drehbuchautor Charles Bennett. Bei der Drehbucharbeit traf Hitchcock Angus McPhail wieder, den er zehn Jahre zuvor in der London Film Society kennen gelernt hatte. McPhail war es, der den Begriff des MacGuffin als handlungsvorantreibendes Element erstmals verwendete. Hitchcock übernahm den Begriff umgehend und wird seither als Erfinder des MacGuffin angesehen. Der Film wird von manchen heute immer noch höher geschätzt als Hitchcocks eigenes amerikanisches Remake von 1956.

Die 39 Stufen (1935) wirkt als leichter, spannender Film um einen zu Unrecht verdächtigten und gejagten Mann wie eine Blaupause späterer Meisterwerke, erreichte den Erfolg des Vorgängerfilms mühelos und wird häufig als der beste britische Hitchcock-Film angesehen. Bei diesem Film schuf Hitchcock mit seinem Co-Autor Charles Bennett erstmals ein Drehbuch, das in seiner ersten Fassung völlig auf Dialoge verzichtete und lediglich eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Szenen enthielt. Diese Szenen waren im Grunde abgeschlossene Kurzgeschichten, die dann zusammengefügt wurden, verbunden durch eine bei näherer Betrachtung lose und mehr oder weniger austauschbare Rahmenhandlung, die von Flucht vor der Polizei und der Suche nach den ominösen „39 Stufen“ erzählt. Zwischen diesen „Mini-Spielfilmen“ gab es weder Überleitungen noch Pausen. Hitchcock opferte, wie er sagte, alles der Schnelligkeit und ließ eine Idee unmittelbar auf die nächste folgen. Dieses Prinzip der Reduktion auf das Wesentliche sollte er in den kommenden 40 Jahren perfektionieren.

Die beiden folgenden Filme Geheimagent (1936) und Sabotage (1936) fielen insbesondere in Hitchcocks eigener späterer Bewertung gegenüber den beiden Vorgängerfilmen ab. Ihre Grundstimmung war weniger optimistisch und sie waren ernster. Sie waren jedoch psychologisch vielschichtiger und die Behandlung des Themas „Schuld“ weist bereits hier auf spätere Werke hin. Nach Sabotage endete abrupt die zweite erfolgreiche Phase der Zusammenarbeit mit Michael Balcon, als die Produktionsfirma Gaumont British von deren Besitzern geschlossen und Balcon kurzerhand entlassen wurde. Die beiden danach folgenden Filme drehte Hitchcock daher für die Schwesterfirma der Gaumont British, Gainsborough Pictures, für die Hitchcock schon am Anfang seiner Karriere als Regisseur gearbeitet hatte – diesmal allerdings ohne seinen ehemaligen Förderer.

Es folgte der unbeschwerte Jung und unschuldig (1937), eine weitere Variation der Geschichte vom „Unschuldig Verfolgten“, danach der Thriller Eine Dame verschwindet (1938), der in England und in Amerika auf Begeisterung stieß und unter Cineasten bis heute hohe Anerkennung genießt. Sein leichter, komödiantischer Ton wurde zu einem Markenzeichen Hitchcocks. Mit diesem Film bewies er einmal mehr sein technisches Talent. Der Film spielt hauptsächlich in einem fahrenden Zug – die Dreharbeiten fanden jedoch ausschließlich in einem kleinen Londoner Studio statt. Die zur Simulation der Zugfahrt notwendigen Rückprojektionen sind technisch so ausgereift und so eindrucksvoll, dass sie noch mit 30 Jahre später entstandenen Hollywood-Produktionen mithalten können. François Truffaut bekannte 1962 gegenüber Hitchcock, dass er sich Eine Dame verschwindet gelegentlich bis zu drei mal in einer Woche anschaue.

Der Ruf Hollywoods und ein letzter Film in England

Hitchcock festigte mit diesen sechs Filmen seine Ausnahmestellung innerhalb des britischen Kinos. Er verstand es Mitte der 1930er Jahre bereits, virtuos und mit leichter Hand spannende Geschichten zu erzählen und er verwendete schon damals all die Elemente, Motive und Erzählweisen, die auch für sein späteres Werk bestimmend waren: aus dem Nichts heraufziehendes Unheil, die Verkettung zweier Schicksale, Schuldübertragung, turbulente Verfolgungssituationen, Spionageringe, undurchsichtige Frauen, unschuldig Verdächtigte, charmante Schurken und nicht zuletzt MacGuffins. Hitchcock bescherte mit diesen Filmen dem britischen Kino, das bis dahin künstlerisch keinem Vergleich mit Festlandeuropa oder den USA standhalten konnte, die bis dahin glanzvollste Zeit. Er stieß jedoch mit den in England zur Verfügung stehenden Mitteln an seine Grenzen und er war mit der Rolle des Regisseurs im britischen Filmwesen unzufrieden. Schon in den 1920er Jahren war Hitchcock bewusst gewesen, dass der Name des Regisseurs in der Öffentlichkeit für eine Handschrift stehen solle, für ein Thema, ein Genre. Ende der 1930er Jahre beauftragte Hitchcock die Selznick-Joyce-Agentur, deren Mitinhaber Myron Selznick der ältere Bruder des Hollywood-Moguls David O. Selznick war, seine Interessen wahrzunehmen. Myron Selznick wurde bis zu seinem Tod 1944 ein enger Berater Hitchcocks.[13]

Hitchcocks Ruf war mittlerweile bis nach Hollywood gelangt und Hitchcock wusste zu diesem Zeitpunkt bereits, dass seine Zukunft jenseits des Atlantiks liegen würde. 1938 unterzeichnete Hitchcock auf einer Reise in die USA einen Vertrag für die Produktionsgesellschaft von David O. Selznick, der damals gerade mit der Vorproduktion zu Vom Winde verweht beschäftigt war. In Gedanken bereits in Amerika, drehte Hitchcock in England noch einen letzten Film für den nach England emigrierten deutschen Produzenten Erich Pommer, mit dem er bereits Mitte der 1920er Jahre bei der Produktion von Die Prinzessin und der Geiger in Kontakt gekommen war. Riff-Piraten war ein Kostümfilm um eine Strandpiratenbande in Cornwall Ende des 18. Jahrhunderts. Er stand aufgrund der problematischen Zusammenarbeit mit dem exzentrischen Star Charles Laughton unter einem schlechten Stern und wurde von der Presse durchweg verrissen.

[Bearbeiten] 1939–1947: Hitchcock in Hollywood, die Selznick-Ära

Erste Erfahrungen mit Hollywood und David O. Selznick

1939 wanderte Hitchcock mit seiner Frau Alma und seiner Tochter Patricia in die USA aus. Die Zusammenarbeit mit dem Produzentenmogul David O. Selznick, bei dem er insgesamt acht Jahre lang unter Vertrag stand, gestaltete sich schwieriger als erwartet. Selznick war es gewohnt, die Arbeit „seiner“ Regisseure ausgiebig zu überwachen und zu kontrollieren. Sobald er meinte, sich einmischen zu müssen, schrieb er seitenlange Memos mit Anweisungen, die zu befolgen waren. Hitchcock erging es nicht anders. Die drei Filme, die er bis 1947 nur für Selznick drehen sollte, litten stark unter dieser Einmischung. Zwischen diesen Filmen lieh Selznick Hitchcock für große Summen an andere Studios aus, wobei er, zu Hitchcocks Unmut, an diesen Geschäften in der Regel mehr verdiente, als Hitchcock für die jeweilige Arbeit als Regisseur und zum Teil als Produzent erhielt.

Hitchcocks erste amerikanische Produktion sollte die Verfilmung des Untergangs der Titanic werden, doch das Projekt kam nicht zustande. Statt dessen nahm er sich eines Romans der Britin Daphne du Maurier an, ein Melodram in einem englischen Herrschaftshaus im ausgehenden 19. Jahrhundert. Rebecca war ein düster-romantisches märchenhafter Film, psychologisch dicht und atmosphärisch. Selznick unterband jeden Ansatz Hitchcocks, von der weitgehend humorfreien Romanvorlage abzuweichen. Rebecca gewann trotz dieser widrigen Umstände 1940 den Oscar für den besten Film des Jahres, den Selznick als Produzent erhielt. Einen weiteren Oscar erhielt der Kameramann George Barnes.

Selznick legte nach Rebecca aus steuerlichen Gründen eine mehrjährige Pause ein und so konnte Hitchcock in den Folgejahren einige Wunschprojekte für andere Studios verwirklichen. Sein zweiter amerikanischer Spielfilm war Der Auslandskorrespondent, ein eher unpolitischer Spionagethriller vor dem Hintergrund des drohenden Zweiten Weltkriegs, den er 1939 und 1940 für United Artists drehte. Das Drehbuch schrieb ein letztes Mal Charles Bennett, mit dem Hitchcock in England wenige Jahre zuvor erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Mit Der Auslandskorrespondent begann gleichzeitig die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor Ben Hecht, der herangezogen wurde, um den Schlussmonolog zu schreiben, in dem Hitchcock unter dem unmittelbaren Eindruck des Kriegsbeginns in Europa an das noch neutrale Amerika appellierte, in den Krieg einzutreten. Hecht wirkte bis 1951 an sechs weiteren Drehbüchern für Hitchcock mit.

1941 entstanden zwei Filme für RKO: Verdacht war der erste von insgesamt vier Filmen, die Hitchcock zwischen 1941 und 1959 mit Cary Grant drehte. Der zweite Film für RKO war Mr. und Mrs. Smith nach einem Drehbuch von Norman Krasna. Diesen Film, ein einmaliger Ausflug in das klassische, aber für Hitchcock untypische Genre der Screwball-Komödie, drehte er nach eigener Aussage ausschließlich der mit den Hitchcocks befreundeten Hauptdarstellerin Carole Lombard zuliebe.

Sein Lieblingsmotiv des unschuldig Verfolgten variierte Hitchcock 1942 für Universal in Saboteure. Für dasselbe Studio drehte er ein Jahr später Im Schatten des Zweifels. Der Film behandelt das Motiv des Einzugs des Bösen und Dämonischen in die „heile Welt“ und das der Schuldübertragung bzw. der „doppelten Persönlichkeit“ – zwei von Hitchcocks zentralen Themen. Hitchcock bezeichnete diesen Film gelegentlich als seinen Lieblingsfilm, relativierte dies später gegenüber Truffaut jedoch dahingehend, dass dieses an vielen Originalschauplätzen gedrehte Werk vor allem auch die diejenigen zufriedenstelle, die in Filmen nach Wahrscheinlichkeit und Logik suchen. Zudem ist Im Schatten des Zweifels einer von Hitchcocks persönlichsten Filme und trägt deutliche autobiographische Züge. Im Laufe der Dreharbeiten zu diesem Film starb in London Hitchcocks Mutter.

Hitchcock und der Zweite Weltkrieg

Hitchcock war ausgesprochen unpolitisch und er vermied es Zeit seines Lebens, politische Statements abzugeben oder gar in seinen Filmen zu transportieren. Seine Auswanderung in die USA fiel nur zufällig mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zusammen. 1940 geriet Hitchcock wegen seiner Übersiedlung nach Amerika unter Druck. Angesichts der Verwicklung Englands in den Krieg kamen Vorwürfe des Verrats am Heimatland auf und Michael Balcon persönlich hatte die filmschaffenden Emigranten in der Presse pauschal als Deserteure bezeichnet und Hitchcock explizit erwähnt. Diese Angriffe trafen Hitchcock. denn er stand auf dem Standpunkt, dass er in England nicht mehr tun könne als in Hollywood.[14]

Drei von Hitchcocks Filmen aus dieser Zeit wurden anfangs explizit als Propagandafilme geplant, auch wenn in zwei davon nicht viel von diesem Ansinnen übrig blieb. Die beiden Spionagethriller Der Auslandskorrespondent und Saboteure aus den Jahren 1940 und 1942 handeln vordergründig über Nazi-Kollaborateure, waren jedoch dem Genre des Thrillers mehr verpflichtet als der politischen Botschaft und nur die in letzter Minute eingefügte Schlussszene von Der Auslandskorrespondent fällt hier heraus. 1943 wird Hitchcock deutlicher. Das Rettungsboot (20th Century Fox), ein Film nach einer ausschließlich auf einem Rettungsboot spielenden Geschichte von John Steinbeck, hatte die Botschaft, dass die freie Welt gegen den Nationalsozialismus nur gemeinsam eine Chance hat. Er zeigt dies am Beispiel einer Handvoll britischer und amerikanischer Schiffbrüchiger, die, ideologisch heillos zerstritten, nicht in der Lage sind, gegen den ebenfalls an Bord anwesenden und intellektuell überlegenen Deutschen vorzugehen. Hitchcock erhielt für Das Rettungsboot eine seiner insgesamt sechs Oscar-Nominierungen (fünfmal Regie, einmal bester Film als Produzent), er konnte den Preis jedoch nie gewinnen.

Ein Jahr zuvor sollte Hitchcock für den patriotischen Durchhaltefilm Auf ewig und drei Tage, wie über ein Dutzend andere britische Emigranten in Hollywood auch, eine Szene nach eigenem Entwurf drehen. Dazu kam es aber aus Termingründen nicht. Seine fertig geschriebene Szene wurde von dem französischen Regisseur René Clair inszeniert.[15] Im Auftrag des britischen Informationsministeriums drehte Hitchcock 1944 in London zwei Kurzfilme: Gute Reise und Aventure Malgache sollten im nicht besetzten Teil Frankreichs als Unterstützung für die Résistance gezeigt werden. Nur der erste der beiden Filme kam damals allerdings ins Kino. 1945 half Hitchcock außerdem als dramaturgischer Berater bei dem Dokumentarfilm The Memory of the Camps über die Befreiung der deutschen Konzentrationslager. Der Film wurde seinerzeit aufgrund organisatorischer Schwierigkeiten ebenfalls nicht aufgeführt und erstmals 1985 im US-Fernsehen gezeigt. Hitchcock verarbeitete seine Erfahrungen mit der Nazi-Diktatur und mit dem Holocaust später in Berüchtigt bei der Zeichnung der in Südamerika untergetauchten Nazis.

Zwei Filme mit Ingrid Bergman und das Ende der Arbeit für Selznick

1945 begann die Zusammenarbeit Hitchcocks mit Ingrid Bergman. In Ich kämpfe um dich experimentierte er inhaltlich und formal mit dem Thema Psychoanalyse. Die Traumsequenzen des Films wurden auf Wunsch von Hitchcock vom surrealistischen Maler Salvador Dalí umgesetzt. Dieser Film entstand erstmals nach Rebecca wieder unmittelbar für Selznick, der sich für das Thema interessierte und sich diesmal relativ wenig in die Dreharbeiten einmischte. Allerdings kürzte er den fertigen Film zwischen der ersten Probevorführung und der Premiere eigenmächtig um über 20 Minuten.[16] Das Drehbuch erarbeitete Hitchcock zusammen mit Ben Hecht und seinem alten Freund Angus McPhail.

Berüchtigt (1946) ist ein Liebesfilm im Gewand eines Spionagethrillers. Er konzentrierte sich für einen Hitchcockfilm ungewöhnlich stark auf Beziehung und Gefühle der von Ingrid Bergman und Cary Grant dargestellten Hauptfiguren. David O. Selznick, dem die Geschichte um Nazis in Südamerika, die Uran in Weinflaschen verstecken, nicht geheuer war, verkaufte den Film als Gesamtpaket aus Drehbuch, Drehbuchautor, Regisseur und Produzent Hitchcock sowie den Hauptdarstellern an RKO. Hitchcock nutzte die hierdurch gewonnene ungewohnte Freiheit. Entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten veränderte er zusammen mit seinem Autor Ben Hecht im Lauf der Dreharbeiten Szenen und Dialoge; er drehte einzelne Szenen in mehreren Varianten, um unterschiedliche Wirkungen zu erreichen, um die Erzählperspektive zu verändern und um beim Schnitt Gestaltungsfreiheiten zu haben. Einzelne Szenen entstanden erst wenige Tage, bevor sie gedreht wurden.[17] Im Zuge der Dreharbeiten zu diesen beiden Filmen entwickelte Hitchcock eine sehr persönliche, jedoch einseitige Beziehung zu Ingrid Bergman.

Das Gerichtsdrama Der Fall Paradin war 1947 Hitchcocks letzter Film für Selznick, der als Produzent wieder sehr stark Einfluss nahm. Er hatte an dem Projekt weit mehr Interesse als der Regisseur und wählte sämtliche Hauptdarsteller gegen Hitchcocks Vorstellungen aus. Ferner schrieb er weite Teile des Drehbuch und veränderte dieses während des Drehens permanent, was Hitchcocks gewohnter Arbeitsweise und seinen Prinzipien zuwider lief. Hitchcock nahm es in der Gewissheit hin, dass nach Ende der Dreharbeiten die schwierige Zusammenarbeit mit dem exzentrischen Produzenten ein Ende haben würde, der ihm zwar – einer Aussage Hitchcocks zufolge – als einzigem Regisseur vertraute [18], aber meist gegenteilig gehandelt hatte.

[Bearbeiten] 1947–1957: Hitchcock als unabhängiger Produzent

Der Schritt in die Unabhängigkeit: Gründung der Transatlantic Pictures

Die 1940er-Jahre gelten als das „goldene Zeitalter“ des Kinos, viele Millionen Menschen strömten wöchentlich in die Lichtspielhäuser. Auch die meisten Filme Hitchcocks aus dieser Zeit waren erfolgreich, machten ihn und ihre Produzenten reich und Hitchcock auch in Amerika bekannt. Jetzt galt es, die völlige Kontrolle über die Filme zurückzugewinnen, doch dazu musste er sein eigener Herr werden. 1948 lief der Vertrag mit David O. Selznick aus, und bereits im April 1946 gründete Hitchcock gemeinsam mit Sidney Bernstein, der zu diesem Zeitpunkt Besitzer einer großen britischen Kinokette war, die Produktionsfirma Transatlantic Pictures.[19] Hitchcock war mit Bernstein bereits seit den 1920er Jahren befreundet.

Der Film Cocktail für eine Leiche (1948) war für Hitchcock und Transatlantic Pictures der erste Farbfilm. In einer Art Kammerspiel, das in einer einzigen Wohnung spielt, experimentierte er mit sehr langen Einstellungen. Dieser Film behandelt die typischen Hitchcock-Motive der Schuldübertragung und der latenten Homosexualität. Er ist ein Lehrbeispiel für Suspense, blieb jedoch vor allem aus technischen Gründen in Erinnerung: Der Umgang mit der Farbe und vor allem die bis zu zehn Minuten langen ungeschnittenen und ineinander übergehenden Szenen, die den Eindruck eines mehr oder weniger in einer Einstellung gedrehten Films hinterlassen. Eine der Hauptrollen spielte James Stewart, mit dem Hitchcock bis 1958 drei weitere Male zusammenarbeitete.

Hitchcocks nächster Film Sklavin des Herzens (1949), ein für ihn untypischer melodramatischer Kostümfilm, war vor allem ein Vehikel für Ingrid Bergman. Trotz der Starbesetzung und obwohl der Film insbesondere aus technischer Sicht sehr ambitioniert war und verschiedene typische Motive Hitchcocks verwendete, wurde er kommerziell ein Debakel. Nach diesen beiden kommerziellen Misserfolgen ging Transatlantic in Konkurs und die geschäftlichen Wege von Hitchcock und Bernstein trennten sich wieder.

Nachdem sein Berater und Agent Myron Selznick 1944 gestorben war, wurden Hitchcocks Interessen von mehreren anderen Personen wahrgenommen, bevor er 1948 mit Lew Wasserman zusammentraf. Wasserman war seit 1946 Präsident der weltgrößten Künstleragentur Music Corporation of America (MCA), der sich Hitchcock 1948 anschloss. Von da an betreute Wasserman Hitchcock exklusiv. Er und Wasserman wurden enge Freunde und die Zusammenarbeit sollte sich in den folgenden Jahrzehnten für beide auszahlen.

Die Rückkehr zu Schwarzweiß: Die Zeit bei Warner Brothers

Hitchcock stand nun als Produzent vollständig auf eigenen Füßen. Er schloss einen äußerst lukrativen Vertrag mit Warner Bros. über vier Filme, bei denen er als Regisseur und Produzent bei der Auswahl der Stoffe und bei der künstlerischen Umsetzung völlig freie Hand hatte.[20] Der erste dieser Filme war der Thriller Die rote Lola (1950) mit Marlene Dietrich, der im Londoner Theatermilieu spielte, und für den Hitchcock in seine Heimat zurückkehrte. Hitchcock stellte in Die rote Lola sein Lieblingsmotiv des unschuldigen Verfolgten auf den Kopf, indem dieser sich am Ende doch als der wahre Mörder entpuppt. Der Film wurde kein großer Erfolg. Hitchcock litt darunter, dass der Empfang in London kühler ausgefallen war als erwartet. Er spürte noch deutlich die Ressentiments wegen seines Verhaltens während des Zweiten Weltkriegs [21]. Im April 1950 begann Hitchcock, regelmäßige Kolloquien an den Universitäten von Kalifornien abzuhalten, in denen unter anderem Previews seiner aktuellen Filme gezeigt wurden. Diese Tradition sollte er die kommenden 20 Jahre beibehalten.[22]

Der Fremde im Zug (1951), ein klassischer Thriller Hitchcockscher Prägung, brachte schließlich nach fünf Jahren Flaute wieder einen großen Erfolg. Mit diesem Film begann eine der längsten und fruchtbarsten Zusammenarbeiten in Hitchcocks Karriere. Der Kameramann Robert Burks filmte von da an bis 1964 alle Hitchcock-Filme mit Ausnahme von Psycho. Im Laufe dieser Zeit entwickelte sich ein beinahe blindes Verständnis zwischen den beiden. Wie schon in Die rote Lola spielte Hitchcocks Tochter Patricia in dieser Patricia-Highsmith-Verfilmung eine Nebenrolle. 1952 folgte der dritte Schwarzweißfilm in Folge. Obwohl Hitchcock in vielen seiner Filme religiöse Motive anklingen ließ oder klerikale Elemente einbaute, ist Ich beichte, ein Film über einen katholischen Priester, der die Wahrung des Beichtgeheimnisses höher wertet als das eigene Leben, der eindeutigste filmische Bezug auf seine eigene starke katholische Prägung. Die Produktion festigte künstlerisch Hitchcocks Ruf, war jedoch kommerziell ein Misserfolg. Im Nachhinein bezeichnete er es als Fehler, Ich beichte gedreht zu haben, insbesondere sah er es als Manko, dass der Geschichte der Humor fehlte.[23]

Das Kino steckte seit Anfang der 1950er Jahre in seiner ersten Krise, das Fernsehen hielt Einzug in die Wohnzimmer und lief der großen Leinwand den Rang ab. Mit neuen technischen Verfahren wie dem Breitbildformat Cinemascope oder dem auf räumliche Effekte bauenden 3D-Verfahren sollten Zuschauer zurückgewonnen werden. Warner Bros. drängte Hitchcock, seinen nächsten Film in 3D zu drehen. Bei Anruf Mord (1954) ist die Verfilmung eines damals sehr populären Theaterstücks von Frederick Knott, der auch das Drehbuch schrieb. Über diese Entscheidung war Hitchcock nicht glücklich, da sie die Bewegungsfreiheit der Kamera einschränkte und den Zuschauer als externen und neutralen Beobachter definierte, statt ihn in das Geschehen hineinzuziehen. Hitchcock nutze die ihm verbliebenen Möglichkeiten so gut es ging und setzte nur wenige explizite 3-D-Effekte ein. Bei Anruf Mord war der erste von drei Filmen in Folge, die Hitchcock mit Grace Kelly drehte. Hitchcock und Kelly verstanden sich persönlich sehr gut und waren bis zu Hitchcocks Tod befreundet. Einer noch weitergehenden Zusammenarbeit stand nur Kellys spätere Heirat mit Fürst Rainier von Monaco und ihr damit zusammenhängender Rückzug aus dem Filmgeschäft 1956 entgegen.

Nach den Erfahrungen bei Selznick stellte die Schaffensperiode bei Warner für Hitchcock eine positive Zeit dar. Er bot daher an, später ohne Gage einen weiteren Film für die Produktionsgesellschaft zu drehen.

Erfolgreiche Jahre in künstlerischer Freiheit: Die Filme bei Paramount und das Fernsehen

Vom Beginn seiner Karriere bis Anfang der 1950er Jahre hatte Hitchcock knapp 40 Spielfilme gedreht. Unter diesen waren etliche Meisterwerke, aber auch schwächere Filme, die er nur auf Drängen des jeweiligen Produzenten drehte und für die er selbst wenig Interesse aufbringen konnte. Die Zusammenarbeit mit Warner Bros. markierte hier bereits eine Wende. Hitchcock konnte sich seine Stoffe aussuchen und hatte weitgehende künstlerische Freiheiten. Die Erfahrung mit Bei Anruf Mord und dem aufgezwungenen 3D-Verfahren zeigte ihm jedoch auch hier seine Grenzen. Folgerichtig schloss Hitchcock 1953 einen Vertrag mit Paramount ab, der ihm völlige künstlerische Freiheit bescherte und der dafür sorgen sollte, dass Hitchcock von nun an nur noch Wunschprojekte realisierte, was sich erst Mitte der 1960er Jahre wieder ändern sollte.

1954 begann somit Hitchcocks erfolgreichste Ära: In Das Fenster zum Hof ist neben Grace Kelly ein weiteres Mal James Stewart zu sehen. Wie schon in Cocktail für eine Leiche spielt die Handlung fast ausschließlich in einem einzigen Raum. Die Hauptfigur sitzt während des gesamten Films im Rollstuhl und beobachtet durch ein Teleobjektiv das Geschehen in den gegenüberliegenden Wohnungen – sozusagen stellvertretend für den Zuschauer, aber auch stellvertretend für Hitchcock selbst, der in diesem Film den voyeuristischen Aspekt des Filmemachens aufzeigt. Hitchcock ist in Das Fenster zum Hof in der Lage, mit geringsten Mitteln aus lediglich einem vagen Verdacht Spannung zu erzeugen und bis zum Finale aufrecht zu halten. Das Fenster zum Hof wird von vielen Hitchcock-Fans als ihr Lieblingsfilm bezeichnet.

Über den Dächern von Nizza (1955) ist ein leichter, romantischer Thriller, in dem neben Grace Kelly Cary Grant spielt, den Hitchcock nach zwei Jahren Filmpause reaktivierte. Um dem Glamour dieses an der Côte d’Azur angesiedelten Films etwas entgegenzusetzen, drehte Hitchcock im selben Jahr noch einen ungewöhnlich kleinen Film, die schwarze Komödie Immer Ärger mit Harry, in dem Shirley MacLaine neben John Forsythe ihren ersten Filmauftritt hatte. Edmund Gwenn, der schon zwischen 1931 und 1942 dreimal für Hitchcock vor der Kamera gestanden hatte, agierte fast achtzigjährig in einer seiner wenigen Filmhauptrollen.

1955 nahm Hitchcock – rund 10 Jahre nach seiner Frau – die amerikanische Staatsbürgerschaft an und begann mit Doris Day und James Stewart die Dreharbeiten zum einzigen Remake seiner Karriere, Der Mann, der zuviel wußte (1956), einer Neuverfilmung seines gleichnamigen Films aus dem Jahre 1934. Wie Cocktail für eine Leiche, Das Fenster zum Hof, Immer Ärger mit Harry und Vertigo verschwand Der Mann, der zuviel wußte für viele Jahre komplett von der Bildfläche und ist erst seit Mitte der 1980er Jahre wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Die Rechte an diesen Filmen lagen aus unterschiedlichen Gründen bei Hitchcock und waren Teil des Nachlasses an seine Tochter.

Ebenfalls 1955 startete Hitchcocks eigene wöchentliche Fernsehserie Alfred Hitchcock Presents, die ab 1962 The Alfred Hitchcock Hour hieß. Hitchcock war Produzent und übernahm in vielen Folgen die Moderatorenrolle. 17 Folgen von Alfred Hitchcock Presents und einen Beitrag für The Alfred Hitchcock Hour inszenierte er selbst. Darüber hinaus drehte er eine Folge für die Serie Suspicion sowie eine Folge der Fernsehserie Startime. Das Ende der zehnjährigen Fernseharbeit Hitchcocks hatte mit seinem nachlassendem Interesse zu tun – nachdem er von 1955 bis 1959 drei Folgen pro Jahr inszenierte, waren es von 1960 bis 1962 insgesamt nur fünf, danach keine mehr. Hinzu kam, dass die Produktion den Auftraggebern zu teuer wurde und die Zeit von Serien mit jeweils abgeschlossenen Folgen, sogenannten „Anthologies“, zu Ende ging.

Mit Der falsche Mann löste Hitchcock 1956 sein Versprechen gegenüber Warner Bros. ein. Erstmals wurde er einem seiner Grundprinzipien, der strikten Trennung von Realität und Fiktion, untreu: In dem Schwarzweiß-Film mit Henry Fonda und Vera Miles in den Hauptrollen wird an Originalschauplätzen die auf Tatsachen beruhende Geschichte eines Mannes erzählt, der zu Unrecht verurteilt wird. Nachdem Hitchcock mit dem ersten Drehbuchentwurf von Maxwell Anderson unzufrieden war, griff er wieder einmal auf Angus McPhail zurück, der das Drehbuch zur allseitigen Zufriedenheit fertigstellte. Allerdings wurde Der falsche Mann, der viele Stilelemente des Film noir aufweist, kein Erfolg. Man vermisste vor allem den Humor anderer Filme. Ungewöhnlich für Hitchcock war das trostlose Ende des Films – die Hauptfigur wird zwar entlastet, seine Frau jedoch zerbricht an der Belastung und verbleibt in einer psychiatrischen Anstalt. Ein am Schluss eingeblendeter Text, dass die reale Mrs. Balestrero inzwischen genesen sei, war hier nur ein schwacher Trost. Abgründigkeit und Düsterkeit sollten von nun an in Hitchcocks Filmen verstärkt vorkommen.

