Baschkortostan
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Башҡортостан Республикаһы Republik Baschkortostan
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Staat: | Russland | ||||
Föderationskreis: | Wolga | ||||
Fläche: | 142.900 km² | ||||
Einwohner: | 4.078.807 (1. Januar 2005) | ||||
Hauptstadt: | Ufa | ||||
Bevölkerungsdichte: | 29 Einwohner je km² | ||||
Kfz-Kennzeichen: | 02 |
Baschkortostan (baschkirisch Башҡортостан / Baschqortostan; russ. Башкортостан/ Baschkortostan, tatar. Башкортостан /Başqortostan; offiziell Republik Baschkortostan, baschkir. Башҡортостан Республикаһы / Başqortostan Respublikahı, russ. Республика Башкортостан / Respublika Baschkortostan, tatar. Başqortostan Respublikası) oder auch (älter) Baschkirien ist eine Republik im östlichen Teil des europäischen Russland.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geographie
Baschkortostan liegt am äußersten Ostrand Europas westlich des Uralgebirges im Föderationskreis Wolga. Das Land, im Osten bis zu 1638 m hoch, fällt gegen Westen hin ab. Die wichtigsten Flüsse sind die Belaja, ein Nebenfluss der Kama, und die Ufa. Baschkortostan gehört nach Troll im nordwestlichen Teil zur Klimazone der subkontinentalen Klimate, im Süden zu den winterkalten Feuchtsteppenklimaten. Im Ural herrscht ein kontinentales Borealklimat vor. Die Temperaturen liegen im Sommer im Durchschnitt bei etwa 20°C (max. 40°C), im Winter bei etwa -13°C (min. -40°C). Der durchschnittliche Jahresniederschlag beträgt ca. 430mm, im Ural sind es etwa 800mm.
[Bearbeiten] Bevölkerung
Namensgebende Nation sind die Baschkiren, ein Turkvolk. Diese sind allerdings nur eine Minderheit in der eigenen Republik. Die Bevölkerung betrug bei der Volkszählung 2002 4.104.336 Personen. Davon waren 1.490.715 (= 36,32%) Russen, 1.221.302 (= 29,76%) Baschkiren und 990.702 (= 24,14%) Tataren. Weitere große Volksgruppen sind die 117.317 (= 2,86%) Tschuwaschen, 105.829 (= 2,58%) Mari und die 55.249 (= 1,35%) Ukrainer.
Noch um 1990 hatte der Anteil der Baschkiren an der Bevölkerung Baschkiriens (Baschkirische ASSR) nur etwa 20% betragen - gegenüber 37,5% Russen und 27,5% Tataren.
Amtssprachen sind Russisch und Baschkirisch.
Die Mehrheit der Bevölkerung bekennt sich zum sunnitischen Islam, daneben finden sich orthodoxe und evangelische Christen. Baschkortostan ist die flächengrößte und bevölkerungsreichste muslimische Teilrepublik, siehe Islam in Russland. Ufa ist seit 1980 der Sitz des Großmuftis Talgar Tadschuddin, der in muslimischen Angelegenheiten auch für Sibirien verantwortlich ist.
[Bearbeiten] Geschichte
Im heutigen Baschkortostan wird die Magna Hungaria, die Heimat eines magyarischen Stammes vermutet, über den Ungarn und Baschkiren miteinander verwandt sein sollen. Informationen über die Baschkiren am südlichen Ural datieren zurück auf das 10. Jahrhundert. So erwähnt Ibn Fadlan das Volk der "Basqort" in seinem Reisebericht. Um 1220 unterwarf Dschingis Khan die baschkirischen Stämme, die Ungarn wurden dabei endgültig vernichtet. Die Baschkiren blieben unter der Herrschaft der Mongolen bis Mitte des 16. Jahrhunderts.
Nachdem Russland 1552 dem Kasaner Khanat den Krieg erklärt hatte, wandten sich die baschkirischen Völker nach und nach dem Nachbarreich im Westen zu, vor allem weil sie in umherziehenden Nomadenvölkern, die von Osten her immer wieder über das Land herfielen, eine große Bedrohung sahen, vor denen sie die militärische Großmacht Russland schützen konnte. So schlossen sich in den Jahren von 1554-1557 alle baschkirischen Stämme nach und nach Russland an. An den freiwilligen Anschluss erinnert heute ein Denkmal in der Hauptstadt Ufa, das Monument Druschby (=Freundschaft des russischen und baschkirischen Volkes). Ufa selbst wurde 1574 als Festung und damals östlichste Befestigung Russlands gegründet.