[Bearbeiten] 1957–1964: Der Höhepunkt der Karriere und die Wende

Was das künstlerische Schaffen betrifft, besteht unter Kritikern weitgehende Einigkeit, dass die Jahre zwischen 1958 und 1963 den Höhepunkt in Hitchcocks Karriere darstellen. In dieser Zeit inszenierte der Regisseur vier inhaltlich sehr unterschiedliche Meisterwerke von außergewöhnlicher Qualität, die das Kino nachhaltig beeinflusst und verändert haben. Diese vier Filme befinden sich in der vom American Film Institute erstellten Liste der 100 besten amerikanischen Thriller auf den Plätzen 1, 4, 7 und 18.

Die letzten Filme mit James Stewart und Cary Grant: Vertigo und Der unsichtbare Dritte

1957 drehte Hitchcock seinen letzten Film für Paramount: Vertigo – Aus dem Reich der Toten (1958). Das Drehbuch entstand in gemeinsamer intensiver Arbeit von Hitchcock und Samuel A. Taylor. Zu seiner Entstehungszeit war der Film mit James Stewart und Kim Novak in den Hauptrollen nicht besonders erfolgreich. Inzwischen gilt dieser vielschichtige, geheimnisvoll wirkende Film um Obsessionen, Täuschungen und Manipulation jedoch für viele als sein bestes und tiefsinnigstes Werk. Der Film trägt eindeutige autobiographische Züge, in wenige seiner Filmfiguren projizierte Hitchcock so viel seiner eigenen Persönlichkeit, wie in den von James Stewart verkörperten Scottie Ferguson.[24]

Der unsichtbare Dritte, den Hitchcock 1959 für MGM drehte, wird allgemein als die Summe und Krönung des klassischen Hitchcock-Themas angesehen, bei dem ein Unschuldiger um seine Reputation und um sein Leben kämpft. Es ist Hitchcocks letzter Film mit Cary Grant und Grants wahrscheinlich bekanntester Film. Hitchcock und sein Drehbuchautor Ernest Lehman konzipierten Der unsichtbare Dritte als eine Abfolge von Abenteuern, die der von Grant gespielte Held auf der Suche nach der Lösung des Rätsels überstehen muss. Der unsichtbare Dritte und die Leichtigkeit und Eleganz dieses Films haben sehr viele danach entstandene Filme beeinflusst, nicht zuletzt auch die in den 1960er Jahren entstandenen James-Bond-Filme oder die Indiana-Jones-Filme. Der unsichtbare Dritte war für lange Zeit Hitchcocks letzter vorwiegend heiterer Film.

Danach bereitete Hitchcock einen Film vor, der No Bail for the Judge heißen sollte. Er sollte im Londoner Prostituiertenmilleu spielen und für die Hauptrolle war Audrey Hepburn vorgesehen. Die Vorbereitungen waren weit fortgeschritten, doch wurde das Projekt sofort gestoppt, als Audrey Hepburn absagte, nachdem sie im Drehbuch von einer Vergewaltigungsszene gelesen hatte. Hitchcock wollte den Film mit keiner anderen Schauspielerin drehen und schrieb die bereits investierten 200.000 Dollar ab. Angesichts dieser Enttäuschung entschloss er sich, seinen nächsten Film mit kleinem Budget zu drehen.[25]

Zwei Horrorfilme: Psycho und Die Vögel

1960 folgte mit Psycho, Hitchcocks wohl berühmtester Film und sein letzter Film in Schwarzweiß. Psycho ist ein für Hitchcocks Verhältnisse ungewöhnlich brutaler Film, den er kostengünstig mit den Mitarbeitern seiner eigenen Fernsehproduktionsfirma Shamley Productions drehte. Er drückte mit diesem Film dem damals in den USA sehr populären Genre des Horror-B-Movies nachhaltig seinen Stempel auf und schockte das Publikum über alle Maßen. Den Tod der Hauptfigur nach nur einem Drittel des Films gab es nie zuvor in einem „großen“ Hollywood-Film. Die „Duschszene“ gehört zu Hitchcocks bekanntesten und den meistanalysierten Filmszenen überhaupt. Der Grafikdesigner Saul Bass, der für diesen und die beiden vorangegangenen Filme die Titelsequenzen schuf, entwarf nach Hitchcocks Vorgaben die gezeichneten Storyboards, nach der diese Szene gedreht wurde, die Aufnahmen dauerten eine Woche. Die Kritiken zu Psycho waren unerwartet barsch, doch das Publikum machte ihn zu Hitchcocks erfolgreichstem Film.

Erstmals seit sehr langer Zeit verging ein Jahr, ohne dass Hitchcock einen neuen Film begann. 1960 kündigte er öffentlich zwei Projekte an, die jedoch nie konkret weiter verfolgt wurden. Ein weiteres Projekt konnte aufgrund äußerer Umstände nicht verwirklicht werden: Hitchcock wollte einen Film namens The Blind Man drehen, der ausschließlich in Disneyland spielt. Dies scheiterte allerdings noch während der Drehbucharbeiten (für die er Ernest Lehman verpflichtete) am Widerstand von Walt Disney, der Psycho für einen „widerlichen Film“ hielt und die Dreherlaubnis verweigerte.[26]

Erst Mitte 1961 nahm Hitchcock seinen nächsten Film in Angriff. Die Vögel (1963) ist ein weiterer Horrorfilm, ein apokalyptisches und in Bezug auf Dramaturgie und Spannungsaufbau stilbildendes Werk, die verwendete Tricktechnik setzte damals neue Maßstäbe. Der Film, nach Riff-Piraten (1939) und Rebecca (1940) die dritte Verfilmung eines Romans von Daphne du Maurier, besitzt zudem keine Filmmusik. Die Geräusche wurden sämtlich von dem deutschen Komponisten Oskar Sala elektronisch erzeugt und auf dem nur von ihm beherrschten Trautonium gespielt. In der weiblichen Hauptrolle agierte Tippi Hedren, die Hitchcock im Werbefernsehen entdeckt hatte und die bis dahin keine Filmerfahrung besaß. Ohne auch nur einmal zuvor mit ihr gesprochen zu haben schloss er mit Hedren einen Exklusivvertrag über sieben Jahre.

Die Vögel entstand für Universal, die kurz zuvor teilweise von MCA übernommen worden waren und für die Hitchcock von nun an alle Filme drehen sollte. Somit arbeitete Hitchcock ab diesem Zeitpunkt für seinen Freund Lew Wasserman, der Präsident von Universal wurde und seine Agententätigkeit aufgeben musste. Hitchcock unterzeichnete im Frühjahr 1962 einen entsprechenden Vertrag und bezog einen eigens für ihn eingerichteten Büro-Komplex auf dem Universal-Gelände. Im Gegenzug zu seinen Rechten an Psycho und an seiner Fernsehserie erhielt er MCA-Anteile und war dort von nun an drittgrößter Aktionär.

Hitchcock als Idol der französischen Filmemacher

Bereits seit Mitte der 1950er Jahre war Hitchcock in Europa, insbesondere in Frankreich, hoch angesehen. Die Vertreter der Nouvelle Vague feierten ihn als Idol. Als Hitchcock im Mai 1960 nach Europa reiste, wurde er in Paris von Dutzenden jungen Filmemachern anlässlich eines ihm zu Ehren abgehaltenen Filmfestivals frenetisch gefeiert und er genoss diese Anerkennung, obwohl er das Ausmaß der Begeisterung nicht ganz verstand – er sah sich selbst nie als Autorenfilmer. Joseph Stefano, mit dem Hitchcock zu dieser Zeit zusammenarbeitete, sagte später: „[Hitchcock] liebte die Aufmerksamkeit und das Getue und den Ruhm, und wenn er nicht verstand, weshalb man so eine Aufregung machte, dann fühlte er sich doch nicht verpflichtet, es zu ergründen. Es war gut für das Geschäft, und es war gut für sein Ego.“ Die internationale Ausgabe der Herald Tribune schrieb, dass Hitchcock in dieser Woche „das Idol der französischen Avantgarde geworden“ sei.[27]

Im August 1962, noch während der Schnittarbeiten an Die Vögel, nahm sich Hitchcock eine Woche Zeit, um dem damals 30-jährigen französischen Filmkritiker und Regisseur François Truffaut ein 50-stündiges Interview zu geben. Truffaut befragte Hitchcock chronologisch zu dessen bisherigen 48 Filmen. Das Interview erschien 1966, nach einen weiteren kurzen ergänzenden Interview in Buchform. Das Buch Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? und das Engagement von Filmkritikern und -theoretikern trugen dazu bei, die Rezeption von Filmen allgemein zu verändern und auch Hitchcock verdankt ihnen, heute nicht nur als Regisseur von Unterhaltungsfilmen anerkannt zu sein, sondern als eigenständiger Künstler zu gelten. Hitchcock und Truffaut waren seit dieser Zeit befreundet. Truffaut besuchte Hitchcock, so oft er dazu die Gelegenheit hatte, beide unterhielten einen regen Schriftwechsel, außergewöhnlich für Hitchcock, der ansonsten nicht als großer Briefeschreiber galt.

Marnie als Wendepunkt

Nach Die Vögel gibt es in Hitchcocks Werk einen Bruch. Die folgenden drei Filme der 1960er Jahre konnten künstlerisch und kommerziell an die vorangegangenen Erfolge nicht anknüpfen. Als einer der Gründe hierfür kann die Entwicklung des Mediums gesehen werden, die veränderte Produktionsbedingungen und neue Themen mit sich brachte, womit Hitchcock, inzwischen 64-jährig, Probleme hatte. Als eine Hauptursache für die nachlassende Qualität und für den abnehmenden Erfolg seiner Filme wird jedoch auch seine persönliche Entwicklung in dieser Zeit gesehen, und hierbei insbesondere das Zerwürfnis mit der Hauptdarstellerin Tippi Hedren im Verlauf der Dreharbeiten zu Marnie (1964). Dies war nicht das erste Mal, dass Hitchcock sich mit einer seiner Schauspielerinnen überwarf, doch nie zuvor waren die Folgen derart weitreichend. An den Dreharbeiten verlor er jedes Interesse, zeitweilig schien es sogar so, als würde er das Gelingen des Films bewusst sabotieren.[28]

Marnie ist ein Psychogramm einer verstörten, traumatisierten Frau, das damals bei Publikum und Kritik in Erwartung eines weiteren Meisterwerks weitgehend durchfiel. Der Film bedient sich psychologischer Erklärungsmodelle, die überholt und undifferenziert wirken und enthält für Hitchcock untypisch viele handwerkliche Fehler. Diese waren auch darauf zurückzuführen, dass das alleine gelassene Team zum Ende der Dreharbeiten hin immer mehr improvisieren musste und Hitchcock alle Verbesserungsvorschläge zurückwies. Der Film wurde dennoch nicht zu einem völligen Fiasko, denn auch ohne Hitchcocks übliches Engagement, Schlüsselszenen so lange und sorgfältig zu drehen, bis sie seiner Intention vollständig entsprechen, war sein eingespieltes Team in der Lage, die detaillierten Drehbuchvorgaben weitestmöglich umzusetzen. Aus der zeitlichen Distanz lässt sich die im Wesentlichen den widrigen Umstände geschuldete augenscheinliche Künstlichkeit mancher Schlüsselszenen ebenso wie die Farbgebung des Films oder die für Hitchcocks Verhältnisse löchrige Dramaturgie auch als Stilmittel und als Ausdruck des geistigen Zustands der Titelfigur werten.

Marnie war in mehrerlei Hinsicht ein Wendepunkt in Hitchcocks Karriere. Tippi Hedren war die letzte typische „Hitchcock-Blondine“. Marnie war der letzte Film, den Hitchcocks langjähriger Kameramann Robert Burks drehte.[29] Kurz nach Abschluss der Arbeiten an Marnie starb Hitchcocks Cutter George Tomasini, mit dem er zehn Jahre lang zusammen gearbeitet hatte. Hitchcock war 65 Jahre alt, hatte seinen ersten künstlerischen und kommerziellen Misserfolg seit rund fünfzehn Jahren hinter sich und in kurzer Zeit zwei Stützen seines Teams verloren. Schwierige Jahre lagen vor ihm.

[Bearbeiten] 1964–1980: Das Spätwerk

Der Filmmarkt verändert sich: Unrealisierte Projekte

Hitchcocks Karriere war schon früh von seinem Bemühen geprägt gewesen, künstlerische Unabhängigkeit zu erkämpfen und zu bewahren. Seine Erfahrungen mit dem Hollywood-typischen, produzentendominierten Studiosystems hatten ihn darin bestärkt. Mit wachsender Bekanntheit seiner Person und mit zunehmendem Erfolg seiner Filme hatte er es bis Anfang der 1950er Jahre geschafft, die weitgehende Kontrolle über seine Arbeit und seine Filme zu erhalten. Diese Position konnte er bis Anfang der 1960er-Jahre behaupten. Nach Die Vögel jedoch wurden seine Filme kommerziell weniger erfolgreich. Gleichzeitig wurden Filmproduktionen immer aufwändiger, der Erfolg an der Kinokasse immer wichtiger. Diese neuen ökonomischen Bedingungen erschwerten die Zusammenarbeit mit bewährten Mitarbeitern. Hinzu kam, dass gesellschaftliche und zeitgeistige Veränderungen dazu führten, dass zunehmend modernere Themen gefragt waren, und damit begann eine Zeit, in der der mittlerweile rund 65-jährige Hitchcock Probleme hatte, geeignete Stoffe zu finden und zu realisieren. Mit Ausnahme von Frenzy sollte keiner der Filme, die er nach Marnie noch drehte, mehr ein Wunschprojekt sein. In Hitchcocks nun folgenden letzten Filmen finden sich zudem mehrfach Szenen auffälliger Gewalttätigkeit oder mit für Hitchcock untypischer Freizügigkeit, die als Konzession an den veränderten Publikumsgeschmack gelesen werden können.

Gleichzeitig wurden Hitchcocks späte Jahre auch davon überschattet, dass sich diverse Projekte, die den Filmemacher reizten und die er mehr oder weniger intensiv plante, zerschlugen. An Mary Rose, einer Mystery- und Phantasygeschichte, faszinierte ihn die unheimliche Komponente einer übersinnlichen Begegnung mit der eigenen Zukunft. Das zugrundeliegende skurrile Theaterstück sah Hitchcock bereits 1920 in London und seither spielte er immer wieder mit dem Gedanken an eine Verfilmung. Ein Drehbuch von Jay Presson Allen lag bereits vor, als Universal ihm das Projekt für alle Zeiten untersagte, da es einen weiteren kommerziellen Tiefschlag befürchtete.[30]

1965 war es bereits sechs Jahre her, dass Hitchcock mit Der unsichtbare Dritte seinen letzten „komischen Thriller“ drehte. Seit dieser Zeit entstanden dutzende Filme anderer Regisseure, die sich mehr oder weniger erfolgreich in diesem Genre versuchten, Charade von Stanley Donen, Philippe de Brocas Abenteuer in Rio oder Topkapi von Jules Dassin sind drei davon. Hitchcock wollte Universals Rat folgen und alle seine Nachahmer übertreffen. So plante er R.R.R.R., einen Film mit vielen Verwicklungen über eine italienische Ganoven-Familie, die ein New Yorker Hotel leitet. Doch trotz mehrmonatiger Arbeit mit zwei italienischen Drehbuchautoren an dem Projekt scheiterte dies schließlich an unüberbrückbaren sprachlichen und kulturellen Problemen.

Am 7. März 1965 erhielt Hitchcock für seinen „historischen Beitrag zum amerikanischen Kino“ den Milestone Award der Producers Guild Of America – die erste von vielen Ehrungen für sein Lebenswerk, die in den kommenden 15 Jahren noch folgen sollten.

Die Rückkehr zum Spionagefilm

Schließlich entschloss sich Hitchcock, zum Genre des Spionagefilms zurückzukehren, in dem er bereits in den 1930er-Jahren in England große Erfolge gefeiert hatte. In Der zerrissene Vorhang (1966) wollte er die Geschichte eines Überläufers ins feindliche Lager aus der Perspektive von dessen nichtsahnender Frau zeigen. Der zerrissene Vorhang war Hitchcocks 50. Spielfilm, was mit einer groß angelegten Marketingkampagne begleitet werden sollte. Nicht nur aus diesem Grund setzte Universal die aktuellen Stars Paul Newman und Julie Andrews als Hauptdarsteller durch, die Hitchcock für Fehlbesetzungen hielt. Außerdem konnte er nicht verstehen, wieso Schauspieler mehr verdienen sollten als er. Hinzu kam, dass erstmals seit rund zehn Jahren wichtige Positionen seines Stabs mit Personen besetzt waren, mit denen er vorher noch nie zusammen gearbeitet hatte. Überdies kam es zum Bruch mit Hitchcocks bevorzugten Filmkomponisten Bernard Herrmann, als dieser nicht die von Universal gewünschte, auch für den Schallplattenverkauf geeignete Unterhaltungsmusik vorlegte, sondern die von ihm gewohnte „schwere“ orchestrale Filmmusik, was Hitchcock als Vertrauensbruch wertete. Der zerrissene Vorhang fällt handwerklich und dramaturgisch gegenüber Hitchcocks letzten Filmen (einschließlich Marnie) deutlich ab und wurde von der Kritik durchweg verrissen.

Hitchcock unternahm Mitte 1966 ausgedehnte Reisen, hielt Vorträge, beispielsweise vor Filmstudenten und erfuhr weitere Ehrungen für sein bisheriges Lebenswerk. Unmittelbar danach widmete er sich seinem nächsten Projekt. Hitchcock wollte Universal entgegenkommen, die „zeitgemäßere“ Themen einforderten und wollte ohne große Stars die Geschichte eines psychopathischen und noch dazu homosexuellen Frauenmörders mit geringem Budget drehen. Zusammen mit dem Autor Howard Fast hatte Hitchcock bereits ein Drehbuch fertig ausgearbeitet, in dem unter anderem 450 einzelne Kamerapositionen festgehalten waren. Um so größer war seine Enttäuschung, dass das Projekt von den Vertretern von Universal kurz und bündig abgelehnt wurde. Hitchcock zog sich für ein Jahr ins Privatleben zurück.[31]

Anfang 1968 entschloss sich Hitchcock unter dem Druck der langen Pause seit dem letzten Film und der noch längeren Zeitspanne seit dem letzten Erfolg, den Roman Topas von Leon Uris zu verfilmen, dessen Rechte Universal kurz zuvor erworben hatte. Mit der Drehbucherstellung durch den damit beauftragten Uris gab es Probleme, so dass Hitchcock letztendlich auf seinen Freund Samuel A. Taylor zurückgriff, mit dem er erfolgreich das Drehbuch zu Vertigo erarbeitet hatte. Taylor gelang es, unter großem zeitlichem Druck ein angesichts der widrigen Umstände brauchbares Drehbuch zu erstellen. Doch die Probleme setzten sich fort und erstmals nach Verdacht (1941) gab es während des Drehens noch keinen brauchbaren Schluss für den Film. Das letztlich im Film verwendete Ende wurde ohne Hitchcocks Zutun mit Taylors Hilfe von Universal zusammengebastelt. Vor dem Hintergrund der negativen Erfahrungen mit namhaften, aber unpassenden Hollywoodstars bei Hitchcocks vorhergehendem Film wurden für Topas fast ausschließlich europäische Stars verpflichtet. Doch die Besetzung einiger Rollen zog sich noch bis weit in die Dreharbeiten hinein. Diese verliefen dementsprechend unruhig. Mit dem fertigen Film, bis dahin Hitchcocks teuerster, war niemand zufrieden, auch Hitchcock nicht.

Nach dem dritten Misserfolg in Folge begann man langsam, sich darauf einzurichten, dass die Zeit der großen Hitchcockfilme vorbei sei. Hitchcock hatte jedoch in seiner Karriere bereits die eine oder andere Durststrecke erlebt und sah das Ende seiner Karriere noch nicht in Sicht: „Ich habe meinen letzten Film noch nicht gedreht. Topas ist mein 51. Film, aber wann ich meinen letzten Film drehen werde, ist von mir, meinen Finanziers und Gott noch nicht entschieden worden.“, sagte er im September 1969.[32]

Die triumphale Rückkehr nach London; große Ehrungen

Im Spätsommer 1970 nahm Hitchcock sein nächstes Projekt in Angriff. Frenzy (1972) spielt in London und ist die Geschichte eines psychopathischen Frauenmörders oder in Hitchcocks Worten: „... die Geschichte eines Mannes, der impotent ist, und sich deshalb durch Mord ausdrückt“ [33]. Hitchcock wurde in England begeistert empfangen. Die früheren Spannungen waren endgültig Vergangenheit. Nach langer Zeit verliefen Drehbucharbeit und zunächst auch die Dreharbeiten wieder einmal weitgehend reibungsfrei. Hitchcock genoss es, wieder in England zu sein und mit Engländern zu arbeiten. Er dokumentierte in Frenzy auch seine Verbundenheit zur alten Heimat, indem er versuchte, im Film ein London zu schaffen, wie er es aus früheren Jahren kannte. Er ließ den bereits verkommenen und kurz vor dem Abriss stehenden Obst- und Gemüsemarkt in Covent Garden wieder herrichten, flocht leicht anachronistisch wirkende Details in die Handlung ein und beharrte beispielsweise bei den Dialogen auf vielen altmodisch wirkenden Wendungen.[34]

Hitchcock nahm anfangs die Dreharbeiten so ernst wie lange nicht mehr und achtete peinlichst genau auf jedes Detail. Doch plötzlich – mitten während der Dreharbeiten – erlitt seine Frau Alma einen Herzanfall. Hitchcock wurde aufgrund dieses Schocks müde und untätig und die Crew war, ähnlich wie bei den drei vorangegangenen Filmen, anschließend weitgehend auf sich alleine gestellt.[35] Doch diese Probleme sieht man dem fertigen Film nicht an. Frenzy wurde ein harter, brutaler, zum Teil bitterer und sarkastischer und mit tiefschwarzem britischen Humor durchzogener Film, sein erster humorvoller Film seit Der unsichtbare Dritte. Frenzy kam im Sommer 1972 in die Kinos und war Hitchcocks letzter großer Erfolg. Nur in England war man enttäuscht und bemängelte vor allem die anachronistisch wirkende Darstellung von London und des britischen Lebens.

Ab Mitte der 1960er-Jahre hatte sich das Ende von Hitchcocks Karriere abgezeichnet und seit dieser Zeit häuften sich die Rückblicke und Ehrungen für den weltberühmten alternden Regisseur: Immer wieder erntete Hitchcock Bewunderung, wenn er Werbeauftritte für seine Filme absolvierte, Vorträge hielt und beispielsweise vor Studenten auftrat. In New York erhielt Hitchcock 1966 vom Bürgermeister die kulturelle Ehrenmedaille der Stadt. Als weitere Auszeichnungen folgten die Ehrenmitgliedschaft des Drama Club in Harvard, die Einrichtung eines Alfred-Hitchcock-Tages im Bundesstaat Massachusetts, eine Belobigung der Universität von Boston und in London die Ehrenmitgliedschaft der Association of Cinematograph, Television and Allied Technicians (ACTT). 1968 erhielt er im Rahmen der Oscar-Verleihung den Irving G. Thalberg Memorial Award für sein langjähriges Wirken als Produzent. Bald darauf erhielt er die Ehrendoktorwürde der University of California.

Zwei weitere Ehrungen erfolgten durch Frankreich, wo Hitchcock besonders anerkannt war: Im September 1969 erhielt er in Hollywood die französische Kunst- und Literaturauszeichnung Ordre des Arts et des Lettres, 1971 wurde dem Filmemacher in Paris von Henri Langlois, dem langjährigen Leiter der Cinémathèque Française, der Orden der Ehrenlegion verliehen und Hitchcock als Ritter der Ehrenlegion ausgezeichnet. Ebenfalls 1971 wurde Hitchcock von Prizessin Anne mit der ersten Ehrenmitgliedschaft der Society of Film and Television ausgezeichnet. 1972 erhielt er den Golden Globe für sein Lebenswerk. Anfang 1973 präsentierte das Los Angeles County Museum of Art in Zusammenarbeit mit dem American Film Institute eine große Retrospektive seiner Werke, 1974 erfolgte eine große Ehrung im Rahmen eines Gala-Abends durch die Film Society of Lincoln Center, das New Yorker Filmmuseum.

Der letzte Film und das letzte unvollendete Projekt

Hitchcocks letzte Jahre standen im Zeichen zunehmender altersbedingter gesundheitlicher Probleme. Darunter litt auch die Vorbereitung zu seinem nächsten Film, der auch sein letzter werden sollte. Im Frühjahr 1973 entschloss sich Hitchcock, den Roman The Rainbird Pattern von Victor Canning zu verfilmen. Für das Drehbuch gewann er Ernest Lehman, mit dem er 14 Jahre zuvor erfolgreich bei Der unsichtbare Dritte zusammengearbeitet hatte. Doch diesmal ging die Drehbucherstellung nicht mehr so reibungslos vonstatten. Hitchcock war merklich müde geworden und er wirkte zeitweilig völlig desinteressiert. Weitere altersbedingte gesundheitliche Probleme kamen hinzu. Seine Schmerzen betäubte er zunehmend mit Alkohol. Zwei Jahre benötigte die Fertigstellung des Drehbuchs, so lange wie nie zuvor in seiner Karriere.

Mit Familiengrab, wie der Film schließlich hieß, kehrte Hitchcock zum scheinbar heiteren, diesmal jedoch morbid akzentuierten Unterhaltungsthriller zurück. Die Geschichte zweier Gaunerpärchen, die sich bei ihrer Arbeit gegenseitig ins Gehege kommen, erinnert in vielen Momenten an Hitchcocks Glanzfilme aus den 1950er-Jahren, konnte jedoch auch mit neuen, erinnerungswürdigen Szenen und Einfälle aufwarten: So wird ein Bischof während der heiligen Messe aus der Kathedrale von San Francisco entführt, zudem ersann Hitchcock eine variantenreiche Autoverfolgungsjagd. Wie bei seinen vorangegangenen Werken legte Hitchcock Wert auf eine ausgeklügelte Bildsprache, die erneut mit Hilfe von Storyboards erarbeitet wurde.[36] Der Kameramann Leonard South, mit dem Hitchcock seit 1951 zusammen gearbeitet hatte, sagte hierzu: „Er ist immer noch ein Meister der Technik, ganz egal wie müde er im Augenblick scheint. […] Er hat immer Recht und veranlasst nie eine Kamerabewegung, ohne einen wirklichen Grund dafür zu haben. Will er das Publikum bewegen, gelingt ihm das durch Kamerabewegungen, nicht unbedingt durch die Schauspieler. Bis jetzt gibt es einfach keinen besseren als ihn.[37] Im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten brachte sich Hitchcock mit einem lange nicht gezeigten Elan in die Dreharbeiten ein. Der Regisseur zeigte sich zu Neuerungen bereit: Anders als früher, als Hitchcock den Schauspielern exakte Anweisungen gegeben hatte, war er diesmal offen für Improvisationen seiner Akteure. So beginnt und endet Familiengrab mit einem Close-up von Barbara Harris und eine besonders sichtbare Improvisation war Harris' abschließendes Zwinkern in die Kamera bei der letzten Szene, das Hitchcock im Film beließ. Ebenfalls im Gegensatz zu seinen früheren Arbeiten zeigte sich Hitchcock diesmal dazu bereit, noch während der Dreharbeiten Änderungen im Ablauf vorzunehmen. Den Auftritt von Karen Black inszenierte Hitchcock als Überraschung: Sie entpuppt sich, anders als vom Zuschauer vermutet, nicht als „Hitchcock-Blondine“, sondern trägt eine Perücke.

Die Dreharbeiten gestalteten sich reibungslos und in einer entspannten Atmosphäre. Die Überwachung der Schnittarbeiten musste Hitchcock dann jedoch weitgehend seinen Mitarbeiterinnen Peggy Robertson und Suzanne Gauthier überlassen, da sich sein Gesundheitszustand deutlich verschlechterte und er einem Herzinfarkt nahe war. Alma erlitt zudem einen zweiten Schlaganfall. Familiengrab wurde nach seiner Premiere im Frühjahr 1976 überwiegend freundlich aufgenommen und Hitchcock schöpfte aus der Sympathie, die ihm entgegenschlug, kurzzeitig Kraft, neue Pläne zu schmieden und neue Filmideen aufzugreifen.

Doch erst Anfang 1978 nahm er sein nächstes Projekt in Angriff, die Verfilmung des Romans The Short Night von Ronald Kirkbride. Im Laufe eines Jahres entstanden zwei unterschiedliche Drehbücher von Ernest Lehman und von David Freeman, und Hitchcock selbst steuerte die Dialoge zu diversen Szenen bei. Doch zu einer Verfilmung kam es nie. Aufgrund des sich weiter verschlechternden Gesundheitszustands – Hitchcock hätte die diversen komplizierten Außenaufnahmen keinesfalls persönlich leiten können – wurde das Projekt von Universal im Frühjahr 1979 gestoppt.

Im März 1979 wurde Hitchcock vom American Film Institute für sein Lebenswerk geehrt. Zwei Monate später schloss er sein Büro auf dem Gelände der Universal-Studios und entließ gleichzeitig seine langjährige Assistentin Peggy Robertson. Kurz darauf musste auch seine Privatsekretärin Suzanne Gauthier gehen. Am 3. Januar 1980 wurde Hitchcock in Hollywood seine Erhebung zum Knight Commander of the Order of the British Empire überreicht, die einem Ritterschlag entspricht. Am Morgen des 29. April 1980 starb Alfred Hitchcock in seinem Haus in Los Angeles an Nierenversagen. Sein Körper wurde eingeäschert, die Asche wurde verstreut.

[Bearbeiten] Inhalte und Formen – Das Hitchcock-Universum

Hitchcock ist einer der größten Erfinder von Formen in der Geschichte des Films. Die einzigen Regisseure, die in dieser Hinsicht mit ihm verglichen werden können, sind allenfalls Murnau und Eisenstein. [...] Bei ihnen verschönert die Form den Inhalt nicht nur, sondern sie schafft ihn erst.“

Eric Rohmer/Claude Chabrol (1957)[38]

In rund 50 Jahren hat Alfred Hitchcock 53 Spielfilme als Regisseur begonnen und beendet. Die weitaus größte Zahl dieser Filme gehört zum Genre des Thrillers an und weist ähnliche Erzählmuster und Motive auf, immer wiederkehrende Elemente, visuelle Stilmittel und Effekte, die sich wie ein roter Faden durch sein Gesamtwerk ziehen. Diese Elemente variierte und perfektionierte Hitchcock im Laufe der Jahre, sie sind jedoch für seine Arbeitsweise und sein Filmverständnis von Anfang an typisch und stilbildend.

[Bearbeiten] Arbeitsweise: Von der Stoffauswahl bis zu den Dreharbeiten

Einer der wichtigsten Aspekte der Arbeitsweise Alfred Hitchcocks war, dass er von der Stoffauswahl bis zum Endschnitt normalerweise nichts dem Zufall überließ, sondern die völlige Kontrolle über die Herstellung des Films beanspruchte. Dies gelang ihm zumeist dadurch, dass er von Anfang an das Endprodukt im Auge hatte und alle Arbeitsschritte an diesem Ziel ausrichtete. Die literarischen Drehbuchgrundlagen waren nach Hitchcocks Filmverständnis Mittel zum Zweck, ebenso die zur Verfügung stehende Filmtechnik. Hitchcock musste sich jedoch im Verlauf seiner Karriere immer wieder äußeren Rahmenbedingungen anpassen, zum Beispiel den Wünschen von Produzenten, engen Zeitplänen, den Terminplänen der Studios und der Stars, begrenzten Budgets oder unfertigen Drehbüchern bei Drehbeginn. Einmischung von außen oder notwendige Improvisation während der Dreharbeiten waren ihm zuwider, kamen jedoch von Anfang bis zum Ende seiner Karriere immer wieder vor.

Stoffauswahl, Szenenaufbau, und Storyboards

Hitchcocks Filme basieren oft auf Kurzgeschichten oder Romanen, gelegentlich auf Entwürfen von Autoren oder auf Bühnenstücken und manchmal auch auch auf eigenen Ideen, selten auf anerkannter, hochwertiger Literatur. Wenn Hitchcock existierende Vorlagen benutzte, übernahm er einzelne Grundzüge und Grundmotive der Handlung und entwickelte daraus zusammen mit dem jeweiligen Drehbuchautor oft eine völlig neue Geschichte, mit anderen Charakteren, Handlungsorten und Inhalten. Hochwertige, komplexe Literatur sperrte sich gegen diesen Umgang und Hitchcock scheute daher deren Verfilmung, auch aus Respekt vor dem Werk. Hitchcock wurde nach 1932 bei keinem seiner Filme offiziell als Autor in Vor- oder Abspann erwähnt. Er erklärte diese Zurückhaltung so: „Ich will nie einen Titel als Produzent oder Autor. Ich habe das Design des Films geschrieben. Mit anderen Worten, ich setze mich mit dem Autor zusammen und entwerfe den ganzen Film vom Anfang bis zum Ende […] Dann geht der Autor weg und arbeitet das aus. Er charakterisiert die Personen und schreibt die Dialoge.“[39] Sein Anteil am Drehbuch war bei den meisten dieser Filme dennoch groß. Gelegentlich hat er im Nachhinein noch die Dialoge ganzer Szenen verändert oder ergänzt, etwa um die Spannungs-Dramaturgie zu verbessern (Beispiel: Das Rettungsboot) oder um autobiographische Bezüge einzubauen (Beispiel: Ich beichte).

Hitchcock begann früh, in Abgrenzung zu zeitgenössischen Kollegen, die theaterhafte, dialoglastige Filme drehten, seine eigene Handschrift zu entwickeln, indem er seine Filme über das Visuelle konzipierte. Seine Vorstellungen entsprachen häufig bereits exakten Kameraeinstellungen, die zu Beginn in Storyboards aufgezeichnet wurden, sodass im Idealfall jede einzelne Einstellung des Films vor Drehbeginn festgelegt war. Im eigentlichen Drehbuch wurden dann hauptsächlich die verbindenden Dialoge festgelegt. Hitchcock betonte immer wieder, dass für ihn ein Film bereits vor Drehbeginn im Hinblick auf den schöpferischen Prozess fertig sei.

Die Drehbucherstellung und die Zusammenarbeit mit den Autoren

Weil Hitchcocks Anspruch war, Emotionen über Bilder auszudrücken, waren Dialoge für Hitchcock immer nur ein notwendiger Bestandteil des Films. Er wusste jedoch, dass der Gesamteindruck des Films wesentlich von guten Dialogen abhängt. Hitchcock griff daher für die Drehbucherstellung gerne auf erfahrene Autoren zurück, die in der Lage waren, flüssige, geistreiche Dialoge zu schreiben. Zudem mussten diese Autoren in der Lage sein, Hitchcocks visuelle Ideen zu verstehen und umzusetzen, daher waren ihm Dramatiker, denen das Spiel mit dem Publikum und der Umgang mit Dialogen vertraut war, lieber als Romanautoren.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich hierbei eine sehr kreative Zusammenarbeit mit einzelnen Autoren, zu nennen sind insbesondere die Drehbuchautoren John Michael Hayes, Ben Hecht, Ernest Lehman und Samuel A. Taylor sowie die Theaterautoren Eliot Stannard und Charles Bennett. Die jeweils einmalige Zusammenarbeit mit Thornton Wilder und George Tabori erwies sich ebenfalls als reibungslos. Bei einigen namhaften Autoren, mit denen er die Zusammenarbeit suchte, traten jedoch Probleme in der Zusammenarbeit oder im künstlerischen Verständnis auf: bei John Steinbeck, Raymond Chandler und bei Leon Uris. Von Hitchcock angestrebte Zusammenarbeiten mit Ernest Hemingway, den er für Das Rettungsboot haben wollte, und mit Vladimir Nabokov, der für ihn das Drehbuch zu Frenzy schreiben sollte, kamen nicht zustande. [40]

Hitchcocks Autoren würdigten häufig Hitchcocks filmisches Können und seine Fähigkeit, Emotionen zu visualisieren. Samuel A. Taylor sagte über die Zusammenarbeit bei Vertigo: „Mit ihm zu arbeiten, bedeutete auch mit ihm zu schreiben, was auf die wenigsten Regisseure zutrifft. Hitchcock behauptete nie, selbst ein Schriftsteller zu sein, aber in Wahrheit schrieb er doch seine eigenen Drehbücher, denn er sah bereits jede Szene deutlich in seinem Kopf vor sich und hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, wie sie ablaufen sollte. Ich merkte, dass ich nur noch die Figuren persönlicher und menschlicher zu gestalten brauchte und sie weiter entwickeln mußte.“[41]

Nicht wenige Autoren waren jedoch erstaunt oder irritiert, wie gering Hitchcock ihren Anteil am Drehbuch würdigte und in Interviews klein redete. So sagte John Michael Hayes über die Zusammenarbeit an Das Fenster zum Hof: „Der Stempel des Genies Hitchcock findet sich in jedem Bild des fertigen Films; die Idee aber, er habe das alles bis ins kleinste selber geschaffen, ist kompletter Unsinn. Ich tat für ihn, was jeder andere Autor für ihn tat – ich schrieb! Wenn man aber Hitchcocks Interviews liest, kann man den Eindruck bekommen, er habe das Drehbuch geschrieben, die Charaktere entwickelt die Motivation beigesteuert.“[42]

Wenn Hitchcock mit der Arbeit eines Autors nicht zufrieden war, oder wenn er seine Autorität angegriffen fühlte, dann ersetzte er Autoren kurzerhand durch andere und gelegentlich erfuhren die in Ungnade Gefallenen dies erst, wenn die Nachfolger längst an der Arbeit saßen. So geschah dies mit Evan Hunter, Ernest Lehman oder Anthony Shaffer – drei Autoren, mit denen Hitchcock zuvor erfolgreich zusammenarbeitete.[43]

Dreharbeiten

Ich schaue nie durch den Sucher, aber mein Kameramann weiß genau, dass ich weder Luft noch Raum um die Personen herum haben möchte und dass die Zeichnungen, die wir gemeinsam angefertigt haben, ganz genau reproduziert werden müssen. Man darf sich nie von dem Raum vor der Kamera beeindrucken lassen. Man muss sich vorstellen, dass man, um das gewünschte Bild zu bekommen, eine Schere nimmt und das Überflüssige, den unnötigen Raum wegschneidet.

Alfred Hitchcock [44]

Hitchcock betonte in Äußerungen über seine Arbeit immer wieder, dass für ihn im konzeptionellen Prozess vor den Dreharbeiten der eigentliche Film entstand und dass ihn die Dreharbeiten demgegenüber weniger interessierten: Während der Dreharbeiten wurde er mit technischen Unzulänglichkeiten, mit Produzenten und ihren Wünschen, mit Schauspielern und ihren Eigenheiten sowie mit finanziellen und zeitlichen Zwängen konfrontiert, was seinen Vorstellungen vom fertigen Film und den Wunsch nach völliger Kontrolle zuwiderlief und was seine oben geäußerten Idealvorstellungen von Dreharbeiten bedrohte. Beispielsweise geschah es in der Praxis geschah es häufig, dass das fertige Drehbuch nach Drehbeginn noch verändert werden musste.

Aufgrund seiner Idealvorstellung von der Herstellung eines Films und seiner Abneigung gegenüber der Veränderung seiner Ideen vom fertigen Film war Hitchcock auch ein Gegner von Improvisationen am Drehort, vor allem von Schauspielern,

Man kann improvisieren und man muss improvisieren, aber ich glaube, das sollte in einem Büro geschehen, wo keine Elektriker und keine Schauspieler warten. Da kann man improvisieren, soviel man will – im Voraus. […] Ich drehe einen vorgeschnittenen Film. Mit anderen Worten, jedes Stück Film ist entworfen, um eine Funktion zu erfüllen.

Alfred Hitchcock [45]

In Einzelfällen, wenn der Rhythmus oder die Wirkung einer Szene noch nicht stimmte, probierte er Alternativen aus, die jedoch wieder dem selben Grundsatz gehorchten, nach dem das Design der Szenen vorab festgelegt war. Auch diese Alternativen waren singulär und nicht beliebig kombinierbar. Ein Beispiel hierfür ist die Belagerung des Hauses durch die Vögel in Die Vögel. Gegenüber Truffaut beschrieb Hitchcock, wie er die ursprünglich geplante Szene noch unmittelbar am Drehort umschrieb und bis ins kleinste Detail skizzierte, so dass sie kurz darauf entsprechend diesen neuen Entwürfen gedreht werden konnte.[46]

Diese Arbeitsweise, jegliche Improvisation so weit es geht zu vermeiden, die er seit Beginn seiner Regisseurtätigkeit pflegte, stand – wie Hitchcock nach seiner Übersiedelung nach Hollywood bald erkennen musste – im Gegensatz zu der damals dort üblichen Methode, die einzelnen Szenen mehrfach durchgehend aus unterschiedlichen Kamerapositionen zu drehen, um später im Schneideraum nicht nur die Möglichkeit einer Vielzahl von Schnittvariationen zu besitzen, sondern damit auch das Tempo und die Atmosphäre einer Szene neu zu definieren. Gegenüber Truffaut erklärte er: „Ich gebe doch immer damit an, dass ich beim Drehen nie ins Drehbuch schaue. Ich kenne den Film ganz und gar auswendig. Ich habe Angst davor gehabt, im Atelier zu improvisieren, weil, selbst wenn man im Augenblick Ideen hat, bestimmt keine Zeit bleibt nachzuprüfen, was sie taugen. Zu viele Arbeiter, Beleuchter, Mechaniker sind drumherum, und bei überflüssigen Ausgaben bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Ich könnte das nicht, was andere Regisseure machen. Sie lassen ein ganzes Team warten und setzten sich hin, um zu überlegen. Nein, das könnte ich nicht.“ [47]

Nur in ganz wenigen Fällen ließ Hitchcock Improvisation der Schauspieler zu. So ließ er bei Mord – Sir John greift ein! aus der Not heraus – die Drehbucharbeiten waren in Verzug – die Schauspieler eine Woche lang ihre Dialoge improvisieren. Mit dem Ergebnis war er so unzufrieden, dass er nie wieder auf diese Vorgehensweise zurückgriff.[48] Allerdings geschah es bei späteren Filmen, dass einzelne für den Gesamtzusammenhang eher unwichtige Szenen spontan improvisiert wurden. Ein Beispiel ist der Dialog in der dreiminütigen „Kussszene“ zwischen Cary Grant und Ingrid Bergman in Berüchtigt, der die einzelnen Küsse verbindet.

Wenn möglich, drehte Hitchcock immer nur die Einstellungen, die er für den fertigen Film benötigte und die seinem vorgefertigten Bild der jeweiligen Szene entsprachen. Seiner Ansicht nach Überflüssiges ließ er weg – sowohl überflüssige Einstellungen und Varianten als auch überflüssiges Beiwerk in den einzelnen Szenen und Einstellungen. Jedes am Ende im Bild tatsächlich sichtbare Detail hat – im Idealfall – letztendlich Relevanz.

[Bearbeiten] Einflüsse und Rahmenbedingungen

Hitchcock und die Produzenten

Hitchcock strebte schon früh die vollständige künstlerische Kontrolle über seine Filme an. Er musste sich jedoch vom Beginn seiner Karriere bis zu ihrem Ende mit den Wünschen von Produzenten und Geldgebern auseinandersetzen und arrangieren. Bezeichnend ist, dass seine künstlerischen Hochphasen in Zeiträume fielen, da es für ihn in dieser Hinsicht keinerlei Beschränkungen gab. Bei seinen ersten drei Filmen war es der Verleiher und Geldgeber C. M. Woolf, der sich zuerst gegen eine Veröffentlichung sträubte – trotz des Wohlwollens des Produzenten Michael Balcon. Nach dem Wechsel zu BIP waren es der Produzent John Maxwell und der Produktionsleiter Walter Mycroft, die ihm das Leben schwer machten und ihm Auftragsproduktionen übergaben, zu denen er keinerlei Lust hatte. Erst sein Wechsel zu Gaumont British, der ihn wieder mit Michael Balcon zusammenführte, brachte Mitte der 1930er Jahre die gewünschte künstlerische Freiheit und ließ sechs bedeutende Filme hintereinander entstehen.

Mit der Übersiedelung in die USA 1939 wurde Hitchcock Teil des Hollywood-Systems, in dem sich die Produzenten üblichweise in die kreative Arbeit einmischten. Hitchcocks acht Jahre bei David O. Selznick waren in dieser Hinsicht eine Lehrzeit. Er drehte für Selznick in dieser Zeit letztlich nur drei Filme, in denen er jedoch die Macht des Produzenten unmittelbar zu spüren bekam. Selznick mischte sich in alle Phasen der Filmarbeit – von der Drehbucherstellung bis zum Endschnitt – ein und Hitchcock hatte keine Möglichkeit, sich dagegen durchzusetzen.. Bei Rebecca drang Selznick auf weitestgehende vorlagentreue Umsetzung, bei Ich kämpfe um dich kürzte er die Endfassung eigenmächtig um fast 20 Minuten und bei Der Fall Paradin schrieb er das Drehbuch ohne Hitchcocks Einflussmöglichkeit selbst und mischte sich in die Dreharbeiten ein.

Hitchcock drehte während seiner Vertragslaufzeit bei Selznick sieben Filme für andere Studios, bei denen er weitgehend freie Hand hatte. Jedoch bewahrte ihn zum Beispiel bei Verdacht auch der Titel des Produzenten nicht davor, dass sich das Studio RKO in die künstlerische Arbeit einmischte und zwischenzeitlich sogar ohne Hitchcocks Wissen einen sinnentstellenden Umschnitt des Films vornahm. Üblich war auch, dass die Studios die bei ihnen unter Vertrag stehenden Schauspieler besetzten, so dass Hitchcock mit Darstellern arbeiten musste, die er für die Rolle für ungeeignet hielt, so geschehen durch Universal bei Saboteure.

Ab 1949 war Hitchcock Produzent aller seiner Filme. Er war jedoch weiterhin auf die Zusammenarbeit mit Studios und Geldgebern angewiesen und schloss demzufolge Verträge ab, die ihm zwar weitgehende Freiheiten zusicherten, dies jedoch nur bis zu einem gewissen Grad. So verpflichtete ihn Warner Bros. 1954 gegen seinen Willen zur Verwendung des damals angesagten 3-D-Verfahrens bei Bei Anruf Mord. Nur zwischen 1954 und 1958 konnte er bei Paramount ohne Einmischung des Studios arbeiten und es entstanden demzufolge künstlerisch und kommerziell erfolgreiche Filme.

Bereits bei Der unsichtbare Dritte, den Hitchcock für MGM drehte und produzierte, deutete sich eine Wende an: das Studio bestand auf Kürzungen des weit über zwei Stunden langen Films, was Hitchcock jedoch abwenden konnte. Doch ausgerechnet der Wechsel zu Universal, der Firma seines Freundes Lew Wasserman, brachte Hitchcock Einschränkungen, die er lange Zeit nicht gewohnt gewesen war. Bei Die Vögel und bei Marnie hatte er noch freie Hand, doch der kommerzielle Misserfolg dieses Films schwächte Hitchcocks Position gegenüber Universal. In den nächsten Jahren konnte Hitchcock geplante Projekte nicht durchsetzen, musste er Besetzungen hinnehmen, die nicht seinen Vorstellungen entsprachen und den Misserfolg Topas drehte er unter dem Druck äußerer Umstände. Erst seine beiden letzten Filme konnte er wieder gewohnter Manier planen und drehen.

Umgang mit der Zensur

In den USA galt bis 1967 der Hays Code (oder Production Code), eine Sammlung von Richtlinien über die Einhaltung der gängigen Moralvorstellungen und über die Zulässigkeit der Darstellung von Kriminalität, Gewalt und Sexualität im Film. So war es damals unter anderem unmöglich, im Film einen Mörder ungestraft davon kommen zu lassen, oder es war nicht erlaubt, eine Toilette zu zeigen, Anstoß wurde sogar genommen, wenn gezeigt werden sollte, dass sich zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts (selbst wenn sie vollständig bekleidet waren) gleichzeitig in einem Badezimmer befinden.[49] Die Einhaltung des Hays Code wurde streng überwacht und kein Regisseur konnte sich ihm entziehen, da jeder Film vor Veröffentlichung der Production Code Administration vorgelegt werden musste. Oft war es auch üblich, die Drehbücher vor Drehbeginn zur Freigabe einzureichen, um vor späteren Eingriffen sicher zu sein. Man konnte jedoch versuchen, die Zensur zu überlisten, was insbesondere dazu führte, dass sich unter den Filmemachern im Laufe der Jahre eine Symbolsprache mit versteckten sexuellen Bezügen etablierte, die die Zensur oft unbeschadet passierte.

Für Hitchcock bedeuteten solcherlei Eingriffe in die Freiheit seines künstlerischen Schaffens Ärgernis und Herausforderung zugleich. In vielen Fällen schaffte er es, die Beschränkungen durch die Zensur kreativ zu umgehen. Bei Saboteure, der 1942 gedreht wurde und von Nazi-Kollaborateuren in den USA handelt, drehte er zum Beispiel politisch heikle Textstellen zur Sicherheit alternativ in entschärften Versionen.[50] Einige weitere Beispiele, wie Hitchcock die Zensur kreativ umging:

  • Bereits 1934 überlistete Hitchcock die britische Zensur. In der ersten Version von Der Mann, der zuviel wusste zeigte er die Belagerung eines Ganovenschlupfwinkels durch die Polizei. Die Dramaturgie erforderte, dass die Polizei bewaffnet war, was damals in der Realität allerdings nicht der Fall war und wogegen die Zensur Einspruch erhob. Man ließ sich jedoch auf den Kompromiss ein, dass sich die Polizei im Film die Waffen bei einem örtlichen Waffenschmied besorgen durfte, um zu betonen, dass Schusswaffen nicht zur Grundausstattung der Londoner Polizei gehören. Durch einen einzigen kurzen Zwischenschnitt – ein mit Gewehren voll beladener Laster kam an und die Waffen wurden an die Polizisten verteilt – gelang es Hitchcock jedoch, beim Zuschauer genau den zuvor gewünschten Eindruck zu erzeugen.
  • In Mr. und Mrs. Smith verzerrte er die eindeutigen Geräusche einer Toilette so, dass man sie für eine Dampfheizung halten konnte – und so gab er es gegenüber der Zensurbehörde auch an, und kam damit durch.
  • In Berüchtigt (1946) sollte ein langanhaltender Kuss zwischen Ingrid Bergman und Cary Grant zu sehen sein. Da die Länge von Küssen im Film damals auf drei Sekunden reglementiert war, inszenierte Hitchcock den Kuss als Folge von einzelnen, kurz durch teils improvisierte Dialogsätze unterbrochenen Küssen. Außerdem musste Hitchcock einen Dialog streichen, in dem sich ein Vertreter der US-Regierung positiv über die Möglichkeit einer Ehescheidung äußerte.[51]
  • In Psycho (1960) zeigte er eine Toilette, in der ein Papierzettel hinuntergespült wurde. Indem er das Bild der Toilette mit einer dramaturgischen Funktion versah – das Verschwinden eines Beweisstücks musste erklärt werden – verhinderte er, dass die Szene geschnitten wurde. Niemals zu Zeiten des Hays Code wurde eine Toilette expliziter gezeigt.
  • Hitchcocks größter Sieg gegen die Zensur war die Schlussszene von Der unsichtbare Dritte (1959). Cary Grant und Eva Marie Saint befinden sich in einem Schlafwagen. Er zieht sie zu sich nach oben in das obere Bett und sie küssen sich. Es erfolgt ein Umschnitt und man sieht einen Zug in einen Tunnel rasen. Dies ist, so Bill Krohn in Hitchcock at Work, die expliziteste Andeutung des Sexualakts in einem US-Film zu Zeiten des Production Code.[52] Hitchcock selbst nannte es die „impertinenteste Schlusseinstellung, die ich je gemacht habe“.[53]

In manchen Fällen musste er jedoch klein beigeben und die Drehbücher entsprechend anpassen, oder er musste der Handlung einen anderen als ursprünglich gewünschten Verlauf geben:

  • Anfang der 1940er Jahre war es nicht möglich, einen bewussten Selbstmord einer schwangeren Frau zu zeigen. Daher kam das Ende, das Hitchcock eigentlich für Verdacht vorgesehen hatte, nicht zustande und er kam in die prekäre Situation, noch bis kurz vor Schluss der Dreharbeiten, kein passendes Ende für den Film gefunden zu haben.
  • In Ich beichte verhinderte ebenfalls die Zensur, dass das frühere Verhältnis zwischen dem Priester und einer verheirateten Frau eindeutigere Züge bis hin zu einem unehelichen Kind annehmen konnte, so dass er auf diese Elemente verzichten musste.[54]
Hitchcock und die Schauspieler

Hitchcocks Filmverständnis und daraus resultierend seine Arbeitsweise sind stark vom Visuellen geprägt. Daher widmete er auch seine Arbeit vorwiegend der visuellen Umsetzung aller Elemente der zu erzählenden Geschichte, einzelnen Einstellungen, Montagesequenzen, Fahrten oder der Montage. Diese Arbeit fand vor allem vor Drehbeginn statt und manifestierte sich vor allem in der Drehbucharbeit und der Erstellung von Storyboards. Wenn die Dreharbeiten begannen, war der Film für Hitchcock gleichsam bereits „fertig" und musste nur noch umgesetzt werden. Für die Umsetzung bei den Dreharbeiten brachte Hitchcocks dementsprechend weniger Interesse auf. Ein Grund dafür war auch, dass mit dem Beginn der Dreharbeiten die Phase begann, in der sich mögliche Störfaktoren mehrten. Dazu gehörten Eingriffe des Produzenten oder der Zensur.

Aber auch die Arbeit mit Schauspielern war häufig problematisch, da ihre Arbeit nicht in der gleichen Weise kontrollier- und steuerbar war wie die konzeptionellen Vorarbeiten. Das begann mit der Auswahl der Schauspieler. Sie wurden ihm immer wieder von Produktionsfirmen aufgedrängt oder vorgeschrieben, häufig konnte er seine Wünsche, die auf seinen Ideen von der praktischen Umsetzung seiner Vorstellungen beruhten, nicht verwirklichen. So musste er in Der Fall Paradin eine Rolle statt mit Robert Newton mit dem typologisch entgegengesetzten Louis Jourdan besetzen und hatte keine Chance, für Der Auslandskorrespondent (1940) Gary Cooper zu bekommen, sondern musste mit Joel McCrea Vorlieb nehmen.

Hitchcock haderte damit, dass ihm Produzenten „Stars“ aufnötigten, von denen er wusste, dass sie vom Typ her für die jeweilige Rolle ungeeignet sind. Dies galt für Robert Cummings und Priscilla Lane in Saboteure, für Gregory Peck, Alida Valli und Louis Jourdan in Der Fall Paradin und für Julie Andrews und Paul Newman in Der zerrissene Vorhang. In anderen Fällen hätte er gerne Stars eingesetzt, konnte dies jedoch nicht, da es damals noch eine strikte Trennung zwischen A- und B-Movies gab. Thriller galten von vornherein als zweitklassig.

Hitchcock musste im Laufe der Zeit immer wieder mit Schauspielern drehen, mit denen eine konstruktive Zusammenarbeit schwierig bis unmöglich war. Zu Beginn waren es vor allem britische Theaterschauspieler wie John Gielgud oder Michael Redgrave, die wenig Begeisterung für den Film aufbringen konnten und demzufolge eher desinteressiert agierten. Am Anfang von Hitchcocks Karriere, zu den Zeiten der ersten Tonfilme in England, war es üblich, dass Theaterschauspieler nebenher für den Film arbeiteten, um zusätzlich Geld zu verdienen, ohne sich mit dem neuen Medium zu identifizieren. Film galt damals in England als Unterhaltung für die Unterschicht. Aus dieser Zeit stammt Hitchcocks oft zitierter Ausspruch: „Alle Schauspieler sind Vieh“, der sich auf diejenigen Theaterschauspieler bezog, die nur mit Widerwillen und des Geldes wegen nebenher als Filmschauspieler arbeiteten. Diese Aussage verselbständigte sich später und wurde oft als genereller Ausdruck der Geringschätzung Hitchcocks Schauspielern gegenüber angesehen. Hitchcock selbst wandte den verselbständigten Ausspruch im Laufe seiner Karriere immer wieder an, entweder im heiteren Kontext, aber auch dann, wenn er einmal wirklich in Rage war.

Später bestanden die Probleme häufig darin, dass, da er die alleinige Verantwortung für das Aussehen des Films beanspruchte, Hitchcock dementsprechend genervt war, wenn Schauspieler eigene Vorstellungen in den Film einzubringen beabsichtigten oder eigene Akzente setzten, die nicht zu seinen Vorstellungen und seiner Arbeitsweise passten. Eine erfahrene Hollywoodschauspielerin wie Sylvia Sidney war nur schwer in der Lage, sich auf Hitchcocks spezielle Arbeitsweise einzulassen. Ein Exzentriker wie Charles Laughton (in Riff-Piraten) oder der morphiumsüchtige Peter Lorre (in Geheimagent) ließen ihn verzweifeln. Später waren es vor allem Anhänger des Method Acting wie Montgomery Clift oder Paul Newman, die einen eigenen künstlerischen Anspruch hegten und versuchten, „sich ihren Rollen von innen her zu nähern“. Dies war Hitchcock lästig und suspekt, da er ein möglichst natürliches Agieren von seinen Schauspielern forderte.[55] Ein anderer Fall war die damals frischgebackene Oscar-Gewinnerin Jane Wyman, die in Die rote Lola ein Zimmermädchen zu spielen hatte und die sich mit dieser Rolle neben der strahlenden Marlene Dietrich nicht abfinden konnte und versuchte, mit dieser zu konkurrieren, was dem Film nicht gut tat.[56] In einem späten Film wie Topaz bestand das Problem darin, dass er mit einer zusammengewürfelten Crew aus verschiedenen Ländern, mit verschiedenen Sprachen und verschiedenen Schauspieltraditionen arbeiten musste.

Große Achtung hatte Hitchcock vor Schauspielern, die sein Filmverständnis teilten oder zumindest professionell arbeiteten und nicht versuchten, die Umsetzung seines „perfekt“ vorentworfenen Bildes des Films mit eigenen künstlerischen Ambitionen zu gefährden. Schauspielern wie Madeleine Carroll, Cary Grant, Teresa Wright, Ingrid Bergman, James Stewart, Grace Kelly, Shirley MacLaine, Doris Day, Henry Fonda und James Mason ließ Hitchcock sogar teilweise Freiheiten bei der Ausgestaltung ihrer Rollen und nahm von ihnen Ratschläge an. So durfte Joseph Cotten seine Garderobe für Im Schatten des Zweifels selbst aussuchen, während Marlene Dietrich in Die rote Lola sogar dem Kameramann und dem Beleuchter Anweisungen geben durfte, wie sie am besten auszuleuchten und aufzunehmen sei.[57] Gerade weil Hitchcock früh und immer wieder Negativerfahrungen gemacht hatte, wußte er, wie groß die Bedeutung der Schauspieler im Hinblick auf die gelungene Umsetzung seiner Vorstellungen war, hatten sie doch eine sehr wichtige Aufgabe am Set, nämlich sein „perfekt“ vorentworfenes Bild des Films möglichst verlustfrei auf die Leinwand zu transferieren, wobei ihm klar war, dass der von ihm zuvor in Gedanken und auf Papier entworfene Film beim Drehen nur verlieren kann. Die Aufgabe des professionellen Schauspielers war es, diese Verluste so gering wie möglich zu halten.