Russland gewährte den Baschkiren weitgehende Autonomie, Religionsfreiheit und ein Besitzrecht auf Grundlage der Erbfolge. Auch innerbaschkirische feudale Streitigkeiten zwischen verschiedenen Lehnsherren wurden damit schnell beseitigt. Im Gegenzug wollten die Baschkiren ihre kämpferischen Fähigkeiten Russland zur Verfügung stellen und stellten diese als ungemein widerstandsfähige und wagemutige Kämpfer in verschiedenen Kriegen unter Beweis - als Mitstreiter im Feldzug von Kusma Minitsch Minin und Dmitri Mihailowitsch Poscharski befreiten sie 1612 Moskau von den Polen, unter Peter dem Großen stürmten sie 1697 die Stadt Asow im Kampf gegen die Osmanen. Ihre Dienste waren auch im Großen Nordischen Krieg gegen die Schweden und im Siebenjährigen Krieg gegen Preußen sehr wertvoll und stärkten die Freundschaft und Verbrüderung zwischen Russen und Baschkiren auf militärische Art. In den Befreiungskriegen halfen sie der russischen Armee, Napoleon zurückzuschlagen. Davon zeugt auch heute noch eine spezielle Gedenkschrift für die baschkirischen Regimenter am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig.
Die Beziehungen zwischen Russen und Baschkiren änderten sich jedoch. Grundlage dafür war der Erlass vom 11. Februar 1736, der es dem russischen Adel erlaubte, baschkirisches Land zu erwerben. Bereits seit Anfang des 17. Jahrhunderts hatten die Adeligen begonnen, sich hier niederzulassen, Burgen und Betriebe zu errichten. Als die Steuern und der Umfang der Arbeitsverpflichtungen durch die Russen wuchsen und zudem noch versucht wurde, die Muslime Baschkiriens zu christianisieren, wuchs der Unmut unter der Bevölkerung. Diese ersuchte in mehreren Bittschriften die zentrale Verwaltung um Hilfe, und als diese ausblieb, kam es mehrmals zu kleineren Aufständen, die niedergeschlagen wurden – so 1616, 1645, 1662-1664, 1681-1684, 1704-1711.
Anlass zum großen Aufstand gaben die Repressionsmaßnahmen Russlands gegen die Jaizkischen (Ural-)Kosaken 1772. Alle Völker Baschkortostans unterstützten diesen Aufstand, und so mündete dieser in den Großen Russischen Bauernaufstand 1773-1775 unter der Führung des Don-Kostaken Jemeljan Iwanowitsch Pugatschow. Zum Helden Baschkortostans wurde in diesem Aufstand der Baschkire Salawat Julajew, der an der Seite Pugatschows kämpfte und zur Freiheit Baschkiriens und zur Freundschaft zwischen Baschkiren und Russen aufrief. Sein Name und seine Lebensgeschichte wurden von der russischen Obrigkeit nach seiner Gefangennahme verdammt. Heute ist eine Großstadt in Baschkortostan nach ihm benannt, und seine Reiterfigur ziert sowohl das Staatswappen Baschkortostans als auch die Stadt Ufa in Form eines großen Denkmals.
Das Zarenreich, erschrocken von den Dimensionen des Aufstandes, änderte seine Politik hinsichtlich der Autonomie der baschkirischen Bauern ein wenig, doch es blieb im Allgemeinen bei der Unterdrückung. Im Zuge von Landreformen wurden die Gebiete der Gouvernements Russlands neu eingeteilt, und die Baschkiren verloren einen Großteil ihrer Ländereien an Nachbarregionen sowie an den russischen Adel und die orthodoxe Kirche. Anfang des 20. Jahrhunderts besaßen sie nur noch 20% ihrer ursprünglichen Gebiete. Ein Manifest, das vom 19. Februar/3. März 1861 datiert und die Festungsrechte, die die Bürgerrechte von jeher beschnitten hatten, aufhob, wurde zu einem Meilenstein in der sozialen Entwicklung Baschkiriens. Das Wirtschaftswesen begann nun langsam, kapitalistische Formen anzunehmen.
In den Wirren nach der Oktoberrevolution Ende 1917 erklärte sich Baschkortostan unter Zeki Velidi Togan für unabhängig. 1922 wurde Baschkortostan zu einer Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR) innerhalb der Russischen SFSR.
„Die Natur hier war zauberhaft, dicht bewaldete Berge, sechshundert Flüsse und Bäche, tausend Seen. Zahlloses Getier, alle nur erdenklichen Arten von Vierbeinern, Schwärme flinker Vögel, Wolken emsiger Bienen. Bis die Chemie kam. Baschkortostan wurde zu einem Übunsgplatz der Chemie verwandelt, in ein Zentrum der chemischen Industrie der damaligen UdSSR. Rauchschwaden bedeckten den Himmel, die Luft war geschwängert mit Staub, die Flüsse stanken nach Phenol.“ (Lit.: Kapuściński, S. 216)
1988 wurde auch in Baschkortostan eine Sektion der Türkischen Gemeinschaft Wolga-Ural gebildet, die für die Unabhängigkeit des Landes und eine Föderation mit Tatarstan und Tschuwaschien eintrat. 1990 wurde die Tätigkeiten der Gemeinschaft eingestellt, aber die Organisation wurde nicht aufgelöst, sondern blieb bestehen.