Mit einigen seiner Schauspieler verband Hitchcock zudem eine persönliche Freundschaft, etwa mit Tallulah Bankhead, Ingrid Bergman, Anny Ondra oder Carole Lombard, und vor allem mit Grace Kelly.

Eine größere Freiheit genoss Hitchcock bei der Auswahl der Nebendarsteller, die er auch nutzte. Er legte großen Wert auf die Glaubwürdigkeit bis in die kleinsten Nebenrollen, die er zumeist sehr bewusst besetzte. Immer wieder griff er auch auf Schauspieler zurück, die er Jahre oder Jahrzehnte zuvor in London im Theater gesehen hatte (oder in eigenen Filmen eingesetzt hatte), die er gut in Erinnerung hatte und die die jeweiligen Filme bereicherten. Beispiele sind Patricia Collinge in Im Schatten des Zweifels, Cedric Hardwicke in Verdacht und Cocktail für eine Leiche, Leo G. Carroll in insgesamt sechs Filmen, Tallulah Bankhead in Das Rettungsboot, Betty Compson in Mr. und Mrs. Smith, Cathleen Nesbitt in Familiengrab und Elsie Randolph – 41 Jahre nach Endlich sind wir reich – in Frenzy.

Einige weitere bemerkenswert besetzte Nebenrollen in Hitchcock-Filmen sind Judith Anderson als Mrs. Danvers in Rebecca, Albert Bassermann als holländischer Politiker in Der Auslandskorrespondent, Leopoldine Konstantin als Madame Sebastian in Berüchtigt, Dolly Haas als Alma Keller in Ich beichte, Brenda De Banzie und Bernard Miles als Agentenpaar in Der Mann, der zuviel wußte und Jessica Tandy als Lydia Brenner in Die Vögel. Es gibt in Hitchcocks Filmen nur sehr wenige Nebenrollen, die er im Nachhinein selbst als Fehlbesetzungen bezeichnete, etwa John Loder als Polizist in Sabotage, Otto Kruger als Nazi-Kollaborateur in Saboteure, Alastair Sim als Vater in Die rote Lola oder Alan Napier als Vater von Sean Connery in Marnie. [58].

Hitchcock und seine Mitarbeiter

Hitchcock umgab sich, wann immer möglich, bei der Filmproduktion mit Mitarbeitern, Kameraleuten, Cuttern, Komponisten, die sein Vertrauen genossen, die seine Vorstellungen kannten und die vor allem in der Lage waren, an ihrer Umsetzung mitzuwirken. Diese arbeiteten dann häufig über lange Jahre mit ihm zusammen und hatten einen großen Anteil an der gleichbleibend hohen Qualität der Filme in diesen Jahren. In erster Linie ist hier seine Frau Alma zu nennen, die anfangs direkt an seinen Filmen mitwirkte, später im Hintergrund wirkte, aber Zeit seines Lebens als Hitchcocks engste Beraterin galt. Auch was die administrative Ebene betrifft, umgab sich Hitchcock mit engen Mitarbeitern, etwa was Produzenten oder Agenten betrifft.

Eine besondere Stellung nehmen in diesem Zusammenhang seine persönlichen Assistentinnen Joan Harrison, Suzanne Gauthier und Peggy Robertson ein: Harrison war von 1935 bis 1942 eine von Hitchcocks engsten Mitarbeiterinnen, zunächst als Sekretärin, später als Assistentin. Darüberhinaus war sie an der Erstellung mehrerer Drehbücher beteiligt. Ab 1955 arbeitete sie als unabhängige Produzentin für seine Fernsehserie. Suzanne Gauthier, eine Angestellte von Paramount, wurde 1955 Hitchcocks Assistentin und war später bis 1979 seine Privatsekretärin und enge Vertraute. 1957 stellte Hitchcock Peggy Robertson ein, mit der er bereits 1949/1950 zusammen gearbeitet hatte, um die Szenenanschlüsse zu überwachen. Aufgrund der funktionierenden Zusammenarbeit stieg Robertson bald zur persönlichen Assistentin Hitchcocks auf, was sie bis wenige Monate vor seinem Tod blieb. Gauthier und Robertson nahmen ihm vor allem in späteren Jahren viele Arbeiten ab, Zeitweise füllte Peggy Robertson auch die Funktion eines Produktionsleiters aus, ohne diesen Titel jedoch offiziell zu führen.[59]

Auch Mitarbeiter aus dem künstlerischen und technischen Bereich prägten zu ihrer jeweiligen Zeit den „Hitchcock-Stil“ mit. Die Kostümbildnerin Edith Head beschrieb die Art der Zusammenarbeit mit Hitchcock wie folgt: „Loyalität war Hitchcock besonders wichtig. Er war Mitarbeitern gegenüber so loyal, wie er es von ihnen erwartete.“[60] Der Kameramann Robert Burks sagte: „Man hatte nie Ärger mit ihm, solange man etwas von seiner Arbeit verstand und sie ausführte. Hitchcock bestand auf Perfektion. Mittelmäßigkeit am Drehort oder an einer Essenstafel machten ihn unwillig. Bei seiner Arbeit, beim Essen und bei seinen Weinen gab es keine Kompromisse.“[61]

In England arbeitete Hitchcock zwischen 1927 und 1932 kontinuierlich mit dem Kameramann John J. Cox zusammen. In seiner erfolgreichen Phase in den 1930er Jahren arbeitete Hitchcock dann mehrfach mit dem Drehbuchautor Charles Bennett, dem Kameramann Bernard Knowles, der von 1935 bis 1939 fünf Filme Hitchcocks ins Bild setzte und dmr Komponisten Louis Levy, der die Filmmusik zu fünf von Hitchcocks englischen Erfolgsfilmen schrieb, zusammen.

In Hollywood waren es – bedingt durch die Produktionsbedingungen – mehr Personen, mit denen Hitchcock über Jahre hinweg kontinuierlich zusammenarbeitete. So stammten die Drehbücher der vier Filme von Das Fenster zum Hof bis Der Mann, der zuviel wusste von John Michael Hayes. Es ist allgemein anerkannt, dass sich Hitchcocks und Hayes' Erzählstil ausgezeichnet ergänzten. Das Fenster zum Hof war auch der Beginn der Zusammenarbeit mit der Kostümbildnerin Edith Head, die von da an für fast alle seiner weiteren Filme die Kostüme entwerfen sollte. Hitchcock, der die Garderobe seiner weiblichen Stars in der Regel selbst aussuchte und Schnitt und Farbgebung zum Teil detailliert vorgab, fand in Edith Head eine ideale Ergänzung seines künstlerischen Teams. Ein weiterer Glücksfall war das Zusammentreffen mit dem Cutter George Tomasini. Dieser war ab dem selben Zeitpunkt bis zu seinem plötzlichen Tod 1964 für den Schnitt fast aller Hitchcock-Filme bis einschließlich Die Vögel verantwortlich. Bereits 1951 begann Hitchcocks Zusammenarbeit mit dem Kameramann Robert Burks, die erst 1964 endete. Burks filmte (bis auf Psycho) alle Filme Hitchcocks in diesem Zeitraum. Mit Herbert Coleman, der zuvor bei Paramount als Regieassistent und künstlerischer Berater gewirkt hatte, arbeitete Hitchcock ebenfalls erstmals bei Das Fenster zum Hof zusammen. Hitchcock setzte ihn bis 1969 mehrfach als „Second Unit Director“ und als „Associate Producer“ ein. Coleman fungierte für Hitchcock als eine Art Produktionsleiter. Beide verband ebenfalls eine Freundschaft.

Immer Ärger mit Harry war die erste Zusammenarbeit Hitchcocks mit dem Komponisten Bernard Herrmann, der bis einschließlich Marnie (1964) alle Filmmusiken für Hitchcock komponierte. Herrmann gilt seitdem als der Hitchcock-Komponist schlechthin. Er verstand es wie kein anderer, die Hitchcocksche Art der Spannungserzeugung in Form von Musik umzusetzen. Seine Filmmusiken für Vertigo und Der unsichtbare Dritte sind Klassiker, und diese Filme ziehen einen großen Teil ihrer Wirkung aus Herrmanns Musik. Mit Der Mann, der zuviel wusste begann die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Art Director Henry Bumstead, der Hitchcock von John Michael Hayes empfohlen worden war und der maßgeblich die Ausstattung und damit das Gesamterscheinungsbild des Films bestimmte. Hitchcock war mit Bumsteads Arbeit so zufrieden, dass er ihn später bei drei weiteren Filmen verpflichtete, die ebenfalls durch ihre prächtige Ausstattung bestechen sollten: Vertigo, Topas und Familiengrab.

Weitere Mitarbeiter aus dem künstlerisch-kreativen Bereich, mit denen Hitchcock im Laufe der Jahre gut zusammenarbeitete waren die Kameramänner George Barnes, Bernard Knowles, Harry Stradling und Leonard J. South sowie die Szenenbildner, Grafiker und Designer Robert F. Boyle, Albert Whitlock und Saul Bass.

Vorbilder und künstlerische Einflüsse

Hitchcock sah Zeit seines Lebens viele Filme anderer Regisseure, obwohl er nie viel Aufhebens darum machte. Er vermied es, von sich aus andere Filme explizit öffentlich zu diskutieren oder zu bewerten. Er machte allerdings keinen Hehl daraus, dass er die meisten Filme alleine schon aus technischer Sicht uninteressant fand. Hitchcock, dessen Filmvokabular in erster Linie visuell ausgerichtet war und der wie wenige andere in der Lage war, die Gedanken und Emotionen seiner Figuren völlig ohne Worte auszudrücken, erklärte hierzu 1966 vor Harvard-Studenten: „Die meisten Filme, die wir heutzutage sehen, sind nicht mehr als Fotografien von redenden Menschen. Sie sind nicht das wahre Kino.“ [62]

Hitchcock hatte jedoch auch Vorbilder. Beeindruckt war er in seiner Jugend vor allem von der Werken von D. W. Griffith, der mit seinen Werken technisch und stilistisch das damalige Filmwesen revolutionierte. Darüber hinaus bewunderte er damals Fritz Lang, Ernst Lubitsch, Charlie Chaplin, Buster Keaton, Douglas Fairbanks sen., Mary Pickford, Sergei Eisenstein und F. W. Murnau. Murnaus Der letzte Mann über den sozialen Abstieg eines Hotelportiers (die Dreharbeiten konnte Hitchcock 1922 in München beobachten) ist ein Meilenstein der Filmgeschichte. Hitchcock meinte später: „‚Der letzte Mann war beinahe der perfekte Film. Er erzählte seine Geschichte ohne Titel; Von Anfang bis Ende vertraute er ganz auf seine Bilder. Das hatte damals einen ungeheueren Einfluss auf meine Arbeit.“ [63] Ein weiterer Film, der großen Einfluss auf Hitchcocks Arbeit hatte war Das Cabinet des Dr. Caligari, den Robert Wiene 1919 drehte.[64] Seine Bewunderung des surrealistischen Films Ein andalusischer Hund von Salvador Dalí und Luis Buñuel aus dem Jahr 1929 bewegte Hitchcock 1945 zur Zusammenarbeit mit Dalí bei Ich kämpfe um dich.

Hitchcock versuchte in seinen Anfangsjahren als Stummfilmregisseur in England – häufig zum Unwillen seiner Produzenten bzw. Geldgeber – technische Mittel und Stilelemente des damaligen US-Films und des deutschen Kinos in den britische Film einzuführen. Die Betonung des Visuellen im deutschen Expressionismus prägte seinen eigenen Umgang mit filmischen Mitteln. Vom US-Film übernahm er damals unter anderem die Technik, mit Hilfe von Beleuchtungeffekten Tiefe zu schaffen und den Vorder- vom Hintergrund abzusetzen, etwas das bis in die 1930er Jahre im britischen Film unüblich war.

Abgesehen von diesen stilistischen Einflüssen vermied es Hitchcock jedoch, in seinen eigenen Werken, vorhandene Stile zu kopieren oder andere Filme oder Regisseure zu zitieren. In Hitchcocks Werk sind praktisch keine Filme, Szenen oder Einstellungen bekannt, von denen man sagen könnte, dass sie bewusste Zitate oder Kopien aus entsprechenden Filmen anderer Regisseure wären. Als einzige Ausnahme kann der wegweisende Stummfilm Panzerkreuzer Potemkin des sowjetischen Regisseurs Eisenstein aus dem Jahr 1925 angesehen werden. In einigen von Hitchcocks Filmen (zum Beispiel Die 39 Stufen oder Über den Dächern von Nizza) erinnern vor Entsetzen schreiende Frauen eindeutig an Einstellungen aus der berühmten und oft zitierten Szene an der Hafentreppe in Odessa.[65]

Ohne dass Hitchcock als ein typischer Regisseur des Film noir angesehen werden könnte, erinnern viele seiner Filme aus den 1940er und 1950er Jahren an die düsteren Filme, die den US-amerikanischen Kriminalfilm zwischen etwa 1941 und 1958 bestimmten. So gibt es in Hitchcocks Werk einige motivische oder visuelle Überschneidungen mit der Filmgattung, die in einer Zeit der Ungewissheit und Perspektivlosigkeit im Amerika der Weltkriegs- und Nachweltkriegszeit wurzelte, etwa die bei Hitchcock immer wiederkehrenden Elemente Schuld, Verführung und das Kriminelle im Allgemeinen. Mit dem Film noir gemeinsam haben viele Filme Hitchcocks die bedrohlich wirkende Kulisse, der sich die Hauptfiguren häufig gegenüber sehen, wie etwa in Im Schatten des Zweifels und Berüchtigt, in denen jeweils eine Frau der wachsenden Bedrohung durch einen Mörder ausgesetzt ist, oder in Der Fremde im Zug, Ich beichte und besonders Der falsche Mann, wo das Motiv der allgegenwärtigen Bedrohung der Hauptfiguren eine Rolle spielt. Dieser Film spielt in besonderem Maße mit den Motiven von Angst und Verdammnis von Figuren, die durch scheinbar unausweichliche Ereignisse in die Enge getrieben werden. Vertigo erinnert in der Grundkonstellation und der alptraumhaften Zwanghaftigkeit der Geschehnisse an einige Filme des Genres, wie zum Beispiel Frau ohne Gewissen, hebt sich jedoch formal und stilistisch deutlich vom Film noir ab. Darüber hinaus zeichnen sich einige weitere Filme Hitchcocks dieser Zeit durch jene kontrastreiche, expressionistische Bildgestaltung aus, die typisch für den Film noir ist,[66] eine Bildgestaltung, die jedoch auch schon seit den 1920er Jahren zu Hitchcocks eigenem künstlerischem Repertoire gehörte und von der visuellen Stilistik des Stummfilms beeinflusst ist.

Hitchcocks Obsession und der Einfluss auf seine Filme

Dass Hitchcock zu seinen jungen blonden Schauspielerinnen ein besonderes Verhältnis hatte und ihnen mehr Aufmerksamkeit widmete, als den anderen Darstellerinnen oder gar den männlichen Darstellern, war schon früh bekannt. Dies entwickelte sich mit der Zeit zu einer sich steigernden Verquickung privater und beruflicher Interessen, die sich bis hin zu einer Obsession ausweitete. Sein gesamtes Spätwerk ab Marnie (1964), bis einschließlich seinem letzten unvollendeten Projekt The Short Night ist davon beeinflusst. Insbesondere Donald Spoto hat diese Zusammenhänge in seiner 1983 erschienenen Biografie deutlich herausgearbeitet. Aber auch andere Rezensenten stellen die Zusammenhänge prinzipiell nicht in Zweifel, wenn auch Hitchcock selbst sich hierzu nie direkt äußerte.

Die Sorgfalt, mit der Hitchcock bereits in den 1930er und 1940er Jahren Madeleine Carroll, Carole Lombard und insbesondere Ingrid Bergman in Szene setzte, resultierte auch aus einer persönlichen Zuneigung, die Hitchcock zu diesen Schauspielerinnen entwickelte. In den 1950er Jahren setzte sich dies in der Arbeit mit Grace Kelly und Vera Miles fort. Während sich diese Zuneigung bei Carroll, Lombard und Kelly auf rein freundschaftlicher Ebene bewegte, deutete sich erstmals im Falle Ingrid Bergmans eine Veränderung an. Hitchcock begann, sich auch auf privater Ebene für die verheiratete Schauspielerin zu interessieren und versuchte, Ingrid Bergman langfristig an sich zu binden. Als sie sich jedoch 1949 in den italienischen Regisseur Roberto Rossellini verliebte und mit ihm nach Italien zog, traf dies Hitchcock schwer, und er nahm diese vermeintliche Missachtung seiner Person sehr persönlich.[67]

Sieben Jahre später war es Vera Miles, die Hitchcocks Aufmerksamkeit erregte und die er mit einem mehrjährigen Exklusiv-Vertrag an sich band. Er setzte sie in Der falsche Mann ein und wollte sie mit Vertigo, seinem persönlichsten Film, zum großen Star und zur Nachfolgerin von Grace Kelly machen. Im Laufe der Dreharbeiten zu Der falsche Mann kam es zu ernsthaften Spannungen zwischen Hitchcock und Miles. Hitchcock legte großen Wert auf eine realistische Darstellung der Rolle einer Frau, die einen Nervenzusammenbruch erleidet und dem Wahnsinn verfällt. Er probte die entsprechenden Szenen mit Vera Miles wochenlang jeweils mehrere Stunden am Tag, und zwar alleine, was sie schließlich ärgerlich machte und empörte. [68] Vor Vertigo wurde Vera Miles schließlich schwanger und kam für diese Rolle nicht mehr in Frage. Hitchcock verzieh ihr dies nie. Er speiste sie in der Folgezeit mit Fernsehrollen ab und setzte sie in Psycho nur ein, da er sie ohnehin bezahlte und er den Film so preiswert wie möglich drehen wollte. Für Kim Novak ließ er von der Kostümbildnerin Edith Head eine komplette Garderobe schneidern, die nicht etwa als Filmgarderobe für Vertigo, sondern für ihr privates Leben gedacht war, wie ein Jahr zuvor auch schon für Vera Miles. Hitchcock wollte die größtmögliche Kontrolle über seine weiblichen Stars ausüben.[69]

Mit Tippi Hedren wiederholte sich die Geschichte schließlich ein letztes Mal. Hitchcock war recht offensichtlich in Hedren verliebt und bezog Tippi Hedren, wie sie später erzählte, in alle Belange der Entstehung von Die Vögel ein, von der Drehbucherstellung über den Entwurf der Kostüme bis hin zur Arbeit an den Spezialeffekten und an der Vertonung. Er gönnte ihr praktisch keine freie Minute. Er ließ sie sogar von zwei Crew-Mitgliedern beschatten und begann, ihr Vorschriften für ihr Verhalten im Privatleben zu machen, was etwa ihren persönlichen Umgang und ihre Ernährung betraf. Diese Vereinnahmung hatte ihren Höhepunkt in tagelangen Aufnahmen von auf sie einstürzenden, echten Vögeln. Hedren wurde körperlich verletzt und so stark beansprucht, dass sie für eine Woche zur Erholung ins Krankenhaus musste.[70]

Während der Arbeit an Marnie setzte Hitchcock seine Bemühungen fort. Er versuchte, Tippi Hedren völlig unter seine Kontrolle zu bekommen, was ihr zunehmend missfiel, zumal Hitchcock aus seinen Gefühlen zu Tippi Hedren Dritten gegenüber auch kein Geheimnis machte. Nach einem eindeutigen Annäherungsversuch, den Tippi Hedren ebenso bestimmt zurückwies, kam es schließlich zum Bruch. Hitchcock weigerte sich von da an, persönlich mit Hedren zu sprechen und Anweisungen wurden nur über Dritte übermittelt. Die zuvor offen bekundete Zuneigung schlug ins Gegenteil um und Hitchcock ließ keine Gelegenheit aus, Tippi Hedren bei anderen herabzusetzen. Über diese Episode hat Hitchcock nie öffentlich gesprochen, und Hedren hat sich in Interviews nur Andeutungen gestattet.[71] Es gilt jedoch als gesicherte Erkenntnis, dass der Regisseur sich von diesen Schwierigkeiten lange nicht erholen konnte und in seiner kreativen Schaffenskraft beeinträchtigt war. Tippi Hedren blieb die letzte typische „Hitchcock-Blondine“.

Seine Obsessionen hat Hitchcock eindeutig erkennbar in seinen Filmen verarbeitet. Insbesondere Vertigo und Berüchtigt, aber auch Marnie oder Im Schatten des Zweifels, die alle von Obsessionen und Neurosen von Männern handeln, die Frauen manipulieren, gelten allgemein als stark autobiografische Filme.

[Bearbeiten] Formale Elemente: Visuelles Erzählen, Umgang mit Realität, Spannungsaufbau, filmische Mittel

Wenn das Kino von heute auf morgen wieder ohne Tonspur auskommen müsste und wieder zu einer stummen Kunst werden würde, wäre ein gut Teil der Regisseure zur Arbeitslosigkeit verurteilt; unter den Überlebenden aber wäre Alfred Hitchcock, und man würde endlich begreifen, dass er der beste Regisseur der Welt ist.“

François Truffaut (1962) [72]

Hitchcocks Filmverständnis beruhte, beeinflusst vom Stummflim, von Anfang seiner Karriere an in erster Linie auf dem Anspruch, alles Wichtige in seinen Filmen visuell auszudrücken, durch vorkomponierte Kamerainstellungen, Licht und Schatten, Kamerabewegungen und die Montage – und so wenig wie möglich durch Dialoge. Vor allem diesem Zweck diente seine Arbeitsweise, den Film bereits vor den Dreharbeiten in seinem Kopf und dann in Storyboards gleichsam fertigzustellen. Kameraeinstellungen, Fahrten, Schwenks und Schnitte sind wie die Verwendung von Ton und Musik filmische Mittel Dienste der Dramaturgie, dienen dazu, Emotionen zu viusalisieren und beim Zuschauer zu wecken. Ähnliches gilt für den Umgang mit Farbe, die häufig symbolisch oder dramaturgisch eingesetzt wird.

Aufgrund dieser visuellen Arbeitsweise kamen die vielen bekannten typischen „hitchcockschen“ Kameraeinstellungen zustande, die alle gemein haben, dass der Bildausschnitt exakt das wiedergibt, was für das Verständnis der Szene wesentlich ist, und der Zuschauer nicht durch Dinge abgelenkt wird, die für die Handlung keine Bedeutung haben. Auf diese Weise gelang es Hitchcock, den Zuschauer in das Geschehen auf der Leinwand hinein zu ziehen und ihm nicht die Gelegenheit zu geben, sich als außenstehender Beobachter zu fühlen, der sich von unwichtigen Details ablenken lässt. So wirken beispielsweise Kussszenen bei Hitchcock immer sehr intim, da er gewöhnlich mit der Kamera sehr nahe an die beiden sich Küssenden heranfuhr, um alles Störende drumherum auszublenden und den Zuschauer sozusagen zum dritten Umarmenden zu machen.[73] Aufgrund dieser Arbeitsweise hatte Hitchcock auch gegenüber seinen Produzenten und ihre persönlichen oder kommerzielle Interessen mehr Kontrolle über den Film. Ein Umschneiden war praktisch nicht möglich. Dass dies ein nicht unwesentlicher Grund für diese Vorgehensweise war, zeigt sich daran, dass Hitchcock, sobald er sein eigener Produzent war, immer wieder Szenen mehrfach filmte, um dann selbst beim Schnitt Variationsmöglichkeiten zu besitzen.

Dutzende Hitchcockscher Szenen, die auf diese Weise entstanden sind, sind in das kollektive Gedächtnis übergegangen. Vielleicht die berühmtesten: Die Duschszene aus Psycho, der Flugzeugangriff auf Cary Grant und die Jagd auf Mount Rushmore in Der unsichtbare Dritte, die Versammlung der Vögel auf dem Klettergerüst in Die Vögel, der Mord mit der Schere in Bei Anruf Mord, die Suche nach der Krawattennadel im Kartoffellaster in Frenzy, Cary Grant mit dem leuchtenden Milchglas auf der Treppe in Verdacht oder die 10-minütige Konzertszene in der Royal Albert Hall in Der Mann, der zuviel wusste von 1956.

In Hitchcocks Filmen tauchen immer wieder ungewöhnliche filmische Operationen auf, wie beispielsweise eine gegenläufige Zoom-Fahrtbewegung in Vertigo (später auch als Vertigo-Effekt bezeichnet), lange Kamerafahrten wie die aus einer Totale eines großen Raums bis in die Naheinstellung eines Schlüssels in einer Hand (in Berüchtigt) oder auf ein zuckendes Auge (in Jung und unschuldig) oder die aus ungefähr 70 Einstellungen bestehende 45 Sekunden lange Mordszene unter der Dusche in Psycho und viele andere mehr. Auch solche Kameraeinstellungen, Fahrten, Schwenks und Schnitte sind weder beiläufig noch zufällig. Sie sind der Dramaturgie untergeordnet und sie sind elementare Bestandteile von Hitchcocks Art und Weise, Gefühle und Stimmungen zu vermitteln und Spannung zu erzeugen. Der Production Designer Robert Boyle, mit dem Hitchcock bei fünf Filmen zusammenarbeitete, sagte über Hitchcocks technisches Filmverständnis: „Keiner der Regisseure, mit denen ich je zusammengearbeitet habe, wußte soviel über Film wie er. Viele der Regisseure, mit denen ich gearbeitet habe, wußten eine ganze Menge, aber sie besaßen nicht die technischen Fähigkeiten, die er hatte. Er suchte immer nur den visuellen Ausdruck, und so etwas wie eine zufällige Einstellung gab es bei ihm nicht.“[74]

Hitchcocks visueller Arbeitsstil drückt sich unter anderem in den Expositionen vieler seiner Filme aus. Er führte den Zuschauer anhand von „Mini-Stummfilmen“ in das Geschehen ein und brachte ihm die handelnden Figuren, die Umstände, die Vorgeschichte und die Grundstimmung der folgenden Handlung ohne die Verwendung von Dialogen nahe. Die Länge dieser Einführungen variierte zwischen wenigen Sekunden und mehreren Minuten. Erstmals verfolgte er diese Technik 1929 in seinem ersten Tonfilm Erpressung. Einige weitere bekannte Beispiele solcher stummen Expositionen: 1936 in Sabotage, 1951 in Der Fremde im Zug, 1952 in Ich beichte, 1954 in Bei Anruf Mord und Das Fenster zum Hof, 1955 in Über den Dächern von Nizza und 1964 in Marnie.

Das Kino als „Ein Stück Kuchen“

Hitchcocks Credo lautete: „For me, the cinema is not a slice of life, but a piece of cake.“ (zu deutsch: „Für mich ist das Kino keine Scheibe vom Leben, sondern ein Stück vom Kuchen.“) Film war für ihn immer eine artifizielle Kunstform und er bestand darauf, dass der Film einer anderen Dramaturgie zu folgen habe als das Leben. Filmische Mittel sollten nicht anstreben oder beanspruchen, das wahre Leben darzustellen, sondern zu dramatisieren und zu fiktionalisieren. Zu Truffaut sagte er:

‚Ein Stück Leben‘ filmen, das mache ich nie, das Leben haben die Leute bei sich zuhause oder auf der Straße oder sogar vor der Kinotür. Sie brauchen kein Geld dafür auszugeben, ein Stück Leben zu sehen. Aber auch den Phantasieprodukten gehe ich aus dem Weg. Es ist wichtig, dass der Zuschauer sich in den Personen selbst wiedererkennt. Filme zu drehen, das bedeutet für mich zuerst und vor allem, eine Geschichte zu erzählen. Diese Geschichte darf unwahrscheinlich, aber sie darf nie banal sein. Sie sollte dramatisch und menschlich sein. Das Drama ist ein Leben, aus dem man die langweiligen Momente herausgeschnitten hat.

Alfred Hitchcock [75]

Nur einmal – in Der falsche Mann – wich er von diesem Grundsatz ab, nicht ohne zu Beginn des Films selbst auf der Leinwand zu erscheinen, um das Publikum auf die Authentizität des nun Folgenden hinzuweisen. Aber auch in diesem Film werden die dem Film zugrundeliegenden Ereignisse dramatisiert und der Akzent liegt auf jenen Elementen, die nicht dokumentarisch sind – der subjektiven Perspektive des unschuldig Verdächtigten und seiner hilflosen Frau. Einigen seiner weiteren Filmen, liegen (auch) reale Ereignisse zugrunde, zum Beispiel Der zerrissene Vorhang, Das Fenster zum Hof, Der Auslandskorrespondent oder Cocktail für eine Leiche. Diese werden jedoch soweit fiktionalisiert, dass außer dem Grundmotiv der ursprünglichen Geschichte kein Bezug mehr übrig bleibt.

Eine nicht verwirklichte Idee für Der unsichtbare Dritte, die Hitchcock ebenfalls im Interview mit Truffaut erwähnt [76], war, zu zeigen wie unter den Augen Cary Grants auf einem Fließband ein Auto komplett zusammengebaut wird und anschließend aus dem fertig gestellten Auto eine Leiche fallen zu lassen – nach realistischen Maßstäben ein Ding der Unmöglichkeit, nach dramatischen Gesichtspunkten ein Gedanke, der auf weitestgehende Weise Hitchcocks Vorstellungen davon, die Realität zu transzendieren, verdeutlicht. Auf der anderen Seite zeigt Hitchcocks Begründung für das Verwerfen der Idee, dass er sich in solchen Fragen nur an der zu erzählenden Geschichte orientierte, nicht an der Realität oder der Wahrscheinlichkeit, aber auch nicht an abstrakten Ideen:

Wir haben die Idee in der Geschichte nicht richtig unterbringen können, Und selbst eine willkürliche Szene kann man nicht ohne Motiv ausführen.

Alfred Hitchcock [77]

Hitchcock und die „Wahrscheinlichkeitskrämer“, Vermeidung von Klischees

Hitchcock nahm bewusst in Kauf, dass man seinen Filmen vorwerfen konnte, Gesetze der Plausibilität zu missachten. Kritiker, die ihm das vorwarfen nannte er „Wahrscheinlichkeitskrämer“ und er verteidigte sein Vorgehen: „Wenn man alles analysieren wollte und alles nach Erwägungen der Glaubwürdigkeit und Wahrscheinlichkeit konstruieren, dann würde keine Spielfilmhandlung dieser Analyse standhalten, und es bliebe einem nur noch eines übrig: Dokumentarfilme zu drehen.“ [78] Tatsächlich gab es in manchen Hitchcock-Filmen Details und Wendungen, auch entscheidende, die einer peniblen Wahrscheinlichkeitsbetrachtung nicht standhielten. Jedoch waren Hitchcocks „Zufälle“ nie plump, sondern standen in der Regel im Dienste der Erzählung. Hitchcock konnte darauf vertrauen, dass die Zuschauer diese unwahrscheinlichen Details akzeptieren würden, da er diese nicht aus mangelnder Sorgfalt verwendete oder einsetzte, um vorangegangene Geschehnisse zu erklären und somit den Zuschauer zu verprellen, sondern nur, um die Handlung zu dramatisieren, voranzutreiben oder zu straffen. Drei bekannte Beispiele für solche unwahrscheinlichen Zufälle in Hitchcocks Filmen sind:

  • In Rebecca identifizierte Laurence Olivier eine fremde tote Frau als seine eigene, somit galt Rebecca, die eigentlich durch seine Schuld zu Tode kam und die noch am Meeresgrund lag, als ertrunken. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass zeitgleich mit Rebeccas Tod im Meer in unmittelbarer Nähe eine weitere Frau ertrinkt, die zudem noch von niemand vermisst wird, so dass die falsche Identifikation jahrelang nicht auffällt.
  • In Ich beichte ermordet der Küster zufällig den Mann, der seinen Chef, den Pfarrer, erpresste, und genau diesem Pfarrer beichtet der Küster direkt danach seine Tat.
  • In Die Vögel befindet sich zum Zeitpunkt der Belagerung des kleinen Cafés durch die Vögel dort zufällig eine Ornithologin, die in dieser Szene den Anwesenden (und den Zuschauern) die wissenschaftliche Sicht der Dinge erklärt.

Die Irritation, die Hitchcocks Umgang mit der Wahrscheinlichkeit bei manchen Rezensenten hervorrief, wurde auch dadurch bedient, dass Hitchcock die Genregrenzen sprengte und zum Beispiel immer bemüht war, keine filmtypischen Klischees zu bedienen. So vermied er es insbesondere bei den Nebenrollen, auf Typen festgelegte Schauspieler in ebensolchen Rollen zu besetzen. Er spielte sogar mit Klischees. Zu früheren Zeiten war es üblich, dass Schurken Schnurrbärte trugen. In zwei Filmen arrangierte Hitchcock in Schlüsselszenen Schatten auf den Gesichtern seiner Schauspieler so, dass sie Schnurrbärten ähnelten: in Erpressung als sich Cyril Ritchard anschickt Anny Ondra zu vergewaltigen, in Geheimagent als am Ende des Films klar wird, dass der bis dahin sehr charmante Robert Young der gesuchte Spion ist.

Hitchcock entzog sich auch bei der Wahl seiner Spielorte den Genre-Gesetzen. So ließ Hitchcock Verbrechen und bedrohliche Szenen häufig nicht in unheimlichen, dunklen Räumen stattfinden, sondern bei hellem Tageslicht und an scheinbar harmlosen Orten wie einem mit Menschen übersäten Marktplatz (Der Mann, der zuviel wußte (1956) und Der Auslandskorrespondent), in einer menschenleeren Landschaft, auf einer öffentlichen Versteigerung und in einer Hotelhalle (Der unsichtbare Dritte), auf einer idyllischen Bergstraße (Über den Dächern von Nizza), auf einem Rummelplatz (Der Fremde im Zug), auf einer Party (Berüchtigt und Jung und unschuldig) in einer voll besetzten Konzerthalle (beide Der Mann, der zuviel wußte) oder in einem mit lauter freundlichen Menschen besetzten Eisenbahnzug (Eine Dame verschwindet).

Suspense als Mittel der Spannungserzeugung

Bei der üblichen Form von Suspense ist es unerlässlich, dass das Publikum über die Einzelheiten, die eine Rolle spielen, vollständig informiert ist. Sonst gibt es keinen Suspense

Alfred Hitchcock [79]

Die im Film landläufige Form der Spannungserzeugung besteht darin, dass der der Zuschauer zusammen mit den Filmfiguren im Ungewissen über die Umstände oder die Hintergründe des Geschehens gelassen wird und sich die Handlung bis zu einer überraschenden Auflösung hin entwickelt. Diese klassische, auf das Überraschungsmoment aufbauende, Form des Kriminalfilms ist der Whodunit, in dem sich dem Zuschauer erst am Schluss die Täterschaft offenbart und er bis dahin, zusammen mit dem Detektiv, allerlei richtigen und falschen Fährten zu folgen hat. Diese Form des Spannungsaufbaus lehnte Hitchcock ab. In seiner gesamten Karriere drehte Hitchcock einen einzigen „echten“ Whodunit, 1931 den Film Mord – Sir John greift ein!. In einigen anderen Filmen offenbart sich die Täterschaft zwar auch erst am Ende, der Zuschauer ist aber nicht auf der Suche nach dem Täter, da er ihn entweder (vermeintlich) bereits kennt oder weil die Tätersuche nicht im Mittelpunkt des Geschehens steht. Beispiele sind Psycho, Der Fall Paradin, Ich kämpfe um dich, Über den Dächern von Nizza und Die rote Lola.

Hitchcock arbeitet statt dessen in der Regel mit sich entwickelnder und anhaltender Spannung, also damit, dass sich ein Geschehen abspielt, dessen mögliche Konsequenzen für den Zuschauer nicht als plötzlicher und unvorhersehbarer Schock eintreffen, da dieser über die Umstände und Hintergründe informiert ist. Hitchcock benutzte hierfür den Begriff Suspense, für den es keine adäquate deutsche Entsprechung gibt. Die Spannung entsteht daraus, dass dem Zuschauer ab einem gewissen Zeitpunkt Informationen oder Umstände bekannt sind, von denen der „Held“ oder allgemein die handelnden Personen nichts wissen. Durch diesen Informationsvorsprung wird der Zuschauer aus der ursprünglichen Identifikation mit den Figuren gerissen und wird zum Beobachter einer Handlung aus einer Überblicksperspektive. Er fiebert in besonderer Weise mit den Helden, er sieht Ereignisse kommen, möchte den Figuren helfen, kann es aber nicht. In einigen Filmen wird das klassische Suspense dahingehend variiert, dass handelnde Personen die Rolle des Zuschauers übernehmen – sie wissen um die Bedrohung, können aber nicht eingreifen.

Beispiele für diese Art der Spannungserzeugung finden sich in fast allen Filmen Hitchcocks. Vier typische Beispiele:

  • In Berüchtigt weiß der Zuschauer, dass die bei einem mutmaßlichen Naziverschwörer eingeschleuste Alicia Huberman (Ingrid Bergman) von diesem enttarnt wurde und langsam vergiftet wird. Ihre Schwäche und Geistesabwesenheit bei ihren Treffen wird von ihrem Partner Devlin (Cary Grant) aber als Alkoholismus missverstanden, so dass er die aufziehende Gefahr, im Gegensatz zum Zuschauer, zunächst nicht erkennt und ihre schleichende Ermordung weitergeht, wobei sich die Spannung, ob sie gerettet werden kann, immer mehr steigert.
  • In Vertigo – Aus dem Reich der Toten lernt Scottie nach dem Tod von Madleine, die er beschattet hatte und deren „Selbstmord“ er nicht verhindern konnte, eine Frau kennen, die ihn an Madeleine erinnert und die er in traumatischer Besessenheit in die „Verstorbene“ verwandeln will. Der Zuschauer erfährt schon zu Beginn ihrer Bekanntschaft, dass beide Frauen identisch sind und die folgende verhängnisvolle Entwicklung kann nur in ihrer Unausweichlichkeit und Tragweite wahrgenommen werden, weil der Zuschauer nicht wie die Hauptfigur durch die Auflösung am Ende des Films überrascht wird.
  • In Das Fenster zum Hof dringt Lisa (Grace Kelly) in die Wohnung des verdächtigen Nachbarn ein, um nach Beweisen für einen möglichen Mord zu suchen. Ihr Partner Jeff (James Stewart) beobachtet das Geschehen von der gegenüber liegenden Wohnung aus und sieht dabei den Nachbarn vorzeitig zurückkommen. Er vermutet sie in Lebensgefahr, kann ihr aber nicht helfen. Hier übernimmt der Held sozusagen die Rolle, die normalerweise bei dieser Form der Spannungserzeugung der Zuschauer innehat, als hilfloser Beobachter bedrohlicher Entwicklungen.
  • In Der Fremde im Zug versucht der Schurke, seinem Widerpart einen Mord in die Schuhe zu schieben, indem er einen belastenden Gegenstand, ein Feuerzeug, am Tatort hinterlegt. Der andere weiß jedoch davon, will es verhindern, muss aber, während der Schurke schon auf dem Weg zum Tatort ist, noch ein Tennisspiel bestreiten und möglichst schnell gewinnen, um den Schurken aufzuhalten. Das Geschehen bezieht seine Spannung daraus, dass sich das Tennisspiel in die Länge zieht, während der Schurke auf dem Weg zum Vollzug seiner Tat ist, und so die Gefahr für den Helden immer größer wird. Auf dem Höhepunkt der Spannungserzeugung wendet sich das Geschehen: Das Feuerzeug fällt dem Schurken in einen Gully und er versucht, während sein Verfolger sich dem Ende des Matches nähert, verzweifelt, das Feuerzeug aus dem Gully zu ziehen, um rechtzeitig am Tatort zu sein. In diesem Fall bezieht der Suspense nicht nur den Zuschauer als Mitwissenden ein, sondern auch die beiden Figuren, die sich, wissend von der gegenseitigen Bedrohung, sozusagen ein Rennen liefern. Überdies spielt Hitchcock hier mit dem Wechsel von Perspektiven und der Lenkung der Identifikation des Zuschauers und beweist, dass Suspense auch benutzt werden kann, um eine Identifikation mit dem „Bösen“ herzustellen.

In Hitchcocks Werk finden sich aber auch Fälle, in denen er zuerst eine Suspense-Situation aufbaut und diese plötzlich umkippen lässt, indem er einen völlig unerwarteten Überraschungseffekt auslöst. Hitchcock verwendet hier Suspense, um von diesen nachfolgenden Schockmomenten abzulenken:

  • In Sabotage wird ein kleiner Junge von einem Saboteur beauftragt, ein Paket zu einem Ort zu bringen. Der Zuschauer weiß, dass in dem Paket eine Bombe ist, die mit einem Zeitzünder versehen ist, und es entsteht Suspense aus dem Wissen, dass das Paket, das der Junge transportiert, irgendwann explodieren wird. Der Spannungsbogen wird dadurch, dass der Junge alle Gelegenheiten nutzt, seine Zeit zu vertrödeln, so weit gespannt, dass der Zuschauer immer ungeduldiger auf die Auflösung wartet. Als die Bombe dann jedoch tatsächlich explodiert und den Jungen tötet, ist dies ein unerwarteter Schock, denn vor allem aufgrund der Tatsache, dass ein Kind das Opfer der Bedrohung ist, war die Erwartung des Publikums, dass es beim Suspense, in dem Fall der Bedrohung bleiben würde. Hitchcock hat die Tatsache, dass er die Bombe explodieren und das Kind töten ließ, im Nachhinein als „schweren Fehler“[80] bezeichnet.
  • In Psycho finden sich gleich zwei berühmte Suspense-contra-Schock-Szenen. Die eine ist die Duschszene mit dem Mord an der Hauptfigur, die Hitchcocks üblichem Vorgehen zuwiderläuft: Zum einen ist Marion Crane (Janet Leigh) mit verschiedenen Insignien einer typischen Hauptfigur eines Hitchcockfilms ausgestattet, so dass niemand erwartet, dass sie bereits in der ersten Hälfte des Films stirbt. Zum anderen schaltet Hitchcock der Duschszene selbst einen Suspense-Moment vor. Norman Bates (Anthony Perkins) beobachtet Marion Crane durch ein Loch in der Wand beim Ausziehen. Sie geht unter die Dusche. Wenn der Zuschauer infolge dessen überhaupt irgendetwas Unangenehmes erwartet (er befindet sich immerhin in einem Hitchcock-Film) dann im schlimmsten Fall eine Vergewaltigung durch Norman, aber keinesfalls einen bestialischen Mord durch die Mutter. Dieser Mord geschieht somit völlig überraschend, ein Umstand, dem diese Szene und der Film allerdings ihre Berühmtheit verdanken.
  • Gegen Ende von Psycho sucht Lila Crane (Vera Miles) Norman Bates' Mutter, die der Zuschauer für die Mörderin hält und daher bereits auf das Schlimmste gefasst ist. Gleichzeitig verfolgt aber Norman Lila und die Aufmerksamkeit und Hoffnung des Zuschauers wird somit darauf gelenkt, ob und dass Lila die Mutter findet, bevor Norman Lila findet. Somit trifft der anschließende Schockeffekt beim Anblick der mumifizierten Mutter unmittelbar auf einen Moment der Erleichterung (die Mutter ist gefunden) und wirkt daher um so stärker.
Der MacGuffin

Ein von Hitchcock in seinen Thrillern sehr häufig verwendetes Mittel, um die Handlung voranzutreiben oder Suspense zu erzeugen, war der MacGuffin: Ein Handlungselement, welches häufig der Anlass für die Geschichte ist, Neugier weckt, die Figuren motiviert, sich auf die Reise oder die Flucht zu begeben, welches auch die Handlung vorantreiben kann und das oft das vordergründige Geheimnis der Handlung darstellt. Ein Element, das aber für die Entwicklung der Figuren und für den Zuschauer eigentlich inhaltlich völlig bedeutungslos, geradezu austauschbar ist. In Berüchtigt wird Ingrid Bergman von Cary Grant darauf angesetzt, im Hause der Nazikollaborateure herumzuschnüffeln. Im Keller findet sich schließlich Uranerz, abgefüllt in Weinflaschen. Es hätte auch irgendetwas anderes sein können, es hat für die Geschichte selbst keine Bedeutung sondern ist nur Vorwand für die Suche und die sich daraus ergebenden dramatischen Verwicklungen. Weitere Beispiele für MacGuffins:

  • Die mysteriösen „39 Stufen“ im gleichnamigen Film sind eine Geheimorganisation, über die bis kurz vor Ende des Films überhaupt nichts bekannt ist, außer, dass sie gefährlich ist.
  • In Jung und unschuldig suchen die Helden nach dem Gürtel eines Regenmantels als entlastendes Beweisstück.
  • In Eine Dame verschwindet ist es eine kleine „Melodie“, die in chiffrierter Form eine geheime Botschaft enthält und die nach London gebracht werden muss.
  • Der MacGuffin in Der unsichtbare Dritte sind schlicht „Regierungsgeheimnisse“.
  • In Psycho benutzt Hitchcock unterschlagenes Geld, das die Sekretärin zur Flucht treibt und so in „Bates Motel“ führt, um das Publikum anfangs gezielt in die Irre zu leiten und für einen Kriminalfall zu interessieren, der mit der eigentlichen Handlung nur am Rande zu tun hat.
  • In Der zerrissene Vorhang ist der MacGuffin eine physikalische Formel, die aus nicht genannten Gründen wichtig für den Weltfrieden ist.
Tricktechnik

Nach Hitchcocks Filmverständnis schafft sich der Film seine eigene Realität und soll oder darf kein Abbild des wahren Lebens sein. Die Nutzung sämtlicher Möglichkeiten, mit filmtechnischen Verfahren Illusionen zu erzeugen und genau das wiederzugeben, was der Regisseur sich vorstellt, ist nach diesem Verständnis nicht nur legitim, sondern unmittelbar erforderlich. Die Anwendung von Tricktechniken war daher für Hitchcock wie sämtliche filmtechnischen Operationen immer selbstverständlich, aber nie Selbstzweck, sondern ureigenstes Wesensmerkmal zur Umsetzung seines filmkünstlerischen Anspruchs. Hitchcock hat die Entwicklung der Tricktechnik aufmerksam beobachtet und schon sehr früh – gelegentlich zum Missfallen seiner Produzenten – neue Trickverfahren eingesetzt, wie zum Beispiel das Schüfftan-Verfahren (bei Erpressung) oder Matte Painting. Bei Saboteure (1942) arbeitete er mit Travelling Matte Shots. Bei Die Vögel (1963), der fast 400 Trickeinstellungen hatte, griff Hitchcock auf sämtliche damals verfügbaren Tricktechniken zurück, unter anderem auch auf das ansonsten für Animationsfilme verwendete Rotoskopieverfahren. [81]. In seinen englischen Thrillern, vor allem in Nummer siebzehn und in Jung und unschuldig, arbeitete Hitchcock bei Verfolgungsjagden oft (erkennbar) mit Modellen. In Eine Dame verschwindet sind die Rückprojektionen während der Zugfahrt bereits so ausgefeilt, dass sie noch Jahrzehnte später faszinieren. Ähnliches gilt für die Schlussszene von Der Fremde im Zug, in der zwei Männer auf einem sich immer schneller drehenden Karussell kämpfen – in einer virtuose Kombination von Realeinstellungen, Modellen und Rückprojektionen.

Die Anordnung der Bilder auf der Leinwand, die etwas ausdrücken soll, darf nie von den tatsächlichen Gegebenheiten abhängig gemacht werden. Unter keinen Umständen. Die Filmtechnik erlaubt einem, alles zu bekommen, was man will, alle Bilder so zu realisieren, die man sich vorgestellt hat. Es gibt also keinen Grund, auf etwas zu verzichten, oder sich auf einen Kompromiss einzulassen zwischen dem gewünschten und dem erreichten Bild. Wenn nicht alle Filme wirklich einwandfrei sind, liegt das daran, dass es in unserer Industrie zuviele Leute gibt, die nichts von der Bildsprache verstehen. [...]
Die Technik muss die Handlung bereichern. Es geht nicht darum, die Kamera so zu platzieren, dass der Kameramann begeistert ist. Die einzige Frage, die ich mir stelle, ist, ob die Positionierung der Kamera an der oder der Stelle der Szene die maximale Kraft gibt. Die Schönheit der Bilder und der Bewegung, der Rhythmus, die Tricks, das alles muss der Handlung untergeordnet und geopfert werden.“

Alfred Hitchcock [82]

Nur einmal griff Hitchcock aus Experimentierfreude auf einen filmtechnischen Kniff zurück, die sich nicht unmittelbar aus der Dramaturgie ergab. In Cocktail für eine Leiche (1948) drehte er bis zu zehn Minuten lange Einstellungen, die er zum großen Teil sogar über unsichtbare Schnitte ineinander übergehen ließ. Er wollte damit bei dieser Theaterverfilmung die Einheit von Zeit und Raum dokumentieren. Später gab er zu, dass es ein Fehler war, damit gleichzeitig den Schnitt als wesentliches gestaltendes Instrument der Dramaturgie aus der Hand zu geben. Gegenüber Truffaut bezeichnete er dies als „idiotisch“ und als „verzeihlichen Versuch“ – als weitaus größeren Fehler, nämlich als „unverzeihlichen Irrtum“, sah er jedoch an, dass er ein Jahr später in Sklavin des Herzens die gleiche Methode wiederholte und bis zu sieben Minuten lange ungeschnittene Einstellungen drehte, für die es keine Notwendigkeit gab. [83]

Der Umgang mit Licht und Schatten, Symbolik der Farben

Angefangen mit seinen ersten Filmen hat Hitchcock stets das Spiel mit Licht und Schatten eingesetzt, um Tiefe zu schaffen und um bestimmte Effekte zu erzielen. Dies übernahm er von amerikanischen und deutschen Filmemachern. Schattenspiele sind in praktisch allen seiner Schwarzweiß-Filme zu finden. Typisch für Hitchcock sind Linien und Streifen in Form von Schatten (durch Gitter, Jalousien oder ähnliches verursacht), die vor allem auf Gesichter fallen und die Ambivalenzen oder Persönlichkeitsspaltungen, drohendes Unheil und Gefahr bedeuten. Hitchcock verwendet darüber hinaus in seinen Filmen, die einen äußeren oder inneren Gut-Böse-Gegensatz thematisieren in einzelnen Szenen, sehr starke, zum Teil unnatürlich wirkende Kontraste.

Hitchcock unterstützte dieses Hell-Dunkel-Spiel durch die Kostüme der Figuren. So ließ er Ingrid Bergman am Anfang von Berüchtigt gestreifte Kleidung tragen, um ihre Zerrissenheit zu unterstreichen. In Der Mieter trug Ivor Novello zu Beginn Schwarz, später dann, um seine Unschuld auch nach außen hin deutlich zu machen, Weiß. Die Methode, durch die Farbgebung der Kostüme den emotionalen Zustand der Figuren zu unterstreichen, behielt Hitchcock bei. In Bei Anruf Mord wurden die Kostüme von Grace Kelly mit der Dauer des Films immer trister und grauer, entsprechend ihrer inneren Gemütsverfassung. Hitchcocks Farbwahl von Grace Kellys Kleidern in Das Fenster zum Hof war bestimmt durch die emotionale Verbindung zu den Figuren in der Nachbarschaft, die wiederum die Beziehung zwischen Grace Kelly und James Stewart widerspiegelten. Hierzu sagte die Kostümbildnerin Edith Head: „Für jede Farbe und jeden Stil gab es einen Grund; er war sich seiner ganzen Entscheidung absolut sicher. In einer Szene sah er sie in blassem Grün, in einer anderen in weißem Chiffon, in einer weiteren in Gold. Er stellte im Studio tatsächlich einen Traum zusammen.“[84] In seinen späteren Filmen, allen voran Marnie und Vertigo – Aus dem Reich der Toten, gab es eine ausgefeilte, die Kostüme, die Dekors und die Beleuchtung umfassende Farbdramaturgie.

Hitchcocks Umgang mit Ton und Musik

Hitchcock hat seit dem Aufkommen des Tonfilms mit dramaturgieunterstützenden Toneffekten gearbeitet, und er hat Musik nicht nur untermalend, sondern dramaturgisch eingesetzt. In Mord – Sir John greift ein! (1930) hat er, da ein nachträgliches Bearbeiten der Tonspur zu diesem Zeitpunkt technisch noch nicht möglich war, ein komplettes Orchester hinter den Kulissen versteckt, um die entsprechenden Stellen musikalisch zu untermalen. In Der Mann, der zuviel wußte (1956) schließlich wird Musik, sowohl orchestral wie auch gesungen, aktiv inszeniert und dramaturgisch eingebunden und sie spielt eine wesentliche Rolle in der Gesamtdramaturgie des Films. Den Umgang Hitchcocks mit dem Medium Ton charakterisiert sehr gut die Beobachtung der Schauspielerin Teresa Wright, der Hauptdarstellerin von Im Schatten des Zweifels: „Bei Hitch geschah alles aus einem bestimmten Grund. Wenn ein Schauspieler mit den Fingern trommelte, war das nicht ein zweckloses Trommeln, es hatte einen Rhythmus, ein musikalisches Muster – es war wie ein Geräusch-Refrain. Ob jemand nun ging oder mit Papier raschelte oder einen Umschlag zerriss oder vor sich hin pfiff, ob das Flattern von Vögeln oder ein Geräusch von draußen war, alles wurde sorgfältig von ihm orchestriert. Er komponierte die Toneffekte wie ein Musiker Instrumentenstimmen.“ [85] Gegenüber Truffaut erwähnte Hitchcock, dass er nach dem Endschnitt eines Films seiner Sekretärin ein „Tondrehbuch“ diktiert, das alle von ihm gewünschten Geräusche enthält.[86]

[Bearbeiten] Inhaltliche Motive: Angst, Schuld und Identitätsverlust

Gilt Hitchcock von der formalen Seite her als „Master of Suspense“, so ist er inhaltlich der „Meister der Angst“. Die Angst ist das über allem stehende Motiv, das sich in seinem Werk auf die unterschiedlichste Art und Weise ausdrückt: Die Angst des unschuldig Verfolgten, die Angst vor dem Identitätsverlust, die Angst vor dem Bösen, dem Mysteriösen dem Unergründlichen und dem Unabwendbaren, die Angst vor Entdeckung, die Angst vor der eigenen Vergangenheit und nicht zuletzt die Angst, die Freiheit zu verlieren und die Angst vor dem Eingesperrtsein. Hitchcock wird in Hinblick darauf, wie er sich in seinen Werken dem Thema Angst näherte, mitunter mit Kafka, Dostojewski und Poe verglichen.[87]

Hitchcock kokettierte Zeit seines Lebens mit seiner eigenen panischen Angst vor der Polizei. Diese gehe, so erzählte er bei vielen Gelegenheiten, auf eine Begebenheit aus seiner Kindheit zurück. Hitchcock erzählte, dass er mit fünf Jahren, nachdem er etwas angestellt hatte, von seinem Vater mit einem Zettel auf das nahegelegene Polizeirevier geschickt worden sei. Der Polizist las den Zettel und sperrte Alfred für fünf oder zehn Minuten in eine Zelle mit dem Kommentar, dies würde die Polizei mit ungezogenen Jungen so machen.