Mit Auflösung der UdSSR wurden Baschkortostan weitreichende Autonomierechte eingestanden. Staatschef ist Murtasa Rachimow, dem eine totalitäre Art der Staatsführung nachgesagt wird.
[Bearbeiten] Politik
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Seit dem Ende der Sowjetunion wird Baschkortostan von Murtasa Rachimow und seinem Clan beherrscht. So kontrolliert etwa sein Sohn Ural Rachimow als Vorstandsvorsitzender der Holding "Bashkirskij Kapital" die Aktienmehrheit aller großen, gewinnbringenden Unternehmen im Erdölsektor wie z.B. "Bashneft".
Von freien, unabhängigen und demokratischen Wahlen konnte und kann bisher keine Rede sein. Selbst nach der damals gültigen Verfassung von Baschkortostan hätte der Präsident nach seiner zweiten Amtszeit abtreten müssen. Die OSZE hat dies mehrfach kritisiert.
Problematisch ist die Politik der baschkirischen Elite, die als sehr nationalistisch kritisiert wird. Strittig sind z.B. die Ergebnisse der offiziellen Volkszählungen. Nichtstaatliche tatarische Organisationen wie der Tatarische Weltkongress sprechen von einem viel geringeren Anteil der Baschkiren von etwa 15% an der Gesamtbevölkerung. Viele Tataren gäben sich bei Volkszählungen als Baschkiren aus, um keine beruflichen Nachteile zu haben. In den Dörfern übten Vorgesetzte Druck aus, damit sich Angehörige anderer Ethnien als Baschkiren registrieren lassen. Vor allem zwischen Baschkiren und Tataren tut sich ein weiter Graben auf, der sich inzwischen bis in die muslimische Gemeinschaft hineinzieht, in der ein baschkirischer Imam mit dem "gesamtrussischen" Imam konkurriert.
Eine öffentliche Diskussion über die politische Lage unter gleichberechtigter Beteiligung aller Gesellschaftsgruppen findet nicht statt.
Das Verhältnis zu Moskau war in den 1990er Jahren sehr gespannt, weil Baschkortostan keine Steuern aus dem boomenden Ölgeschäft an die Zentralregierung abführte.
Zu den Kuriosa der baschkirischen Autonomiebestrebungen gehört die Ausstellung von eigenen baschkirischen Pässen, die nirgendwo (selbst nicht in Russland) anerkannt werden.
[Bearbeiten] Wirtschaft
Baschkortostan gehört zu den reichsten Republiken Russlands, was vor allem an der gut entwickelten Infrastruktur liegt. Das Gebiet verfügt über eigene Erdölvorkommen und petrochemische Industrie. Nördlich der Hauptstadt Ufa befindet sich der größte petrochemische Komplex Europas.
In Neftekamsk, rund 270 km nördlich von Ufa, befindet sich der zweitgrößte Omnibushersteller Russlands, die Firma NefAZ.
[Bearbeiten] Verwaltungsgliederung
Die Republik Baschkortostan ist in 21 Stadtkreise und in 54 Rajons (Landkreise) unterteilt.
Siehe: Verwaltungsgliederung der Republik Baschkortostan
[Bearbeiten] Städte
Hauptstadt der Republik ist Ufa (baschkirisch Öfö, tatarisch Efä). Andere wichtige Städte sind Sterlitamak, Salawat, Neftekamsk, Oktjabrski, Belorezk und Belebei.
Städte und städtische Siedlungen (Stand: 1. Januar 2005)
Stadt | Russischer Name | Einwohner |
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Ufa | Уфа | 1.036.026 |
Sterlitamak | Стерлитамак | 264.950 |
Salawat | Салават | 157.932 |
Neftekamsk | Нефтекамск | 119.086 |
Oktjabrski | Октябрьский | 108.158 |
Belorezk | Белорецк | 70.271 |
Ischimbai | Ишимбай | 69.252 |
Tuimasy | Туймазы | 66.322 |
Kumertau | Кумертау | 63.864 |
Meleus | Мелеуз | 62.609 |
Sibai | Сибай | 61.597 |
Belebei | Белебей | 61.203 |
Birsk | Бирск | 41.187 |
Utschaly | Учалы | 37.917 |
Blagoweschtschensk | Благовещенск | 33.269 |
Djurtjuli | Дюртюли | 30.396 |
Janaul | Янаул | 27.254 |
Dawlekanowo | Давлеканово | 23.850 |
Tschischmy | Чишмы | 21.323 |
Prijutowo | Приютово | 20.565 |
Agidel | Агидель | 18.850 |
Meschgorje | Межгорье | 18.094 |
Baimak | Баймак | 17.063 |
Energetik | Энергетик | 3.262 |
Perwomajski | Первомайский | 469 |
[Bearbeiten] Literatur
- Ryszard Kapuściński: Imperium. Sowjetische Streifzüge. Eichbornverlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8218-4707-7
[Bearbeiten] Weblinks
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