Der unschuldig Verfolgte und der Identitätsverlust

Die Grundkonstellation vieler von Hitchcocks Filmen liegt in der existentiellen Bedrohung einer Person, wobei die Ursache der Bedrohung zumeist im Unklaren bleibt. In manchen Fällen ist dies ein nicht zu entkräftender Verdacht, in anderen Fällen eine Bedrohung an Leib und Leben, oft beides gleichzeitig. Die Bedrohung kann infolge nicht erklärlicher oder auch selbst gewählter Umstände erfolgen, diese Bedrohung kann greifbar sein oder nicht, sie kann real sein oder eingebildet. Die Betroffenen werden aus ihrer alltäglichen Ordnung gerissen und ihrer Identität beraubt – sie erleiden einen Identitätsverlust. Dieses Motiv spielt Hitchcock, angefangen von seinem ersten Film bis hin zu seinem letzten, in allen Varianten durch. Einige Beispiele:

  • In den beiden Filmen Die 39 Stufen und Der unsichtbare Dritte tritt das Motiv des Identitätsverlusts offen zutage. Die Hauptdarsteller werden jeweils fälschlicherweise des Mordes verdächtigt, sie werden von feindlichen Agenten und von der Polizei verfolgt, müssen ihre wahre Identität verbergen und müssen mehrfach die eines anderen annehmen.
  • Die extremste Form des Identitätsverlustes tritt in zwei Filmen auf, in denen die männlichen Hauptdarsteller zeitweilig und unbewusst die Identität eines Toten übernehmen: Anthony Perkins in Psycho und Gregory Peck in Ich kämpfe um dich.
  • In Bei Anruf Mord wird Grace Kelly des Mordes verdächtigt und zum Tode verurteilt. Ihr Ehemann, dem sie vertraut, ist jedoch der alleinige Verursacher aller sie belastenden Umstände. Sie legt sozusagen ihr Schicksal, ihr Leben und ihre Identität in seine Hände und er ist dabei, diese Identität vollständig zu vernichten.
  • In Der falsche Mann wird Henry Fonda aufgrund einer Verwechslung verhaftet und vor Gericht gestellt. Die bis dahin makellose Existenz des Musikers wird mit einem Schlag zunichte gemacht, seine Persönlichkeit und seine Identität wird (unwissentlich) von dem anderen, dem wahren Täter aufgesogen und zerstört.
Schuld und Sühne

In Hitchcocks Filmen ist fast niemand schuldlos. Seinen „unschuldig Verfolgten“ verleiht er in vielen Fällen Doppelbödigkeit, indem diese einen ambivalenten Charakter oder zwiespältige Motive haben. Der unschuldig Verfolgte, so Hitchcock zu Truffaut, ist „unschuldig, aber nur im Bezug auf das, was man ihm vorwirft.“ [88] Er wird durch das, was ihm im Laufe des Film widerfährt, auch symbolisch für seine Defizite und Vergehen bestraft. Bekannte Beispiele hierfür sind:

  • In Der Mieter wird Ivor Novello fälschlicherweise als Mörder verdächtigt und beinahe gelyncht. Er ist jedoch selbst entschlossen, am Mörder seiner Schwester Selbstjustiz zu verüben.
  • In Ich kämpfe um dich wird Gregory Peck verdächtigt, einen Arzt ermordet zu haben. Bei der Aufklärung des Falls stellt sich heraus, dass er an einer Amnesie aufgrund eines Schuldkomplexes leidet: Er trägt die Schuld am Unfalltod seines Bruders viele Jahre zuvor.
  • In Bei Anruf Mord ist Grace Kelly zwar nicht die Mörderin des Erpressers – es war Notwehr. Sie hat jedoch ihren Ehemann mit einem anderen Mann betrogen. Das folgende Unheil kann daher auch als Strafe für ihren Ehebruch angesehen werden.
  • In Das Fenster zum Hof ist der Voyeurismus von James Stewart Ausgangspunkt des Falles und Ursache, dass er am Ende überhaupt in Gefahr gerät. Die Strafe ist ein zweites gebrochenes Bein, durch den Sturz aus dem Fenster am Ende des Films.
Schuldübertragung

Eine Steigerung des Schuldmotivs ist bei Hitchcock das der Schuldübertragung vom eigentlichen Schuldigen auf eine weitere Person. Dies kann auf mehrere Arten geschehen: Die Polizei überträgt die Schuld an einer Tat auf einen Unschuldigen, da sie von falschen Annahmen ausgeht, da sie in die Irre geführt wurde, weil sie schlampig recherchiert oder weil Polizisten persönliche Interessen verfolgen. Hitchcock macht aber auch Handelnde zu Mitwissern und zwingt sie zu einer Gewissensentscheidung zwischen „richtig“ und (vermeintlich oder tatsächlich) „falsch“. Diese Personen machen sich dann mitschuldig, da sie aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Polizei gehen wollen oder können, da sie selbst verdächtigt werden oder von der Tat profitieren. Hitchcock macht sogar den Zuschauer zum Komplizen, indem er ihn zeitweise dazu bringt, sich mit dem Schurken zu identifizieren (Berühmt gewordene Beispiele hierfür finden sich in Psycho, Frenzy, Bei Anruf Mord und Der Fremde im Zug). Das Motiv der Schuldübertragung ist bei Hitchcock grundlegend und steht in sehr vielen seiner Filme im Mittelpunkt oder wird zumindest angedeutet:

  • Der offensichtlichste Fall der Schuldübertragung liegt in Sklavin des Herzens vor, wo Joseph Cotton aus Liebe die Schuld auf sich nimmt, die Ingrid Bergman auf sich geladen hat, als sie in Notwehr ihren eigenen Bruder getötet hat.
  • In Ich beichte gerät ein Priester unter Tatverdacht für einen Mord, den ein anderer in einem Priestergewand beging, für den er jedoch selbst ein Motiv besaß und vor allem, indem der Mörder dem Priester den Mord beichtet und ihn so zum Mitwisser macht.
  • In Der Fremde im Zug begeht jemand einen Mord „stellvertretend“ für jemanden, der den Tod der Ermordeten tatsächlich wünscht und von ihm profitiert. Der Mörder erwartet nun die „Gegenleistung“, die der andere verweigert.
  • In Vertigo macht der wahre Mörder die Hauptfigur durch ein Komplott zunächst scheinbar zum Schuldigen am Tod der ihr anvertrauten Person. Anschließend macht sich das Opfer der Intrige tatsächlich am Tod der Frau schuldig, die er liebt.
  • In Verdacht deutet alles darauf hin, dass Cary Grant seine von Joan Fontaine gespielte Ehefrau ermorden will. Am Ende kehrt sich alles um: Sämtliche Verdachtsmomente lassen sich (scheinbar) harmlos erklären, ihr Verdacht gegen ihn ist es – nicht seine Mordabsicht – der die Ehe in Gefahr bringt.
  • In einigen Filmen konzentriert Hitchcock beide Aspekte in einer Person, es ergibt sich das „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“-Motiv der gespaltenen Persönlichkeit. In mehreren Filmen wirkt der Mörder nach außen hin liebenswürdig oder sympathisch, und er wirkt sogar anscheinend an der Klärung des Falles mit oder bietet dem unschuldig Verdächtigten seine Hilfe an. Beispiele hierfür sind Frenzy, Psycho, Im Schatten des Zweifels, Der Fremde im Zug, Bei Anruf Mord und Riff-Piraten.
Schuld und Bedrohung im sexuellen Kontext

In vielen von Hitchcocks Filmen ergeben sich Schuld und Bedrohung aus einem sexuellen Bezug heraus. Waren dies in den früheren Filmen noch konkrete sexuelle Fehltritte, die zum Unheil für die Beteiligten führten, so wurden im Laufe der Jahre diese Bezüge subtiler.

  • In mehreren vor allem frühen Filmen erleiden die Hauptfiguren Schaden unmittelbar aufgrund sexueller Fehltritte. Beispiele sind Irrgarten der Leidenschaft, Downhill, Easy Virtue oder Bis aufs Messer, später Ich beichte. In Erpressung kann sich die Hauptdarstellerin gegen eine Vergewaltigung nur durch Mord retten, nachdem sie jedoch zuvor den Angreifer animierte.
  • In Rebecca steht Laurence Olivier bis über deren Tod hinaus in Abhängigkeit von seiner ersten Ehefrau. Dieses Motiv greift Hitchcock später in Vertigo wieder auf.
  • In Der Fall Paradin genügt bereits der Gedanke an Ehebruch, der Gregory Peck beinahe die Existenz kostet.
  • In einigen späteren Filmen ereilt das Unheil Personen, die sich nicht an einen Partner binden wollen und ihre angebliche Unabhängigkeit mit Ausflüchten verteidigen. Das Motiv der Bindungsangst tritt erstmals in Im Schatten des Zweifels auf, später in Das Fenster zum Hof, Vertigo, Der unsichtbare Dritte und Die Vögel. In Marnie tritt die Bindungsangst in Kombination mit Frigidität auf.
  • In Berüchtigt ist der Zusammenhang zwischen Sex, Schuld und Bedrohung zentral. Ingrid Bergman wird von Cary Grant gezwungen, mit einem feindlichen Spion, ein Verhältnis einzugehen. Als sie dies tatsächlich tut, wird sie von Grant, der sie liebt, hierfür verachtet. Er macht sie für seine eigene Skrupellosigkeit verantwortlich. Seine Eifersucht lässt ihn beinahe zu spät erkennen, dass sie langsam vergiftet wird, und zwar von dem Mann, der sie eigentlich noch mehr liebt, als er selbst.

Sexuelle Abnormitäten, die im Zusammenhang mit Schuld und Verbrechen stehen, deutete Hitchcock in einigen Filmen an oder führt sie explizit aus:

  • Homosexualität in Verbindung mit Schuld und Verderben kommt in Hitchcocks Werken regelmäßig vor. Zu Zeiten des Hays Code war Homosexualität jedoch ein Tabu. Daher wurden die homosexuellen Bezüge in Cocktail für eine Leiche (entgegen der Vorlage) nie angesprochen, lassen sich jedoch aus dem Kontext erschließen. Wesentlich subtiler sind die homosexuellen Untertöne in Der Fremde im Zug gestaltet. Hitchcock arbeitete zusammen mit dem Darsteller Robert Walker eine Reihe von Gesten aus, die für aufmerksame Zuschauer eindeutig genug waren, die jedoch von den Zensoren nicht bemerkt wurden.[89] Schon 1931 thematisierte Hitchcock in Mord – Sir John greift ein! das Thema Homosexualität und bereits in seinem allerersten Film Irrgarten der Leidenschaft gibt es Untertöne einer lesbischen Liebe.[90]
  • In Vertigo wird eine nekrophile Veranlagung James Stewarts durch einzelne Schlüsselszenen angedeutet. Hitchcock gab diesen Bezug gegenüber Truffaut unumwunden zu.[91] Die damalige Zensurpraxis ließ deutlichere Bezüge nicht zu.
  • Bereits in Erpressung spielte Fetischismus eine gewisse Rolle, ein Motiv, dass knapp 30 Jahre später in Vertigo und in Psycho ausgebaut wurde.
  • Voyeurismus ist ein Hauptmotiv in Das Fenster zum Hof und spielt auch in Psycho eine Rolle.

Angedeutet wird in mehreren Filmen ein erotischer Bezug der männlichen Hauptfiguren zu ihren Müttern. Beispiele:

  • In Berüchtigt wirken Claude Rains und Leopoldine Konstantin in manchen Szenen wie ein Ehepaar. Dieser Eindruck wird durch den geringen Altersunterschied der Schauspieler von nur 4 Jahren verstärkt.
  • In Psycho wird dieses Motiv am weitesten ausgebaut, indem die Mutter bei ihren Tod hinaus von ihrem Sohn Besitz ergreift und „Nebenbuhlerinnen“ ermordet. Anthony Perkins sagt im Film zu Janet Leigh: „Ein Sohn ist ein schlechter Ersatz für einen Geliebten.“
  • In Die Vögel ist Jessica Tandy nicht in der Lage, ihren erwachsenen Sohn Rod Taylor loszulassen. Hitchcock selbst sagte hierzu: „Sie hat ihren Sohn ihren Ehemann ersetzen lassen.“ [92]

Bei Hitchcock gibt es eine deutlich erkennbare Verbindung zwischen Sex und Gewalt, die in der Art und Weise, wie Hitchcock mit dem Motiv der Vergewaltigung umgeht, kulminiert. Diese Faszination (oder Obsession) tritt vor allem in seinen späteren Werken (und Projekten) immer deutlicher zutage.

  • Er inszenierte mehrfach vollendete oder versuchte Vergewaltigungen (schon früh in Erpressung, später dann in Marnie und Frenzy).
  • Er arrangiert Mordszenen wie Vergewaltigungen (Der Schlusskampf zwischen Onkel und Nichte Charlie in Im Schatten des Zweifels, die Scherenszene in Bei Anruf Mord und die Duschszene in Psycho).
  • In drei nicht realisierten Projekten sollten Vergewaltiger oder Vergewaltigungen eine zentrale Rolle spielen: In dem Film No Bail for the Judge, den er 1960 mit Audrey Hepburn inszenieren wollte (und der ausschließlich aufgrund Hepburns unerwarteter Schwangerschaft nicht zustande kam), in einem Film namens Frenzy über einen psychopathischen Frauenmörder, den er 1966 drehen wollte (und der nichts mit dem gleichnamigen Film von 1972 zu tun hat) und in seinem letzten Projekt The Short Night, das er ab 1978 verfolgte und nicht mehr zu Ende bringen konnte.
Weitere wiederkehrende Motive und Symbole

Neben den bei Hitchcock dominierenden Hauptmotiven, existieren unterschiedliche Nebenmotive oder Symbole, die er in sehr vielen Filmen immer wieder einsetzt und die alle eine gewisse Bedeutung haben. Stark mit Hitchcock konnektiert sind als Symbole Treppen, Vögel und Fesseln, im übertragenen Sinne auch Ringe, weiterhin Kirchen und Friedhöfe, aber auch Essen.

  • Vögel als Vorboten des Unglücks und des Chaos, als Symbol für ein aus den Fugen geratenes Leben oder als unmittelbares Symbol für den Tod verwendete Hitchcock seit seinem ersten Tonfilm Erpressung. Im Zusammenhang mit Verbrechen tauchen Vögel unter anderem auf in Sabotage, Jung und unschuldig, Eine Dame verschwindet, Über den Dächern von Nizza, Vertigo, Psycho und in Topas. In Die Vögel wird diese Bedrohung schließlich zentral.
  • Treppen in unterschiedlicher Form inszeniert Hitchcock in Dutzenden Filmen. Treppen sind immer bedrohlich. Sie sind ein Symbol für das Unbekannte und Gefährliche und sie trennen die reale, bodenständige Ebene von der mysteriösen, abgründigen Ebene. Die Treppen hinauf oder hinab zu steigen, bedeutet eine Gefahr, den Verlust der Freiheit oder gar des Leben oder aber auch die Rettung. Bedeutende „Treppenszenen“ gibt es in Berüchtigt, Die rote Lola, Der Mann, der zuviel wusste (1956), Psycho, Die Vögel, Der Fremde im Zug, Im Schatten des Zweifels, Vertigo, Frenzy, Verdacht und Ich kämpfe um dich. Bezeichnenderweise beginnt Hitchcocks erster Film Irrgarten der Leidenschaft mit einer Treppenszene, und sein letzter Film Familiengrab endet mit einer solchen.
  • Handschellen und Fesseln stehen für Abhängigkeiten und Ausgelieftertsein. Diese Symbole haben bei Hitchcock jedoch immer auch einen sexuellen Kontext. In vielen Fällen findet man das Motiv zweier aneinander geketteter Menschen, zwischen denen gleichzeitig ein sexuelles Spannungsverhältnis besteht. Exemplarisch kann sein erster Thriller Der Mieter gesehen werden, wo Handschellen in drei Schlüsselszenen das Dreiecksverhältnis zwischen den drei Hauptpersonen, dem Mädchen, dem Verdächtigen und dem Polizisten, symbolisieren. In Die 39 Stufen verbringen Madeleine Carroll und Robert Donat einige Zeit mit Handschellen gefesselt auf der Flucht. Hitchcock erklärte die Verwendung dieser Symbolik so: „Psychologisch betrachtet haben die Handschellen natürlich eine tiefere Bedeutung. Irgendwie hat es schon etwas mit Fetischismus zu tun und hat auch sexuelle Untertöne. Als ich einmal in Paris das Kriminalmuseum besuchte, bemerkte ich, dass sexuelle Abartigkeiten sehr häufig im Zusammenhang mit Fesselung standen.“ [93] In einigen Filmen ersetzen Ringe oder Armbänder, durch die zwei Menschen symbolisch aneinander gekettet sind, die Funktion der Fesseln, zum Beispiel in Im Schatten des Zweifels, Der Weltmeister oder in Das Fenster zum Hof.
  • Hitchcock, dessen katholische Erziehung auf seine Werke einen großen Einfluss ausübte, verwendet gerne Kirchen als Orte des Verbrechens und Geistliche als zwielichtige Figuren, zum Beispiel in Familiengrab, Geheimagent, Der Mann, der zuviel wusste (1956), Ich beichte, Vertigo, Der Auslandskorrespondent und in Riff-Piraten.
  • Es gibt in einigen Hitchcock-Filmen eine symbolische Verbindung von Essen, Sex und Tod. Hitchcock deutete (bezugnehmend auf seine Körperfülle) mehrfach an, dass für ihn selbst Essen eine Lust und eine Art Ersatzbefriedigung ist.[94]. Am offensichtlichsten tritt dieser Zusammenhang in Frenzy zutage, wo der Mörder ein sexuell abnormer Gemüsehändler ist und der ermittelnde Polizist von seiner Frau mit ungenießbaren französischen Gerichten malträtiert wird. Lebensmittel sind in diesem Film über abnorme Sexualpraktiken und Tod allgegenwärtig. Aber auch in so frühen Filmen wie Erpressung oder Sabotage (und in einigen weiteren) ist dieser Zusammenhang eindeutig. Das verbindende Element ist in vielen Fällen das Messer, das sowohl mit Essen, mit Tod und, als Phallussymbol, mit Sex in Verbindung steht. Das Messer ist eines von Hitchcocks bevorzugten Mordinstrumenten.
  • Hitchcocks Lieblingsmordwerkzeug sind jedoch die Hände – der Tod durch Erwürgen oder Strangulieren übte eine gewisse Faszination auf ihn aus, die er auch gar nicht verbarg. So ließ er sich oft in „Würgerposen“ ablichten. In einigen seiner Schlüsselwerke werden die Opfer erwürgt (Zum Beispiel in Der Mieter, Eine Dame verschwindet, Im Schatten des Zweifels, Der Fremde im Zug und Frenzy). Einige „Würgeszenen“ gehören zu den bemerkenswertesten Mordszenen seiner Karriere. Beispiele: Cocktail für eine Leiche, Bei Anruf Mord, Der zerrissene Vorhang.[95]
  • Spiegel tauchen bei Hitchcock regelmäßig auf und stehen für doppelte oder gespaltene Persönlichkeiten, für den Verlust der Identität und für Täuschungen allgemein. Exzellente Beispiele sind Vertigo und Psycho. Diese Symbolik tauchte in vielen, vor allem deutschen Filmen auf, die Hitchcock in seiner Jugend sah, unter anderem Der Student von Prag, Das Cabinet des Dr. Caligari oder Der Andere. Zugleich waren Spiegel in der Literatur der viktorianischen Zeit ein Symbol für Selbsterkenntnis, was sich ebenfalls in Hitchcocks Werk wiederfindet.[96]
  • Streifen und Linien, oft auch als Schattenspiel, symbolisieren Geheimnisse, Persönlichkeitsspaltungen und Zerrissenheit. Exemplarisch hierfür sind die Schwarzweiß-Filme Psycho, Der falsche Mann, Ich beichte, Der Fremde im Zug, Berüchtigt, Ich kämpfe um dich und Im Schatten des Zweifels, aber auch fast alle seine früheren Filme.
  • Kinos und Theater als Orte der Illusion gelten als Symbol der Dopplung des Geschehens vor und hinter (oder neben) der Bühne bzw. Leinwand sowie wiederum als Symbol für doppelte oder falsche Identitäten; Rummelplätze gelten darüber hinaus als Ort des Abartigen und Wahnsinnigen.
  • Getränke sind bei Hitchcock in einigen Fällen vergiftet, und er beschreibt sehr oft Alkohol (in der Regel Brandy) als Medizin.
  • Auffallend oft, nämlich in über 15 Hitchcock-Filmen, sind Toiletten zu sehen oder zu hören, in denen konspirative Dinge irgendwelcher Art stattfinden, am eindrücklichsten wohl in Psycho. Eine tiefere Symbolik ist hierin wohl nicht zu erkennen. Allerdings hatte Hitchcock eine Art Toiletten-Besessenheit oder, wie sein Biograph Donald Spoto es ausdrückte, eine „pubertäre Fixierung“, die in seiner viktorianischen Erziehung begründet lag. Hitchcock äußerte sich zwar oft und gerne über menschliche Körperfunktionen, wollte aber den Eindruck erwecken, er selbst hatte mit solchen Dingen nicht zu tun. [97]
  • Hitchcock zeigt auffallend oft Nahaufnahmen weiblicher Frisuren, oft von hinten. Die Haare einer Frau haben in Hitchcocks Symbolsprache einen eindeutigen sexuellen Bezug oder, wie Spoto es nennt, sie werden zum „letzten Ziel erotischer Fixierung“.[98]

[Bearbeiten] Die Figuren bei Hitchcock

In den Filmen Alfred Hitchcocks entwickelte sich bei den Hauptrollen im Laufe der Zeit eine Reihe typischer Figuren, Charaktere und Rollenmuster heraus, die immer wieder auftauchten und die jeweils bestimmte Eigenschaften verkörpern und ein bestimmtes Identifikationspotential besitzen. Der klassischen Rollenverteilung im Thriller, dem starken (männlichen) Helden und der zu beschützenden Frau, setzt Hitchcock in vielen Filmen variierende Rollenmuster gegenüber. Die Männerrollen wirken oft ambivalent oder gar schwach, während die Frauen den Männern oft ebenbürtig erscheinen, gelegentlich auch überlegen. Hitchcock kehrt in manchen Fällen die klassischen Geschlechterrollen um, dann übernehmen die Frauen die Führungsrollen, oder die Geschichte wird zumindest aus ihrer Position erzählt. Für die Männer bleibt in diesen Fällen der zwielichtige oder der zu beschützende Part übrig.

Die Protagonisten in Hitchcocks Thrillern sind Normalbürger. Sie haben in der Regel nichts mit kriminellen Machenschaften zu tun. Es sind keine Polizisten oder Abenteurer, auch professionelle Agenten oder Spione findet man nur selten unter den Hauptfiguren, obwohl Hitchcock viele Filme drehte, die im Agentenmillieu spielen. Polizisten als Hauptfiguren sieht man bei Hitchcock nie. Meist werden die Protagonisten, ob männlich oder weiblich, durch Zufall oder unbekannte Umstände in geheimnisvolle Machenschaften gezogen. Ohne darauf vorbereitet zu sein, wird ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen, sie werden durch Schicksalswendungen aus ihrem alltäglichen Leben in abenteuerliche Situationen hineingezogen, von Gangstern oder der Polizei verfolgt, unschuldig verdächtigt und mit Gefahr für Leib und Leben konfrontiert. Den Zuschauern wird auf diese Weise das beunruhigende Gefühl vermittelt, dass auch sie jederzeit in derartige Situationen geraten könnten.

Die „kühlen Blonden“

Ich war nie besonders scharf auf Frauen, die ihren Sex wie Tand um den Hals trugen.

Alfred Hitchcock [99]

Der Rollentyp der am eindeutigsten mit Hitchcock in Verbindung gebracht wird, ist der der „kühlen Blonden“, der jungen, schönen, kühlen, hintergründigen und gelegentlich undurchsichtigen Blondine. Dieser Typ kristallisierte sich in Hitchcocks Filmen im Laufe der Zeit als die „typische“ weibliche Protagonistin heraus. Dieser Typ der „kühlen Blonden“ erscheint vor allem in Hitchcocks berühmtesten und erfolgreichsten Filmen der 1950er und 1960er Jahre, verkörpert durch Grace Kelly, Eva Marie Saint, Kim Novak, Janet Leigh und Tippi Hedren. In früheren Filmen standen Anny Ondra, Madeleine Carroll, Joan Fontaine und vor allem Ingrid Bergman für diesen Typus, selbst in seinen ganz frühen Filmen traten blonde Hauptdarstellerinnen auf.

Madeleine Carroll bezeichnete Hitchcock selbst als „erste Blondine, die ein richtiger Hitchcock-Typ war.“ [100] Seine Vorliebe für Blondinen erklärte Hitchcock gegenüber Truffaut wie folgt: „Ich glaube, die in sexueller Hinsicht interessantesten Frauen sind die Engländerinnen. Ich finde, die englischen Frauen, die Schwedinnen, die Norddeutschen und die Skandinavierinnen sind interessanter als die romanischen, die Italienerinnen und die Französinnen. Der Sex darf nicht gleich ins Auge stechen. Eine junge Engländerin mag daherkommen wie eine Lehrerin, aber wenn Sie mit ihr in ein Taxi steigen, überrascht sie Sie damit, dass sie Ihnen in den Hosenschlitz greift.“ [101]

Die oberflächliche Kühle der Hitchcock-Blondine verbirgt eine stark entwickelte Sexualität. Diese wiederum stößt die männlichen, meist bürgerlichen Hauptfiguren unvermittelt in Verwirrung und entzieht ihnen den Boden unter den Füßen. Besonders deutlich wird dies in Der unsichtbare Dritte wenn Eva Marie Saint zunächst gegenüber Cary Grant zweideutige Bemerkungen macht, dann plötzlich den völlig überraschten, sowieso schon desorientierten Fremden – gerade knapp mit dem Leben davon gekommenen und wegen Mordes gesucht – küsst, und ihn ohne Zögern in ihrem Schlafwagenabteil unterbringt. Nicht der Mann, sondern die blonde Frau spielt hier den aktiven Part, eliminiert hergebrachte soziale und sexuelle Hierarchien und akzentuiert die Fragilität des männlichen, bürgerlichen Weltbildes.

Die klassischen Helden und die „starken“ Frauen

Der klassische Held, der starke, unverletzliche Mann, der alle noch so schwierigen Situationen souverän meistert und der die schwache Frau beschützt, ist in Hitchcocks Filmen praktisch nicht zu finden, lediglich in einem Film, in Mord – Sir John greift ein! wird dieser Typus durch Herbert Marshall verkörpert, der eine zum Tode verurteilte Frau durch eigene Ermittlungen rettet. In einigen anderen Filmen ist es zwar so, dass die männliche Hauptfigur positiv besetzt ist und innerhalb der Schwierigkeiten, in die sie kommt, wenig beschädigt wird. Doch dadurch, dass etwa die weiblichen Hauptfiguren dem Protagonisten ebenbürtig sind und somit das Element des „Beschützers“ der weiblichen Heldin wegfällt, wird das Rollenprofil des Helden variiert und relativiert. Beispiele dafür sind die Figuren von Robert Donat in Die 39 Stufen, Michael Redgrave in Eine Dame verschwindet, Joel McCrea in Der Auslandskorrespondent und Robert Cummings in Saboteure.

Der Schauspieler, der diesen Rollentypus ideal verkörperte, war Cary Grant in Über den Dächern von Nizza und in Der unsichtbare Dritte. Mit Charme und Leichtfüßigkeit meistern die von ihm dargestellten Figuren die Herausforderungen, vor die sie gestellt werden. Die Ambivalenz der meisten Hauptfiguren Hitchcocks ist hier relativ gering ausgeprägt. Aber zum einen sind diese Rollen ein Beispiel für Variationen des klassischen Rollenschemas zwischen Mann und Frau, indem Cary Grant jeweils das Objekt der erotischen Annäherungen einer Frau ist und von dieser „eingefangen“ wird. Hinzu kommt zum anderen, dass die hier von Cary Grant dargestellten Figuren innerhalb der Schwierigkeiten, in die sie geraten, im Verdacht stehen, kriminell zu sein, zeitweise die Kontrolle über den Lauf der Dinge verlieren und somit keine ungebrochenen Helden sein können.

Diese Rollenverteilung zwischen Mann und Frau kehrt Hitchcock in einigen Filmen auch um. Dann ist die (starke) Frau dem (schwachen) Mann überlegen und rettet ihn letztendlich aus der Gefahr. Beispiele sind Jung und unschuldig (die Tochter des Polizeichefs verhilft einem Verdächtigen zur Flucht und löst letztendlich den Fall), Ich kämpfe um dich (eine Psychologin dringt ins Unterbewusste des Mordverdächtigen vor und rettet ihn vor der sicheren Verurteilung) sowie die beiden Der Mann, der zuviel wußte, in denen jeweils die Ehefrau zuerst einen geplanten Mord verhindert und dann das eigene Kind aus den Klauen der Verbrecher rettet. Diesen Filmen ist gemein, dass die jeweiligen weiblichen Hauptfiguren von Anfang an oder ab einem gewissen Zeitpunkt die Initiative übernehmen und sich das Geschehen aufgrund ihres Eingreifens zum Guten wendet, während die Männer zunehmend passiver werden.

Die männlichen Antihelden und die „schwachen“ Frauen

Den wenigen, vergleichsweise positiven, ungebrochenen Helden bei Hitchcock steht jedoch eine Vielzahl Hauptfiguren gegenüber, die im Laufe der Karriere Hitchcocks stärker an Gewicht gewinnen: Ambivalente oder gar zum Teil negativ gezeichnete Figuren, sogenannte „Antihelden“. Diese haben körperliche Makel, psychische Probleme oder charakterliche Schwächen, sind „Verlierertypen“ oder wirken unsympathisch. Sie können beispielsweise Schaden durch Fehlverhalten anrichten oder dadurch, dass sie sich durch Obsessionen oder Traumata leiten lassen. Sie wirken schwach und geraten in Situationen, in denen sie auf die Hilfe anderer angewiesen sind, und meist machen sie sich schuldig. Mit ihren Schwächen akzentuieren sie die Brüchigkeit der alltäglichen Welt. Während sie als Identifikationsfigur im Sinne eines makellosen, unantastbaren Vorbilds nicht taugen, tragen ihre Ambivalenz, ihre Schwächen und die Brüchigkeit ihrer Existenz dazu bei, dass das Massenpublikum sich in diesen Figuren wiederfinden kann.

Der Prototyp des Antihelden bei Hitchcock sind die von James Stewart gespielten Figuren: In Cocktail für eine Leiche muss der von Stewart dargestellte Lehrer erkennen, dass zwei seiner Studenten eine seiner Theorien zum Anlass nahmen, einem Mord zu verüben und ihn zu rechtfertigen, am Ende steht er hilflos vor diesem menschlichen Abgrund, in den er nicht nur hineingezogen wurde, sondern den er auch mit heraufbeschworen hat. In Das Fenster zum Hof stellt Stewart einen Figur dar, die bindungsscheu sowie körperlich beeinträchtigt und voyeuristisch veranlagt ist und dadurch in Schwierigkeiten kommt. In Der Mann, der zuviel wusste (1956) ist er als Vater nicht in der Lage, seinen Sohn aus den Klauen von Entführern zu retten, dies schafft am Ende seine Frau. Und in Vertigo lässt er sich zuerst unwissentlich und unter Ausnutzung seiner traumatischen Höhenangst als Helfershelfer für einen Mord missbrauchen. Später macht er sich durch seine sich entwickelnden Obsessionen schuldig am Tod der Frau, die er liebt.

Aber auch Cary Grant spielt in zwei seiner Hitchcockfilme Figuren, bei denen ihre Schattenseiten sich zeitweise vor den Charme und die anderen positiven Merkmale seiner Figuren schieben, Figuren mit explizit ambivalentem Charakter: In Verdacht ist er ein Hochstapler und Verführer, der sich über beide Ohren verschuldet, seine Frau belügt und von ihr verdächtigt wird, sie ermorden zu wollen. In Berüchtigt erwartet er als Geheimdienstmitarbeiter von der Frau, mit der er eine Liebesbeziehung hat, dass sie aus staatsbürgerlichem Pflichtbewusstsein mit einem anderen Mann schläft. Als sie dies tut und den anderen sogar heiratet, übersieht er in seiner Eifersucht lange, dass sie dabei ist, vergiftet zu werden und wird beinahe schuldig an ihrem Tod.

Innerhalb der jeweils vier Filme, die Cary Grant und James Stewart für Hitchcock drehten, wurden beide zu Hitchcocks Alter Ego. Grant wurde zu dem, „was Hitchcock gerne gewesen wäre“, wie es Hitchcocks Biograph Donald Spoto formulierte. Dementgegen schrieb Spoto über die vier James-Stewart-Rollen: „Stewart bei Hitchcock ist vieles, von dem Hitchcock dachte, er sei es selbst“.[102]

Die Figur des Antihelden zieht sich von den frühesten bis zu seinen letzten Filmen durch Hitchcocks Werk. In zwei Filmen werden sie von Gregory Peck dargestellt: In Ich kämpfe um dich verursacht er als Kind den Tod des eigenen Bruders. Das Ergebnis ist ein Schuldkomplex, Gedächtnisverlust und ein hilfloser Held, der als Mörder gesucht wird und auf fremde Hilfe angewiesen ist. In Der Fall Paradin verfällt er als verheirateter Rechtsanwalt einer Mörderin und setzt beim Versuch, sie gegen ihren Willen vor dem Galgen zu retten, Ruf, Karriere und Ehe aufs Spiel. Einige weitere Beispiele sind: Ivor Novello in Der Mieter (1927), John Gielgud in Geheimagent, Laurence Olivier, in Rebecca, Farley Granger in Der Fremde im Zug, Montgomery Clift, in Ich beichte, Henry Fonda in Der falsche Mann, Sean Connery in Marnie, Paul Newman in Der zerrissene Vorhang und Jon Finch in Frenzy.

In vielen Filmen bedient Hitchcock auf den ersten Blick das klassische Motiv der schwachen zu beschützenden Frau. Doch während das Klischee verlangt, dass der strahlende Held sich für sie einsetzt und sie rettet, ist sie bei Hitchcock oft auf sich alleine gestellt, da ihr männlicher Gegenpart nicht willens oder in der Lage ist, sie zu retten. In einigen dieser Fälle geht von der männlichen Hauptfigur, in der Regel dem Ehemann, sogar ein tatsächliches oder vermeintliches Bedrohungspotential aus. Beispiele hierfür sind: Sylvia Sidney in Sabotage, Joan Fontaine in Rebecca und in Verdacht, Grace Kelly in Bei Anruf Mord und Tippi Hedren in Marnie. In Im Schatten des Zweifels ist es nicht der Ehemann, sondern der Onkel, der für Teresa Wright eine Bedrohung darstellt.

In anderen Fällen ist der vermeintliche Beschützer schwach oder zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er der bedrohten Frau helfen könnte. Beispiele sind: Maureen O'Hara in Riff-Piraten, Ingrid Bergman in Berüchtigt und in Sklavin des Herzens, Anne Baxter in Ich beichte, Tippi Hedren in Die Vögel, Vera Miles in Der falsche Mann und Julie Andrews in Der zerrissene Vorhang. In den beiden letztgenannten Filmen hat Hitchcock explizit versucht, die Geschichte aus Sicht der Frau zu erzählen, was ihm jedoch in beiden Fällen nach eigener Aussage nicht wie gewünscht gelungen ist.

Die Mütter

Sehr komplex ist das von Hitchcock in seinen Filmen transportierte Mutterbild. In vielen seiner Filme, ab Mitte der 1940er Jahre regelmäßig, davor vereinzelt, tauchen dominante Mütter auf, die einen beunruhigenden Einfluss auf ihre Zöglinge, meist sind es erwachsene Söhne, ausüben und zum Teil Auslöser oder Ursache wesentlicher dramatischer Ereignisse sind. Nicht selten sind es abgründige, herrschsüchtige, dämonische Figuren, gelegentlich zur Karikatur verzerrt. In einigen früheren Filmen tauchen Mütter dominant oder besitzergreifend auf, jedoch nicht böse, zum Beispiel in Der Mieter, Erpressung, Jung und unschuldig und Mr. und Mrs. Smith, später noch einmal in den beiden eher leichten Filmen Über den Dächern von Nizza und Der unsichtbare Dritte, beide male verkörpert durch Jessie Royce Landis.

Zu der Frage, in wie weit das von Hitchcock in seinen Filmen transportierte Mutterbild von der eigenen Mutter mit geprägt ist, gab es von ihm selbst keinerlei Aussagen. Das wenige, was man aus seiner Kindheit weiß, legt jedoch den Schluss nahe, dass einiges von dem, was Hitchcock später durch die Mütter in seinen Filmen transportierte, autobiographische Ursprünge hatte. [103] Hitchcocks Mutter starb nach langer Krankheit im August 1942, während der Dreharbeiten zu Im Schatten des Zweifels. Dieser bereits von vornherein stark autobiographisch geprägte Film nimmt eindeutige Bezüge auf das Verhältnis zwischen Hitchcock und seiner Mutter. Die dominante Mutter, die so sehr auf das Wohlergehen ihrer Familie achtet, heißt wie seine eigene Mutter Emma. Ein weiterer eindeutiger Bezug in diesem Film ist die kranke und gebieterische Mutter des von Krimis und Mordmethoden besessene Freundes der Familie Herb Hawkins (eine von vielen Selbstprojektionen Hitchcocks in diesem Film), die man nie sieht, von der dieser jedoch oft spricht.[104]

Wenige Jahre später ist es die Mutter in Berüchtigt (Leopoldine Konstantin), die ihren Sohn zum Mord an der Frau, die er liebt, antreibt. Sie ist damit die erste Mutter in Hitchcocks Filmen, die uneingeschränkt böse ist. Es folgt Der Fremde im Zug (1951), wo der Eindruck erweckt wird, dass der Mörder Bruno, selbst geisteskrank, unter dem Einfluss seiner ebenfalls geisteskranken Mutter steht. Der extremste Fall des Hitchcockschen Mutterbilds tritt in Psycho (1960) zutage, wo sogar noch die tote Mutter von ihrem Sohn (Anthony Perkins) Besitz ergreift und ihn zu ihrem mordenden Werkzeug werden lässt. In Die Vögel (1963) erträgt es die Mutter von Mitch (Jessica Tandy) nicht, dass ihr erwachsener Sohn (Rod Taylor) sich für eine andere Frau interessiert. Und in Marnie (1964) überträgt Marnies Mutter ihren Schuldkomplex auf ihre Tochter und zerstört damit beinahe deren Leben.

In weiteren Filmen treten bestimmende Mütter in Kurzauftritten auf oder werden gar nur erwähnt. Hier manifestiert sich die bedrohliche Seite unterschwellig, in einzelnen Blicken, Gesten oder Bemerkungen, oder auch nur aus dem Kontext. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Mutter des Mörders Bob Rusk in Frenzy, die in einer Szene nur kurz am Fenster erscheint, was dem Zuschauer in Kenntnis des Hitchcock-Kontextes über den Charakter „Bob Rusk“ mehr erklärt, als lange psychologische Abhandlungen es je könnten. In zwei Filmen variiert Hitchcock dieses Rollenmuster, hier übernehmen Haushälterinnen die Funktion der dämonischen Mütter. In Rebecca und in Sklavin des Herzens treten die Haushälterinnen als „Beschützerin“ der männlichen Protagonisten auf und intrigieren gegen die Ehefrau.

Die Schurken

Je gelungener der Schurke ist, umso gelungener ist der Film.“

Alfred Hitchcock [105]

Besonderes Gewicht gab Hitchcock in vielen seiner Filme den Gegenspielern der Protagonisten, die er oft recht differenziert zeichnete. Zuweilen wirken sie auffällig charmant oder sogar sympathisch. Sie kommen sehr oft aus der Oberschicht und haben ein kultiviertes Auftreten, womit sie vor allem bei Vertretern der Obrigkeit Vertrauen erwecken. Mitunter übertreffen sie die Hauptfiguren dabei sogar an Sympathie und Ausstrahlung. Hierbei können solche komplex gezeichneten, vielschichtigen „Bösen“ teilweise mit den schwächeren, farbloseren „Helden“ korrelieren, wie Robert Walker gegenüber Farley Granger in Der Fremde im Zug, oder sie sind die eigentlichen Hauptfiguren, wie Joseph Cotten als charmanter Witwenmörder in Im Schatten des Zweifels.

Oft konkurrieren Held und Bösewicht um dieselbe Frau und die Liebe des eigentlich Bösen erscheint tiefer und aufrichtiger als die des eigentlich Guten. Besonders auffällig ist dies in Berüchtigt (Claude Rains gegenüber Cary Grant) und in Der unsichtbare Dritte (James Mason wiederum gegenüber Cary Grant). Durch die Zeichnung der Figuren und mit Hilfe der Dramaturgie gelingt es Hitchcock dabei sogar teilweise, dem Zuschauer eine Identifikation mit dem Schurken nahezulegen. Selbst ein ausgesprochen heimtückischer Schurke, wie Ray Milland, in Bei Anruf Mord, wirkt gegenüber dem unbeholfen bemühten Robert Cummings in einzelnen Momenten sympathischer, in jedem Fall jedoch gegenüber der Polizei vertrauenserweckender.

Hitchcocks erster „kultivierter“ Schurke war Donald Cathrop als Erpresser in Erpressung, der erste sympathische Schurke war Robert Young als Charmeur in Geheimagent, den er absichtlich gegen dessen angestammten Rollentyp besetzte. Erinnerungswürdig bleiben außerdem Herbert Marshall als sympathischer Nazi-Freund in Der Auslandskorrespondent, Walter Slezak als freundlicher Nazi in Das Rettungsboot, Anthony Perkins als linkischer, von seiner Mutter gepeinigter Mörder in Psycho und Barry Foster in Frenzy.

Weitere Nebenfiguren

Eigentlich positiv besetzte Figuren wie Polizisten, Richter oder andere Vertreter des Staates sind oft zwiespältige Figuren, stellen zuweilen sogar eine Bedrohung für die Protagonisten dar oder sind nicht in der Lage, sie zu beschützen – auch das trägt dazu bei, scheinbar feste Trennlinien zwischen Gut und Böse aufzulösen und ein Gefühl der Verunsicherung heraufzubeschwören.

Polizisten verdrehen das Recht, sie handeln aus persönlichen Motiven, sie glauben dem ersten Anschein und schützen den tatsächlich Schuldigen aufgrund dessen vordergründigen tadellosen Erscheinens, sie sind tollpatschig, arbeiten schlampig oder geben sich allzu schnell mit einfachen Lösungen zufrieden. Beispiele hierfür sind die Filme Der Mieter, Erpressung, Die 39 Stufen, Sabotage, Jung und unschuldig, Im Schatten des Zweifels, Sklavin des Herzens, Die rote Lola, Bei Anruf Mord, Das Fenster zum Hof, Über den Dächern von Nizza, Der falsche Mann, Psycho und Frenzy.

Darüberhinaus finden sich vereinzelt professionelle Agenten, Spione oder Geheimdienstmitarbeiter unter den Nebenfiguren, meist zwiespältige Figuren, deren Funktion darin besteht, die Atmosphäre der Verunsicherung zu steigern und die sowohl auf der Gegenseite stehen können – etwa das Ehepaar Drayton in dem späteren Der Mann, der zuviel wußte – oder den Hauptfiguren helfen oder assistieren können, wobei sie häufig auch zu dessen Schwierigkeiten beitragen – beispielsweise der „General“ Peter Lorre in Geheimagent oder Leo G. Carroll als CIA-Mitarbeiter in Der unsichtbare Dritte.

[Bearbeiten] Selbstvermarktung und der Kampf um Unabhängigkeit

Wir Regisseure machen einen Film erfolgreich. Der Name des Regisseurs sollte im Bewusstsein des Publikums mit der Qualität eines Produktes gleichgesetzt werden. Schauspieler kommen und gehen, doch der Name des Regisseurs sollte klar im Bewusstsein des Publikums haften bleiben.

Alfred Hitchcock [106]

Schon am Anfang seiner Karriere, als er in Großbritannien mit den ersten Stummfilmen Erfolge feierte, war Hitchcock bewusst, wie wichtig es ist, den eigenen Namen zu vermarkten. Viele seiner späteren Tätigkeiten sind auch Teil von Hitchcocks Strategie, sich selbst sowie seine markante Figur und sein Gesicht sowie seinen Namen darzustellen und sich damit als Marke zu etablieren und zu vermarkten. Hitchcocks Selbstvermarktung wiederum war auch Reaktion auf seine Erfahrung, immer wieder in seiner künstlerischen Autonomie beschnitten worden zu sein. Sie diente auch dazu, eine Machtposition im Produktionsprozess seiner Filme zu erlangen und war somit Teil seines fast lebenslangen Kampfes um Unabhängigkeit bei seinen Tätigkeiten als Regisseur.

Bereits Anfang der 1930er-Jahre, als er mit dem Erfolg seiner Filme in England populär wurde, erkannte er die Möglichkeiten, die in der Öffentlichkeitswirkung seiner Filme und seiner Person lagen und gründete die Hitchcock Baker Productions Ltd., eine Gesellschaft, die bis zu seiner Umsiedlung nach Amerika ausschließlich dafür zuständig war, Öffentlichkeitsarbeit für und mit seiner Person zu betreiben. 1938 beauftragte er die Künstleragentur Selznick-Joyce, deren Mitinhaber Myron Selznick, der ältere Bruder des Hollywood-Moguls David O. Selznick war, seine Interessen wahrzunehmen. Nach Selznicks Tod Ende der 1940er-Jahre wechselte er zur Music Corporation of America (MCA), der damals weltgrößten Künstleragentur. Er wurde dort ab 1948 persönlich und exklusiv von deren Präsidenten Lew Wasserman vertreten, ab 1962 dann von einer neu gegründeten Gesellschaft unter Herman Citron, mit dem er bereits zuvor langjährig zusammenarbeitete.[107]

Als Regisseur unter Produzenten, die die Rolle des Regisseurs nach Hitchcocks Empfinden zu wenig achteten, hatte Hitchcock unter Beschneidungen seiner Möglichkeiten gelitten, vor allem von 1927 bis 1934 bei British International Pictures und von 1939 bis 1947 als Objekt der Einmischungen von David. O. Selznick. Im Zusammenhang mit solchen negativen Ohnmachtserfahrungen stehen Hitchcocks Bestrebungen, Zugriff auf die Position des Produzenten zu bekommen, was ihm ab Ende der 1940er Jahre gelang. Obwohl sein Einfluss ab Mitte der 1960er Jahre wieder sank, blieb Hitchcock von Cocktail für eine Leiche bis zu seinem letzten Film Produzent seiner Filme.

Hitchcocks Einfluss und das Gebiet seiner Selbstvermarktung schlossen unterschiedlichste Felder ein: Obwohl von den Filmgesellschaften üblicherweise für die Promotion eigene Abteilungen oder externe Agenturen beauftragt werden, trugen bei Hitchcocks Filmen die Werbekampagnen deutlich die Handschrift des Regisseurs. Hitchcock etablierte bereits 1927 ein stilisiertes Selbstportrait als Logo, das seit dem und bis heute als unverwechselbares Markenzeichen für Hitchcock steht.[108] Die Trailer für seine Kinofilme waren häufig nicht nur Zusammenschnitte des angekündigten Films, sondern stellten Hitchcock ins Zentrum. Legendär sind zudem Hitchcocks Auftritte in seinen eigenen Filmen. Hinzu kamen lukrative Lizenzverträge, beispielsweise für eine Fernsehserie, ein Krimi-Magazin und eine Buchreihe von Kinderkrimis. Durch diese Promotions-Arbeit erhielt das Produkt „Hitchcock“ einen hohen Wiedererkennungswert und wurde dauerhaft in der öffentlichen Wahrnehmung installiert.

[Bearbeiten] Fernsehen

Auf den Rat seines Agenten Lew Wasserman hin stieg Hitchcock 1955 in das Fernsehgeschäft ein. Hitchcock gründete die Fernsehproduktionsfirma Shamley Productions und produzierte bis 1965 seine eigene wöchentliche Fernsehserie. Insgesamt entstanden mehr als 350 Fernsehfilme innerhalb dieser Reihen. Hitchcock erhielt 129.000 Dollar pro Folge und jeweils nach der ersten Ausstrahlung alle Rechte an der Weiterverwertung – ein zu damaliger Zeit beispielloser Vertrag. [109] Der Status als Produzent der Serie sicherte Hitchcock für seine Fernsehaktivitäten Unabhängigkeit und Kontrolle über die Produktionen und ermöglichte es ihm, diese zur Selbstvermarktung zu nutzen. Das Tagesgeschäft legte er in die Hände von langjährigen Mitarbeitern: Joan Harrison, seine ehemalige persönliche Assistentin, produzierte die Serie bis 1963. Ihr Nachfolger wurde der Schauspieler Norman Lloyd, zuvor bereits Co-Produzent der Serie und seit Saboteure mit Hitchcock bekannt. Schließlich fungierte sein enger Vertrauter Herbert Coleman 1965 als Produzent. Die Fernsehserien waren nicht nur nach Hitchcock benannt, in vielen Folgen übernahm er auch die Moderatorenrolle und begrüßte das Publikum am Anfang der Folgen, indem er mit ungerührter Miene makabre Ansagetexte sprach. Diese Auftritte steigerten seine ohnehin schon große Popularität und machten ihn zu einer nationalen Berühmtheit. Alle seine Moderatorentexte wurde von dem Bühnenautor James D. Allardice geschrieben. Allardice diente fortan bis zu seinem Tod 1966 für Hitchcock auch als Redenschreiber. Herbert Coleman bezeichnete Allardice als einen der besten Autoren, die Hitchcock je hatte und schrieb einen Großteils des Erfolg von Hitchcocks Auftritten in der Serie Allardice zu. [110].

Hitchcocks bisweilen etwas heimtückischer Humor zeigt sich auch in der Auswahl der Titelmusik für die Serie Alfred Hitchcock Presents. Er verwendete dafür das Hauptthema von Charles Gounods Marche funèbre d'un marionette (Trauermarsch einer Marionette), das sich im Weiteren zu einer Erkennungsmarke für Hitchcocks Public Relations entwickelte, während der Komponist weitgehend unbekannt geblieben ist.

Auch Hitchcocks weitere Regiearbeiten für andere Fernsehserien wurden von Shamley Productions produziert.

[Bearbeiten] Bücher und Zeitschriften

Neben seiner Film- und Fernseharbeit steigerte Hitchcock seinen Bekanntheitsgrad auch durch die Vergabe von Nutzungsrechten an seinem Namen für Bücher und Zeitschriften. Das Gesicht und der Name „Hitchcock“ sollten auf diese Weise einen sehr hohen Wiedererkennungswert gewinnen.

1956 schloss Hitchcock einen Lizenzvertrag mit HSD Publications ab, der die Überlassung seines Namens für das Krimi-Magazin Alfred Hitchcock’s Mystery Magazine zum Inhalt hatte. Die Zeitschrift enthält Mystery- und Kriminalgeschichten, Buchrezensionen und Rätsel und erscheint noch heute unter dem selben Titel. Einführungen und Vorworte, die mit seinem Namen unterschreiben waren, waren stets von Ghostwritern verfasst.

Seit 1964 erschien in den USA die Jugend-Krimi-Reihe (The Three Investigators), auf deutsch seit 1968 als Die drei ???. Der Journalist und Autor Robert Arthur kannte Alfred Hitchcock persönlich und bat ihn, seinen Namen zur Vermarktung dieser geplanten Buchreihe verwenden zu dürfen. Hierzu baute er eine Figur „Alfred Hitchcock“ in die Handlung mit ein. In den USA hielt sich der Erfolg der Bücher in Grenzen, während die Serie in Europa – besonders in Deutschland – nach wie vor ein großer Erfolg ist. Aus den deutschen Büchern entstand wiederum eine erfolgreiche Hörspielreihe, in der die Figur „Hitchcock“ sogar eine Sprechrolle erhielt. Hierdurch wurde der Name Hitchcock in Deutschland auch bei vielen Menschen bekannt, die nie einen Film von ihm gesehen hatten.

[Bearbeiten] Trailer

Hitchcock setzte im Laufe der Jahre immer stärker darauf, seine Filme über den immer größer werdenden Wiedererkennungswert seiner Person zu vermarkten. Während von den Filmgesellschaften üblicherweise für die Promotion eigene Abteilungen oder externe Agenturen beauftragt werden, trugen bei Hitchcocks Filmen die Werbekampagnen deutlich die Handschrift des Regisseurs. Die Kino-Trailer waren häufig nicht nur Zusammenschnitte des angekündigten Films, sondern stellten den Komiker Hitchcock in den Vordergrund, der in der Rolle eines „Master of Ceremony“ seine eigenen Filme vorstellte und den Zuschauer durch die Kulissen führte.

[Bearbeiten] Cameo-Auftritte

Aus der Not geboren, nämlich dem Mangel an Statisten in seinen ersten britischen Filmen, sah man den Regisseur immer wieder im Hintergrund auftauchen. Daraus entwickelte er eine weitere Spezialität, auf die das Publikum seiner Spielfilme später gespannt wartete: Hitchcocks obligatorischer Cameo-Auftritt entwickelte sich zu einem seiner bekanntesten Markenzeichen. Diese Art der Selbstpräsentation steigerte seinen Wiedererkennungswert und trug viel zu seinem Ruhm bei, ist sie doch eine der wenigen Möglichkeiten, die ein Regisseur hat, sich selbst dem Publikum zu präsentieren. Auf der anderen Seite wurde dieser Running Gag im Laufe der Zeit zu einer lästigen Pflicht, da das Publikum zu Anfang des Films immer weniger auf die Handlung achtete als vielmehr auf Hitchcock lauerte. Aus diesem Grund legte Hitchcock in späteren Filmen seinen Auftritt möglichst weit an den Filmanfang. Da Hitchcock erst nach seinen frühesten Auftritten seine Cameoauftritte zu einem offiziellen Markenzeichen machte, ist bei seinen frühen Filmen teilweise nicht geklärt, ob und wann Hitchcock tatsächlich auftritt.

Alle bekannten Hitchcock-Cameos (chronologisch):

Film Auftritt/Rolle Film Auftritt/Rolle
Der Mieter Erst an einem Schreibtisch in einer Redaktion, dann als Zuschauer einer Verhaftung (nach 3 bzw. 92 min.). Easy Virtue Mit einem Gehstock hinter einem Tennisplatz (nach 15 min.).
Erpressung Liest in der U-Bahn eine Zeitung und wird dabei von einem Jungen gestört (nach 11 min.). Mord – Sir John greift ein! Geht an dem Haus vorbei, in dem der Mörder arbeitet (nach 60 min.).
Der Mann, der zuviel wußte von 1934 Überquert die Straße in einem Regenmantel (nach 33 min.). Die 39 Stufen Schmeißt Müll weg, während Robert Donat und Lucie Mannheim fluchtartig das Theater verlassen (nach 6 min.).
Sabotage Geht an einem Kino vorbei (nach 9 min.). Jung und unschuldig Vor dem Gerichtsgebäude mit einer Kamera in der Hand (nach 15 min.).
Eine Dame verschwindet In der Londoner Victoria Station, mit dunklem Mantel und einer Zigarette (nach 90 min.). Rebecca Steht hinter der Telefonzelle, aus der George Sanders anruft (nach 123 min.).
Der Auslandskorrespondent Mit Mantel, Hut und Tageszeitung, kurz nachdem Joel McCrea sein Hotel verlassen hat (nach 11 min.). Verdacht An einem Briefkasten (nach 45 min.).
Mr. und Mrs. Smith Auf der Straße geht er an Robert Montgomery vorbei (nach 41 min.). Saboteure Steht vor einem Drugstore als das Auto des Saboteurs stehen bleibt (nach 60 min.).
Im Schatten des Zweifels Hat beim Kartenspiel im Zug nach Santa Rosa ein „Full House“ (nach 17 min.). Ich kämpfe um dich Kommt aus dem Fahrstuhl im Hotel Empire mit einem Geigenkasten und einer Zigarette (nach 36 min.).
Berüchtigt Auf der Party in Rains Wohnung, trinkt Champagner und verschwindet dann (nach 60 min.). Der Fall Paradin Kommt an der Cumberland Station aus dem Zug mit einem Cellokasten in der Hand (nach 36 min.).
Cocktail für eine Leiche Geht nach dem Vorspann über die Straße. Sein Markenzeichen ist kurz unter der Neonreklame zu sehen (nach 52 min.). Sklavin des Herzens Er ist auf dem Empfang des Gouverneurs mit blauem Mantel und braunem Hut zu sehen, außerdem später auf der Treppe im Regierungspalast (nach 3 bzw. 14 min.).
Die rote Lola Dreht sich nach Jane Wyman um, die sich gerade als Marlene Dietrichs Dienstmädchen verkleidet hat (nach 38 min.). Der Fremde im Zug Steigt mit einem Kontrabass in einen Zug (nach 10 min.).
Ich beichte Geht am oberen Bildrand an einer Treppe vorbei (nach 1 min.). Das Fenster zum Hof Zieht im Apartment des Musikers eine Uhr auf (nach 25 min.).
Immer Ärger mit Harry Bei der Ausstellung von John Forsythe (in jener Szene, in der der spätere Bilder-Käufer eingeführt wird) überquert er hinter einer parkenden Limousine die Straße (nach 21 min.). Über den Dächern von Nizza Er sitzt neben John Robie (Cary Grant) im Bus (nach 10 min.).
Der Mann, der zuviel wusste von 1956 Mit dem Rücken zur Kamera auf dem Markt in Marrakesch, bei dem Akrobaten, kurz vor dem Mord (nach 25 min.). Der falsche Mann Am Anfang des Films tritt Hitchcock persönlich auf und spricht den Prolog. Dieser Auftritt ist somit seine einzige Sprechrolle in seinen Kinofilmen.
Vertigo – Aus dem Reich der Toten In der Nähe des Büros von Gavin Elster, der die Beschattung seiner Frau in Auftrag gibt, überquert er in einem grauen Anzug eine Straße (nach 10 min.). Der unsichtbare Dritte Rennt hinter einem Bus her, dessen Tür sich vor seiner Nase schließt (nach 2 min.).
Psycho Er steht, vom Inneren von Marions Büro aus sichtbar, auf der Straße und trägt einen Cowboyhut (nach 7 min.). Die Vögel Verlässt die Tierhandlung mit zwei weißen Terriern in dem Moment, in dem Tippi Hedren eintritt (nach 2 min.).
Marnie Verlässt ein Hotelzimmer und geht durch den Korridor (nach 5 min.). Der zerrissene Vorhang Sitzt mit einem Baby auf dem Schoß im Hotelfoyer (nach 8 min.).
Topas Am La Guardia Flughafen in New York steht er aus einem Rollstuhl auf und begrüßt jemanden (nach 28 min.). Frenzy Am Anfang des Films, als die Leiche in der Themse gefunden wird, steht er in der Menge und ist der einzige, der dem Redner nicht applaudiert (nach 3 min.).
Familiengrab In seinem letzten Film sieht man seine Silhouette hinter der Milchglasscheibe einer Türe mit der Aufschrift: „Registratur für Geburten und Sterbefälle“ (nach 38 min.).

In zwei Filmen hatte Hitchcock keinen eigentlichen Cameo-Auftritt, trat jedoch auf Fotos in Erscheinung:

  • In Das Rettungsboot konnte er unmöglich als Passant erscheinen, da der Film ausschließlich in einem kleinen Rettungsboot auf dem Meer spielt. Er ist daher in einer zufällig im Boot liegenden Zeitung in einer Werbeanzeige für eine Diät mit Namen „Reduco“ auf einem „Vorher-Nachher-Foto“ zu sehen. Laut Hitchcocks Aussage in einem späteren Interview sei die erste Idee gewesen, ihn als Leiche am Rettungsboot vorbei treiben zu lassen, doch dies wurde verworfen, da Hitchcock nach eigenen Angaben zu große Angst vor dem Ertrinken hatte.
  • In Bei Anruf Mord spielt die Handlung fast ausschließlich in einem einzigen Raum einer Wohnung. Daher ist Hitchcock auf einem an der Wand hängenden Foto einer Wiedersehensfeier von College-Absolventen an einem Tisch sitzend zu sehen.

[Bearbeiten] Hitchcock als filmisches Vorbild

Kaum ein Regisseur hat einen vergleichbar großen, dauerhaften und weitreichenden Einfluss auf das Kino ausgeübt wie Alfred Hitchcock. Seine Filme und vor allem sein persönlicher Erzählstil, der ihn auszeichnete und mit dem er so nachhaltig identifiziert wurde, haben das Genre des Thrillers und seine Formen geprägt. Viele Elemente aus seinem Werk sind inzwischen in das Standardrepertoire des Kinos eingegangen, ohne dass sie noch bewusst oder direkt mit Hitchcock in Verbindung gebracht werden. Insbesondere der Einsatz von Suspense als spannungserzeugendem Mittel oder die Verwendung von McGuffins als handlungsvorantreibendes Element ist in heutigen Thrillern eine Selbstverständlichkeit und gehört zum Standardhandwerkszeug des Filmemachens. Häufig werden Filme, die besonders spannend sind, mit Hitchcock in Verbindung gebracht; die Wendung „spannend wie ein Hitchcock“ ist zu einer Art Redewendung geworden, die sogar über das Gebiet des Films und der Fiktion hinausreicht.

Es gibt aus den letzten mehr als sechs Jahrzehnten unzählige Beispiele für Thriller oder Dramen, teils von sehr namhaften Regisseuren, die einen weitergehenden Einfluss von Hitchcock zeigen, indem bewusst typische Motive Hitchcocks übernommen werden oder Hitchcocksche Stilelemente kopiert oder variiert werden. Manche dieser Filme sind als Hommage des jeweiligen Regisseurs an Hitchcock zu verstehen, in anderen Fällen wurde Hitchcocks Stil „nur“ übernommen, da er sich als erfolgreich und wirksam erwiesen hat.

USA

Hitchcocks Arbeit fand in den USA zu seinen Lebzeiten zwar Anerkennung, er war dort jedoch bis zum Ende nur einer unter vielen „großen“ Regisseuren. Der Einfluss, den Hitchcock auf andere Hollywood-Regisseure auswirkte, war und ist durch seine Art der Spannungserzeugung geprägt und durch die Fähigkeit, auf unterhaltsame Weise spannende Geschichten zu erzählen. Der Titel „Master of Suspense“ zeugt von dieser Anerkennung. Insbesondere seine Erfolgsfilme aus den 1950er bis Anfang der 1960er Jahre ließen in den Folgejahren manche Filme entstehen, die inhaltlich oder stilistisch oft mit Hitchcock in Verbindung gebracht werden. Das Motiv des unschuldig Verfolgten und das der hilflosen, bedrohten Frau, stehen in diesen Filmen im Mittelpunkt.

Einige klassische Beispiele für von Hitchcock inspirierte Hollywood-Filme sind: Das Haus der Lady Alquist von George Cukor (1944), Die Spur des Fremden von Orson Welles (1946), 23 Schritte zum Abgrund von Henry Hathaway (1956), Mitternachtsspitzen von David Miller (1960), Botschafter der Angst von John Frankenheimer (1962), Charade von Stanley Donen (1963), Die 27. Etage von Edward Dmytryk (1964), Arabeske von Stanley Donen (1964), Warte bis es dunkel ist von Terence Young (1967), Höhenkoller von Mel Brooks (1977) und Das unsichtbare Auge von John Carpenter (1978).

Viele Hollywood-Regisseure hat Alfred Hitchcock mehr oder weniger direkt geprägt:

  • Steven Spielbergs Filme sind nach eigener Aussage stark von Hitchcock beeinflusst. Auch wenn Spielberg nicht direkt stilistische Motive kopiert oder adaptiert oder nur wenige seiner Filme thematische Parallelen aufzeigen, hat Spielberg doch Hitchcocks Erzählstil verinnerlicht. Ein Film wie Schindlers Liste (1993) wäre in dieser Form ohne den Einfluss Hitchcocks nicht möglich gewesen. Der weiße Hai (1975) erinnert in Spannungsaufbau und Dramaturgie an Hitchcocks Die Vögel und die Indiana-Jones-Filmreihe (1981-1989) ist stark von Der unsichtbare Dritte (1959) beeinflusst.
  • Als Regisseur, der ganz offensichtlich von Hitchcock geprägt ist, gilt Brian de Palma. De Palma arbeitet mit vielen Verweisen und Zitaten auf Hitchcock-Filme. Überdies übernahm er in einigen Filmen deutlich Grundstrukturen aus Hitchcocks Filmen. So übernimmt er in Dressed to Kill (1980) das Grundmotiv aus Psycho und entwickelt es weiter. Der Film enthält diverse Zitate aus weiteren Hitchcock-Filmen. 1976 lehnte sich sein Film Schwarzer Engel stark an Vertigo an. 1984 in Der Tod kommt zweimal spielt de Palma mit eindeutigen Bezügen auf Das Fenster zum Hof und Vertigo.
  • Einige weitere zeitgenössische amerikanische Regisseure sind erkennbar von Hitchcock beeinflusst, ihnen wird gelegentlich eine Stilverwandtschaft mit Hitchcock nachgesagt oder sie berufen sich in ihren Werken mitunter auf Hitchcock. Beispiele sind John Carpenter, David Fincher, David Mamet, Quentin Tarantino[111], Martin Scorsese und David Lynch[112].
Frankreich

In Frankreich wurde Hitchcocks Werk seit Ende der 1940er Jahre von den Verfechtern der Auteur-Theorie, jungen Filmkritikern, die sich gegen das etablierte französische sogenannte „Qualitäts-Kino“ wandten, aufmerksam verfolgt und bewundert. Sie postulierten zum Beispiel über die Filmzeitschrift Cahiers du cinéma den geistigen Besitz eines „Autors“ (in der Regel des Regisseurs), der die alleinige künstlerische Gewalt über Stoffauswahl und -umsetzung haben sollte, an einem Film. Sie sahen in Hitchcock eines ihrer Idole. Einige Jahre später, ab den späten 1950er Jahren, begannen einige dieser Kritiker, selbst Filme zu drehen. Es entstand die Nouvelle Vague. Deren Protagonisten begriffen sich als Cineasten, die zugleich „Filmpolitik“ betrieben, die sich mit Film auf einer filmtheoretischen Ebene auseinandersetzten und ihre Vorstellungen vom Kino formulierten. Hitchcock wurde von maßgeblichen Vertretern dieser Richtung wie François Truffaut und Claude Chabrol gefeiert und in Büchern und Artikeln entsprechend gewürdigt.

1957 erschien das erste Buch über Alfred Hitchcock, geschrieben von den damaligen Filmkritikern und späteren Regisseuren Eric Rohmer und Claude Chabrol. 1956 erschien ein Hitchcock-Sonderheft der Cahiers du cinéma, das maßgeblich zur Popularität Hitchcocks in Frankreich beitrug. Im Mai 1960 reiste Hitchcock zu einem Filmfestival, das die Cinémathèque française ihm zu Ehren in Paris abhielt. Er wurde von den versammelten jungen Filmemachern frenetisch gefeiert. Im August 1962 gab Hitchcock dem damals 30-jährigen französischen Filmkritiker und Regisseur François Truffaut ein 50-stündiges Interview. Truffaut befragte Hitchcock chronologisch zu dessen bisherigen 48 Filmen. Das Interview erschien 1966 in Buchform, Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?, und gilt seitdem als ein Meilenstein der Filmliteratur.

Die Filme von Francois Truffaut und Claude Chabrol zeigen den Einfluss von Hitchcock. Bei Truffaut betrifft dies lediglich einzelne Filme. In seinem 1968 entstandenem Film Die Braut trug schwarz rächt eine Frau den Tod ihres Ehemanns und bringt nach und nach seine fünf Mörder um. Der Film ist in vielerlei Hinsicht eine Hommage an Hitchcock. Ein Jahr später drehte Truffaut Das Geheimnis der falschen Braut, die Geschichte eines Mannes, der sich in eine Betrügerin und Mörderin verliebt, ihr verfällt und der auch nicht von ihr lassen kann, als sie ihn selbst betrügt und zu töten versucht. Der Film ist stark von verschiedenen inhaltlichen und stilistischen Motiven aus Vertigo Marnie und Verdacht beeinflusst. In seinem letzten Film Auf Liebe und Tod (1983) wird ein unschuldiger Mann eines Mordes beschuldigt. Seine Sekretärin, die versucht, seine Unschuld zu beweisen, wird immer tiefer in die mysteriöse Geschichte hinein gezogen. Der Film ist voll von hitchcockschen Motiven und enthält viele Anspielungen auf Hitchcocks Filme. Weitere Filme, die Truffaut selbst in der Tradition Hitchcocks sah, waren Die süße Haut und Fahrenheit 451.[113]

Claude Chabrol drehte eine Vielzahl Filme, in denen eine scheinbar heile bürgerliche Welt angegriffen und durcheinander gebracht wird. Für ihn ist der Thriller ein Mittel der Analyse und Kritik an der bourgeoisen Gesellschaft. Eines der hitchcockschen Hauptmotive, das der Schuldübertragung sowie das der doppelten oder der gespaltenen Persönlichkeit, taucht bei Chabrol immer wieder auf. Einige Beispiele für Hitchcocks Einfluss auf Chabrol sind die Filme Schrei, wenn du kannst (1959), Das Auge des Bösen (1961), Der Schlachter (1970) und Masken (1986). Weitere französische Regisseure, die sich gelegentlich des hitchcockschen Repertoires bedient haben, waren zum Beispiel Henri-Georges Clouzot oder René Clément.

Übriges Europa

Außerhalb Frankreichs war in Europa der unmittelbare Einfluss Hitchcocks auf andere Filmemacher deutlich geringer. Einige europäische oder europäischstämmige Regisseure habe jedoch einzelne Filme gedreht, denen eine Stilverwandschaft mit Hitchcocks Filmen anzuerkennen ist oder die unmittelbar als Hommage an Hitchcock gedacht sind. Einige Beispiele sind: Ministerium der Angst von Fritz Lang (1943), Die Wendeltreppe von Robert Siodmak (1945), Der dritte Mann von Carol Reed (1949), Zeugin der Anklage von Billy Wilder (1957), Es geschah am hellichten Tag von Ladislao Vajda (1958), Frantic von Roman Polanski (1988), Schatten der Vergangenheit von Kenneth Branagh (1991) oder Do You Like Hitchcock? von Dario Argento (2005).

[Bearbeiten] Preise und Ehrungen

Hitchcock wurde sechs mal für den Oscar nominiert, fünf mal für die beste Regie, ein mal für den besten Film (als Produzent). Er konnte den Preis nie gewinnen, was ihn zu dem Kommentar veranlasste: „Immer nur Brautjungfer, nie die Braut.“[114].

[Bearbeiten] Filmografie

Alle Filme, an denen Hitchcock beteiligt war, in der Reihenfolge der Produktion.

  • Jahr: Die Spalte „Jahr“ gibt das Jahr der Uraufführung an, bei nicht oder erst später aufgeführten Filmen das Jahr der Produktion.
  • R = Regie; (R) = Hitchcock drehte als Regisseur nur einzelne Szenen und wird im Abspann nicht genannt; R(TV) = Regiearbeiten für das Fernsehen;
    B = Buch (nur bei namentlicher Nennung, Hitchcock arbeitete jedoch an fast allen Drehbüchern seiner Filme mit und lieferte in vielen Fällen Szenen oder einzelne Dialoge zu.);
    P = Produktion; D = Darsteller (Statist); TA = Treatment Advisor; TD = Titel-Designer; RA = Regie-Assistent; AD = Art Director.
    * ohne namentliche Nennung
  • Nr.: Hitchcocks 53 selbst inszenierte Spielfilme
  • Uraufführung: Quelle: IMDB (Kinofilme), Spoto (Fernsehfilme)

[Bearbeiten] 1921-1925

Stummfilme, Schwarzweiß.

Jahr Land Beteiligung Nr. Titel (Anmerkungen) Uraufführung
1921/22 GB TD - The Call of Youth, The Great Day (Regie: Hugh Ford); Appearances, The Princess of New York, The Bonnie Brier Bush, Tell Your Children* (Regie: Donald Crisp); The Mystery Road, Dangerous Lies (Regie: Paul Powell); Three Live Ghosts, The Man from Home (Regie: George Fitzmaurice); Love's Boomerang, The Spanish Jade (Regie: John S. Robertson) (teilweise Kurzfilme, alle verschollen) März 1921 bis April 1922
*:nicht aufgeführt
1923 GB (R) - Always Tell Your Wife (Kurzfilm, Hitchcock drehte zusammen mit dem Autor Seymour Hicks den Film für den gefeuerten Regisseur Hugh Croise zuende) Feb. 1923
1922 GB P/R - Number 13 oder Mrs. Peabody (Kurzfilm, unvollendet, verschollen) nicht aufgeführt
1923 GB B/RA/AD - Weib gegen Weib (Woman to Woman) (Regie: Graham Cutts) 1923
1923 GB B/RA/AD - The White Shadow (Regie: Graham Cutts) 1923
1924 GB B/RA/AD - Seine zweite Frau (The Prude’s Fall) (Regie: Graham Cutts) Mai 1924
1924 GB B/RA/AD - Ehe in Gefahr (The Passionate Adventure) (Regie: Graham Cutts) 1924
1925 D/GB B/(R)/RA/AD - Die Prinzessin und der Geiger (The Blackguard) (Regie: Graham Cutts) 04.09.1925

[Bearbeiten] 1925-1939

Bis einschließlich Nr. 9 Stummfilme, ab Nr. 10 Tonfilme, alle Filme in Schwarzweiß.

Jahr Land Beteiligung Nr. Titel (Anmerkungen) Uraufführung
1925 D/GB R 1 Irrgarten der Leidenschaft (The Pleasure Garden) 03.11.1925 (D)
01.03.1926 (GB)
1926 D/GB R 2 Der Bergadler (The Mountain Eagle) (verschollen) Mai 1926
1927 GB R/B*/D* 3 Der Mieter (The Lodger) 14.02.1927
1927 GB R 4 Downhill 24.10.1927
1927 GB R/D* 5 Easy Virtue 05.03.1928
1927 GB R/B 6 Der Weltmeister (The Ring) 01.10.1927
1928 GB R/B* 7 The Farmer’s Wife März 1928
1928 GB R/B 8 Champagne Aug. 1928
1929 GB R 9 Der Mann von der Insel Man (The Manxman) 06.12.1929
1929 GB R/B/D* 10 Erpressung (Blackmail) 30.06.1929
1930 GB R/B 11 Juno and the Paycock 29.06.1930
1930 GB (R) - Elstree Calling (Hitchcock ist einer von insgesamt vier Regisseuren) 1930
1930 GB R/B/D* 12 Mord – Sir John greift ein! (Murder!) 31.07.1930
1930 D/GB R/B (12) Mary (deutsche Version von Murder!) 02.03.1931
1931 GB R/B 13 Bis aufs Messer (The Skin Game) 26.12.1931
1931 GB R/B 14 Nummer siebzehn (Number Seventeen) (wurde vor Endlich sind wir reich gedreht, jedoch danach veröffentlicht) 1932
1931 GB R/B 15 Endlich sind wir reich (Rich and Strange) 10.12.1931
1932 GB P - Lord Camber’s Ladies (Regie: Benn W. Levy) 28.10.1932
1933 GB R 16 Waltzes from Vienna März 1934
1934 GB R 17 Der Mann, der zuviel wußte (The Man Who Knew Too Much) Dez. 1934
1935 GB R/D* 18 Die 39 Stufen (The 39 Steps) Juni 1935
1936 GB R 19 Geheimagent (Secret Agent) Mai 1936
1936 GB R 20 Sabotage (Sabotage) 02.12.1936
1937 GB R/D* 21 Jung und unschuldig (Young and Innocent) Nov. 1937
1938 GB R/D* 22 Eine Dame verschwindet (The Lady Vanishes) 01.11.1938
1939 GB R 23 Riff-Piraten (Jamaica Inn) 15.05.1939

[Bearbeiten] 1939-1947

Alle Filme in Schwarzweiß.

Jahr Land Beteiligung Nr. Titel (Anmerkungen) Uraufführung
1940 USA (R) - The House Across the Bay (Hitchcock drehte nur einzelne wenige Szenen, nachdem der Regisseur des Films Archie Mayo verstorben war.) 01.03.1940
1940 USA R/D* 24 Rebecca (Rebecca) 27.03.1940
1940 USA R/D* 25 Der Auslandskorrespondent (Foreign Correspondent) 16.08.1940
1941 USA R/D* 26 Mr. und Mrs. Smith (Mr. & Mrs. Smith) 31.01.1941
1941 USA P/R/D* 27 Verdacht (Suspicion) 14.11.1941
1942 USA R/B*/D* 28 Saboteure (Saboteur) 22.04.1942
1943 USA R/D* 29 Im Schatten des Zweifels (Shadow of a Doubt) 12.01.1943
1943 USA B* - Auf ewig und drei Tage (Forever and a Day) (Hitchcoch schrieb nur eine Szene, die dann von René Clair gedreht wurde.) 21.01.1943
1944 GB R - Gute Reise (Bon Voyage) (Kurzfilm; Der Film lief damals in Frankreich, jedoch nicht in England) Ende 1944
1944 GB R - Aventure Malgache (Aventure malgache) (Kurzfilm; Der Film wurde damals nie öffentlich gezeigt und kam erst Jahrzehnte später in die Kinos und ins Fernsehen) später
1945 GB TA - Memories of the Camps (Regie: Sidney Bernstein, Dokumentarfilm über die Befreiung der deutschen Konzentrationslager. Erstmals 1985 im Rahmen der US-TV-Dokumentarreihe Frontline ausgestrahlt) 07.05.1985
1944 USA R 30 Das Rettungsboot (Lifeboat) 14.01.1944
1945 USA (R) - Watchtower Over Tomorrow (15-minütiger Dokumentar-Kurzfilm, Hitchcock war einer von vier Regisseuren) 29.03.1945
1945 USA R/D* 31 Ich kämpfe um dich (Spellbound) 31.10.1945
1946 USA P/R/D* 32 Berüchtigt (Notorious) 15.08.1946
1947 USA R/D* 33 Der Fall Paradin (The Paradine Case) 31.12.1947

[Bearbeiten] 1947-1957

Filme Nr. 36, 37, 38 und 44 in Schwarzweiß, alle anderen in Farbe.

Jahr Land Beteiligung Nr. Titel (Anmerkungen) Uraufführung
1948 USA P/R/D* 34 Cocktail für eine Leiche (Rope) 23.08.1948
1949 USA* P/R/D* 35 Sklavin des Herzens (Under Capricorn) (*: in einigen Quellen aufgrund des Drehorts England als britischer Film gelistet) 08.09.1949
1950 USA* P/R/D* 36 Die rote Lola (Stage Fright) (*: in einigen Quellen aufgrund des Drehorts England als britischer Film gelistet) 23.02.1950
1951 USA P/R/D* 37 Der Fremde im Zug (Strangers on a Train) 30.06.1951
1953 USA P/R/D* 38 Ich beichte (I Confess) 22.03.1953
1954 USA P/R 39 Bei Anruf Mord (Dial M for Murder) 29.05.1954
1954 USA P/R/D* 40 Das Fenster zum Hof (Rear Window) 01.08.1054
1955 USA P/R/D* 41 Über den Dächern von Nizza (To Catch a Thief) 05.08.1955
1955 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Rache (Revenge) 02.10.1955
1955 USA P/R/D* 42 Immer Ärger mit Harry (The Trouble with Harry) 03.10.1955
1955 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Zusammenbruch/Scheintot (Breakdown) 13.11.1955
1955 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Der Doppelgänger/Einen Doppelten für Mr. Pelham (The Case of Mr. Pelham) 04.12.1955
1956 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Maßarbeit (Back for Christmas) 04.03.1956
1956 USA P/R/D* 43 Der Mann, der zuviel wußte (The Man Who Knew Too Much) 30.04.1956
1956 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Nasser Samstag (Wet Saturday) 30.09.1956
1956 USA P/R/D* 44 Der falsche Mann (The Wrong Man) 22.12.1956
1956 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Mr. Blanchards Geheimnis/Der geheimnisvolle Nachbar (Mr. Blanchard’s Secret) 23.12.1956
1957 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Die Leiche im Kofferraum/Nur noch eine Meile (One More Mile to Go) 07.04.1957
1957 USA R(TV) - Suspicion: Die Bombe im Keller/Die Bombe tickt (Four O’Clock) 30.09.1957
1957 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Das perfekte Verbrechen (The Perfect Crime) 20.10.1957

[Bearbeiten] 1957-1964

Film Nr. 47 in Schwarzweiß, alle anderen in Farbe.

Jahr Land Beteiligung Nr. Titel (Anmerkungen) Uraufführung
1958 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Mordwaffe: Lammkeule (Lamb to the Slaughter) 13.04.1958
1958 USA P/R/D* 45 Vertigo – Aus dem Reich der Toten (Vertigo) 09.05.1958
1958 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Ein Sprung in den Teich/Ein riskanter Sprung (Dip in the Pool) 14.09.1958
1958 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Die Schlange im Bett (Poison) 05.10.1958
1959 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Banquo’s Chair 03.05.1959
1959 USA P/R/D* 46 Der unsichtbare Dritte (North by Northwest) 28.07.1959
1959 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Ein Fressen für die Hühner (Arthur) 27.09.1959
1959 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Der Kristallgraben (The Crystal Trench) 04.10.1959
1960 USA R(TV) - Ford Startime: Zwischenfall an der Ecke (Incident at a Corner) 05.04.1960
1960 USA P/R/D* 47 Psycho (Psycho) 16.06.1960
1960 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Treue um Treue (Mrs. Bixby and the Colonel’s Coat) 27.09.1960
1961 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Der Pferdewetter (The Horseplayer) 14.01.1961
1961 USA R(TV) - Alfred Hitchcock Presents: Peng! Du bist tot! (Bang! You’re Dead) 17.10.1961
1962 USA R(TV) - The Alfred Hitchcock Hour: Der letzte Zeuge (I Saw the Whole Thing) 11.10.1962
1963 USA P/R/D* 48 Die Vögel (The Birds) 28.03.1963
1964 USA P/R/D* 49 Marnie (Marnie) 22.07.1964

[Bearbeiten] 1964-1980

Alle Filme in Farbe.

Jahr Land Beteiligung Nr. Titel (Anmerkungen) Uraufführung
1966 USA P/R/D* 50 Der zerrissene Vorhang (Torn Curtain) Juli 1966
1969 USA P/R/D* 51 Topas (Topaz) 17.12.1969
1972 USA* P/R/D* 52 Frenzy (Frenzy) (*: in einigen Quellen aufgrund des Drehorts England als britischer Film gelistet) 21.06.1972
1976 USA P/R/D* 53 Familiengrab (Family Plot) 09.04.1976

[Bearbeiten] Literatur

Biografien
Werkschauen

Sortiert in der chronologischen Reihenfolge der jeweiligen Originalausgabe.

  • Eric Rohmer und Claude Chabrol: Hitchcock. Ed. Universitaires Paris, 1957
  • François Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?. Heyne, 1973, ISBN 3-453-86141-8 (Abfolge von Interviews (circa 50 Stunden) des französischen Regisseurs mit Hitchcock. Originalausgabe: Le cinéma selon Hitchcock (1966, dt. etwa: „Der Film gemäß Hitchcock“)
  • Robert A. Harris, Michael S. Lasky, Hrsg. Joe Hembus: Alfred Hitchcock und seine Filme (OT: The Films of Alfred Hitchcock). Citadel-Filmbuch bei Goldmann, München 1976, ISBN 3-442-10201-4
  • François Truffaut: Truffaut, Hitchcock. Diana-Verlag, 1999, ISBN 3-828-45021-0 (frz. Original: 1984; erweiterterte und gebundene Ausgabe von Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? (1966))
  • Bodo Fründt: Alfred Hitchcock und seine Filme. Heyne Filmbibliothek Band Nr. 91, 1986, ISBN 3-453-86091-8
  • Robert E. Kapsis: Hitchcock: The Making of a Reputation. University of Chicago Press, 1992, ISBN 0-226-42489-8 (Wissenschaftliche englischsprachige Arbeit, die informationsreich den aufgebauten Ruf Hitchcocks beleuchtet und so auch auf Nachahmungen seiner Filme eingeht (speziell: Brian De Palma).)
  • Eva Rieger: Alfred Hitchcock und die Musik. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Film, Musik und Geschlecht. Kleine, Bielefeld 1996, ISBN 3-89370-236-9
  • Donald Spoto: Alfred Hitchcock und seine Filme, Wilhelm Heyne Verlag, 1999, ISBN 3-453-15746-X
  • Lars-Olav Beier, Georg Seeßlen (Hrsg.): Alfred Hitchcock. Bertz + Fischer Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-929470-76-4
  • Bill Krohn: Hitchcock at work. Phaidon Press, 2000, ISBN 0-7148-4333-4 (Detaillierte Studie über Hitchcocks Arbeitsweise in seiner amerikanischen Zeit)
  • Paul Duncan: Alfred Hitchcock, The complete Films. Deutsch im Taschen-Verlag, Köln, 2003. ISBN 3-822816-71-X
Weitere Quellen
  • Antoine de Baecque, Serge Toubiana: François Truffaut – Biographie. Éditions Gallimard, Paris, 1996, dt. 2004, Egmont vgs Verlagsgesellschaft mbH, ISBN 3-8025-3417-4

[Bearbeiten] Fußnoten/Einzelnachweise

Hauptquellen sind die beiden Biografien von Taylor und Spoto sowie die Bücher von Truffaut und Krohn.

  1. Alle biographischen Daten entstammen in der Regel den Biographien von Spoto und Taylor
  2. Laut Spoto, S. 34, war St. Ignatius nie ein Internat, wie dies in anderen Quellen oft erwähnt wird.
  3. Vgl. Spoto, S. 74
  4. Vgl. Duncan, S. 23
  5. Vgl. u. a. Taylor, S. 57f
  6. Vgl. Spoto, S. 95f; Truffaut (1966), S. 113f
  7. 'Truffaut, S. 37
  8. Vgl. Spoto, S. 120
  9. Vgl. Spoto, S. 127
  10. Vgl. u. a. Duncan, S. 45
  11. Siehe Truffaut, S. 74
  12. Siehe Duncan, S. 57
  13. Vgl. Taylor, S. 54
  14. Vgl. Spoto. S. 272
  15. Vgl. Taylor, S. 196
  16. Vgl. Taylor, S. 231
  17. Vgl. Krohn, S. 82ff
  18. Vgl. Truffaut (1966), S. 189
  19. Vg. Spoto, S. 342
  20. Vgl. Spoto, S. 369
  21. Vgl. Spoto, S. 363
  22. Vgl. Spoto, S. 374
  23. Vgl. Truffaut (1966), S. 196ff
  24. Vgl. u. a. Spoto, S. 461-471
  25. Vg. Spoto, S. 489ff
  26. Vgl. Taylor, S. 310
  27. Siehe Spoto, S. 516
  28. Vgl. Spoto, S. 559
  29. Donald Spoto schreibt, Burks sei noch im selben Jahr bei einem Hausbrand ums Leben gekommen. Dies ist falsch. Er starb erst 1968.
  30. Vgl. Taylor, S. 323f
  31. Vgl. Spoto, S. 579f
  32. Siehe Spoto, S. 589
  33. Siehe Spoto, S. 597
  34. Vgl. Spoto, S. 598ff
  35. Vgl. Spoto, S. 602
  36. Siehe Donald Spoto: The Art of Alfred Hitchcock. Fifty Years of Motion Pictures. New York, London etc.: Doubleday 1992; S. 393-428.
  37. Siehe Spoto, S. 624
  38. Eric Rohmer/Claude Chabrol, Hitchcock. Paris 1957; zitiert in Truffaut, 1966, dt. 1973, S. 14
  39. Siehe Spoto, S. 571
  40. Vgl. Spoto, S. 308f, 596
  41. Siehe Spoto, S. 459
  42. Siehe Spoto, S. 407
  43. Vgl. Spoto, S. 550, 614f und 632
  44. Siehe Truffaut (1966), S. 256f
  45. siehe Spoto, 1984, S. 596f
  46. Vgl. Truffaut (1966), S. 281ff
  47. Siehe Truffaut (1966),S. 281
  48. Vgl. Spoto, S. 160
  49. Vgl. Spoto, S. 347
  50. Vgl. Krohn, S. 42ff
  51. Vgl. Krohn, S. 91f
  52. Vgl. Krohn, S. 215ff
  53. S. Truffaut (1966), S. 137
  54. Vgl. Krohn, S. 128
  55. Vgl. Spoto, S. 396ff, Truffaut (1966), S. 302f
  56. Vgl. Truffaut (1966), S. 186
  57. Vgl. Spoto, S. 371
  58. Vgl. u. a. Truffaut (1966), S. 95f, 135, 186, 293
  59. Vgl. Spoto, S. 464
  60. Siehe Duncan, S. 10
  61. Siehe Spoto, S. 382
  62. Original: „Unfortunately, you see, most of the films we see today are what I term ‚photographs of people talking‘. They aren't true pieces of cinema.“; Vgl. Spoto, S. 225, 451f; Krohn, S. 265; Truffaut (1966), S. 53; http://www.thecrimson.com/article.aspx?ref=130210
  63. Siehe Spoto, S. 90
  64. Vgl. Spoto, S. 88, 443
  65. Vgl. Duncan, S. 53
  66. vgl. Foster Hirsch in: Film Noir. The Dark Side of the Screen. (Auszug)
  67. Vgl. Spoto, S. 365
  68. Vgl. u. a. Spoto, S. 439, 447f
  69. Vgl. u. a. Spoto, S. 440
  70. Vgl. Spoto, S. 530ff
  71. Vgl. Spoto, S. 554ff
  72. Brief von Truffaut an Hitchcock vom 2.6.1962; zitiert in de Baecque/Doubiana, 1996, dt. 2004, S. 323
  73. Vgl. Spoto, S. 470
  74. Siehe Spoto, S. 487
  75. Siehe Truffaut (1966), S. 91
  76. Vgl. Truffaut (1966), S. 250
  77. Siehe Truffaut (1966), S. 250
  78. Siehe Truffaut (1966), S. 89
  79. Siehe Truffaut (1966), S. 62
  80. Vgl. Truffaut (1966), S. 95
  81. Vgl. Spoto, S. 530; http://www.fxguide.com/fxtips-243.html
  82. Siehe Truffaut (1966), S. 91, 258
  83. Vgl. Truffaut (1966), S. 174, 178
  84. Siehe Spoto, S. 410
  85. Siehe Spoto, S. 299
  86. Vgl. Truffaut (1966), S. 289
  87. Vgl. Truffaut (1966), S. 20
  88. Vgl. Truffaut (1966), S. 308
  89. Vgl. Spoto, S. 379f
  90. Vgl. Taylor, S. 57
  91. Vgl. Truffaut (1966), S. 238
  92. Siehe Spoto, S. 528
  93. Siehe Spoto, S. 117
  94. Vgl. Spoto, S. 334, 611
  95. Vgl. Spoto, S. 389
  96. Vgl. Spoto, S. 506f
  97. Vg. Spoto, S. 455, 503
  98. Vgl. Spoto, S. 474f
  99. Siehe Spoto, S. 182
  100. Siehe Spoto, S. 182
  101. Siehe Truffaut (1966), S. 220
  102. Siehe Spoto, S. 487f
  103. Vgl. Spoto, S. 26ff
  104. Vgl. Spoto, S. 301ff
  105. Siehe Truffaut (1966), S. 187
  106. Siehe Duncan, S. 9
  107. Vgl. Spoto, S. 156, 368, 500
  108. Siehe http://www.jerrybrito.com/blog/images/hitchcock.jpg
  109. Vgl. u. a. Spoto, S. 434ff
  110. Vgl. Spoto, S. 437ff, 577; Taylor, S. 269ff
  111. siehe http://hitchcock.tv/people/tarantino.html
  112. Vgl. Duncan, S. 46
  113. vgl. de Baecque/Toubiana, S. 374
  114. Vgl. Spoto, S. 522

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